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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/01/0842Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über den Antrag des N R (alias C) in H, geboren 1972, vertreten durch Schatz & Partner Rechtsanwälte OEG in 2500 Baden, Hauptplatz 9-13, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. August 2006, Zl. 302.260-C1/E1-I/03/06, betreffend §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, sowie über die damit verbundene Beschwerde gegen diesen Bescheid (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Mai 2006, mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat "Serbien und Montenegro" nicht zuerkannt, und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien und Montenegro" ausgewiesen worden war, ab. Diese Entscheidung wurde dem zum damaligen Zeitpunkt in der Justizanstalt Josefstadt in Haft befindlichen Beschwerdeführer am 10. August 2006 persönlich zugestellt.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006, eingebracht am 5. Oktober 2006, beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Verfahrenshilfe für die Bekämpfung dieses Bescheides, die ihm mit hg. Beschluss vom 9. Oktober 2006 bewilligt wurde.
Mit dem vorliegenden Schriftsatz vom 27. November 2006 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verfahrenshelfer, unter gleichzeitiger Nachholung der Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Diesen Antrag begründete er damit, im Zeitpunkt der Bescheidzustellung habe "ein Verfahren" (gemeint die Hauptverhandlung) wegen "Diebstahls" vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien unmittelbar bevorgestanden und es habe der Beschwerdeführer mit einer bedingten Strafe gerechnet. Er habe beabsichtigt, nach seiner Freilassung einen Rechtsanwalt mit der Beschwerdeerhebung zu befassen. In der Hauptverhandlung vom 24. August 2006 sei der Beschwerdeführer jedoch zu einer zweijährigen unbedingten Haftstrafe verurteilt und in weiterer Folge in die Justizanstalt Hirtenberg verlegt worden. Dabei seien für die Beschwerdeerhebung "wichtige und erforderliche Unterlagen" in der Justizanstalt Josefstadt verblieben, die der Beschwerdeführer erst Ende September 2006 bekommen habe. Aus diesen Gründen sei er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, den Verfahrenshilfeantrag an den Verwaltungsgerichtshof noch vor Ablauf der Beschwerdefrist zu stellen.
Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im gegenständlichen Fall wurde der (mehrfach einschlägig vorbestrafte) Beschwerdeführer im Anschluss an die Hauptverhandlung am 24. August 2006 mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien von diesem Tag, GZ 075 S Hv 105/06v-192, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 3, 130 vierter Fall und 15 StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf ein vorangegangenes Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. Mai 2006, 71 Hv 55/06m (mit der er bereits zu einer zehnmonatigen teilbedingten Haftstrafe verurteilt worden war) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.
Den in seiner Asylangelegenheit ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde hatte er - unstrittig - am 10. August 2006 zugestellt erhalten, weshalb die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 26 Abs. 1 VwGG am 21. September 2006 zu Ende gegangen war. Dass der Beschwerdeführer innerhalb dieser Frist weder einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt noch eine Beschwerde eingebracht hat, begründet er in seinem Wiedereinsetzungsantrag damit, von der Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe und der damit verbundenen Überstellung in eine andere Justizanstalt überrascht worden zu sein bzw. dabei - nicht näher bezeichnete - Unterlagen zurückgelassen zu haben, die für eine Beschwerdeerhebung wichtig und erforderlich gewesen und ihm erst Ende September 2006 ausgehändigt worden seien.
Dem ist entgegenzuhalten, dass von einer für den Beschwerdeführer unvorhergesehenen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe schon angesichts seines Vorlebens und der von ihm begangenen - im gegenständlichen Verfahren gar nicht bestrittenen - Straftaten nicht ausgegangen werden kann. Aufgrund dessen war vom Beschwerdeführer auch zu erwarten, dass er nach Erhalt des angefochtenen Bescheides und in Kenntnis der damit in Gang gesetzten Beschwerdefrist entsprechende Vorkehrungen trifft, um eine rechtzeitige Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, zumindest aber die fristgerechte Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages auch für den Fall einer Verurteilung und der damit zusammenhängenden Überstellung in eine andere Justizanstalt sicherzustellen. Dass dem Beschwerdeführer dies bei Aufwendung der auch von einem rechtsunkundigen Asylwerber zu erwartenden Sorgfalt nicht möglich gewesen wäre, lässt sich seinem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer hat sich vielmehr so auffallend sorglos verhalten (vgl. zum diesbezüglichen Verschuldensmaßstab etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. April 2005, Zl. 2005/20/0080, und vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/01/0558), dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.
Dem Wiedereinsetzungsantrag war deshalb gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben und die verspätete Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006010841.X00Im RIS seit
11.06.2007