TE OGH 2002/2/26 5Ob29/02d

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz W*****, vertreten durch die Sachwalterin Manuela Pschait, Hausfrau, ebendort, diese vertreten durch Dr. Friedl KEG, Rechtsanwalt in Eibiswald, wider die beklagten Parteien 1. Franz K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Folk, Dr. Gerd Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, 2. Silvia K*****, vertreten durch

Dr. Herbert Wimmer, Rechtsanwalt in Wildon, wegen EUR 4.578,38 (= S

63.000) sA und Zahlung einer monatlichen Rente von EUR 218,01 (= S

3.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 5. September 2001, GZ 17 R 136/01x-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wildon vom 28. März 2001, GZ 4 C 882/99k-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit EUR 749,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 124,95 Umsatzsteuer) sowie der Zweitbeklagten die mit EUR 749,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 124,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Dem Kläger steht aufgrund des Notariatsakts vom 28. Juni 1994 das Wohnungs- und Ausgedingsrecht an bestimmten Räumen des Hauses ***** bei ***** gegenüber den Beklagten zu, die sich darüber hinaus verpflichtet haben, bei Krankheit oder Gebrechlichkeit den Kläger sorgfältig zu pflegen und zu betreuen.

Mit der Behauptung, die Beklagten hätten ihm durch vertragswidriges Verhalten die Ausübung des Wohnungsrechtes und die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen unzumutbar gemacht, weshalb er schon im Oktober 1997 zu seiner Tochter Manuela P***** gezogen sei, begehrt der Kläger die Umwandlung des Leistungsinhalts in eine Geldrente von monatlich S 3.000.

Der Kläger sei schon im Zeitpunkt des Übergabsvertrags schwer alkoholabhängig und nicht in der Lage gewesen, sich ohne fremde Hilfe zu versorgen bzw einen geordneten Lebensablauf herzustellen. Nach dem Ableben seiner Gattin (1996) hätten sich die Beklagten geweigert, irgend welche Betreuungs- und Pflegeleistungen für ihn zu erbringen. Schließlich hätten sie den Strombezug des Klägers unterbrochen und die Heizung abgeschaltet. Die Beklagten hätten durch ihr vertragswidriges Verhalten das für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen notwendige Vertrauensverhältnis bzw persönliche Naheverhältnis zum Kläger zerstört.

Die Beklagten bestritten jegliches Verschulden und auch jeglichen Vorfall, der dem Kläger eine Rückkehr unzumutbar gemacht habe. Insbesondere hätten sie sich nicht geweigert, den Kläger zu versorgen und die Pflege und Betreuungsleistungen zu erbringen. Vielmehr seien vom Kläger Leistungen, etwa die Versorgung mit Essen nicht angenommen worden. Tatsächlich habe sich das Zusammenleben mit dem Kläger nach dem Tod seiner Gattin nicht einfach gestaltet, sein Verhalten gegenüber den Beklagten sei unangemessen und für ein gedeihliches Zusammenleben unverträglich gewesen. Vor seinem Auszug habe er die Beklagten wiederholt beschimpft, verbal bedroht und Sachbeschädigungen verübt. Er könne sich daher nicht auf einen Unvergleichsfall berufen.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Aufgrund der getroffenen Feststellungen verneinten beide den behaupteten Unvergleichsfall. Das überaus schlechte Verhältnis zwischen den Streitteilen habe allerdings der Kläger überwiegend durch Drohungen und Aggressionen und offensichtliches Nichtinteresse an einer Beziehung zu den Beklagten selbst verschuldet. Der sogenannte "Unvergleichsfall" der einen Ausgedingsnehmer berechtigt, die Ablösung seines Naturalausgedinges in Geld zu verlangen, hänge immer vom Nachweis eines Verschuldens des Verpflichteten ab, weshalb der Anspruch zu verneinen sei.

Das Berufungsgericht ging noch auf die Frage ein, welcher Stellenwert dabei der Alkoholkrankheit des Klägers zukomme, ob ihm sein Verhalten überhaupt zuzurechnen sei und dass die Beklagten die Ausgedingsverpflichtungen schon in Kenntnis der Alkoholkrankheit des Klägers übernommen hätten. Dazu führte das Berufungsgericht aus, dass es zwar einerseits richtig sei, dass es in erster Linie Sache der Beklagten gewesen wäre, den Kontakt zum Kläger zu suchen, weil ihnen je bekannt war, dass er Alkoholiker sei. Andererseits sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass diese Kontaktlosigkeit der Kläger mitverursacht bzw mitverschuldet habe. Fest stehe, dass der Kläger nur unregelmäßig zu Hause gewesen sei, dass er meistens das Haus verlassen habe und mit den Beklagten nicht mehr gesprochen habe. Dies könne nicht nur den Beklagten angelastet werden, weshalb ein eindeutiges Verschulden der Beklagten nicht erwiesen sei. Dazu komme noch, dass der Kläger ohne nähere Begründung die Essensannahme verweigert habe, die Beklagten verbal bedroht und sie sogar gewürgt habe. Eine Unzurechnungsfähigkeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt stehe nicht fest, weshalb ihm sein Verhalten zuzurechnen sei. Ein Verschulden der Übernehmer an der Vertragsverletzung sei jedenfalls nicht erwiesen.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision infolge Klärungsbedürftigkeit der Frage für zulässig, ob fehlende oder eingeschränkte Geschäftsfähigkeit des Ausgedingsverpflichteten die Vorwerfbarkeit seines eigenen Fehlverhaltens mindere oder aufhebe, zugleich aber höhere Anforderungen an die Ausgedingsverpflichteten stelle.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist jedoch das Revisionsgericht bei Prüfung der Zulässigkeit einer Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Fehlt eine erhebliche Rechtsfrage, so kann sich der Oberste Gerichtshof bei seiner Entscheidung auf die Anführung der Zurückweisungsgründe beschränkten (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO ist jedoch das Revisionsgericht bei Prüfung der Zulässigkeit einer Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden. Fehlt eine erhebliche Rechtsfrage, so kann sich der Oberste Gerichtshof bei seiner Entscheidung auf die Anführung der Zurückweisungsgründe beschränkten (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung zutreffend erkannt, dass der Ausgedingsberechtigte die Ablöse der Naturalleistung in Geld nur verlangen kann, wenn ihm deren Inanspruchnahme wegen vom Übernehmer zu vertretender Umstände billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (EvBl 1970/90; EFSlg 56.969, 69.079; RIS-Justiz RS0022573; RS0022564). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kommt es nicht darauf an, ob den Ausgedingsberechtigten ein Verschulden trifft, ihm also sein Fehlverhalten vorwerfbar ist, schon gar nicht ob er "geschäftsfähig" war, sondern darauf, ob ein Verschulden der Verpflichteten nachweisbar ist (SZ 55/23; NZ 1989, 262). Ein Verschulden des Ausgedingspflichtigen liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn jenes Maß an Takt und Lieblosigkeit überschritten wird, das nach allgemeiner Lebenserfahrung auch sonst in einem Familienverband auftreten kann, sofern es nicht durch den Ausgedingsberechtigten geradezu provoziert wird (SZ 47/54; SZ 63/15; RIS-Justiz RS0023502). Wenn die Vorinstanzen beim festgestellten Verhalten der Streitteile ein Verschulden der Beklagten und damit einen Vertragsverstoß verneinten, liegt jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung vor, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die Revision somit als unzulässig, weshalb sie ungeachtet ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht, zurückgewiesen werden musste.Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung zutreffend erkannt, dass der Ausgedingsberechtigte die Ablöse der Naturalleistung in Geld nur verlangen kann, wenn ihm deren Inanspruchnahme wegen vom Übernehmer zu vertretender Umstände billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (EvBl 1970/90; EFSlg 56.969, 69.079; RIS-Justiz RS0022573; RS0022564). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kommt es nicht darauf an, ob den Ausgedingsberechtigten ein Verschulden trifft, ihm also sein Fehlverhalten vorwerfbar ist, schon gar nicht ob er "geschäftsfähig" war, sondern darauf, ob ein Verschulden der Verpflichteten nachweisbar ist (SZ 55/23; NZ 1989, 262). Ein Verschulden des Ausgedingspflichtigen liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn jenes Maß an Takt und Lieblosigkeit überschritten wird, das nach allgemeiner Lebenserfahrung auch sonst in einem Familienverband auftreten kann, sofern es nicht durch den Ausgedingsberechtigten geradezu provoziert wird (SZ 47/54; SZ 63/15; RIS-Justiz RS0023502). Wenn die Vorinstanzen beim festgestellten Verhalten der Streitteile ein Verschulden der Beklagten und damit einen Vertragsverstoß verneinten, liegt jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung vor, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erweist sich die Revision somit als unzulässig, weshalb sie ungeachtet ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht, zurückgewiesen werden musste.

Weil die Beklagten in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, haben sie Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsverfahren (§§ 41, 50 ZPO).Weil die Beklagten in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, haben sie Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsverfahren (Paragraphen 41,, 50 ZPO).

Anmerkung

E64805 5Ob29.02d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0050OB00029.02D.0226.000

Dokumentnummer

JJT_20020226_OGH0002_0050OB00029_02D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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