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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
Geschwindigkeitsbeschränkung Autobahnen Nachtzeit 1989 §1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des JS in B/Deutschland, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11. Oktober 2006, Zl. uvs- 2006/17/1562-4, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 2006 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 22. September 2005 um 22.48 Uhr im Gemeindegebiet von Kundl auf einem näher zitierten Ort der Inntalautobahn als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws die gemäß § 1 lit. c der Verordnung BGBl. Nr. 527/1989 erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 64 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO iVm der zitierten Verordnung begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren seine Tätereigenschaft bestritten. Dem gegenüber berief sich die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, näher die Erkenntnisse vom 23. April 1986, Zl. 86/18/0004, und vom 11. Mai 1990, Zl. 90/18/0022, wonach die Verwaltungsstrafbehörde aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers gegenüber dem Vorhalt eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes den Schluss ableiten könne, der Zulassungsbesitzer sei selbst der Täter gewesen.
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer allerdings die Unterlassung der Einvernahme der von ihm namhaft gemachten Zeugen:
Der Zeuge Andreas A. wurde zum Beweis dafür geführt, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit ihm eine Sauna besucht, der Sohn des Beschwerdeführers Gregor dafür, dass der Beschwerdeführer ihm (in diesem Zeitraum) das Fahrzeug für eine Venedigreise überlassen habe; insoweit legte der Beschwerdeführer u.a. eine "Erklärung" des Sohnes vor, dass der Vater auf der Rückreise zur Tatzeit "nicht mit war" und er selbst (der Sohn) dabei geschlafen habe, sodass er nicht wisse, welcher seiner Begleiter zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe.
Dem gegenüber vertritt die belangte Behörde zunächst die Ansicht, die Einvernahme des Sohnes habe unterbleiben können, weil seine Aussage, er habe zum Tatzeitpunkt geschlafen, "durchaus glaubwürdig sei". Dabei übersieht die belangte Behörde, dass Prozessthema nicht die Frage ist, wer von dessen Begleitern der Lenker war, sondern ob der Vater (sohin der Beschwerdeführer) als Lenker in Betracht kommt, was allerdings, sollte sich dieser zum Tatzeitpunkt nicht im Fahrzeug befunden haben, nach den Denkgesetzen auszuschließen ist. Hätte die belangte Behörde die Angabe des Sohnes aber auch insoweit als glaubwürdig erachtet, so hätte sich somit - dies zur Klarstellung - dessen Einvernahme als Zeuge, aber auch des weiteren Zeugen Andreas A. erübrigt. Wieso die allfällige Aussage dieses Zeugen "nicht weiter hilft", ist gleichfalls nicht nachvollziehbar, wäre doch die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers auszuschließen, wenn bewiesen wäre, dass sich dieser zum Tatzeitpunkt in der Sauna befunden hat. Es kann daher keine Rede davon sein, dass diese Beweise an sich nicht geeignet wären, über den maßgeblichen Gegenstand Beweis zu liefern.
Die belangte Behörde übersieht im Übrigen mit ihrem Hinweis auf die oben zitierte hg. Rechtsprechung, dass der Verwaltungsgerichtshof gerade in dem von ihr ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 23. April 1986, Zl. 86/18/0004, auch zum Ausdruck gebracht hat, es bestehe keine Norm des Inhaltes, es sei immer und unter allen Umständen der Zulassungsbesitzer als Täter einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung anzusehen und es - dies sei zu den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift gesagt - nicht um eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG geht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. Februar 2007
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung AntragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006020303.X00Im RIS seit
23.03.2007