TE OGH 2002/2/26 1Ob26/02h

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Walter H*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer und Dr. Peter Perner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Susanne H*****, vertreten durch Dr. Christine Bitschnau, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Wiederaufnahme eines Ehescheidungsverfahrens, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 4. Juli 2001, GZ 21 R 31/01g-15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 2. November 2000, GZ 4 C 67/00w-8, aufgehoben und die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Rekursverfahren wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über den im Rekurs enthaltenen Ablehnungsantrag der klagenden Partei unterbrochen.

Die Akten werden dem Landesgericht Salzburg mit dem Auftrag zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag der klagenden Partei zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Begehren des Wiederaufnahmsklägers auf Aufhebung des vom Erstgericht am 22. 3. 1989 zu AZ 20 C 31/87 gefällten Urteils ab.

Aus Anlass der vom Kläger erhobenen Berufung hob das Berufungsgericht unter dem Vorsitz des Richters Dr. Imre J***** dieses Urteil auf und wies die Wiederaufnahmsklage zurück; es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger (Revisions-)Rekurs, in welchem auch ?das Berufungsgericht? (gemeint: Dr. J*****) wegen Ausgeschlossenheit nach § 20 JN bzw Befangenheit nach § 19 JN abgelehnt wird.

Rechtliche Beurteilung

Das - zulässige - Rekursverfahren ist zu unterbrechen:

Vorweg ist klarzustellen, dass der Beschluss des Berufungsgerichts - entgegen dessen Ansicht - gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO anfechtbar ist. Wird nämlich vom Berufungsgericht die Klage zurückgewiesen, dann ist dieser Beschluss stets anfechtbar (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 519).

Die Ablehnung eines Richters ist auch noch nach Schluss der Verhandlung und nach Urteilsfällung, aber nicht mehr nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens zulässig. Werden erst im Rechtsmittelverfahren Gründe bekannt, die die Ablehnung eines Richters der unteren Instanz rechtfertigen würden, dann müssen sie mittels Ablehnungsantrags, der auch in den Rechtsmittelschriftsatz aufgenommen werden kann, geltend gemacht werden. Das Rechtsmittelverfahren ist sodann bis zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag durch die dafür zuständige Unterinstanz zu unterbrechen (9 ObA 277/92; ÖBl 1977, 76; Mayr in Rechberger aaO Rz 3 zu § 21 JN; Kodek aaO Rz 4 zu § 477). Der Ansicht Faschings (Lehrbuch2 Rz 161), die Ablehnung müsste mit ?besonderem Antrag? beim Gericht unterer Instanz geltend gemacht werden, wird ebensowenig beigetreten wie der Meinung Ballons (in Fasching I2 Rz 3 zu § 21 JN), ein erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung oder nach Urteilszustellung bekannt gewordener Befangenheitsgrund könne nur mehr im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden und über diesen Antrag habe nicht der Ablehnungssenat der unteren Instanz zu entscheiden. Es genügt, in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von Mayr und Kodek (jeweils aaO) sowie auf den Text des § 23 JN zu verweisen.

Es schadet auch nicht, dass der Ablehnungsantrag vom Kläger nicht ?an die Spitze seines Rekurses? gestellt wurde, ist doch der Rechtsmittelschriftsatz als Einheit zu sehen; die gegenteilige Ansicht wäre wohl überspitzter Formalismus.

Das Rekursverfahren ist zu unterbrechen; der zuständige Ablehnungssenat des Berufungsgerichts hat über den Ablehnungsantrag des Klägers zu entscheiden. Die weitere Vorgangsweise ist vom Ergebnis dieses Erkenntnisses abhängig.

Textnummer

E64676

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00026.02H.0226.000

Im RIS seit

28.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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