TE OGH 2002/3/20 3Ob64/02m

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Veröffentlicht am 20.03.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des ***** mj. Bernhard M*****, vertreten durch die Mutter Andrea M*****, diese vertreten durch Kolarz & Donnerbauer, Rechtsanwaltspartnerschaft in Stockerau, infolge Revisionsrekurses des Vater Rudolf R*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Wien und Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 6. Dezember 2001, GZ 20 R 145/01s, 147/01k, 148/01g-191, soweit damit der Beschluss des Bezirksgerichtes Stockerau vom 27. Juli 2001, GZ 1 P 1727/95p-178, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, Paragraph 12 a, Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.

Text

Begründung:

Der Mj. wird im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter von dieser betreut.

Der Vater verpflichtete sich zuletzt am 9. 2. 1999 gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg, zum Unterhalt des Mj. ab 1. 10. 1998 monatlich 2.750 S zu zahlen; dabei wurde von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von 22.000 S und weiteren Sorgepflichten des Vaters für zwei Kinder unter zehn Jahren und seine Ehefrau ausgegangen.

Während der Vater mit dem Hinweis auf Eigeneinkommen des Mj. aus der Vermietung eines von ihm den Großeltern geschenkten Hauses die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf "rund 1.500 S monatlich ab Sommer 1998" beantragte, begehrte der Mj. die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 2. 2000 auf monatlich 5.190 S.

Beide Seiten beantragten die Abweisung des gegnerischen Antrags.

Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab und erhöhte dessen monatliche Unterhaltsverpflichtung für den Mj. Ab 1. 2. 2000 bis 31. 12. 2000 auf 5.000 S und ab 1. 1. 2001 auf 5.190 S. Es ging dabei von einem durchschnittlichen Monatsnettoeinkommen des Vaters im Jahr 2000 - einschließlich des Arbeitslosengelds von monatlich 16.921,40 S - von 27.559 S und ab 1. 1. 2001 von 30.255 S aus und berücksichtigte dessen weitere Sorgepflichten für zwei eheliche Kinder im Alter unter zehn Jahren.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Feststellungen und Rechtsansichten des Erstgerichts und führte weiters zur Argumentation des Rekurswerbers mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 27. 6. 2001, B 1285/00, aus, die ordentlichen Gerichte seien an die Rsp des VfGH nicht gebunden. Sollte dieser der Meinung sein, dass § 12a FLAG nicht der Verfassung entspreche, so hätte er diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben. Von einer tiefgreifenden Änderung der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze könne erst dann die Rede sein, wenn auch der Oberste Gerichtshof seine Rechtsprechung aufgrund des genannten Verfassungsgerichtshofserkenntnisses ändern sollte.Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Feststellungen und Rechtsansichten des Erstgerichts und führte weiters zur Argumentation des Rekurswerbers mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 27. 6. 2001, B 1285/00, aus, die ordentlichen Gerichte seien an die Rsp des VfGH nicht gebunden. Sollte dieser der Meinung sein, dass Paragraph 12 a, FLAG nicht der Verfassung entspreche, so hätte er diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben. Von einer tiefgreifenden Änderung der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze könne erst dann die Rede sein, wenn auch der Oberste Gerichtshof seine Rechtsprechung aufgrund des genannten Verfassungsgerichtshofserkenntnisses ändern sollte.

Gegen den zweitinstanzlichen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters. Er macht - neben anderen Rechtsmittelgründen - auch geltend, dass § 12a FLAG iSd Erkenntnisses des VfGH vom 27. 6. 2001 auszulegen sei, und regt an, beim VfGH die Aufhebung des § 12a FLAG als verfassungswidrig zu beantragen.Gegen den zweitinstanzlichen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters. Er macht - neben anderen Rechtsmittelgründen - auch geltend, dass Paragraph 12 a, FLAG iSd Erkenntnisses des VfGH vom 27. 6. 2001 auszulegen sei, und regt an, beim VfGH die Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG als verfassungswidrig zu beantragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beantragt, § 12a FLAG 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag sind bereits weitere Anträge gefolgt, so dass schon derzeit zahlreiche Verfahren beim VfGH anhängig sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit des § 12a FLAG noch in vielen Verfahren stellen wird, weil sich die in dieser Bestimmung verfügte Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung des Geldunterhalts in einer erheblichen Zahl der Unterhaltsbemessungsverfahren auswirkt.Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, gemäß Artikel 89, Absatz 2, B-VG (Artikel 140, B-VG) beantragt, Paragraph 12 a, FLAG 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag sind bereits weitere Anträge gefolgt, so dass schon derzeit zahlreiche Verfahren beim VfGH anhängig sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit des Paragraph 12 a, FLAG noch in vielen Verfahren stellen wird, weil sich die in dieser Bestimmung verfügte Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung des Geldunterhalts in einer erheblichen Zahl der Unterhaltsbemessungsverfahren auswirkt.

Der VfGH hat in ähnlich gelagerten Fällen gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die angefochtene und von ihm aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden sei (s VfGH 1. 10. 2001, G 224/01). Es wäre ein unsachliche Verschiedenbehandlung, würde der VfGH - sollte er § 12a FLAG aufheben - nicht auch in bereits anhängigen Verfahren aussprechen, dass die Bestimmung nicht bloß im jeweiligen Anlassfall, sondern auch in allen übrigen Fällen nicht mehr anzuwenden ist. Mit Beschluss vom 9. März, G 7/02-6, hat der Verfassungsgerichtshof im Fall der Aufhebung des § 12a FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, die Anlassfallwirkung auf die rechtlich gleichgelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken.Der VfGH hat in ähnlich gelagerten Fällen gemäß Artikel 140, Absatz 7, zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die angefochtene und von ihm aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden sei (s VfGH 1. 10. 2001, G 224/01). Es wäre ein unsachliche Verschiedenbehandlung, würde der VfGH - sollte er Paragraph 12 a, FLAG aufheben - nicht auch in bereits anhängigen Verfahren aussprechen, dass die Bestimmung nicht bloß im jeweiligen Anlassfall, sondern auch in allen übrigen Fällen nicht mehr anzuwenden ist. Mit Beschluss vom 9. März, G 7/02-6, hat der Verfassungsgerichtshof im Fall der Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, die Anlassfallwirkung auf die rechtlich gleichgelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken.

Ist also davon auszugehen, dass der VfGH eine allfällige Aufhebung des § 12a FLAG nicht auf den jeweiligen Anlassfall beschränken wird, sind die beim VfGH anhängigen Verfahren präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich bei einer Aufhebung des § 12a FLAG der Unterhaltsbeitrag durch Berücksichtigung der Familienbeihilfe entsprechend vermindern wird.Ist also davon auszugehen, dass der VfGH eine allfällige Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG nicht auf den jeweiligen Anlassfall beschränken wird, sind die beim VfGH anhängigen Verfahren präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich bei einer Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG der Unterhaltsbeitrag durch Berücksichtigung der Familienbeihilfe entsprechend vermindern wird.

Gemäß § 190 Abs 1 ZPO kann ein Rechtsstreit unterbrochen werden, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist weder bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren noch für das Außerstreitverfahren vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 190 ZPO zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung, widersprechende Entscheidungen im Sinne der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern, auch im vorliegenden Fall zutrifft.Gemäß Paragraph 190, Absatz eins, ZPO kann ein Rechtsstreit unterbrochen werden, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist weder bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren noch für das Außerstreitverfahren vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des Paragraph 190, ZPO zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung, widersprechende Entscheidungen im Sinne der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern, auch im vorliegenden Fall zutrifft.

Das Verfahren war daher bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Anfechtung des § 12a FLAG zu unterbrechen.Das Verfahren war daher bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Anfechtung des Paragraph 12 a, FLAG zu unterbrechen.

Textnummer

E64880

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00064.02M.0320.000

Im RIS seit

19.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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