TE OGH 2002/4/16 10ObS125/02h

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Veröffentlicht am 16.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johannes U*****, vertreten durch Dr. Harald W. Jesser, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2001, GZ 8 Rs 223/01b-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. August 2001, GZ 22 Cgs 202/99g-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit mit 333,12 EUR (darin 55,52 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erlitt beim Arbeitsunfall vom 2. 5. 1992 einen Trümmerbruch der rechten Kniescheibe und beim Arbeitsunfall vom 13. 10. 1997 einen Bruch des rechten Oberschenkels, einen Abriss des kleinen Rollhügels und Prellungen. Wegen der Folgen des ersten Unfalls erhielt er eine Versehrtenrente von 20 vH der Vollrente bis Juni 1993 und wegen der Folgen des zweiten Unfalls aufgrund des Bescheides der Beklagten vom 11. 8. 1998 eine vorläufige Versehrtenrente von 20 vH der Vollrente ab 29. 6. 1998. Mit Bescheid vom 14. 9. 1999 entzog die Beklagte dem Kläger die vorläufige Versehrtenrente und sprach aus, dass ein Anspruch auf Dauerrente nicht bestehe.

Der Kläger begehrt mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Klage die Gewährung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß auch ab 1. 11. 1999.

Die Beklagte wandte ein, dass aus den gegenständlichen Unfällen beim Kläger keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß mehr bestehe.

Das Erstgericht erkannte im zweiten Rechtsgang die Beklagte für schuldig, dem Kläger auch über den 1. 11. 1999 hinaus die Versehrtenrente im gesetzlichen Umfang, basierend auf einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH zu zahlen. Es stellte fest, die Minderung der Erwerbsfähigkeit aus dem Arbeitsunfall vom 2. 5. 1992 betrage 15 vH und jene bezogen auf den Arbeitsunfall vom 13. 10. 1997 5 vH, woraus sich insgesamt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH ergebe. Es sei davon auszugehen, dass die Erwerbsminderung bereits ab 1. 11. 1999 (Dauerrentenzeitpunkt) bestanden habe, sodass dem Klagebegehren stattzugeben gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass es den Anspruch des Klägers auf eine Versehrtenrente basierend auf einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH ab dem 17. 11. 2000 dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte, das Mehrbegehren auf Leistung einer Versehrtenrente bereits ab 1. 11. 1999 abwies und der Beklagten auftrug, dem Kläger ab 17. 11. 2000 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von S 3.743,40 monatlich zu erbringen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte macht geltend, durch die Aufhebung der Wortfolge "und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 vH" in § 210 Abs 1 erster Satz ASVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. 10. 2000, G 112/98, habe sich als neue Rechtslage ergeben, dass eine Gesamtrentenbildung auch dann durchzuführen sei, wenn der letzte Versicherungsfall alleine nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 vH bewirkt habe. Da der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis nicht ausgesprochen habe, dass das Gesetz auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht anzuwenden sei, sei aufgrund der eindeutigen Regelung des Art 140 Abs 7 B-VG die Bestimmung des § 210 ASVG in der vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof geltenden Fassung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden. Da das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes am 17. 11. 2000 kundgemacht worden sei, sei § 210 ASVG in der vor der Aufhebung geltenden Fassung weiterhin auf alle vor dem Datum der Kundmachung liegenden Tatbestände anzuwenden. Als in diesem Zusammenhang maßgeblicher "Tatbestand" könne im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nur der Eintritt des Versicherungsfalles gesehen werden. Zur Herstellung eines dem Gleichheitsgrundsatz entsprechenden Ergebnisses würden im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig stichtagsbezogene Regelungen normiert. So werde die Anwendung eines Rechts in einer bestimmten Fassung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig vom Eintritt des (letzten) Versicherungsfalles abhängig gemacht. Damit solle verhindert werden, dass etwa eine nach dem Datum der Entscheidung im Vergleich zu anderen Entscheidungen unterschiedliche Rechtslage zur Anwendung komme. Da beim vorliegenden Fall der Eintritt des Versicherungsfalls vor dem Datum der Kundmachung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gelegen sei, hätten die Vorinstanzen § 210 Abs 1 ASVG in der vor der teilweisen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof in Geltung gestandenen Fassung anwenden müssen. Mit Wirkung vom 1. 8. 2001 sei § 210 ASVG neuerlich geändert worden. Wäre die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig, wäre im vorliegenden Fall nunmehr die neue Rechtslage - in zeitlicher Hinsicht als dritte Rechtslage für ein und denselben Tatbestand - anzuwenden.Die Beklagte macht geltend, durch die Aufhebung der Wortfolge "und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 vH" in Paragraph 210, Absatz eins, erster Satz ASVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. 10. 2000, G 112/98, habe sich als neue Rechtslage ergeben, dass eine Gesamtrentenbildung auch dann durchzuführen sei, wenn der letzte Versicherungsfall alleine nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 vH bewirkt habe. Da der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis nicht ausgesprochen habe, dass das Gesetz auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht anzuwenden sei, sei aufgrund der eindeutigen Regelung des Artikel 140, Absatz 7, B-VG die Bestimmung des Paragraph 210, ASVG in der vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof geltenden Fassung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden. Da das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes am 17. 11. 2000 kundgemacht worden sei, sei Paragraph 210, ASVG in der vor der Aufhebung geltenden Fassung weiterhin auf alle vor dem Datum der Kundmachung liegenden Tatbestände anzuwenden. Als in diesem Zusammenhang maßgeblicher "Tatbestand" könne im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nur der Eintritt des Versicherungsfalles gesehen werden. Zur Herstellung eines dem Gleichheitsgrundsatz entsprechenden Ergebnisses würden im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig stichtagsbezogene Regelungen normiert. So werde die Anwendung eines Rechts in einer bestimmten Fassung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig vom Eintritt des (letzten) Versicherungsfalles abhängig gemacht. Damit solle verhindert werden, dass etwa eine nach dem Datum der Entscheidung im Vergleich zu anderen Entscheidungen unterschiedliche Rechtslage zur Anwendung komme. Da beim vorliegenden Fall der Eintritt des Versicherungsfalls vor dem Datum der Kundmachung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gelegen sei, hätten die Vorinstanzen Paragraph 210, Absatz eins, ASVG in der vor der teilweisen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof in Geltung gestandenen Fassung anwenden müssen. Mit Wirkung vom 1. 8. 2001 sei Paragraph 210, ASVG neuerlich geändert worden. Wäre die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig, wäre im vorliegenden Fall nunmehr die neue Rechtslage - in zeitlicher Hinsicht als dritte Rechtslage für ein und denselben Tatbestand - anzuwenden.

Der Senat hat zu der hier entscheidungswesentlichen Rechtsfrage jüngst in seiner Entscheidung vom 19. 3. 2002, AZ 10 ObS 23/02h, Stellung genommen und ausgeführt:

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 12. 10. 2000, G 112/98-9, die Wortfolge "und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 vH" in § 210 Abs 1 erster Satz ASVG BGBl 189/1955 idF BGBl Nr 111/1986 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Die Aufhebung tritt am Tag der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt (Art 140 Abs 5 B-VG). An den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes sind zwar alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gemäß Art 140 Abs 7 B-VG gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls ist jedoch nach derselben Bestimmung das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Dies bedeutet, dass, sofern der Verfassungsgerichtshof - wie hier - nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, die Aufhebung eines Gesetzes nur für die Zukunft wirkt. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände ist das Gesetz weiter anzuwenden (Art 140 Abs 7 B-VG; vgl auch § 5 ABGB). Anders wäre die Lage im Anlassfall der Aufhebung, doch liegt ein solcher Anlassfall hier nicht vor (RZ 1992/39; EvBl 1991/154; SZ 58/48 mwN ua).Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 12. 10. 2000, G 112/98-9, die Wortfolge "und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 vH" in Paragraph 210, Absatz eins, erster Satz ASVG Bundesgesetzblatt 189 aus 1955, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr 111 aus 1986, als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Die Aufhebung tritt am Tag der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt (Artikel 140, Absatz 5, B-VG). An den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes sind zwar alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gemäß Artikel 140, Absatz 7, B-VG gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls ist jedoch nach derselben Bestimmung das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Dies bedeutet, dass, sofern der Verfassungsgerichtshof - wie hier - nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, die Aufhebung eines Gesetzes nur für die Zukunft wirkt. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände ist das Gesetz weiter anzuwenden (Artikel 140, Absatz 7, B-VG; vergleiche auch Paragraph 5, ABGB). Anders wäre die Lage im Anlassfall der Aufhebung, doch liegt ein solcher Anlassfall hier nicht vor (RZ 1992/39; EvBl 1991/154; SZ 58/48 mwN ua).

Die Frage, wann ein "verwirklichter Tatbestand" im Sinn des Art 140 Abs 7 B-VG gegeben ist, hängt im Allgemeinen vom materiellen Recht, um dessen Anwendung es geht, ab (vgl Mayer, MKK B-VG2 399 f mwN). In der Judikatur des Obersten Gerichtshofes wurde ausgesprochen, dass die betreffende Norm auf bereits vor der Aufhebung "konkretisierte" Sachverhalte weiter anzuwenden ist (vgl SZ 58/48 ua). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nimmt Art 140 Abs 7 B-VG auf die vor der Aufhebung "verwirklichten Tatbestände" und damit auf den dem jeweiligen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt als Ausschnitt der Lebenswirklichkeit Bezug. Ein verwirklichter Tatbestand liegt dann vor, wenn der Sachverhalt (die Lebenswirklichkeit) den in einer gesetzlichen Vorschrift abstrakt umschriebenen Lebensverhältnissen (dem Tatbestand) entspricht (vgl VwGH 20. 10. 2000, Zl 2000/07/0089; 17. 12. 1992, Zl 92/09/0298 jeweils mwN ua). Ein verwirklichter Tatbestand im Sinn des Art 140 Abs 7 B-VG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Rechtsvorschrift durch einen unveränderbaren Tatbestand gekennzeichnet ist, das heißt wenn ein Sachverhalt, der unveränderbar ist, verwirklicht wurde, auf den der Tatbestand einer vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Rechtsvorschrift sich bezieht (vgl VwGH 21. 2. 1995, Zl 94/07/0119 mwN).Die Frage, wann ein "verwirklichter Tatbestand" im Sinn des Artikel 140, Absatz 7, B-VG gegeben ist, hängt im Allgemeinen vom materiellen Recht, um dessen Anwendung es geht, ab vergleiche Mayer, MKK B-VG2 399 f mwN). In der Judikatur des Obersten Gerichtshofes wurde ausgesprochen, dass die betreffende Norm auf bereits vor der Aufhebung "konkretisierte" Sachverhalte weiter anzuwenden ist vergleiche SZ 58/48 ua). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nimmt Artikel 140, Absatz 7, B-VG auf die vor der Aufhebung "verwirklichten Tatbestände" und damit auf den dem jeweiligen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt als Ausschnitt der Lebenswirklichkeit Bezug. Ein verwirklichter Tatbestand liegt dann vor, wenn der Sachverhalt (die Lebenswirklichkeit) den in einer gesetzlichen Vorschrift abstrakt umschriebenen Lebensverhältnissen (dem Tatbestand) entspricht vergleiche VwGH 20. 10. 2000, Zl 2000/07/0089; 17. 12. 1992, Zl 92/09/0298 jeweils mwN ua). Ein verwirklichter Tatbestand im Sinn des Artikel 140, Absatz 7, B-VG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Rechtsvorschrift durch einen unveränderbaren Tatbestand gekennzeichnet ist, das heißt wenn ein Sachverhalt, der unveränderbar ist, verwirklicht wurde, auf den der Tatbestand einer vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Rechtsvorschrift sich bezieht vergleiche VwGH 21. 2. 1995, Zl 94/07/0119 mwN).

Eine vergleichbare Problematik, nämlich die Festlegung des zeitlichen Geltungsbereiches eines kundgemachten Gesetzes, behandelt die Bestimmung des § 5 ABGB. Danach wirken Gesetze (im Zweifel) nicht zurück und haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss. Demnach sind nur die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, vorher geschehene Handlungen und sonstige Sachverhalte sind aber wie vorher entstandene Rechte weiterhin dem alten Gesetz zu unterwerfen. Der zeitliche Geltungsbereich ist allerdings nur für einmalige oder jene mehrgliedrigen oder dauernden Sachverhalte abgrenzbar, die zur Gänze in die Geltungszeit des alten oder neuen Gesetzes fallen. Andernfalls gelten für den Dauersachverhalt die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes ab seinem Inkrafttreten (SZ 69/186, 69/241, 66/135 = SSV-NF 7/101 mwN uva). Daraus ergibt sich für einen Fall, in welchem an ein Dauerrechtsverhältnis - wie beispielsweise die Ehe - eine Dauerrechtsfolge - wie die Unterhaltspflicht - geknüpft ist, dass in Ermangelung einer anderen Anordnung des Gesetzgebers die Rechtsfolgen, die an den zeitlichen Abschnitt der Tatbestandsverwirklichung vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes geknüpft waren, nach altem Recht, die Rechtsfolgen des sich danach verwirklichenden Tatbestandes aber nach dem neuen Gesetz zu beurteilen sind (SZ 50/108 ua). In diesem Sinne wurde vom Obersten Gerichtshof auch bereits im Bereich des Sozialrechtes entschieden, dass sich die Höhe des Krankengeldes, auf welches ein Versicherter Anspruch hat, bei einer Gesetzesänderung bis zu diesem Zeitpunkt nach altem Recht, ab diesem Zeitpunkt aber nach neuem Recht richtet, auch wenn der Versicherungsfall bereits während der Geltung des alten Rechtes eingetreten ist (SSV-NF 7/101 = SZ 66/135). Diese Grundsätze haben auch im vorliegenden Fall Anwendung zu finden (vgl auch Bitzyk/Aigner, Die "Werkvertragsregelung" nach dem VfGH-Erkenntnis vom 14. 3. 1997, G 392, 398, 399/96-18 in ecolex-script 1997, 9, 7 zu den Rechtsfolgen dieses VfGH-Erkenntnisses). Zum Hinweis der beklagten Partei auf die Praxis des Gesetzgebers, bei Inkraftsetzen wesentlicher Änderungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung in Übergangsbestimmungen auf den Eintritt des Versicherungsfalles abzustellen, ist noch zu bemerken, dass der Gesetzgeber im Bereich der Berufskrankheiten teilweise ausdrücklich eine rückwirkende Anerkennung der Berufskrankheit vorsieht, eine Gewährung von Leistungen jedoch nur für die Zukunft normiert (vgl § 527 ASVG; Art VI Abs 11 und 12 BGBl 1976/704; Art VI Abs 8 BGBl 1986/111; Tomandl, SV-System 11. ErgLfg 320 ua). Im vorliegenden Fall trat durch die Aufhebung der zitierten Wortfolge in § 210 Abs 1 erster Satz ASVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. 10. 2000 während des laufenden Verfahrens eine Änderung der Rechtslage ein. Diese Aufhebung trat am Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, somit am 17. 11. 2000, in Kraft (§ 140 Abs 5 B-VG). Seit diesem Tag steht der Bildung einer Gesamtrente aus mehreren Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten das Erfordernis einer zusätzlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 vH aus dem letzten Versicherungsfall nicht mehr entgegen, sodass der Kläger ab diesem Tag Anspruch auf Gewährung einer Gesamtrente im Sinn des § 210 Abs 1 ASVG für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 2. 5. 1992 und des Arbeitsunfalls vom 13. 10. 1997 hat. Dass § 210 ASVG mit Wirkung vom 1. 8. 2001 neu gefasst wurde und ab diesem Zeitpunkt anwendbar ist (BGBl I 2001/99), ändert daran nichts, weil der Anspruch des Klägers auch nach § 210 ASVG nF dem Grunde nach zu Recht besteht.Eine vergleichbare Problematik, nämlich die Festlegung des zeitlichen Geltungsbereiches eines kundgemachten Gesetzes, behandelt die Bestimmung des Paragraph 5, ABGB. Danach wirken Gesetze (im Zweifel) nicht zurück und haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss. Demnach sind nur die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, vorher geschehene Handlungen und sonstige Sachverhalte sind aber wie vorher entstandene Rechte weiterhin dem alten Gesetz zu unterwerfen. Der zeitliche Geltungsbereich ist allerdings nur für einmalige oder jene mehrgliedrigen oder dauernden Sachverhalte abgrenzbar, die zur Gänze in die Geltungszeit des alten oder neuen Gesetzes fallen. Andernfalls gelten für den Dauersachverhalt die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes ab seinem Inkrafttreten (SZ 69/186, 69/241, 66/135 = SSV-NF 7/101 mwN uva). Daraus ergibt sich für einen Fall, in welchem an ein Dauerrechtsverhältnis - wie beispielsweise die Ehe - eine Dauerrechtsfolge - wie die Unterhaltspflicht - geknüpft ist, dass in Ermangelung einer anderen Anordnung des Gesetzgebers die Rechtsfolgen, die an den zeitlichen Abschnitt der Tatbestandsverwirklichung vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes geknüpft waren, nach altem Recht, die Rechtsfolgen des sich danach verwirklichenden Tatbestandes aber nach dem neuen Gesetz zu beurteilen sind (SZ 50/108 ua). In diesem Sinne wurde vom Obersten Gerichtshof auch bereits im Bereich des Sozialrechtes entschieden, dass sich die Höhe des Krankengeldes, auf welches ein Versicherter Anspruch hat, bei einer Gesetzesänderung bis zu diesem Zeitpunkt nach altem Recht, ab diesem Zeitpunkt aber nach neuem Recht richtet, auch wenn der Versicherungsfall bereits während der Geltung des alten Rechtes eingetreten ist (SSV-NF 7/101 = SZ 66/135). Diese Grundsätze haben auch im vorliegenden Fall Anwendung zu finden vergleiche auch Bitzyk/Aigner, Die "Werkvertragsregelung" nach dem VfGH-Erkenntnis vom 14. 3. 1997, G 392, 398, 399/96-18 in ecolex-script 1997, 9, 7 zu den Rechtsfolgen dieses VfGH-Erkenntnisses). Zum Hinweis der beklagten Partei auf die Praxis des Gesetzgebers, bei Inkraftsetzen wesentlicher Änderungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung in Übergangsbestimmungen auf den Eintritt des Versicherungsfalles abzustellen, ist noch zu bemerken, dass der Gesetzgeber im Bereich der Berufskrankheiten teilweise ausdrücklich eine rückwirkende Anerkennung der Berufskrankheit vorsieht, eine Gewährung von Leistungen jedoch nur für die Zukunft normiert vergleiche Paragraph 527, ASVG; Art römisch VI Absatz 11 und 12 BGBl 1976/704; Art römisch VI Absatz 8, BGBl 1986/111; Tomandl, SV-System 11. ErgLfg 320 ua). Im vorliegenden Fall trat durch die Aufhebung der zitierten Wortfolge in Paragraph 210, Absatz eins, erster Satz ASVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. 10. 2000 während des laufenden Verfahrens eine Änderung der Rechtslage ein. Diese Aufhebung trat am Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, somit am 17. 11. 2000, in Kraft (Paragraph 140, Absatz 5, B-VG). Seit diesem Tag steht der Bildung einer Gesamtrente aus mehreren Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten das Erfordernis einer zusätzlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 vH aus dem letzten Versicherungsfall nicht mehr entgegen, sodass der Kläger ab diesem Tag Anspruch auf Gewährung einer Gesamtrente im Sinn des Paragraph 210, Absatz eins, ASVG für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 2. 5. 1992 und des Arbeitsunfalls vom 13. 10. 1997 hat. Dass Paragraph 210, ASVG mit Wirkung vom 1. 8. 2001 neu gefasst wurde und ab diesem Zeitpunkt anwendbar ist (BGBl römisch eins 2001/99), ändert daran nichts, weil der Anspruch des Klägers auch nach Paragraph 210, ASVG nF dem Grunde nach zu Recht besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und Absatz 2, ASGG.

Anmerkung

E65244 10ObS125.02h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00125.02H.0416.000

Dokumentnummer

JJT_20020416_OGH0002_010OBS00125_02H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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