TE OGH 2002/4/16 10ObS103/02y

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Veröffentlicht am 16.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner und Dr. Dietmar Strimitzer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Elfriede S*****, Landwirtin, ***** vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul Friedl KEG in Eibiswald, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 2001, GZ 7 Rs 269/01k-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Mai 2001, GZ 34 Cgs 249/00x-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Ausführungen der Revisionswerberin ist folgendes entgegenzuhalten:Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO). Den Ausführungen der Revisionswerberin ist folgendes entgegenzuhalten:

Wie die Revisionswerberin selbst einräumt, ist der Begriff der Erwerbsunfähigkeit nach § 124 Abs 1 BSVG an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Begriffe der Invalidität und der Berufsunfähigkeit nach dem ASVG. Erwerbsunfähigkeit im Sinne der erwähnten Gesetzesstelle liegt nämlich erst bei gänzlicher Unfähigkeit zu einem regelmäßigen Erwerb vor; die Versicherte muss sich auf jede wie immer geartete selbständige oder unselbständige Tätigkeit verweisen lassen. Das Verweisungsfeld ist also mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch. Maßgeblich ist nur, ob es auf den allgemeinen Arbeitsmarkt Berufe gibt, die die Versicherte auf Grund ihrer noch vorhandenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zumutbar ausüben kann. Das Berufungsgericht gelangte in seiner rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zu einem regelmäßigen Erwerb noch nicht gänzlich unfähig sei, weil sie beispielsweise die Verweisungstätigkeit einer Sortiererin/Kontrollarbeiterin in der Elektronikindustrie noch ausüben könne. Diese Verweisungstätigkeit erfordere keinesfalls den Erwerb von Kenntnissen im Rahmen eines Schulungs- und Anlernvorganges, sondern nur im Rahmen einer kurzfristigen Einweisung, welche der Klägerin zumutbar sei. Unter den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich die Klägerin gegen dieses Ergebnis. Sie meint, dass die Frage, in welchem Ausmaß in Hinkunft mit Krankenständen zu rechnen sei, nicht abschließend geklärt werden könne. Das Erstgericht habe über die Dauer der zu erwartenden Krankenstände nur abstrakte Feststellungen getroffen und dabei offenbar nur unselbständige Tätigkeiten als Verweisungsberufe in Betracht gezogen. Die Klägerin sei bisher als selbständige Landwirtin tätig gewesen und sie sei auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage, neue Kenntnisse mit bisher nicht geleisteten Inhalten zu erwerben bzw weiterhin als selbständige Landwirtin tätig zu sein. Für die Klägerin kämen somit nur noch unselbständige Tätigkeiten in der Landwirtschaft in Frage, bei deren Verrichtung jedoch mit häufigen und langandauernden Krankenständen zu rechnen sei.Wie die Revisionswerberin selbst einräumt, ist der Begriff der Erwerbsunfähigkeit nach Paragraph 124, Absatz eins, BSVG an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Begriffe der Invalidität und der Berufsunfähigkeit nach dem ASVG. Erwerbsunfähigkeit im Sinne der erwähnten Gesetzesstelle liegt nämlich erst bei gänzlicher Unfähigkeit zu einem regelmäßigen Erwerb vor; die Versicherte muss sich auf jede wie immer geartete selbständige oder unselbständige Tätigkeit verweisen lassen. Das Verweisungsfeld ist also mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch. Maßgeblich ist nur, ob es auf den allgemeinen Arbeitsmarkt Berufe gibt, die die Versicherte auf Grund ihrer noch vorhandenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zumutbar ausüben kann. Das Berufungsgericht gelangte in seiner rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zu einem regelmäßigen Erwerb noch nicht gänzlich unfähig sei, weil sie beispielsweise die Verweisungstätigkeit einer Sortiererin/Kontrollarbeiterin in der Elektronikindustrie noch ausüben könne. Diese Verweisungstätigkeit erfordere keinesfalls den Erwerb von Kenntnissen im Rahmen eines Schulungs- und Anlernvorganges, sondern nur im Rahmen einer kurzfristigen Einweisung, welche der Klägerin zumutbar sei. Unter den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich die Klägerin gegen dieses Ergebnis. Sie meint, dass die Frage, in welchem Ausmaß in Hinkunft mit Krankenständen zu rechnen sei, nicht abschließend geklärt werden könne. Das Erstgericht habe über die Dauer der zu erwartenden Krankenstände nur abstrakte Feststellungen getroffen und dabei offenbar nur unselbständige Tätigkeiten als Verweisungsberufe in Betracht gezogen. Die Klägerin sei bisher als selbständige Landwirtin tätig gewesen und sie sei auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage, neue Kenntnisse mit bisher nicht geleisteten Inhalten zu erwerben bzw weiterhin als selbständige Landwirtin tätig zu sein. Für die Klägerin kämen somit nur noch unselbständige Tätigkeiten in der Landwirtschaft in Frage, bei deren Verrichtung jedoch mit häufigen und langandauernden Krankenständen zu rechnen sei.

Nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen kann die Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Betriebsführerin eines landwirtschaftlichen Betriebes unter anderem auf Grund der damit verbundenen mittelschweren und fallweise schwere Arbeiten nicht mehr verrichten. Sie ist auch nicht mehr in der Lage, sich neue Kenntnisse im Rahmen eines Schulungs- oder Anlernvorganges anzueignen. Den üblichen Arbeitsanweisungen ist sie jedoch zu gewachsen. Die Klägerin kann daher nach den Feststellungen der Vorinstanzen noch die Verweisungstätigkeit einer Kontrollorin in der Elektronikindustrie verrichten, wozu es lediglich einer kurzfristigen innerbetrieblichen Einweisung bedarf. Die Ansicht der Revisionswerberin, für sie kämen aus gesundheitlichen Gründen nur mehr unselbständige Tätigkeiten in der Landwirtschaft in Frage, steht mit den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nicht im Einklang.

Nach ständiger Rechtsprechung können häufige oder langandauernde Krankenstände bewirken, dass der einem Versicherten verbliebene Rest an Arbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt unverwertbar wird. Im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigkeiten ist ein Versicherter nach ständiger Rechtsprechung erst dann vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn bei ihm mit großer Wahrscheinlichkeit jährlich leidensbedingte Krankenstände von (insgesamt) sieben Wochen oder mehr zu erwarten sind (SSV-NF 12/52, 12/79, 11/147 ua). Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin bei Einhaltung des festgestellten medizinischen Leistungskalküls leidensbedingte Krankenstände in dieser Dauer mit der nötigen hohen Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten sind, da lediglich mit Krankenständen in der Dauer von zwei Wochen zu rechnen ist. Soweit von den Vorinstanzen somit Krankenstände in einem den Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt rechtfertigenden Ausmaß nicht festgestellt wurden, sondern gegenteilige Feststellungen vorliegen, liegt auch kein Feststellungsmangel vor. Die Vorinstanzen haben vielmehr zutreffend erkannt, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr jedenfalls noch zumutbare Verweisungstätigkeit einer Kontrollarbeiterin in der Elektronikindustrie zu einem regelmäßigen Erwerb noch nicht gänzlich unfähig ist. Es ist somit nicht mehr entscheidend, ob die Klägerin darüber hinaus auch noch andere unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeiten ausüben könnte. Eine Erwerbsunfähigkeit der Klägerin im Sinn des § 124 Abs 1 BSVG liegt jedenfalls nicht vor. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.Nach ständiger Rechtsprechung können häufige oder langandauernde Krankenstände bewirken, dass der einem Versicherten verbliebene Rest an Arbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt unverwertbar wird. Im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigkeiten ist ein Versicherter nach ständiger Rechtsprechung erst dann vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn bei ihm mit großer Wahrscheinlichkeit jährlich leidensbedingte Krankenstände von (insgesamt) sieben Wochen oder mehr zu erwarten sind (SSV-NF 12/52, 12/79, 11/147 ua). Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin bei Einhaltung des festgestellten medizinischen Leistungskalküls leidensbedingte Krankenstände in dieser Dauer mit der nötigen hohen Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten sind, da lediglich mit Krankenständen in der Dauer von zwei Wochen zu rechnen ist. Soweit von den Vorinstanzen somit Krankenstände in einem den Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt rechtfertigenden Ausmaß nicht festgestellt wurden, sondern gegenteilige Feststellungen vorliegen, liegt auch kein Feststellungsmangel vor. Die Vorinstanzen haben vielmehr zutreffend erkannt, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr jedenfalls noch zumutbare Verweisungstätigkeit einer Kontrollarbeiterin in der Elektronikindustrie zu einem regelmäßigen Erwerb noch nicht gänzlich unfähig ist. Es ist somit nicht mehr entscheidend, ob die Klägerin darüber hinaus auch noch andere unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeiten ausüben könnte. Eine Erwerbsunfähigkeit der Klägerin im Sinn des Paragraph 124, Absatz eins, BSVG liegt jedenfalls nicht vor. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E65243 10ObS103.02y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00103.02Y.0416.000

Dokumentnummer

JJT_20020416_OGH0002_010OBS00103_02Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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