TE OGH 2002/4/16 10ObS110/02b

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Veröffentlicht am 16.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner und Dr. Dietmar Strimitzer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Margrith P*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Dr. Eva-Maria Bachmann und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Jänner 2002, GZ 23 Rs 76/01z-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. September 2001, GZ 42 Cgs 269/98w-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass sie zu lauten haben:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin ab 1. 11. 1998 Pflegegeld der Stufe 6 von S 15.806 monatlich und ab 1. 1. 2002 von 1.148,70 EUR monatlich unter Anrechnung bereits direkt an die Klägerin geleisteter und der aufgrund der Abtretungserklärung der Klägerin vom 7. 12. 1998 an die Sozialhilfeverwaltung Altötting, Landratsamt Altötting, D-84498 Altötting, geleisteten Pflegegeldzahlungen zu gewähren.

2. Das Mehrbegehren auf Leistung von Pflegegeld der Stufe 7 wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit S 21.835,68 (darin enthalten S 3.639,28 Umsatzsteuer) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Rechtsmittelausführungen zu diesem Revisionsgrund kurz Folgendes zu erwidern:Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Rechtsmittelausführungen zu diesem Revisionsgrund kurz Folgendes zu erwidern:

Das Berufungsverfahren bleibt nur mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht überhaupt nicht mit der Tatsachen- und Beweisrüge auseinandersetzt. Geht hingegen - wie hier - aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils hervor, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen, nachgekommen ist und warum es die von der Berufungswerberin geltend gemachten Bedenken gegen diese Beweiswürdigung nicht teilt, sondern die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen für richtig hält, kann von einem Mangel des Berufungsverfahrens nicht die Rede sein (RIS-Justiz RS0043162 und RS0043268). Die Rüge, dass die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen unrichtig seien bzw dem im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten ein höherer Beweiswert als dem im gegenständlichen Verfahren eingeholten Gutachten zukomme, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Ein Verfahrensmangel nach § 503 Z 2 ZPO könnte nur dann zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichtes führen, wenn er wesentlich für die Entscheidung wäre und sich auf diese auswirken hätte können (vgl MGA, ZPO15 E Nr 23 f zu § 503 mwN ua). Auch die Revision vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern die offensichtlich irrtümlich unterbliebene Zustellung der Berufungsbeantwortung an die Klägerin für das Verfahrensergebnis relevant sein könnte.Das Berufungsverfahren bleibt nur mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht überhaupt nicht mit der Tatsachen- und Beweisrüge auseinandersetzt. Geht hingegen - wie hier - aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils hervor, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen, nachgekommen ist und warum es die von der Berufungswerberin geltend gemachten Bedenken gegen diese Beweiswürdigung nicht teilt, sondern die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen für richtig hält, kann von einem Mangel des Berufungsverfahrens nicht die Rede sein (RIS-Justiz RS0043162 und RS0043268). Die Rüge, dass die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen unrichtig seien bzw dem im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten ein höherer Beweiswert als dem im gegenständlichen Verfahren eingeholten Gutachten zukomme, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Ein Verfahrensmangel nach Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO könnte nur dann zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichtes führen, wenn er wesentlich für die Entscheidung wäre und sich auf diese auswirken hätte können vergleiche MGA, ZPO15 E Nr 23 f zu Paragraph 503, mwN ua). Auch die Revision vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern die offensichtlich irrtümlich unterbliebene Zustellung der Berufungsbeantwortung an die Klägerin für das Verfahrensergebnis relevant sein könnte.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Gewährung des Pflegegeldes der Pflegestufe 7 nicht erfüllt, ist zutreffend; es kann daher auf dessen Ausführungen verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist noch Folgendes festzuhalten:Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass die Klägerin die Voraussetzung für die Gewährung des Pflegegeldes der Pflegestufe 7 nicht erfüllt, ist zutreffend; es kann daher auf dessen Ausführungen verwiesen werden (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Ergänzend ist noch Folgendes festzuhalten:

Die Klägern bezog aufgrund des rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. 11. 1996, GZ 17 Cgs 101/96w-12, ab 1. 8. 1996 ein monatliches Pflegegeld der Stufe 7. Mit ebenfalls in Rechtskraft erwachsenem Bscheid der beklagten Partei vom 14. 2. 1997 wurde der Klägerin im Hinblick darauf, dass sie im Jänner 1997 nach Deutschland verzogen war, das Pflegegeld gemäß § 9 Abs 2 und 3 BPGG mit Ablauf des Monates Jänner 1997 entzogen. Damit endete der Leistungsanspruch der Klägerin und das Leistungsverhältnis zwischen den Parteien (vgl Schrammel in Tomandl, SV-System 7. ErgLfg 180 f). Die Klägerin erhielt ind er Folge von der deutschen Pflegekasse Pflegegeldleistungen. Als diee Pflegegeldzahlungen von der deutschen Pflegegeldkasse jedoch eingestellt wurden, beantragte die Klägerin bei der beklagten Partei neuerlich die Gewährung des Pflegegeldes. Es handelt sich dabei somit um einen Fall der Weitergewährung, das heißt der neuerlichen Gewährung eines durch Entziehung erloschenen Leistungsanspruchs und nicht um eine Neubemessung (Herabsetzung) des Pflegegeldes im Sinne des § 9 BPGG. Dass damit die Voraussetzungen für den Pflegegeldanspruch der Klägerin neu zu prüfen sind und daher auch die Zuerkennung einer niedrigeren Pflegegeldstufe als seinerzeit zulässig ist, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, wie dies nunmehr auch aus dem geltenden Gesetzestext des § 4 Abs 2 BPGG idF BGBl I 1998/111 hervorgeht, kommt die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 7 nicht in Betracht, wenn einem Pflegebedürftigen noch zielgerichtete Bewegungen der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung möglich sind (10 ObS 4/01p; SSV-NF 13/19, 12/18, 12/90 uva). Nach den Feststellungen besitzt die Klägerin im Bereich der unteren Extremitäten zwar keinerlei Bewegungsfähigkeit mehr, es ist jedoch an den oberen Extremitäten eine gewisse Restbeweglichkeit erhalten geblieben. So kann sie kleine, vorgeschnittene Mundstücke in die linke Hand nehmen und zum Mund führen. Sie kann auch einen Druckknopf bedienen, wodurch sie das Bett, in welchem sie liegt, etwas höher oder tiefer stellen kann. Damit ist sie aber auch noch in der Lage, eine Rufeinrichtung zu bedienen. Dadurch kann die Betreuung insgesamt etwas einfacher gemacht und gestaltet werden, da nicht unbedingt jemand ständig in der Nähe der Klägerin sein muss. Der Umstand, dass die Klägerin häufig im Bett sitzend nach unten rutscht und immer wieder durch eine Betreuungsperson hochgezogen werden muss, wird durch das der Klägerin unbestritten zustehende und die Notwendigkeit zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen voraussetzende Pflegegeld der Stufe 6 berücksichtigt. Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf ein die Stufe 6 übersteigendes Pflegegeld hat, waren die Urteile der Vorinstanzen mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der ziffernmäßige Betrag des der Klägerin seit 1. 11. 1998 gebührenden Pflegegeldes der Stufe 6 auch im Urteilsspruch des Erstgerichtes ausgewiesen wird (SSV-NF 12/41 mwN ua).Die Klägern bezog aufgrund des rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. 11. 1996, GZ 17 Cgs 101/96w-12, ab 1. 8. 1996 ein monatliches Pflegegeld der Stufe 7. Mit ebenfalls in Rechtskraft erwachsenem Bscheid der beklagten Partei vom 14. 2. 1997 wurde der Klägerin im Hinblick darauf, dass sie im Jänner 1997 nach Deutschland verzogen war, das Pflegegeld gemäß Paragraph 9, Absatz 2 und 3 BPGG mit Ablauf des Monates Jänner 1997 entzogen. Damit endete der Leistungsanspruch der Klägerin und das Leistungsverhältnis zwischen den Parteien vergleiche Schrammel in Tomandl, SV-System 7. ErgLfg 180 f). Die Klägerin erhielt ind er Folge von der deutschen Pflegekasse Pflegegeldleistungen. Als diee Pflegegeldzahlungen von der deutschen Pflegegeldkasse jedoch eingestellt wurden, beantragte die Klägerin bei der beklagten Partei neuerlich die Gewährung des Pflegegeldes. Es handelt sich dabei somit um einen Fall der Weitergewährung, das heißt der neuerlichen Gewährung eines durch Entziehung erloschenen Leistungsanspruchs und nicht um eine Neubemessung (Herabsetzung) des Pflegegeldes im Sinne des Paragraph 9, BPGG. Dass damit die Voraussetzungen für den Pflegegeldanspruch der Klägerin neu zu prüfen sind und daher auch die Zuerkennung einer niedrigeren Pflegegeldstufe als seinerzeit zulässig ist, wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, wie dies nunmehr auch aus dem geltenden Gesetzestext des Paragraph 4, Absatz 2, BPGG in der Fassung BGBl römisch eins 1998/111 hervorgeht, kommt die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 7 nicht in Betracht, wenn einem Pflegebedürftigen noch zielgerichtete Bewegungen der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung möglich sind (10 ObS 4/01p; SSV-NF 13/19, 12/18, 12/90 uva). Nach den Feststellungen besitzt die Klägerin im Bereich der unteren Extremitäten zwar keinerlei Bewegungsfähigkeit mehr, es ist jedoch an den oberen Extremitäten eine gewisse Restbeweglichkeit erhalten geblieben. So kann sie kleine, vorgeschnittene Mundstücke in die linke Hand nehmen und zum Mund führen. Sie kann auch einen Druckknopf bedienen, wodurch sie das Bett, in welchem sie liegt, etwas höher oder tiefer stellen kann. Damit ist sie aber auch noch in der Lage, eine Rufeinrichtung zu bedienen. Dadurch kann die Betreuung insgesamt etwas einfacher gemacht und gestaltet werden, da nicht unbedingt jemand ständig in der Nähe der Klägerin sein muss. Der Umstand, dass die Klägerin häufig im Bett sitzend nach unten rutscht und immer wieder durch eine Betreuungsperson hochgezogen werden muss, wird durch das der Klägerin unbestritten zustehende und die Notwendigkeit zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen voraussetzende Pflegegeld der Stufe 6 berücksichtigt. Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf ein die Stufe 6 übersteigendes Pflegegeld hat, waren die Urteile der Vorinstanzen mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der ziffernmäßige Betrag des der Klägerin seit 1. 11. 1998 gebührenden Pflegegeldes der Stufe 6 auch im Urteilsspruch des Erstgerichtes ausgewiesen wird (SSV-NF 12/41 mwN ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an die Klägerin nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an die Klägerin nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

Anmerkung

E65148 10ObS110.02b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00110.02B.0416.000

Dokumentnummer

JJT_20020416_OGH0002_010OBS00110_02B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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