TE OGH 2002/4/18 6Ob186/01y

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Veröffentlicht am 18.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Andreas Z*****, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Herbert C*****, vertreten durch Dr. Gernot Hain und Mag. Gerhard Riegler, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 7 C 463/96w des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 10. April 2001, GZ 17 R 243/00g-31, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 28. Juni 2000, GZ 7 C 899/98s-25, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Liegenschaften der Streitteile grenzen aneinander. Im wiederaufzunehmenden Verfahren 7 C 463/96w des Erstgerichtes wurde der Kläger (und dortige Beklagte) mit Urteil des Erstgerichtes vom 27. 8. 1997, das mit Urteil des Berufungsgerichtes vom 22. 4. 1998 bestätigt wurde, schuldig erkannt, die an der Außenseite des entlang der gemeinsamen Grenze führenden Zaunes befestigten Plakate mit der Aufschrift "Privatgrund, Parken bis auf Widerruf gestattet! Benützung auf eigene Gefahr!" zu entfernen und es zu unterlassen, Plakate dieses oder ähnlichen Inhaltes zu montieren. In diesem Rechtsstreit hatte der Beklagte (und dortige Kläger) behauptet, dass er an dem außerhalb des Zaunes liegenden, als Parkplatz für sein Gasthaus benutzen Grundstreifen infolge eines Ende der 50er Jahre geschlossenen mündlichen Kaufvertrages der jeweiligen Rechtsvorgänger der Streitteile und anschließender Ersitzung Eigentum erworben habe. Der Kläger (und dortige Beklagte) hatte dies bestritten und behauptet, durch Kaufvertrag vom 15. 7. 1994 und Einverleibung bücherliches Eigentum bis zur außerhalb des Zaunes liegenden Mappengrenze erworben zu haben. Im wiederaufzunehmenden Verfahren folgten das Erst- und das Berufungsgericht den Behauptungen des Beklagten (und dortigen Klägers) und nahmen die Voraussetzungen der Eigentumsersitzung als erwiesen an. Die Gutgläubigkeit des Klägers (und dortigen Beklagten) beim Liegenschaftserwerb sei auszuschließen, weil die Divergenz zwischen der Natur- und der Mappengrenze infolge des bestehenden Holzlattenzaunes offenkundig gewesen sei. Der Kläger begehrt mit der am 15. 7. 1998 eingebrachten Klage die Wiederaufnahme dieses Verfahrens, die Aufhebung des dort ergangenen Urteiles und die Abweisung des dortigen Klagebegehrens mit der Behauptung, dass ihm im Juni 1998 anonym die Ablichtung eines Dokuments folgenden Inhalts übermittelt worden sei: "Pachtschilling für Automobil-Parkplatz von Herrn Herbert C***** erhalten -

13. II.1987 - Maria F*****". Maria F***** sei die Rechtsvorgängerin des Klägers gewesen. Da sie keinen anderen Grundbesitz gehabt habe, sei davon auszugehen, dass die Urkunde ein Pachtverhältnis über den strittigen Grundstreifen betreffe. Es sei daher auszuschließen, dass die Rechtsvorgänger der Streitteile zu einem früheren Zeitpunkt einen Kaufvertrag über diesen Grundstücksteil geschlossen hätten. Es könne deshalb auch keine gutgläubige Ersitzung stattgefunden haben. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Rechtzeitigkeit der Klage sowie den Abschluss eines Bestandvertrages und behauptete, dass es sich bei der vorgelegten Urkunde nicht um eine Kopie einer Originalurkunde handle. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab. Es stellte aufgrund des von ihm eingeholten Schriftgutachtens fest, dass die auf der Urkunde aufscheinenden Textteile und die Unterschrift von Maria F***** stammen, das die Textteile aber nicht im Jahr 1987 geschrieben und unterschrieben worden seien. Daraus folgerte das Erstgericht, dass die Urkunde nicht geeignet sei, zu einer anderen Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren zu führen, weil der Urkunde jegliche Beweiskraft fehle.13. römisch II.1987 - Maria F*****". Maria F***** sei die Rechtsvorgängerin des Klägers gewesen. Da sie keinen anderen Grundbesitz gehabt habe, sei davon auszugehen, dass die Urkunde ein Pachtverhältnis über den strittigen Grundstreifen betreffe. Es sei daher auszuschließen, dass die Rechtsvorgänger der Streitteile zu einem früheren Zeitpunkt einen Kaufvertrag über diesen Grundstücksteil geschlossen hätten. Es könne deshalb auch keine gutgläubige Ersitzung stattgefunden haben. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Rechtzeitigkeit der Klage sowie den Abschluss eines Bestandvertrages und behauptete, dass es sich bei der vorgelegten Urkunde nicht um eine Kopie einer Originalurkunde handle. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab. Es stellte aufgrund des von ihm eingeholten Schriftgutachtens fest, dass die auf der Urkunde aufscheinenden Textteile und die Unterschrift von Maria F***** stammen, das die Textteile aber nicht im Jahr 1987 geschrieben und unterschrieben worden seien. Daraus folgerte das Erstgericht, dass die Urkunde nicht geeignet sei, zu einer anderen Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren zu führen, weil der Urkunde jegliche Beweiskraft fehle.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Umstand, dass berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Datums der Urkunde bestünden, nehme dieser nicht jegliche Beweiskraft und lasse noch nicht zwingend darauf schließen, dass es sich bei der Urkunde in ihrer Gesamtheit um eine Fälschung handle. Die allfällige Entrichtung eines "Pachtzinses" durch den Beklagten an Maria F***** ließe die Beweiswürdigung im Vorprozess in einem anderen Licht erscheinen und stelle auch die dort vorgenommene rechtliche Beurteilung im Hinblick auf § 1462 ABGB in Frage. Das Erstgericht werde den weiters angebotenen Beweis der Parteienvernehmung durchzuführen und festzustellen haben, wann dem Wiederaufnahmskläger die Urkunde zugekommen sei und ob diese "zusammenkopiert" und somit gefälscht sei oder nicht. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Wiederaufnahmstauglichkeit einer mit dem Verdacht der (teilweisen) Fälschung oder Verfälschung behafteten Urkunde vorliege.Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Umstand, dass berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Datums der Urkunde bestünden, nehme dieser nicht jegliche Beweiskraft und lasse noch nicht zwingend darauf schließen, dass es sich bei der Urkunde in ihrer Gesamtheit um eine Fälschung handle. Die allfällige Entrichtung eines "Pachtzinses" durch den Beklagten an Maria F***** ließe die Beweiswürdigung im Vorprozess in einem anderen Licht erscheinen und stelle auch die dort vorgenommene rechtliche Beurteilung im Hinblick auf Paragraph 1462, ABGB in Frage. Das Erstgericht werde den weiters angebotenen Beweis der Parteienvernehmung durchzuführen und festzustellen haben, wann dem Wiederaufnahmskläger die Urkunde zugekommen sei und ob diese "zusammenkopiert" und somit gefälscht sei oder nicht. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Wiederaufnahmstauglichkeit einer mit dem Verdacht der (teilweisen) Fälschung oder Verfälschung behafteten Urkunde vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Auch das Erstgericht sah offenbar das als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte neue Beweismittel - für den Fall seiner Echtheit und Richtigkeit - als grundsätzlich geeignet im Sinne des § 530 ZPO an, eine für den Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung über den Gegenstand des Vorprozesses herbeizuführen, hätte es doch ansonsten die Klage entweder bereits im Vorverfahren gemäß § 538 ZPO oder in der Folge gemäß § 543 ZPO mit Beschluss zurückzuweisen gehabt. Dass die Ansicht der Vorinstanzen, ein allenfalls anhand der strittigen Urkunde nachzuweisendes Bestandverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin des Wiederaufnahmsklägers und dem Beklagten könne zu einer Klageabweisung im Vorprozess führen, unrichtig sei, vermag der Rekurs des Beklagten nicht aufzuzeigen. Die Zahlung eines Bestandzinses durch den Beklagten (oder dessen Rechtsvorgänger) an die Rechtsvorgängerin des Klägers machte das Vorliegen eines Kaufvertrages über den strittigen Grundstreifen unglaubwürdig und stünde dem Erwerb eines dinglichen Rechts des Beklagten (dessen Rechtsvorgänger) am strittigen Grundstreifen durch Ersitzung gemäß § 1462 ABGB, dessen Aufzählung keineswegs vollständig ist (RIS-Justiz RS0034079) entgegen. Die Zahlung eines Bestandzinses an die Rechtsvorgängerin des Klägers würde auch dafür sprechen, dass das Erfordernis der Redlichkeit des Ersitzungsbesitzers (§ 1463 ABGB; vgl RIS-Justiz RS0034095) zu verneinen wäre. Da keineswegs auszuschließen ist, dass das Bestandverhältnis inzwischen endete und die Frage, ob der Beklagte allenfalls aufgrund eines Bestandverhältnisses zur Anbringung der im wiederaufzunehmenden Verfahren strittigen Plakate berechtigt war, überhaupt noch nicht Gegenstand des wiederaufzunehmenden Verfahrens war, kann der Ansicht des Beklagten, dass der Klage im Vorverfahren bei Echtheit und Richtigkeit der Urkunde jedenfalls Folge zu geben wäre, weil auch damit die Berechtigung des Beklagten zur Parkplatznutzung erwiesen wäre, nicht gefolgt werden.Auch das Erstgericht sah offenbar das als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte neue Beweismittel - für den Fall seiner Echtheit und Richtigkeit - als grundsätzlich geeignet im Sinne des Paragraph 530, ZPO an, eine für den Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung über den Gegenstand des Vorprozesses herbeizuführen, hätte es doch ansonsten die Klage entweder bereits im Vorverfahren gemäß Paragraph 538, ZPO oder in der Folge gemäß Paragraph 543, ZPO mit Beschluss zurückzuweisen gehabt. Dass die Ansicht der Vorinstanzen, ein allenfalls anhand der strittigen Urkunde nachzuweisendes Bestandverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin des Wiederaufnahmsklägers und dem Beklagten könne zu einer Klageabweisung im Vorprozess führen, unrichtig sei, vermag der Rekurs des Beklagten nicht aufzuzeigen. Die Zahlung eines Bestandzinses durch den Beklagten (oder dessen Rechtsvorgänger) an die Rechtsvorgängerin des Klägers machte das Vorliegen eines Kaufvertrages über den strittigen Grundstreifen unglaubwürdig und stünde dem Erwerb eines dinglichen Rechts des Beklagten (dessen Rechtsvorgänger) am strittigen Grundstreifen durch Ersitzung gemäß Paragraph 1462, ABGB, dessen Aufzählung keineswegs vollständig ist (RIS-Justiz RS0034079) entgegen. Die Zahlung eines Bestandzinses an die Rechtsvorgängerin des Klägers würde auch dafür sprechen, dass das Erfordernis der Redlichkeit des Ersitzungsbesitzers (Paragraph 1463, ABGB; vergleiche RIS-Justiz RS0034095) zu verneinen wäre. Da keineswegs auszuschließen ist, dass das Bestandverhältnis inzwischen endete und die Frage, ob der Beklagte allenfalls aufgrund eines Bestandverhältnisses zur Anbringung der im wiederaufzunehmenden Verfahren strittigen Plakate berechtigt war, überhaupt noch nicht Gegenstand des wiederaufzunehmenden Verfahrens war, kann der Ansicht des Beklagten, dass der Klage im Vorverfahren bei Echtheit und Richtigkeit der Urkunde jedenfalls Folge zu geben wäre, weil auch damit die Berechtigung des Beklagten zur Parkplatznutzung erwiesen wäre, nicht gefolgt werden.

Entscheidend ist somit - neben der vom Erstgericht noch nicht ausreichend geprüften Rechtzeitigkeit der Wiederaufnahmsklage - die Frage der Beweiskraft der vom Wiederaufnahmskläger vorgelegten Urkunde. Das Berufungsgericht hat sich der Würdigung dieser Urkunde durch das Erstgericht in dem gemäß § 541 Abs 1 ZPO durchgeführten Aufhebungsverfahren nicht angeschlossen und dem Erstgericht eine Beweisergänzung sowie die Ergänzung konkreter Feststellungen zur Frage der Echtheit der Urkunde aufgetragen. Damit stehen aber Fragen der Beweiswürdigung im Vordergrund, die an den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht herangetragen werden können. Ob noch eine weitere Beweisaufnahme erforderlich ist, ist ebenso wie die Beurteilung, ob die vom Wiederaufnahmskläger vorgelegten neuen Beweismittel im konkreten Fall beweiskräftig genug sind, um eine günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (SZ 54/191; 3 Ob 518/88 = EfSlg 57.856 je mwN).Entscheidend ist somit - neben der vom Erstgericht noch nicht ausreichend geprüften Rechtzeitigkeit der Wiederaufnahmsklage - die Frage der Beweiskraft der vom Wiederaufnahmskläger vorgelegten Urkunde. Das Berufungsgericht hat sich der Würdigung dieser Urkunde durch das Erstgericht in dem gemäß Paragraph 541, Absatz eins, ZPO durchgeführten Aufhebungsverfahren nicht angeschlossen und dem Erstgericht eine Beweisergänzung sowie die Ergänzung konkreter Feststellungen zur Frage der Echtheit der Urkunde aufgetragen. Damit stehen aber Fragen der Beweiswürdigung im Vordergrund, die an den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht herangetragen werden können. Ob noch eine weitere Beweisaufnahme erforderlich ist, ist ebenso wie die Beurteilung, ob die vom Wiederaufnahmskläger vorgelegten neuen Beweismittel im konkreten Fall beweiskräftig genug sind, um eine günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (SZ 54/191; 3 Ob 518/88 = EfSlg 57.856 je mwN).

Eine vom Obersten Gerichtshof zu klärende erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 519 Abs 2 ZPO iVm § 502 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor, sodass der Rekurs zurückzuweisen war.Eine vom Obersten Gerichtshof zu klärende erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 519, Absatz 2, ZPO in Verbindung mit Paragraph 502, Absatz eins, ZPO liegt daher nicht vor, sodass der Rekurs zurückzuweisen war.

Da die Rekursbeantwortung keinen Hinweis auf die Unzulässigkeit des Rekurses enthält und daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war, waren dem Kläger hiefür keine Kosten zuzuerkennen (§§ 41 und 50 ZPO).Da die Rekursbeantwortung keinen Hinweis auf die Unzulässigkeit des Rekurses enthält und daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war, waren dem Kläger hiefür keine Kosten zuzuerkennen (Paragraphen 41 und 50 ZPO).

Anmerkung

E65476 6Ob186.01y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00186.01Y.0418.000

Dokumentnummer

JJT_20020418_OGH0002_0060OB00186_01Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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