TE OGH 2002/4/18 6Ob45/02i

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Veröffentlicht am 18.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk, Dr. Hurch und Dr. Schramm als weiter Richter in der Pflegschaftssache der am 2. November 1992 geborenen minderjährigen Laura K*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Herwig M*****, vertreten durch Dr. Christina Mascher, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 22. November 2001, GZ 51 R 150/01k-26, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Kufstein vom 30. Oktober 2001, GZ 1 P 184/99a-20, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Herwig M***** ist aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 25. 11. 1999 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 5.500 S für seine uneheliche Tochter, die bei ihrer Mutter aufwächst, verpflichtet. Der Unterhaltsbemessung lag ein Einkommen des Vaters von 30.358,35 S im Monatsschnitt zugrunde. Am 10. 7. 2001 stellte der Vater den Antrag, die Unterhaltsbeiträge ab 1. 8. 2001 auf 4.750 S monatlich herabzusetzen, weil nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00, die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe zu einer Kürzung seiner Unterhaltspflicht zu führen habe, wobei auch der Unterhaltsabsetzbetrag zu berücksichtigen sei. Der Unterhaltssachwalter sprach sich gegen die beantragte Herabsetzung aus.

Das Erstgericht wies das Herabsetzungsbegehren ab, weil diesem die klare Bestimmung des § 12a FLAG entgegenstehe, wonach die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gelte und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindere. Der Vater habe im Zeitraum vom 1. 9. 2000 bis 31. 8. 2001 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 33.713,42 S bezogen. Hievon stünden der Minderjährigen mangels weiterer Sorgepflichten des Vaters 18 % und somit 6.100 S zu, sodass der Herabsetzungsantrag jedenfalls unberechtigt sei. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei zwar richtig, dass der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis die Auffassung vertrete, dass es den Zivilgerichten im Rahmen des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens obliege, im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern die in höheren Einkommensstufen vom Verfassungsgerichtshof erkannte steuerentlastende Funktion von sogenannten Transferleistungen (insbesondere Familienbeihilfe) sicherzustellen. Das Rekursgericht schließe sich dieser Auffassung nicht an. Es könne nicht Sache der Zivilgerichte sein, entgegen der eindeutigen und vom Verfassungsgerichtshof auch nicht als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des § 12a FLAG für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen zu sorgen, wenn dies für den Unterhaltsberechtigten von Nachteil sei. Im Übrigen liege keine gravierende Änderung der Rechtsprechung, die geänderten Verhältnissen gleichkomme, vor, weil eine Überprüfung der von den Zivilgerichten vorzunehmenden Unterhaltsbemessung durch den Verfassungsgerichtshof nicht möglich sei und daher eine von diesem deklarierte Rechtsmeinung zur Unterhaltsbemessung, auch wenn sie von der zumindest bis dahin einhelligen zivilgerichtlichen Judikatur abweiche, in ihrer Wertigkeit einer Gesetzesänderung nicht gleichzuhalten sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu diesen Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.Das Erstgericht wies das Herabsetzungsbegehren ab, weil diesem die klare Bestimmung des Paragraph 12 a, FLAG entgegenstehe, wonach die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gelte und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindere. Der Vater habe im Zeitraum vom 1. 9. 2000 bis 31. 8. 2001 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 33.713,42 S bezogen. Hievon stünden der Minderjährigen mangels weiterer Sorgepflichten des Vaters 18 % und somit 6.100 S zu, sodass der Herabsetzungsantrag jedenfalls unberechtigt sei. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei zwar richtig, dass der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis die Auffassung vertrete, dass es den Zivilgerichten im Rahmen des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens obliege, im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern die in höheren Einkommensstufen vom Verfassungsgerichtshof erkannte steuerentlastende Funktion von sogenannten Transferleistungen (insbesondere Familienbeihilfe) sicherzustellen. Das Rekursgericht schließe sich dieser Auffassung nicht an. Es könne nicht Sache der Zivilgerichte sein, entgegen der eindeutigen und vom Verfassungsgerichtshof auch nicht als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des Paragraph 12 a, FLAG für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen zu sorgen, wenn dies für den Unterhaltsberechtigten von Nachteil sei. Im Übrigen liege keine gravierende Änderung der Rechtsprechung, die geänderten Verhältnissen gleichkomme, vor, weil eine Überprüfung der von den Zivilgerichten vorzunehmenden Unterhaltsbemessung durch den Verfassungsgerichtshof nicht möglich sei und daher eine von diesem deklarierte Rechtsmeinung zur Unterhaltsbemessung, auch wenn sie von der zumindest bis dahin einhelligen zivilgerichtlichen Judikatur abweiche, in ihrer Wertigkeit einer Gesetzesänderung nicht gleichzuhalten sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu diesen Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Der Revisionsrekurs ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich kann eine neue Festsetzung des Unterhaltes bei rechtskräftig entschiedenen Unterhaltsansprüchen nur bei geänderter Sachlage oder bei Änderung der dem Unterhaltsanspruch zugrundeliegenden Gesetzesregelungen erfolgen (RIS-Justiz RS0047398). Auch bei einer derart tiefgreifenden Änderung der bisherigen, den Unterhaltstitel bestimmenden Rechtsgrundsätze durch die Rechtsprechung, die in ihrer Tragweite praktisch einer Gesetzesänderung gleichkommt, hat der Oberste Gerichtshof aber bereits eine die materielle Rechtskraft durchbrechende Änderung der Gesetzeslage angenommen (8 Ob 663/92; 8 Ob 596/93). Ob bereits im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund dessen sich der Oberste Gerichtshof inzwischen in mehreren Fällen veranlasst sah, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren mit dem Antrag einzuleiten, § 12a FLAG als verfassungswidrig aufzuheben (6 Ob 243/01f ua), ist im vorliegenden Fall aber ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob der Auslegung des § 12a FLAG durch den Verfassungsgerichtshof zu folgen ist. Selbst bei Berücksichtigung der Transferleistungen entsprechend der vom Vater angestellten, den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes folgenden Berechnungen wäre die dementsprechend vorzunehmende Entlastung des Vaters durch dessen wesentliche Einkommenssteigerung, die seit der letzten Unterhaltsbemessung eingetreten ist, nahezu ausgeglichen. Die Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen um mehr als 10 % wäre jedenfalls als wesentliche Umstandsänderung anzusehen, die eine entsprechende Unterhaltserhöhung rechtfertigen könnte (1 Ob 218/00s). Dazu kommt, dass die Minderjährige inzwischen fast zwei Jahre älter geworden ist; auch wenn sie nach wie vor der Altersgruppe der unter zehnjährigen Kinder angehört, ist doch von einer zumindest geringfügigen Erhöhung ihres Bedarfes auszugehen. Für eine Herabsetzung des vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrages besteht daher schon aus diesem Grund kein Anlass. Dies gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. 3. 2001, G 7/02-6, beschlossen hat, es werde im Fall einer Aufhebung des § 12a FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, diese auf die rechtlich gleich gelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken. Denn die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren sind nicht präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich selbst bei Aufhebung des § 12a FLAG der Unterhaltsbeitrag infolge der Einkommenssteigerung des Vaters auch dann nicht mindern wird, wenn die Familienbeihilfe, sei es auch zur Hälfte, berücksichtigt wird. Es kann daher auch nicht der Zeitpunkt der Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens durch den Obersten Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof oder der zitierte Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, in dem er die Erstreckung der Anlassfallwirkung in Aussicht stellt, als für den vorliegenden Fall maßgebende einschneidende Änderung der Rechtslage angesehen werden.Grundsätzlich kann eine neue Festsetzung des Unterhaltes bei rechtskräftig entschiedenen Unterhaltsansprüchen nur bei geänderter Sachlage oder bei Änderung der dem Unterhaltsanspruch zugrundeliegenden Gesetzesregelungen erfolgen (RIS-Justiz RS0047398). Auch bei einer derart tiefgreifenden Änderung der bisherigen, den Unterhaltstitel bestimmenden Rechtsgrundsätze durch die Rechtsprechung, die in ihrer Tragweite praktisch einer Gesetzesänderung gleichkommt, hat der Oberste Gerichtshof aber bereits eine die materielle Rechtskraft durchbrechende Änderung der Gesetzeslage angenommen (8 Ob 663/92; 8 Ob 596/93). Ob bereits im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund dessen sich der Oberste Gerichtshof inzwischen in mehreren Fällen veranlasst sah, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren mit dem Antrag einzuleiten, Paragraph 12 a, FLAG als verfassungswidrig aufzuheben (6 Ob 243/01f ua), ist im vorliegenden Fall aber ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob der Auslegung des Paragraph 12 a, FLAG durch den Verfassungsgerichtshof zu folgen ist. Selbst bei Berücksichtigung der Transferleistungen entsprechend der vom Vater angestellten, den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes folgenden Berechnungen wäre die dementsprechend vorzunehmende Entlastung des Vaters durch dessen wesentliche Einkommenssteigerung, die seit der letzten Unterhaltsbemessung eingetreten ist, nahezu ausgeglichen. Die Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen um mehr als 10 % wäre jedenfalls als wesentliche Umstandsänderung anzusehen, die eine entsprechende Unterhaltserhöhung rechtfertigen könnte (1 Ob 218/00s). Dazu kommt, dass die Minderjährige inzwischen fast zwei Jahre älter geworden ist; auch wenn sie nach wie vor der Altersgruppe der unter zehnjährigen Kinder angehört, ist doch von einer zumindest geringfügigen Erhöhung ihres Bedarfes auszugehen. Für eine Herabsetzung des vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrages besteht daher schon aus diesem Grund kein Anlass. Dies gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. 3. 2001, G 7/02-6, beschlossen hat, es werde im Fall einer Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, diese auf die rechtlich gleich gelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken. Denn die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren sind nicht präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich selbst bei Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG der Unterhaltsbeitrag infolge der Einkommenssteigerung des Vaters auch dann nicht mindern wird, wenn die Familienbeihilfe, sei es auch zur Hälfte, berücksichtigt wird. Es kann daher auch nicht der Zeitpunkt der Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens durch den Obersten Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof oder der zitierte Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, in dem er die Erstreckung der Anlassfallwirkung in Aussicht stellt, als für den vorliegenden Fall maßgebende einschneidende Änderung der Rechtslage angesehen werden.

Anmerkung

E65458 6Ob45.02i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00045.02I.0418.000

Dokumentnummer

JJT_20020418_OGH0002_0060OB00045_02I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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