TE OGH 2002/4/24 3Ob65/02h

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Veröffentlicht am 24.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 1. März 1994 geborenen mj. Stefanie S***** und des am 7. April 1995 geborenen mj. David S*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Helmut G*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 28. November 2001, GZ 21 R 400/01z-85, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 15. Oktober 2001, GZ 1 P 124/98y-76, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, Paragraph 12 a, Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.

Text

Begründung:

Die Minderjährigen werden im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter betreut.

Der Vater wurde zuletzt mit Beschluss des Erstgerichts vom 26. Juni 2000 zur Leistung eines monatlichen Unterhalts ab 1. Jänner 1999 von 3.400 S je Kind verpflichtet.

Das Erstgericht erhöhte den Unterhalt für Stefanie auf 4.200 S monatlich ab 1. Oktober 2000, für David auf 4.200 S monatlich ab 1. Mai 2001. Es ging von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters, den keine weiteren Obsorgepflichten treffen, vom 1. Oktober 2000 bis 30. September 2001 von 26.655 S aus und ermittelte den Unterhalt mit 17 % der unter Abzug von 2.050 S an Kreditrückzahlungsverpflichtungen mit 24.605 S ermittelten Bemessungsgrundlage.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters in Ansehung des Unterhalts für die minderjährige Stefanie nicht, in Ansehung des Unterhalts für David teilweise dahin Folge, dass die Unterhaltserhöhung erst ab 1. September 2001 erfolgt; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der im Rechtsmittel des Vaters angezogenen Rechtsfrage der Unterhaltsschmälerung von Kindern durch die dem haushaltsführenden Elternteil zustehende Familienbeihilfe eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung zukomme und bisher eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, nicht vorliege.

In rechtlicher Hinsicht billigte das Rekursgericht die Ermittlung des Einkommens und die Nichtberücksichtigung weiterer vom Vater geltend gemachter Abzüge durch das Erstgericht, erhöhte den Unterhalt des minderjährigen David jedoch erst ab dessen Schuleintritt im September 2001. Bei der Nichtanrechnung der Familienbeihilfe folgte das Rekursgericht der stRsp.

Der Vater begehrt im Revisionsrekurs, den Unterhalt unter Berücksichtigung der genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) nur mit 3.800 S je Kind festzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2001, AZ 6 Ob 262/01z, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beim VfGH beantragt, § 12a FLAG 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag sind bereits weitere Anträge gefolgt, so dass schon derzeit zahlreiche Verfahren beim VfGH anhängig sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit des § 12a FLAG noch in vielen Verfahren stellen wird, weil sich die in dieser Bestimmung verfügte Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung des Geldunterhalts in einer erheblichen Zahl der Unterhaltsbemessungsverfahren auswirkt.Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2001, AZ 6 Ob 262/01z, gemäß Artikel 89, Absatz 2, B-VG (Artikel 140, B-VG) beim VfGH beantragt, Paragraph 12 a, FLAG 1967 idFd BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag sind bereits weitere Anträge gefolgt, so dass schon derzeit zahlreiche Verfahren beim VfGH anhängig sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit des Paragraph 12 a, FLAG noch in vielen Verfahren stellen wird, weil sich die in dieser Bestimmung verfügte Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe bei der Bemessung des Geldunterhalts in einer erheblichen Zahl der Unterhaltsbemessungsverfahren auswirkt.

Der VfGH hat in ähnlich gelagerten Fällen gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die angefochtene und von ihm aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden sei (s VfGH 1. 10. 2001, Zl. G 224/02). Es wäre eine unsachliche Verschiedenbehandlung, würde der VfGH - sollte er § 12a FLAG aufheben - nicht auch in bereits anhängigen Verfahren aussprechen, dass die Bestimmung nicht bloß im jeweiligen Anlassfall, sondern auch in allen übrigen Fällen nicht mehr anzuwenden ist. Mit Beschluss vom 9. März, Zl. G 7/02-6, hat der VfGH im Fall der Aufhebung des § 12a FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, die Anlassfallwirkung auf die rechtlich gleichgelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken.Der VfGH hat in ähnlich gelagerten Fällen gemäß Artikel 140, Absatz 7, zweiter Satz B-VG ausgesprochen, dass die angefochtene und von ihm aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden sei (s VfGH 1. 10. 2001, Zl. G 224/02). Es wäre eine unsachliche Verschiedenbehandlung, würde der VfGH - sollte er Paragraph 12 a, FLAG aufheben - nicht auch in bereits anhängigen Verfahren aussprechen, dass die Bestimmung nicht bloß im jeweiligen Anlassfall, sondern auch in allen übrigen Fällen nicht mehr anzuwenden ist. Mit Beschluss vom 9. März, Zl. G 7/02-6, hat der VfGH im Fall der Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG bei der Entscheidung über die Anlassfallwirkung in Aussicht genommen, die Anlassfallwirkung auf die rechtlich gleichgelagerten, bei den anfechtungsberechtigten Zivilgerichten anhängigen Rechtsmittelverfahren zu erstrecken.

Ist also davon auszugehen, dass der VfGH eine allfällige Aufhebung des § 12a FLAG nicht auf den jeweiligen Anlassfall beschränken wird, sind die beim VfGH anhängigen Verfahren präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich bei einer Aufhebung des § 12a FLAG der Unterhaltsbeitrag durch Berücksichtigung der Familienbeihilfe entsprechend vermindern wird.Ist also davon auszugehen, dass der VfGH eine allfällige Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG nicht auf den jeweiligen Anlassfall beschränken wird, sind die beim VfGH anhängigen Verfahren präjudiziell für das vorliegende Verfahren, weil sich bei einer Aufhebung des Paragraph 12 a, FLAG der Unterhaltsbeitrag durch Berücksichtigung der Familienbeihilfe entsprechend vermindern wird.

Gemäß § 190 Abs 1 ZPO kann ein Rechtsstreit unterbrochen werden, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist weder bei einem vor dem VfGH anhängigen präjudiziellen Verfahren noch für das Außerstreitverfahren vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 190 ZPO zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung, widersprechende Entscheidungen iS der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern, auch im vorliegenden Fall zutrifft.Gemäß Paragraph 190, Absatz eins, ZPO kann ein Rechtsstreit unterbrochen werden, wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist. Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist weder bei einem vor dem VfGH anhängigen präjudiziellen Verfahren noch für das Außerstreitverfahren vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des Paragraph 190, ZPO zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung, widersprechende Entscheidungen iS der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern, auch im vorliegenden Fall zutrifft.

Das Verfahren war daher bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Anfechtung des § 12a FLAG zu unterbrechen.Das Verfahren war daher bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Anfechtung des Paragraph 12 a, FLAG zu unterbrechen.

Textnummer

E65406

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00065.02H.0424.000

Im RIS seit

24.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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