TE OGH 2002/4/30 1Ob201/01t

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Veröffentlicht am 30.04.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gudrun Truschner, Rechtsanwältin, Wels, Ringstraße 26, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Heinz-Dieter M*****, wider die beklagte Partei Herbert B*****, vertreten durch Dr. Manfred De Bock, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Anfechtung (Streitwert EUR 21.893,07; Revisionsinteresse EUR 7.267,28) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 26. April 2001, GZ 22 R 96/01a-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 14. Dezember 2000, GZ 5 C 274/00p-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,38 (darin EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Gemeinschuldner (in der Folge: Gemeinschuldner) war ab 1993 für ein Unternehmen des Beklagten tätig. Er war außerdem persönlich haftender Gesellschafter einer im selben Gebäude untergebrachten OEG. Über das Vermögen dieser OEG wurde mit Beschluss vom 25. 3. 1997 der Konkurs eröffnet, der am 16. 2. 1999 mangels Kostendeckung gemäß § 166 KO aufgehoben wurde.

Der Gemeinschuldner, dessen Verbindlichkeiten überwiegend aus seiner persönlichen Haftung für Schulden der OEG resultierten, war zumindest seit Ende 1998 arbeitslos und bezog Notstandshilfe. Er hat für zwei Kinder und seine nur teilweise selbsterhaltungsfähige Ehefrau zu sorgen. Er war ab März 1999 zahlungsunfähig.

Seit 1995 wurden gegen ihn Exekutionsanträge eingebracht. Seit 9. 4. 1998 waren insgesamt 11 Exekutionsverfahren anhängig. Fahrnisexekutionen wurden wegen nachgewiesenen Fremdeigentums eingestellt.

Der Beklagte erwirkte am 9. 12. 1998 gegen den Gemeinschuldner ein Versäumungsurteil über ATS 313.886,91 sA. Am 8. 2. 1999 wurde ihm gegen diesen zur Hereinbringung dieser Forderung die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt. Als möglicher Drittschuldner wurde das Arbeitsmarktservice bekanntgegeben, das die Höhe der Ansprüche mit ATS 429,20 täglich bezifferte. In einer Beilage zur Drittschuldnererklärung wurden zwei Vorpfandgläubiger (mit exekutiv betriebenen Forderungen von ATS 5.085 und ATS 1.230) ausgewiesen. Die Fahrnisexekution konnte nicht vollzogen werden, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Der betreibenden Partei wurde mitgeteilt, dass der Verpflichtete bereits am 7. 5. 1998 ein Vermögensverzeichnis gelegt habe.

Am 4. 3. 1999 langte der Antrag des Beklagten auf Bewilligung der Forderungsexekution zur Hereinbringung des Anspruchs von ATS 313.886,91 sA ein, den das Erstgericht mit Beschluss vom 15. 3. 1999 bewilligte. Das Drittverbot zur Pfändung einer dem Gemeinschuldner gegen den Drittschuldner auf Grund eines vollstreckbaren Vergleichs zustehenden Forderung von ATS 300.000 wurde diesem am 14. 5. 1999 zugestellt.

Diese vom Beklagten betriebene Forderungsexekution schob das Erstgericht auf Antrag des Gemeinschuldners als Verpflichteten mit Beschluss vom 25. 5. 1999 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die von ihm beantragte Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zum Widerspruch gegen das Versäumungsurteil auf. Mit Beschluss vom 16. 6. 1999 ordnete das Exekutionsgericht die gerichtliche Hinterlegung einer vom Drittschuldner am 2. 6. 1999 geleisteten Teilzahlung von ATS 100.000 an und trug dem Drittschuldner auf, auch die weiters fällig werdenden Teilbeträge an die Verwahrungsabteilung zu leisten.

Die Teilzahlung vom 2. 6. 1999 wurde am 22. 6. 1999, die gleich hohe vom 30. 10. 1999 am 3. 11. 1999 und die dritte vom 26. 11. 1999 in gleicher Höhe am 30. 11. 1999 gerichtlich hinterlegt.

Nach rechtskräftiger Abweisung der Anträge des Gemeinschuldners beantragte der Beklagte am 13. 9. 1999 die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens und die Ausfolgung des Erlags.

Am 28. 10. 1999 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet und die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt.

Mit Beschluss vom 21. 1. 2000 bewilligte das Exekutionsgericht die Fortsetzung des Verfahrens und wies die Verwahrungsabteilung an, nach Rechtskraft des Beschlusses den gesamten Erlag zuzüglich der Zinsen im Gesamtbetrag von ATS 301.255,20 an den Beklagten als betreibende Partei auszufolgen. Diese Auszahlung unterblieb jedoch, weil die Klägerin unter Berufung auf die von ihr erhobene Anfechtungsklage die Aufschiebung der Exekution und damit der Auszahlung der verwahrten Beträge an den Beklagten beantragt hatte.

Mit ihrer am 3. 2. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin das Urteil, das auf Grund der Zustellung der Exekutionsbewilligung vom 15. 3. 1999 an den Drittschuldner am 14. 5. 1999 erwirkte Pfandrecht des Beklagten an der dem Gemeinschuldner gegenüber dem Drittschuldner zustehenden Forderung von ATS 300.000 werde den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam erklärt, und der Beklagte sei schuldig, der Ausfolgung der in Verwahrung genommenen Beträge an die Konkursmasse zuzustimmen, in eventu: der Beklagte sei schuldig, an die Konkursmasse ATS 301.255,20 zu zahlen; in eventu: die vom Drittschuldner am 2. 6. 1999, am 30. 10. 1999 und am 26. 11. 1999 zu Gunsten des Beklagten geleisteten Zahlungen von je ATS 100.000 seien gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam, der Beklagte sei daher schuldig, der Ausfolgung dieser Beträge an die Konkursmasse zuzustimmen; in eventu der Beklagte sei schuldig, an die Konkursmasse ATS 300.000 zuzüglich der bis zur Rechtskraft dieses Urteils abgereiften bankmäßigen Zinsen zu bezahlen. Das vom Beklagten am 14. 5. 1999 erworbene Pfandrecht sei gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO inkongruent, weil der Rechtserwerb nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners oder aber in den letzten 60 Tagen davor erfolgt sei. Der Gemeinschuldner, gegen den seit 9. 4. 1998 Exekutionsverfahren anhängig gewesen seien, sei nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit im März 1999 zahlungsunfähig gewesen, wovon der Beklagte Kenntnis gehabt habe. Der Beklagte sei seit 1993 mit dem Gemeinschuldner in geschäftlichem Kontakt gestanden, und dieser sei für ihn bis zum Frühjahr 1998 tätig gewesen. Die Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners seien dem Beklagten spätestens seit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der OEG bekannt gewesen. In diesem Verfahren seien offene Gesellschaftsverbindlichkeiten, für die auch der Gemeinschuldner persönlich gehaftet habe, in der Höhe von ATS 173.348,05 angemeldet worden. Der Gemeinschuldner habe den Beklagten von diesem Konkurs und auch von seinen eigenen Zahlungsschwierigkeiten informiert, und der Beklagte habe auch davon gewusst, dass der Gemeinschuldner wiederholt bei den Gläubigern wegen Zahlungsaufschubs bzw Ratenzahlung vorstellig geworden sei. Der Beklagte habe dem Gemeinschuldner auch versprochen, ihn finanziell zu unterstützen. Der Beklagte habe erstmals am 28. 1. 1999 gegen den Schuldner die Exekutionsbewilligung beantragt. Er sei durch die Sicherstellung vor den anderen Gläubigern begünstigt, weil die Konkursgläubiger mangels Masse keine Befriedigung erwarten könnten. Das Klagebegehren werde auch auf § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO gestützt.

Der Beklagte wendete ein, die Zahlung des Drittschuldners an den Gläubiger auf Grund eines exekutiv erworbenen Pfand- oder Befriedigungsrechts sei keine inkongruente Deckung. Das Pfandrecht des Beklagten sei nicht nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder in den letzten 60 Tagen davor erworben worden, und dem Beklagten seien keine Umstände bekannt gewesen, aus denen die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners zu erschließen gewesen wäre, sodass der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO ausscheide.

Das Erstgericht sprach aus, dass das auf Grund der Zustellung der Exekutionsbewilligung vom 15. 3. 1999 an den Drittschuldner am 14. 5. 1999 erworbene Pfandrecht des Beklagten den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sei, und erkannte den Beklagten schuldig, der Ausfolgung der in Verwahrung genommenen Beträge von insgesamt ATS 301.255,20 sowie der weiterhin auflaufenden Zinsen an die Konkursmasse zuzustimmen. Es führte aus, dass innerhalb der - hier gewahrten - Fristen des § 30 Abs 1 Z 1 und 2 KO als Sicherstellung für schon früher bestandene Schulden eingeräumte Pfandrechte nur dann als kongruente Deckung anzusehen seien, wenn vor Beginn dieser Frist bereits ein Verpfändungs- oder Pfandbestellungsvertrag und damit ein klagbares Recht auf sonstigen Abschluss des Pfandvertrags bestanden habe. Derartiges sei zu verneinen, weshalb Inkongruenz des exekutiven Pfandrechts anzunehmen sei. Zwar sei ausgesprochen worden, dass die Befriedigung auch bei Inkongruenz des exekutiven Pfandrechts dann kongruent sei, wenn die Zahlungen vor Konkurseröffnung stattfanden, doch sei die Befriedigung des Beklagten durch Zahlung des Drittschuldners zu verneinen, weil bei einer Hinterlegung nach § 1425 ABGB die Zahlung erst mit der Ausfolgung erlangt werde. Die Ausfolgung der hinterlegten Beträge an den Beklagten habe noch nicht stattgefunden. Zudem sei der Ausfolgungsbeschluss mit 18. 1. 2000 datiert, der Konkurs jedoch schon am 28. 10. 1999 eröffnet worden. Da somit in keinem Fall Befriedigung vor Konkurseröffnung erfolgt sei, müsse das Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO nicht mehr geprüft werden.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes ATS 52.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Auch wenn das Pfändungspfandrecht im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO inkongruent sei, treffe dies auf darauf gegründete Zwangszahlungen aus dem Vermögen des Schuldners niemals zu. Eine Befriedigung, die im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt werde, sei zwar nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtungsfest, doch könne der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO vorliegen, wenn das Pfändungspfandrecht selbst anfechtbar sei. Auszugehen sei davon, dass der Erwerb eines exekutiven Forderungspfandrechts innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung (§ 30 Abs 1 Z 1 KO) inkongruent gewesen sei, weil ein (auch) vollstreckbares Urteil keinen materiellen Sicherstellungsanspruch in sich schließe. Sei aber das Pfandrecht anfechtbar gewesen, dann müsse dies auch für die vom Drittschuldner am 3. 10. 1999 und am 26. 11. 1999 geleisteten Teilzahlungen von je ATS 100.000 gelten, weil diese Zahlungen dem Gläubiger keinesfalls als vor Eintritt der Rechtswirkungen der Konkurseröffnung zugekommen angesehen werden könnten, habe doch der Drittschuldner erst nach Konkurseröffnung geleistet. Die vor der Konkurseröffnung am 2. 6. 1999 erfolgte Teilzahlung von ATS 100.000 habe zur teilweisen Befriedigung des Beklagten geführt, weil darunter die Tilgung der Forderung des Gläubigers durch Erfüllung oder durch Erfüllungssurrogate wie etwa die gerichtliche Hinterlegung zu verstehen sei. Zahlung und Erlag seien jedenfalls innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs 4 KO erfolgt. Es komme daher gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO darauf an, ob die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners dem Beklagten habe bekannt sein müssen. Die sei zu bejahen, weil der Beklagte durch die Zustellung der ersten Drittschuldnerauskunft und des (ergebnislosen) Vollzugsberichts der Fahrnisexekution Kenntnis von zumindest drei weiteren Gläubigern erlangt habe, weshalb er davon habe ausgehen müssen, dass der Gemeinschuldner schon auf Grund seiner eigenen Forderung nicht in der Lage sein würde, seine Zahlungsverpflichtungen durch vorhandene Geldmittel zu erfüllen. Hätte der Beklagte das Wissen um die anhängigen Befriedigungsexekutionen zum Anlass genommen, Nachforschungen anzustellen, hätte er die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners erkennen können, weil ein Schuldner gerichtliche Zwangsvollstreckungen nicht ohne Not an sich herankommen lasse. Selbst wenn man daher die Teilzahlung des Drittschuldners vom 2. 6. 1999 als Befriedigung des Beklagten werte, müsse von deren Anfechtbarkeit gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO ausgegangen werden.

Dieses Urteil bekämpft der Beklagte mit Revision nur mehr insoweit, als es die Teilzahlung vom 2. 6. 1999 als anfechtbar qualifiziert; die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 27 KO können Rechtshandlungen, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden sind und das Vermögen des Gemeinschuldners betreffen, angefochten und den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam erklärt werden. Diese Bestimmung sagt nichts darüber aus, wer die Rechtshandlung vorgenommen haben muss oder wem diese zuzurechnen ist. Ein Zutun des späteren Gemeinschuldners muss nicht immer maßgeblich, die Rechtshandlung kann vielmehr sogar gegen seinen Willen erfolgt sein. Gerade die Tatbestände des § 30 Abs 1 Z 1 und des § 31 Abs 1 Z 1 und 2 (jeweils erster Fall) KO verlangen ein Zutun des Schuldners zur Rechtshandlung nicht und bieten damit auch die Möglichkeit, obrigkeitliche Verfügungen gegen den späteren Gemeinschuldner, so etwa Zwangsvollstreckungsakte, anzufechten (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 24). Demgemäß hat sich der Oberste Gerichtshof auch bereits mehrfach mit der Anfechtung der Pfändung von Forderungen des Gemeinschuldners gegen den Drittschuldner und dessen exekutiv herbeigeführter Zahlung meritorisch auseinandergesetzt (ÖBA 1993, 734; ÖBA 2000, 633; ÖBA 2001, 726 ua), ohne dass er eine Rechtshandlung des Gemeinschuldners als Anfechtungsvoraussetzung gefordert hätte. Die in der insoweit vereinzelt gebliebenen Entscheidung ÖBA 2000, 1108 (mit kritischer Glosse von Bollenberger) vertretene gegenteilige Rechtsansicht wird daher vom erkennenden Senat nicht geteilt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die Pfändung von Geldforderungen mit der Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldners als bewirkt anzusehen ist (§ 294 Abs 3 EO). Daher ist der Tag der Zustellung der Exekutionsbewilligung an die Drittschuldnerin der Tag des Pfandrechtserwerbs. Das Absonderungsrecht entsteht erst mit der Zustellung des Drittverbots (ÖBA 2001, 726 mwH). Der Pfandrechtserwerb des Beklagten (am 14. 5. 1999) liegt somit außerhalb der Frist des § 12 Abs 1 KO, jedoch innerhalb der Fristen des § 30 Abs 2 KO und des § 31 Abs 4 KO.

Gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers, wenn der Gläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte, es sei denn, dass er durch diese Rechtshandlung vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden ist, anfechtbar. Ein titelmäßiger Anspruch auf Zahlung begründet noch keinen Anspruch auf Einräumung einer Sicherstellung. Ohne weitere Grundlage ist die Einräumung eines Vertragspfandrechts, aber auch die Erwirkung eines Pfändungspfandrechts inkongruent (ÖBA 2001, 726, RIS-Justiz RS0064516; RS0064563). Seit der Entscheidung des verstärkten Senats SZ 45/12 entspricht es hingegen ständiger, auch vom Schrifttum geteilter Auffassung, dass die Befriedigung eines zur Exekutionsführung gezwungenen Gläubigers, der vor Konkurseröffnung im Gefolge oder im Zuge des Vollstreckungsverfahrens titelgemäß befriedigt worden ist, als kongruent, somit als anfechtungsfest zu gelten hat, erhielt doch dieser Gläubiger gerade dasjenige, was ihm auch materiellrechtlich gebührte; eine Anfechtung der Befriedigung gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO scheidet daher aus (ÖBA 2000, 633 mwH; RIS-Justiz RS0003845). Der Oberste Gerichtshof hat das Ergebnis dieser Grundsatzentscheidung in der Folge nicht bloß auf den diesem Judikat zu Grunde liegenden Anlassfall der Befriedigung des Gläubigers auf Grund eines Verteilungsbeschlusses im Fahrnisexekutionsverfahren beschränkt, sondern auf alle im Zuge einer Exekution erfolgten "Zwangszahlungen" aus dem Vermögen des (Gemein-)Schuldners ausgedehnt. Auch die Zahlung eines Drittschuldners nach Überweisung zur Einziehung unterliegt daher diesen Grundsätzen: Sie ist somit ebenfalls als kongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO zu beurteilen, sodass deren Anfechtung nach dieser Gesetzesstelle zufolge titelmäßig erfolgter Befriedigung ausgeschlossen ist (ÖBA 1993, 734; ÖBA 2000, 633; ÖBA 2001, 726).

Im hier zu entscheidenden Fall sind die Zahlungen des Drittschuldners dem Beklagten jedoch nicht ausgefolgt, sondern hinterlegt wurden. Eine Zahlung wird aber erst dann perfekt, wenn der Empfänger dadurch instandgesetzt wird, über das Geld zu verfügen: Er erlangt erst Eigentum, wenn ihm das Geld übergeben wurde und er es angenommen hat (3 Ob 35/63; 1 Ob 618/80). Nach § 261 Abs 1 EO gilt die Wegnahme des bei dem Verpflichteten vorgefundenen Geldes nur dann als Zahlung (arg. "in diesem Falle"), wenn der Geldbetrag unmittelbar nach der Wegnahme dem betreibenden Gläubiger ausgehändigt wird. Nur in diesem Fall geht der abgenommene Geldbetrag sofort in das Eigentum des Gläubigers über. Wird aber das Geld nach seiner Wegnahme durch das Vollstreckungsorgan aus irgend einem Grund zu Gericht erlegt und verwahrt, so gilt die Abnahme nicht als Zahlung; sie hat vielmehr die gleiche rechtliche Wirkung wie die Pfändung sonstiger in der Gewahrsame des Verpflichteten befindlicher körperlicher Sachen. Das Geld bleibt Eigentum desjenigen, dem es vorher gehört hat, ist aber bis zu seiner Ausfolgung als gepfändet anzusehen. Erst die Ausfolgung des Bargelds an den betreibenden Gläubiger macht ihn zum Eigentümer, wie das völlig eindeutig aus § 283 Abs 3 EO folgt (SZ 10/297; SZ 13/240, anders, aber unzutreffend ZBl 1930/244). Ebensowenig erlangt der betreibende Gläubiger, hinterlegt der Drittschuldner im Zuge einer Forderungsexekution gemäß § 307 Abs 1 EO, das Eigentum am hinterlegten Betrag. Nach dieser Gesetzesstelle ist die überwiesene Forderung, wird sie nicht bloß vom betreibenden Gläubiger, sondern auch von anderen Personen - aus welchem Grund immer - in Anspruch genommen, bei Gericht zu erlegen (EvBl 1972/231; 3 Ob 558/92). Es würde dem Sinn dieser Bestimmung geradezu zuwiderlaufen, wollte man annehmen, dass der betreibende Gläubiger bereits durch den Erlag Eigentum am Geldbetrag und damit Befriedigung erlangt habe, ist es doch gerade Zweck dieses Instituts, die Ansprüche des wahren Berechtigten zu sichern.

Hat der Beklagte durch die - hier allein strittige - Teilleistung vom 2. 6. 1999 nicht Zahlung und damit Befriedigung erlangt, so kann er sich auch nicht auf die durch die Entscheidung des verstärkten Senats SZ 45/12 begründete Judikaturlinie, dem Gesetz könne nicht entnommen werden, dass der Gläubiger den bereits verteilten Erlös wieder zurückerstatten müsse, berufen. Es hat vielmehr sein Bewenden, dass das von ihm erwirkte Pfandrecht - wie bereits eingangs dargestellt - gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO als nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommene inkongruente Sicherstellung zu beurteilen ist. Dabei kommt es, wie bereits das Berufungsgericht, wenngleich in anderem Zusammenhang, ausgeführt hat, auf die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht an (RIS-Justiz RS0064400). Die Frage, ob darüber hinaus auch die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO vorliegen, kann daher ungeprüft bleiben.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E65369

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00201.01T.0430.000

Im RIS seit

30.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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