TE OGH 2002/5/6 2Ob103/02i

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Veröffentlicht am 06.05.2002
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nicole R*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, Bezirk 22, Schrödingerplatz 1, 1229 Wien, als Unterhaltssachwalter, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 1. März 2002, GZ 43 R 130/02i-63, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Februar 2002, GZ 7 P 234/01s-58, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss ersatzlos aufgehoben wird.

Text

Begründung:

Der Unterhaltsberechtigten wurden mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 12. 2001 monatliche Titelunterhaltsvorschüsse von S 2.600 für den Zeitraum 1. 11. 2001 bis 31. 10. 2004 gewährt. Mit einem am 31. 1. 2002 beim Erstgericht eingelangten Schreiben teilte der Unterhaltssachwalter gemäß § 21 UVG mit, die Minderjährige sei seit 24. 1. 2002 im Rahmen einer Krisenunterbringung in Pflege und Erziehung der Stadt Wien untergebracht. Daraufhin stellte das Erstgericht die dem Kind gewährten monatlichen Unterhaltsvorschüsse mit Ablauf des 31. 1. 2002 ein.Der Unterhaltsberechtigten wurden mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 12. 2001 monatliche Titelunterhaltsvorschüsse von S 2.600 für den Zeitraum 1. 11. 2001 bis 31. 10. 2004 gewährt. Mit einem am 31. 1. 2002 beim Erstgericht eingelangten Schreiben teilte der Unterhaltssachwalter gemäß Paragraph 21, UVG mit, die Minderjährige sei seit 24. 1. 2002 im Rahmen einer Krisenunterbringung in Pflege und Erziehung der Stadt Wien untergebracht. Daraufhin stellte das Erstgericht die dem Kind gewährten monatlichen Unterhaltsvorschüsse mit Ablauf des 31. 1. 2002 ein.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Kindes nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte im Wesentlichen folgendes aus:

Rechtliche Beurteilung

In seiner Entscheidung vom 13. 4. 2000, 6 Ob 82/00b, habe der Oberste Gerichtshof eine vom 4. 5. bis 25. 5. 1999 vom Jugendwohlfahrtsträger angeordnete vorläufige Maßnahme der Unterbringung einer Minderjährigen im Krisenzentrum des Jugendwohlfahrtsträgers als volle Erziehung nach § 28 JWG und dem entsprechenden Landesgesetz bewertet. Im Sinne der Ausführungen dieser Entscheidung sei die Krisenunterbringung in Pflege und Erziehung der Stadt Wien unter § 2 Abs 2 Z 2 UVG zu subsumieren. Demnach liege ein Ausschlussgrund für die Vorschussgewährung vor. Im Lichte dieser Judikatur sei dem Rechtsmittel des Kindes ein Erfolg zu versagen gewesen.In seiner Entscheidung vom 13. 4. 2000, 6 Ob 82/00b, habe der Oberste Gerichtshof eine vom 4. 5. bis 25. 5. 1999 vom Jugendwohlfahrtsträger angeordnete vorläufige Maßnahme der Unterbringung einer Minderjährigen im Krisenzentrum des Jugendwohlfahrtsträgers als volle Erziehung nach Paragraph 28, JWG und dem entsprechenden Landesgesetz bewertet. Im Sinne der Ausführungen dieser Entscheidung sei die Krisenunterbringung in Pflege und Erziehung der Stadt Wien unter Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG zu subsumieren. Demnach liege ein Ausschlussgrund für die Vorschussgewährung vor. Im Lichte dieser Judikatur sei dem Rechtsmittel des Kindes ein Erfolg zu versagen gewesen.

Das Rekursgericht übersehe aber nicht die Entscheidung des Höchstgerichts vom 21. 12. 1999, 4 Ob 335/99i; darin sei darauf hingewiesen worden, dass allein nicht schon die Aufnahme eines Minderjährigen in das Krisenzentrum der Stadt Wien zum Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses führe, sondern erst die Übernahme in volle Erziehung unter Aufrechterhaltung der Heimunterbringung. In der Entscheidung vom 5. 10. 2000, 6 Ob 27/00i, habe der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob eine Betreuung von Kindern im Krisenzentrum der Stadt Wien als Unterbringung im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 UVG anzusehen sei, nicht Stellung bezogen.Das Rekursgericht übersehe aber nicht die Entscheidung des Höchstgerichts vom 21. 12. 1999, 4 Ob 335/99i; darin sei darauf hingewiesen worden, dass allein nicht schon die Aufnahme eines Minderjährigen in das Krisenzentrum der Stadt Wien zum Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses führe, sondern erst die Übernahme in volle Erziehung unter Aufrechterhaltung der Heimunterbringung. In der Entscheidung vom 5. 10. 2000, 6 Ob 27/00i, habe der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob eine Betreuung von Kindern im Krisenzentrum der Stadt Wien als Unterbringung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG anzusehen sei, nicht Stellung bezogen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine einheitliche Judikatur zur Frage der Unterbringung eines Minderjährigen im Rahmen einer Krisenunterbringung bzw deren Folgen als Ausschlussgrund für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nicht vorliege.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht unter anderem geltend, sie habe sich vom 24. 1. bis 18. 2. 2002 in einer Kriseneinrichtung der Stadt Wien befunden, was keine Maßnahme der vollen Erziehung (und keinen Einstellungsgrund), sondern eine freiwillige Erziehungshilfe darstelle. Die Rechtsmittelwerberin sei danach nicht in die volle Erziehung übernommen, sondern wieder zur obsorgeberechtigten Mutter entlassen worden.

Hiezu wurde erwogen:

Nach dem erstgerichtlichen Beschluss eingetretene Sachverhaltsänderungen sind im Außerstreitverfahren von der Rechtsmittelinstanz (auch vom Obersten Gerichtshof) zu berücksichtigen, wenn dies das Interesse des pflegebefohlenen Kindes erfordert (RIS-Justiz RS0006893, RS0006928 T2, T5). Im vorliegenden Fall war daher im Interesse des Kindeswohles wahrzunehmen, dass das Kind nach der Aktenlage (ON 62) am 18. 2. 2002 von der Krisenunterbringung wieder zur Mutter entlassen wurde. Im Hinblick auf die Monatsbezogenheit der Vorschüsse (RIS-Justiz RS01129954 Ob 335/99i6 Ob 27/00i; Neumayr in Schwimann I2 § 8 UVG Rz 2 mwN) bestand kein Hindernis, einen Vorschuss für den gesamten Monat Februar zu gewähren.Nach dem erstgerichtlichen Beschluss eingetretene Sachverhaltsänderungen sind im Außerstreitverfahren von der Rechtsmittelinstanz (auch vom Obersten Gerichtshof) zu berücksichtigen, wenn dies das Interesse des pflegebefohlenen Kindes erfordert (RIS-Justiz RS0006893, RS0006928 T2, T5). Im vorliegenden Fall war daher im Interesse des Kindeswohles wahrzunehmen, dass das Kind nach der Aktenlage (ON 62) am 18. 2. 2002 von der Krisenunterbringung wieder zur Mutter entlassen wurde. Im Hinblick auf die Monatsbezogenheit der Vorschüsse (RIS-Justiz RS01129954 Ob 335/99i6 Ob 27/00i; Neumayr in Schwimann I2 Paragraph 8, UVG Rz 2 mwN) bestand kein Hindernis, einen Vorschuss für den gesamten Monat Februar zu gewähren.

Der erstgerichtliche Beschluss auf Einstellung der Vorschüsse mit Ablauf des 31. 1. 2002, war daher ersatzlos aufzuheben, ohne dass erörtert werden müsste, ob die Unterbringung in einem Krisenzentrum überhaupt einen Versagungsgrund darstellt.

Textnummer

E65600

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00103.02I.0506.000

Im RIS seit

05.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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