TE OGH 2002/5/6 2Ob112/02p

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Veröffentlicht am 06.05.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard B*****, vertreten durch Dr. Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, gegen die beklagte Partei Alois B*****, vertreten durch Mag. Alfred Lang und Mag. Ulf Schulze-Bauer, Rechtsanwälte in Fürstenfeld, wegen S 250.000,-- (EUR 18.168,21) und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5. Juli 2001, GZ 2 R 92/01v-17, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. März 2001, GZ 18 Cg 62/00p-10, aufgehoben und in der Sache selbst entschieden wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.126,41 (darin EUR 187,74 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob der im Betrieb weiterarbeitende ehemalige Betriebsinhaber und Geschäftsführer (der zudem der Vater des derzeitigen Geschäftsführers sei) das Haftungsprivileg des § 333 Abs 4 ASVG in Anspruch nehmen könne, eine höchstgerichtliche Entscheidung nicht ersichtlich sei.Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob der im Betrieb weiterarbeitende ehemalige Betriebsinhaber und Geschäftsführer (der zudem der Vater des derzeitigen Geschäftsführers sei) das Haftungsprivileg des Paragraph 333, Absatz 4, ASVG in Anspruch nehmen könne, eine höchstgerichtliche Entscheidung nicht ersichtlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Es versteht sich von selbst, dass der vom Berufungsgericht bezeichnete Umstand für sich allein nicht ausreicht, um das Haftungsprivileg des § 333 Abs 4 ASVG zu begründen, weil dieses nur einem Vertreter des Unternehmers und einem Aufseher im Betrieb zugutekommen kann. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Voraussetzungen auch im Einzelnen befasst: Es hat die Aufsehereigenschaft des Beklagten verneint, ihn aber als bevollmächtigten Vertreter des Dienstgebers angesehen. Dem steht der vom Rechtsmittelwerber aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes zitierte Passus, eine Bevollmächtigung zur Weisungsbefugnis sei nicht hervorgekommen, nicht entgegen, weil er sich erkennbar auf eine ausdrückliche Bevollmächtigung bezieht. Das Berufungsgericht ist auch keineswegs von einer solchen ausgegangen, sondern zum Ergebnis gelangt, dass eine schlüssige Bevollmächtigung vorliegt. Die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat aber regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalles hinausgehende Bedeutung, was gegen das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO spricht (RIS-Justiz RS0043253 T1, T2). Eine auffallende Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste, liegt hier nicht vor:Es versteht sich von selbst, dass der vom Berufungsgericht bezeichnete Umstand für sich allein nicht ausreicht, um das Haftungsprivileg des Paragraph 333, Absatz 4, ASVG zu begründen, weil dieses nur einem Vertreter des Unternehmers und einem Aufseher im Betrieb zugutekommen kann. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Voraussetzungen auch im Einzelnen befasst: Es hat die Aufsehereigenschaft des Beklagten verneint, ihn aber als bevollmächtigten Vertreter des Dienstgebers angesehen. Dem steht der vom Rechtsmittelwerber aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes zitierte Passus, eine Bevollmächtigung zur Weisungsbefugnis sei nicht hervorgekommen, nicht entgegen, weil er sich erkennbar auf eine ausdrückliche Bevollmächtigung bezieht. Das Berufungsgericht ist auch keineswegs von einer solchen ausgegangen, sondern zum Ergebnis gelangt, dass eine schlüssige Bevollmächtigung vorliegt. Die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat aber regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalles hinausgehende Bedeutung, was gegen das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO spricht (RIS-Justiz RS0043253 T1, T2). Eine auffallende Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste, liegt hier nicht vor:

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte sei auch nach seinem "Ruhestandsübertritt" als Geschäftsführer in seinem Unternehmen verblieben und habe auch nach Abgabe seiner Geschäftsführerstellung weiterhin überall kontrollierend und mithelfend agiert, sodass er von den Mitarbeitern als Senior-Chef betrachtet worden sei und seine Anweisungen auch befolgt worden seien. Dieses - von seinem Sohn als Geschäftsführer offenbar akzeptierte - Auftreten habe sich schlüssig und für die Mitarbeiter des Unternehmens eindeutig als Handeln eines Bevollmächtigten dargestellt, zumal er sonst weder etwas kontrollieren noch Anweisungen hätte erteilen können. Der Beklagte sei daher als bevollmächtigter Vertreter des Dienstgebers anzusehen gewesen. Mit dieser Qualifizierung (vgl zur sog. Duldungsvollmacht im gegebenen Zusammenhang Neumayr in Schwimann VIII2 § 333 ASVG Rz 66 mwN) hat das Berufungsgericht die Grenzen des ihm bei der Schlüssigkeitsprüfung zustehenden Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Die bejahte Vertretung des Unternehmers war auch hinreichend umfassend im Sinne der Rechtsprechung und bezog sich auf den unternehmerisch-dispositiven Bereich (ZAS 1974/6 [Gutknecht]; EvBl 1979/35; Neumayr aaO Rz 67). Anders als ein Aufseher im Betrieb muss der Bevollmächtigte nach der Rechtsprechung im Unfallszeitpunkt auch nicht gerade in dieser Eigenschaft tätig sein, um die Haftungsbefreiung zu erlangen (SVSlg 34.767; Neumayr ebendort). Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte sei auch nach seinem "Ruhestandsübertritt" als Geschäftsführer in seinem Unternehmen verblieben und habe auch nach Abgabe seiner Geschäftsführerstellung weiterhin überall kontrollierend und mithelfend agiert, sodass er von den Mitarbeitern als Senior-Chef betrachtet worden sei und seine Anweisungen auch befolgt worden seien. Dieses - von seinem Sohn als Geschäftsführer offenbar akzeptierte - Auftreten habe sich schlüssig und für die Mitarbeiter des Unternehmens eindeutig als Handeln eines Bevollmächtigten dargestellt, zumal er sonst weder etwas kontrollieren noch Anweisungen hätte erteilen können. Der Beklagte sei daher als bevollmächtigter Vertreter des Dienstgebers anzusehen gewesen. Mit dieser Qualifizierung vergleiche zur sog. Duldungsvollmacht im gegebenen Zusammenhang Neumayr in Schwimann VIII2 Paragraph 333, ASVG Rz 66 mwN) hat das Berufungsgericht die Grenzen des ihm bei der Schlüssigkeitsprüfung zustehenden Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Die bejahte Vertretung des Unternehmers war auch hinreichend umfassend im Sinne der Rechtsprechung und bezog sich auf den unternehmerisch-dispositiven Bereich (ZAS 1974/6 [Gutknecht]; EvBl 1979/35; Neumayr aaO Rz 67). Anders als ein Aufseher im Betrieb muss der Bevollmächtigte nach der Rechtsprechung im Unfallszeitpunkt auch nicht gerade in dieser Eigenschaft tätig sein, um die Haftungsbefreiung zu erlangen (SVSlg 34.767; Neumayr ebendort). Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Anmerkung

E65757 2Ob112.02p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00112.02P.0506.000

Dokumentnummer

JJT_20020506_OGH0002_0020OB00112_02P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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