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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie den Hofrat Dr. Berger, die Hofrätin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des H, geboren 1958, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Jänner 2005, Zl. 255.597/0-III/07/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 12. Mai 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21. April 2004 Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17. November 2004 gab er zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, er habe sein Heimatland aufgrund wirtschaftlicher Probleme seines Unternehmens - der von ihm benutzte Lkw sei ihm im November 2001 wegen Zahlungsunfähigkeit vom Verkäufer abgenommen worden -, der Scheidung von seiner Frau und des Verlustes seiner Wohnung verlassen. Bis zu seiner Ausreise im Mai 2002 habe er mit Unterstützung seiner Eltern seinen Lebensunterhalt in der Türkei sichern können. Im Falle seiner Rückkehr fürchte er keine Arbeit zu finden.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 17. November 2004 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei fest (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt 1.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei fest (Spruchpunkt 2.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt 3.). Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer ein "geradezu klassischer Wirtschaftsmigrant" sei. Mit seinen Ausführungen zeige der Beschwerdeführer Schwierigkeiten bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes in seinem Heimatland auf. Damit sei jedoch nicht dargetan, dass ihm ein Überleben in der Türkei grundsätzlich nicht möglich wäre. Es seien auch keine Umstände bekannt, dass in der Türkei eine derartige humanitäre Katastrophe gegeben wäre, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre. Die belangte Behörde schloss sich daher den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, die auch Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei enthalten, vollinhaltlich an und erhob sie zum Inhalt des angefochtenen Bescheides.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen gerügt, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Damit ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen: einerseits hat die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid ohnehin weitgehend das erstinstanzliche Vorbringen zugrunde gelegt; andererseits ist der Beschwerdeführer den - die Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei berücksichtigenden - Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, dass bei ihm keine "massive Bedrohung der Lebensgrundlage" gegeben sei, in seiner Berufung nicht substantiiert entgegen getreten und hat auch keinen dem Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehenden oder darüber hinausgehenden Sachverhalt neu und in konkreter Weise behauptet.
Ausgehend von dem von ihm in erster Instanz vorgetragenen Sachverhalt ist somit nicht zu erkennen, dass beim Beschwerdeführer eine begründete Furcht vor Verfolgung aus einem asylrelevanten Grund vorläge.
Ebensowenig kann der belangten Behörde entgegen getreten werden, wenn sie das Refoulement des Beschwerdeführers deshalb, weil er seinen Lebensunterhalt in der Türkei jedenfalls mit Unterstützung seiner Eltern habe sichern können, und auf Grund der Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Türkei gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt hat.
Die Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet.
Bei der Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das - nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangene - hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 1. März 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005200243.X00Im RIS seit
11.06.2007