TE OGH 2002/5/22 7Ob88/02w

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Veröffentlicht am 22.05.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leyla G*****, vertreten durch Mag. Gabriele Pfandlsteiner, Rechtsanwältin in Bregenz, gegen die beklagte Partei Korkmaz G*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 7. Jänner 2002, GZ 1 R 315/01h-66, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 27. September 2001, GZ 7 C 101/99g-60, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin, die österreichische Staatsbürgerin ist, und der Beklagte, ein türkischer Staatsangehöriger, haben am 30. 7. 1998 vor einem Standesamt in der Türkei miteinander die jeweils erste Ehe geschlossen. Während die Klägerin schon früher in Österreich wohnte, reiste ihr der Beklagte erst im Dezember 1998 nach. Aus religiösen Gründen (beide Streitteile sind Muslime; eine religiöse Trauung war nicht erfolgt) wohnten die Parteien weiterhin getrennt und die Ehe wurde nicht vollzogen.

Die Klägerin teilte dem Beklagten im März 1999 mit, dass sie geschieden werden wolle und brachte am 27. 4. 1999 die Scheidungsklage ein, die sie (zuletzt) auf § 55 EheG stützte. Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.Die Klägerin teilte dem Beklagten im März 1999 mit, dass sie geschieden werden wolle und brachte am 27. 4. 1999 die Scheidungsklage ein, die sie (zuletzt) auf Paragraph 55, EheG stützte. Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.

Vom Erstgericht, das das Verfahren am 29. 8. 2001 geschlossen hat, wurde die Ehe der Streitteile gemäß § 55 EheG geschieden. Da die Streitteile seit ihrer Eheschließung im Juli 1998 nie zusammen gewohnt und die Ehe auch nicht vollzogen hätten, lägen die Voraussetzungen für eine Scheidung nach § 55 EheG vor. Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Die Scheidung gemäß § 55 EheG sei nach Ablauf der 3-jährigen Frist auch dann zulässig, wenn die Ehegatten nie zusammen gelebt hätten und ihnen von vornherein jede eheliche Gesinnung gefehlt habe. Nur wenn die Ehegatten auf Grund äußerer Umstände tatsächlich getrennt seien, wie etwa bei längerer berufsbedingter Abwesenheit, einem längeren Krankenhausaufenthalt oder der Haft eines Ehegatten, liege eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft iSd § 55 EheG erst ab dem Zeitpunkt vor, zudem ein Ehegatte dem anderen seinen Willen erkläre oder zu erkennen gebe, die häusliche Gemeinschaft nicht wieder aufzunehmen. Der Umstand, dass allenfalls religiöse Gründe das Nichteingehen einer häuslichen Gemeinschaft begründet hätten, stelle keinen solchen äußeren Umstand dar, der eine "Überbrückung" der Trennung der Streitteile rechtfertigen würde.Vom Erstgericht, das das Verfahren am 29. 8. 2001 geschlossen hat, wurde die Ehe der Streitteile gemäß Paragraph 55, EheG geschieden. Da die Streitteile seit ihrer Eheschließung im Juli 1998 nie zusammen gewohnt und die Ehe auch nicht vollzogen hätten, lägen die Voraussetzungen für eine Scheidung nach Paragraph 55, EheG vor. Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig sei. Die Scheidung gemäß Paragraph 55, EheG sei nach Ablauf der 3-jährigen Frist auch dann zulässig, wenn die Ehegatten nie zusammen gelebt hätten und ihnen von vornherein jede eheliche Gesinnung gefehlt habe. Nur wenn die Ehegatten auf Grund äußerer Umstände tatsächlich getrennt seien, wie etwa bei längerer berufsbedingter Abwesenheit, einem längeren Krankenhausaufenthalt oder der Haft eines Ehegatten, liege eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft iSd Paragraph 55, EheG erst ab dem Zeitpunkt vor, zudem ein Ehegatte dem anderen seinen Willen erkläre oder zu erkennen gebe, die häusliche Gemeinschaft nicht wieder aufzunehmen. Der Umstand, dass allenfalls religiöse Gründe das Nichteingehen einer häuslichen Gemeinschaft begründet hätten, stelle keinen solchen äußeren Umstand dar, der eine "Überbrückung" der Trennung der Streitteile rechtfertigen würde.

In seiner außerordentlichen Revision widerspricht der Beklagte dieser Ansicht; er meint, die religiösen Gründe, die ihn und die Klägerin an der Aufnahme einer Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft gehindert hätten, stellten einen Umstand dar, der eine Überbrückung der Trennung der Streitteile rechtfertigte. Da zur Frage, ob der Fristenlauf nach § 55 EheG auch dann vom Zeitpunkt der Eheschließung an zu berechnen sei, wenn die Eheleute zwar nie zusammengelebt haben, die eheliche Gesinnung jedoch erst später weggefallen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig.In seiner außerordentlichen Revision widerspricht der Beklagte dieser Ansicht; er meint, die religiösen Gründe, die ihn und die Klägerin an der Aufnahme einer Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft gehindert hätten, stellten einen Umstand dar, der eine Überbrückung der Trennung der Streitteile rechtfertigte. Da zur Frage, ob der Fristenlauf nach Paragraph 55, EheG auch dann vom Zeitpunkt der Eheschließung an zu berechnen sei, wenn die Eheleute zwar nie zusammengelebt haben, die eheliche Gesinnung jedoch erst später weggefallen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte vermag damit einen tauglichen Zulassungsgrund nicht aufzuzeigen: Entgegen seiner Meinung kann der Umstand, dass die Streitteile es vor einer "religiösen Eheschließung" abgelehnt haben, miteinander eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft einzugehen, nicht anders aufgefasst werden, als dass sie eine eheliche Gesinnung von einer religiösen Trauung abhängig gemacht haben. Dass sich eine religiöse Trauung von Juli 1998 bis März 1999 nicht arrangieren hätte lassen, hat der Beklagte weder behauptet noch bewiesen. Eine den in der Judikatur anerkannten "Überbrückungsfällen" (längere berufsbedingte Abwesenheit, Krankenhausaufenthalt oder Haft eines Ehegatten), die durch eine durch rein äußere Umstände erzwungene faktische Trennung bei aufrechter Ehegesinnung

gekennzeichnet sind (SZ 54/170 = EvBl 1982/76 = JBl 1983, 153; 2 Ob

516/90 = EFSlg 63.405; 1 Ob 73/98m, SZ 71/89; RIS-Justiz RS0056999),

vergleichbare Situation liegt damit nicht vor. Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen vielmehr mit der schon vom Berufungsgericht zitierten Judikatur im Einklang, wonach eine Scheidung gemäß § 55 EheG nach Ablauf der 3-jährigen Frist auch dann zulässig ist, wenn die Ehegatten nie zusammen gelebt haben und ihnen auch jede eheliche Gesinnung gefehlt hat (SZ 23/205; EFSlg 8574; RIS-Justiz RS0057102, Schwimann in Schwimann ABGB2 § 55 EheG Rz 7; Pichler in Rummel ABGB2 § 55 EheG Rz 2).vergleichbare Situation liegt damit nicht vor. Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen vielmehr mit der schon vom Berufungsgericht zitierten Judikatur im Einklang, wonach eine Scheidung gemäß Paragraph 55, EheG nach Ablauf der 3-jährigen Frist auch dann zulässig ist, wenn die Ehegatten nie zusammen gelebt haben und ihnen auch jede eheliche Gesinnung gefehlt hat (SZ 23/205; EFSlg 8574; RIS-Justiz RS0057102, Schwimann in Schwimann ABGB2 Paragraph 55, EheG Rz 7; Pichler in Rummel ABGB2 Paragraph 55, EheG Rz 2).

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E65791 7Ob88.02w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00088.02W.0522.000

Dokumentnummer

JJT_20020522_OGH0002_0070OB00088_02W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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