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61/01 Familienlastenausgleich;Norm
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der G M in Sch, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 22. März 2006, Zl. RV/0870- L/05, betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2003 bis Februar 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin gab dem Finanzamt mit Eingabe vom 2. November 2004 bekannt, ihr Sohn Benedikt habe nach Ableistung des Präsenzdienstes mit 31. August 2003 bei der Universität Linz einen Antrag auf Zulassung zur Studienberechtigung für Rechtswissenschaften gestellt. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass neben anderen Voraussetzungen, wie einer abgeschlossenen Lehre, eine berufliche oder außerberufliche Vorbildung für Rechtswissenschaften Voraussetzung für die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung sei. Er habe sich daraufhin an der Universität Linz als außerordentlicher Hörer inskribiert, um seine Berufsausbildung nach dem Präsenzdienst fortzusetzen. Innerhalb der vorgeschriebenen Zeit habe er eine Prüfung in Staatskirchenrecht abgelegt und in weiterer Folge alle Voraussetzungen in der vorgesehenen Zeit erfüllt, um mit Bescheid der Universität Linz vom 21. Juni 2004 zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen zu werden. Er habe daher sofort nach Ableistung des Präsenzdienstes seine Berufsausbildung fortgesetzt. Es bestehe daher ab September 2003 ein Familienbeihilfenanspruch.
In der Folge legte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt auch das von der Universität Linz für ihren Sohn Benedikt ausgestellte Studienberechtigungszeugnis vom 15. März 2005 sowie eine Studienbestätigung vom 8. April 2005 für das Sommer-Semester 2005 als ordentlich Studierender des Diplomstudiums Rechtswissenschaften vor.
Das Finanzamt gewährte die Familienbeihilfe ab März 2004. Mit Bescheid vom 3. Mai 2005 wies es den Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2003 bis einschließlich Februar 2004 ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Vorbereitungszeit für die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung als Zeit der Berufsausbildung gelte, wobei als Vorbereitungszeit allerdings maximal zwei Semester anerkannt würden. Da der Sohn der Beschwerdeführerin die Studienberechtigungsprüfung am 15. März 2005 abgeschlossen habe, könne die Familienbeihilfe ab Beginn des Sommersemesters 2004 (März 2004) gewährt werden.
In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Sohn habe bereits nach Ableistung des Präsenzdienstes am 31. August 2003 einen Antrag auf Zulassung zur Studienberechtigung gestellt habe. Zusätzliche Voraussetzung für die Zulassung sei eine berufliche oder außerberufliche Vorbildung für Rechtswissenschaften, weshalb er sofort als außerordentlicher Hörer inskribiert habe, um diese Berufsausbildung fortzusetzen. Der Sohn habe sodann eine Prüfung aus Staatskirchenrecht abgelegt und alle Voraussetzungen erfüllt, um zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen zu werden. Auf Grund des Studienberechtigungszeugnisses sei der Sohn vom außerordentlichen Hörer zum ordentlichen Hörer "mutiert".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2003 bis einschließlich Februar 2004 ab.
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden. Der Begriff der "Berufausbildung" sei im Gesetz nicht näher umschrieben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien unter diesen Begriff aber jedenfalls alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt werde. Entscheidend sei jedoch auch das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen, das sich insbesondere im Ablegen der vorgeschriebenen Prüfungen innerhalb angemessener Zeit äußere.
Der Sohn der Beschwerdeführerin habe - unmittelbar nach Ableistung des Präsenzdienstes - im Wintersemester 2003/2004 mit der Vorbereitung für die Studienberechtigungsprüfung begonnen und sei mit Bescheid vom 21. Juni 2004 zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen worden. Er habe diese Prüfung schließlich im März 2005 abgelegt, sodass er ab dem Sommersemester 2005 als ordentlich Studierender mit dem Studium der Rechtswissenschaften begonnen habe. Mit dem positiven Prüfungsabschluss zeige sich zweifellos ein grundsätzlich ernstliches Bemühen um den Studienfortgang. Entscheidungswesentlich sei, inwieweit in zeitlicher Hinsicht Berufsausbildung bis zur Ablegung der Studienberechtigungsprüfung vorgelegen sei.
Das Finanzamt habe seiner Entscheidung offensichtlich die zeitlichen Vorgaben eines Erlasses, nämlich der Durchführungsrichtlinien zum FLAG, zu Grunde gelegt und Familienbeihilfe für den Zeitraum von zwei Semestern bis zur Ablegung der Prüfung gewährt (März 2004 bis Februar 2005). Für die Feststellung, ob dies gerechtfertigt gewesen sei, müsse nach Ansicht der belangten Behörde insbesondere der zeitliche Aufwand, der für die Prüfungsvorbereitung erforderlich sei, herangezogen werden.
Die für die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung erforderliche berufliche bzw. außerberufliche Vorbildung für das angestrebte Studium habe der Sohn der Beschwerdeführerin nachgeholt, indem er als außerordentlicher Hörer im Wintersemester 2003/2004 eine Lehrveranstaltung über österreichisches und europäisches Staatskirchenrecht im Ausmaß von 2 Wochenstunden besucht und über diese Lehrveranstaltung am 28. Jänner 2004 eine Prüfung abgelegt habe. Sodann habe er im nachfolgenden Sommersemester 2004 eine schriftliche Hausarbeit aus Völkerrecht abgelegt. Weitere Teile der Studienberechtigungsprüfung seien ein Aufsatz über ein allgemeines Thema sowie je eine mündliche Prüfung in Geschichte (Grundzüge der allgemeinen Geschichte, wesentliche historische Fakten und Entwicklungen der europäischen Geschichte mit Schwerpunkt Österreich) und in Latein (Kenntnisse des im Studium des römischen Rechts und in der heutigen Fachsprache erforderlichen Wortschatzes) gewesen. Der Besuch allfälliger einzelner Lehrveranstaltungen, die zur Erlangung des erforderlichen Wissens, insbesondere für die beiden zuletzt genannten Fächer erforderlich gewesen seien, habe zusammen mit den zuvor genannten Rechtsfächern nicht annähernd so zeitintensiv gewesen sein können, dass damit ein Prüfungskandidat für die Dauer von drei Semestern in gleichem zeitlichen Ausmaß ausgelastet wäre, wie dies während sonstiger Berufsausbildungen (zB beim Besuch einer mittleren oder höheren Schule oder bei einem ordentlichen Studium) der Fall sei.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände könne unterstellt werden, dass bei vollem zeitlichen Einsatz, wie dies einer Berufsausbildung entspreche, mit einer Vorbereitungszeit von zwei Semestern das Auslangen gefunden werde. Es sei daher gerechtfertigt, Familienbeihilfe nur für diese Zeitdauer anzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Das Bundesgesetz vom 27. Juni 1985 über die Erlangung studienrichtungsbezogener Studienberechtigungen an Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung (Studienberechtigungsgesetz), BGBl Nr 292/1985, lautet auszugsweise:
"Zweck der Studienberechtigungsprüfung; Begriffsbestimmungen
§ 1. (1) Personen ohne Reifeprüfung können nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes durch Ablegung der Studienberechtigungsprüfung die Berechtigung zum Besuch einer Universität oder Hochschule als ordentliche Hörer erlangen.
...
Zulassungsvoraussetzungen
§ 2. (1) Zur Studienberechtigungsprüfung ist auf seinen schriftlichen Antrag hin zuzulassen, wer
1. ein bestimmtes ordentliches Universitäts- oder Hochschulstudium durchführen will, das die Reifeprüfung zur Voraussetzung hat,
2.
das 22. Lebensjahr vollendet hat,
3.
die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,
4.
eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für die angestrebte (erste) Studienrichtung nachweist und
5. nicht bereits erfolglos versucht hat, die Studienberechtigungsprüfung für die angestrebte Studienrichtung abzulegen.
(2) Abweichend von Abs. 1 Z 2 sind Bewerber, die das 20. Lebensjahr vollendet haben, zuzulassen, wenn sie eine Lehrabschlussprüfung gemäß Berufsausbildungsgesetz, eine österreichische berufsbildende mittlere Schule oder eine nach Umfang und Anforderungen gleichwertige in- oder ausländische Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen, danach einen weiteren Bildungsgang absolviert und dabei insgesamt eine mindestens vierjährige Ausbildungsdauer erreicht haben.
...
Prüfungsfächer
§ 3. (1) Die Studienberechtigungsprüfung umfasst folgende Fachprüfungen:
1.
Aufsatz über ein allgemeines Thema;
2.
höchstens drei weitere Fächer, die im Hinblick auf Vorkenntnisse oder Fertigkeiten für Prüfungsfächer einer Studienrichtung unabdingbar sind (Pflichtfächer);
3. weitere Fächer nach Wahl des Kandidaten aus dem Bereich des angestrebten Studiums, seiner fachlichen Voraussetzungen oder der dem Studium entsprechenden beruflichen Tätigkeitsfelder (Wahlfächer). Die Zahl der Pflicht- und Wahlfächer hat zusammen vier zu betragen.
...
Studienberechtigung
§ 6. (1) Mit der erfolgreichen Ablegung aller Fachprüfungen der Studienberechtigungsprüfung erwirbt der Kandidat die Studienberechtigung für das angestrebte Studium. Die Studienberechtigung ist zugleich auch für jene Studienrichtungen zuzuerkennen, für welche mehr als ein Pflichtfach vorgeschrieben ist und für die im Erweiterungsfall gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 keine ergänzenden Prüfungen erforderlich wären. Ausgenommen bleibt eine Studienrichtung, für die der Kandidat die Studienberechtigungsprüfung nicht bestanden hat.
..."
In der Beschwerde wird vorgebracht, der Sohn der Beschwerdeführerin habe zur Erlangung der Studienberechtigung fünf Prüfungen ablegen müssen:
1. Aufsatz über ein allgemeines Thema (abgelegt am 21. September 2004),
2. Pflichtfach mündlich: Geschichte (abgelegt am 27. September 2004),
3. Wahlfach mündlich: Staatskirchenrecht (abgelegt am 20. September 2004),
4. Wahlfach schriftlich: Völkerrecht (abgelegt am 15. September 2004),
5. Pflichtfach mündlich: Latein (abgelegt am 15. März 2005).
Es sei von einer Vorbereitungszeit von zwei Semestern auszugehen. Bei einer vollständigen Sachverhaltsermittlung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die Vorbereitungszeit zur Ablegung der Studienberechtigungsprüfung entweder mit 1. Juli 2004 (gemeint wohl 2003) oder mit Beginn des Wintersemesters 2004 am 1. September 2004 (gemeint wohl jeweils 2003) begonnen habe. Um die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung zu erlangen, habe der Sohn am 28. Jänner 2004 eine Prüfung über Staatskirchenrecht abgelegt. Solcherart bestehe der Familienbeihilfenanspruch auch für den hier in Streit stehenden Zeitraum September 2003 bis einschließlich Februar 2004. Die Vorbereitungszeit für die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung stelle Berufsausbildung dar, und zwar auch der Zeitraum vor der Erteilung der Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es das Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, 98/13/0042). Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Der Besuch von im allgemeinen nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltungen kann dagegen nicht als Berufsausbildung gewertet werden, selbst dann nicht, wenn diese Ausbildung für eine spätere spezifische Berufsausbildung Voraussetzung oder nützlich ist (vgl das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, 93/14/0100).
Vor der mit Bescheid der Universität Linz vom 21. Juni 2004 erfolgten Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung hat sich der Sohn der Beschwerdeführerin zwar als außerordentlicher Hörer inskribiert und die Vorlesung "Österreichisches und europäisches Staatskirchenrecht" im Umfang von zwei Wochenstunden besucht und schließlich am 28. Jänner 2004 eine Prüfung über diese Lehrveranstaltung abgelegt. Dass die belangte Behörde aber den Besuch einer einzelnen Lehrveranstaltung im Umfang von zwei Wochenstunden (samt der Ablegung einer Prüfung über diese Lehrveranstaltung) im Wintersemester 2003/2004 nicht als Berufsausbildung angesehen hat, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Besuch einzelner Lehrveranstaltungen als außerordentlicher Hörer mag auch zur Erreichung der in § 2 Abs 1 Z 4 Studienberechtigungsgesetz für die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung vorgeschriebenen Vorbildung dienen, unterscheidet sich aber vor allem in quantitativer Hinsicht nicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privatem Interesse und ist daher noch nicht als Ausbildung zu erkennen, in deren Rahmen sich noch nicht berufstätige Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen aneignen.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zur Ansicht gelangt ist, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit b FLAG für den Bezug der Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2003 bis Februar 2004 nicht vorlagen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 1. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006150178.X00Im RIS seit
29.03.2007