TE OGH 2002/5/28 10ObS161/02b

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Veröffentlicht am 28.05.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Elmar Peterlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef R*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Rückforderung eines Überbezuges, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Februar 2002, GZ 10 Rs 451/01v-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. Oktober 2001, GZ 3 Cgs 103/01k-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Der am 17. 9. 1943 geborene Kläger beantragte am 29. 5. 2000 die Zuerkennung der Invaliditätspension. Ab 22. 6. 2000 bezog der Kläger Krankengeld (S 6.867,-- bzw EUR 499,04 monatlich).

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 2. 2. 2001 hat die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension ab 1. 6. 2000 anerkannt. Die Pension wurde mit monatlich S 9.887 (EUR 718,52) ab 1. 6. 2000 sowie mit monatlich S 9.966,10 (EUR 724,26) ab 1. 1. 2001 festgesetzt. Für den Zeitraum 1. 6. 2000 bis 31. 1. 2001 erhielt der Kläger unter Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer eine Nachzahlung von S 85.605,70 (EUR 6.221,21). Der Krankengeldbezug des Klägers im Zeitraum 22. 6. 2000 - 7. 2. 2001 im Ausmaß von S 228,90 (EUR 16,63) täglich wurde bei der beklagten Partei erstmals am 4. 5. 2001 aktenkundig. Im Rahmen eines Gesprächs am 22. 5. 2001 erhielt der Kläger Kenntnis, dass die Pension seit 1. 6. 2000 unter Nichtbeachtung der Ruhensbestimmungen (nach)gezahlt worden war.

Mit Bescheid vom 25. 5. 2001 stellte die beklagte Parte die Höhe der Pension des Klägers für den Zeitraum 22. 6. 2000 bis 7. 2. 2001 unter Berücksichtigung des Krankengeldbezuges des Klägers neu fest und forderte den Kläger zur Rückzahlung des entstandenen Überbezuges von S 49.675,20 (EUR 3.610,04). auf.

Das Erstgericht stellte die Pension des Klägers entsprechend dem angefochtenen Bescheid vom 25. 5. 2001 fest und verpflichtete den Kläger, den entstandenen Überbezug an Pension in Höhe von S 49.675,20 (EUR 3.610,04) in monatlichen Raten à S 1.000,-- (EUR 72,67) monatlich, die letzte Rate in Höhe von S 675,20 (EUR 49,07) zurückzuzahlen. Der Kläger habe durch die Pensionsnachzahlung für die Monate des Krankengeldbezuges monatliche Beträge in Höhe von S 16.754,-- netto erhalten, während seine Pension lediglich S 9.887,-- netto betragen habe. Bei dieser gravierenden Differenz, die sich in der nicht unbeträchtlichen Nachzahlung geäußert habe, hätte der Kläger ernstlich die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass ihm die Leistung zu Unrecht gewährt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass der Bescheid über die Zuerkennung der Pension und die Nachzahlung der inzwischen fällig gewordenen Beträge auch in seinen umfangreichen Hinweisen auf die zu beachtenden Meldevorschriften keinen Hinweis auf die Ruhensbestimmungen im Zusammenhang mit dem Krankengeldbezug enthalte. Allerdings habe der Kläger präzise entnehmen können, dass die Pensionsnachzahlung eben für jene Monate erfolgt sei, in denen er laufend Krankengeld bezogen habe. Im Hinblick auf den eklatanten Überbezug wäre es dem Kläger in so einer Situation zumutbar gewesen, bei Unklarheiten Rückfrage bei dem Krankenversicherungsträger oder der beklagten Partei zu halten. Insgesamt müsse daher davon ausgegangen werden, dass der beklagten Partei gemäß § 107 ASVG das Recht auf Rückersatz zustehe. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht nicht in einer erheblichen Rechtsfrage von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass der Bescheid über die Zuerkennung der Pension und die Nachzahlung der inzwischen fällig gewordenen Beträge auch in seinen umfangreichen Hinweisen auf die zu beachtenden Meldevorschriften keinen Hinweis auf die Ruhensbestimmungen im Zusammenhang mit dem Krankengeldbezug enthalte. Allerdings habe der Kläger präzise entnehmen können, dass die Pensionsnachzahlung eben für jene Monate erfolgt sei, in denen er laufend Krankengeld bezogen habe. Im Hinblick auf den eklatanten Überbezug wäre es dem Kläger in so einer Situation zumutbar gewesen, bei Unklarheiten Rückfrage bei dem Krankenversicherungsträger oder der beklagten Partei zu halten. Insgesamt müsse daher davon ausgegangen werden, dass der beklagten Partei gemäß Paragraph 107, ASVG das Recht auf Rückersatz zustehe. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht nicht in einer erheblichen Rechtsfrage von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig.

Ein Verfahren über den Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung gemäß § 65 Abs 1 Z 2 ASGG ist - auch wenn es sich bei jenen Leistungen, deren Rückersatz strittig ist, um wiederkehrende Leistungen gehandelt hat - kein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG (10 ObS 353/00k; RIS-Justiz RS085773 [T13]). Die Revision ist daher nach § 46 Abs 1 ASGG nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.Ein Verfahren über den Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung gemäß Paragraph 65, Absatz eins, Ziffer 2, ASGG ist - auch wenn es sich bei jenen Leistungen, deren Rückersatz strittig ist, um wiederkehrende Leistungen gehandelt hat - kein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen im Sinne des Paragraph 46, Absatz 3, Ziffer 3, ASGG (10 ObS 353/00k; RIS-Justiz RS085773 [T13]). Die Revision ist daher nach Paragraph 46, Absatz eins, ASGG nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Während die in § 107 Abs 1 erster Satz ASVG genannten Tatbestände der bewusst unwahren Angaben und der bewussten Verschweigung maßgebender Tatsachen zumindest bedingten Vorsatz (dolus eventualis) voraussetzen, genügt zur Anwendung der beiden weiteren Rückforderungstatbestände bereits Fahrlässigkeit. Fahrlässige Unkenntnis davon, dass die Geldleistung nicht gebührte, setzt voraus, dass die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinne des § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Nach der Rechtsprechung ist daher der Rückforderungstatbestand nach § 107 Abs 1 erster Satz letzter Fall ASVG dann erfüllt, wenn dem Leistungsempfänger - unter Voraussetzung gewöhnlicher (durchschnittlicher) geistiger Fähigkeiten - bei einer ihm nach den Umständen des Einzelfalles zumutbaren Aufmerksamkeit auffallen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (SSV-NF 4/141; SSV-NF 4/127; SSV-NF 13/47 ua).Während die in Paragraph 107, Absatz eins, erster Satz ASVG genannten Tatbestände der bewusst unwahren Angaben und der bewussten Verschweigung maßgebender Tatsachen zumindest bedingten Vorsatz (dolus eventualis) voraussetzen, genügt zur Anwendung der beiden weiteren Rückforderungstatbestände bereits Fahrlässigkeit. Fahrlässige Unkenntnis davon, dass die Geldleistung nicht gebührte, setzt voraus, dass die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinne des Paragraph 1297, ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Nach der Rechtsprechung ist daher der Rückforderungstatbestand nach Paragraph 107, Absatz eins, erster Satz letzter Fall ASVG dann erfüllt, wenn dem Leistungsempfänger - unter Voraussetzung gewöhnlicher (durchschnittlicher) geistiger Fähigkeiten - bei einer ihm nach den Umständen des Einzelfalles zumutbaren Aufmerksamkeit auffallen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (SSV-NF 4/141; SSV-NF 4/127; SSV-NF 13/47 ua).

Die für die Beurteilung des Rückforderungsanspruchs im konkreten Fall maßgebliche Frage, ob dem Kläger bei einer ihm zumutbaren Aufmerksamkeit, deren Grad aber nicht überspannt werden kann, auffallen hätte müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt, kann nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden (RIS-Justiz RS0109340). Wenn die Vorinstanzen aufgrund des Umstandes, dass der Kläger für die Dauer seines Krankengeldbezuges eine nicht unbeträchtliche Pensionsnachzahlung erhielt, den Rückforderungstatbestand nach § 107 Abs 1 ASVG verwirklicht sah, kann darin keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Da somit entgegen der Auffassung des Revisionswerbers eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG nicht vorliegt, erweist sich die außerordentliche Revision des Klägers als unzulässig.Die für die Beurteilung des Rückforderungsanspruchs im konkreten Fall maßgebliche Frage, ob dem Kläger bei einer ihm zumutbaren Aufmerksamkeit, deren Grad aber nicht überspannt werden kann, auffallen hätte müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt, kann nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden (RIS-Justiz RS0109340). Wenn die Vorinstanzen aufgrund des Umstandes, dass der Kläger für die Dauer seines Krankengeldbezuges eine nicht unbeträchtliche Pensionsnachzahlung erhielt, den Rückforderungstatbestand nach Paragraph 107, Absatz eins, ASVG verwirklicht sah, kann darin keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Da somit entgegen der Auffassung des Revisionswerbers eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG nicht vorliegt, erweist sich die außerordentliche Revision des Klägers als unzulässig.

Anmerkung

E65984 10ObS161.02b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00161.02B.0528.000

Dokumentnummer

JJT_20020528_OGH0002_010OBS00161_02B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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