Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emmerich F*****, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, gegen die beklagten Parteien 1.) Hubert D*****, und 2.) V***** Versicherungs AG, *****, beide vertreten durch Dr. Herbert Handl, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen EUR 4.738,27 (= S 65.200) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 22. November 2000, GZ 17 R 187/00x-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 18. April 2000, GZ 4 C 129/99a-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 259,70 (darin enthalten EUR 43,28 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a ZPO) liegen Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht vor. Die vom Berufungsgericht gewünschte Klarstellung, ob es - in Anbetracht des Grundsatzes, dass die Vorrangbestimmungen die Wahrnehmbarkeit des anderen Fahrzeuges voraussetzen -, bei der Frage der Vorrangverletzung auf den Zeitpunkt des Einfahrens bei schlechter Sicht oder jenen ankomme, zu dem erstmals vollkommene Sicht auf die bevorrangte Fahrbahn besteht, ist in der Rechtsprechung bereits erfolgt.Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (Paragraph 508 a, ZPO) liegen Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht vor. Die vom Berufungsgericht gewünschte Klarstellung, ob es - in Anbetracht des Grundsatzes, dass die Vorrangbestimmungen die Wahrnehmbarkeit des anderen Fahrzeuges voraussetzen -, bei der Frage der Vorrangverletzung auf den Zeitpunkt des Einfahrens bei schlechter Sicht oder jenen ankomme, zu dem erstmals vollkommene Sicht auf die bevorrangte Fahrbahn besteht, ist in der Rechtsprechung bereits erfolgt.
Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, setzen die Vorrangbestimmungen die - objektive - Wahrnehmbarkeit des anderen Verkehrsteilnehmers grundsätzlich voraus (RIS-Justiz RS0074837 mwN) Dies gilt aber nur für den Fall, dass es dem Wartepflichtigen auch bei gehöriger Vorsicht und Aufmerksamkeit nicht möglich ist, das andere Fahrzeug wahrzunehmen (2 Ob 240/78) und dann nicht, wenn das Nichtwahrnehmen auf ein Fehlverhalten des Wartepflichtigen zurückzuführen ist (2 Ob 150/79).
Ebenfalls wurde bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass durch die Bestimmung des § 19 Abs 7 StVO sichergestellt werden soll, dass der Wartepflichtige nicht nur durch den Beginn seines die Fahrweise des Vorrangberechtigten allenfalls beeinträchtigenden Fahrmanövers (Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen) sondern durch die Durchführung dieses Fahrmanövers bis zu seiner Beendigung den Vorrangberechtigten nicht in der in dieser Gesetzesstelle dargestellten Weise behindern, also zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigen darf (RIS-Justiz RS0074800), wobei entscheidend ist, ob der Vorrangberechtigte durch das gesamte Einbiegemanöver des im Nachrang Befindlichen behindert wurde (2 Ob 28/80). Damit ist die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage bereits in dem Sinne beantwortet, dass der wartepflichtige Kläger nicht nur zu Beginn, sondern auch im Zuge seines Einbiegemanövers den Vorrang des Erstbeklagten zu beachten hatte.Ebenfalls wurde bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass durch die Bestimmung des Paragraph 19, Absatz 7, StVO sichergestellt werden soll, dass der Wartepflichtige nicht nur durch den Beginn seines die Fahrweise des Vorrangberechtigten allenfalls beeinträchtigenden Fahrmanövers (Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen) sondern durch die Durchführung dieses Fahrmanövers bis zu seiner Beendigung den Vorrangberechtigten nicht in der in dieser Gesetzesstelle dargestellten Weise behindern, also zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigen darf (RIS-Justiz RS0074800), wobei entscheidend ist, ob der Vorrangberechtigte durch das gesamte Einbiegemanöver des im Nachrang Befindlichen behindert wurde (2 Ob 28/80). Damit ist die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage bereits in dem Sinne beantwortet, dass der wartepflichtige Kläger nicht nur zu Beginn, sondern auch im Zuge seines Einbiegemanövers den Vorrang des Erstbeklagten zu beachten hatte.
Die zweite als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltes ausdrücklich erhoben werden müsse, ist nach den Grundsätzen der Behauptungs- und Beweislast zu beurteilen, wonach jede Partei die für die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm erforderlichen Tatsachen zu behaupten hat (Rechberger in ZPO2 Vor § 266 Rz 7 vgl 2 Ob 61/98d). Wie aber ein derartiges Parteivorbringen im Einzelfall zu verstehen ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042828).Die zweite als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltes ausdrücklich erhoben werden müsse, ist nach den Grundsätzen der Behauptungs- und Beweislast zu beurteilen, wonach jede Partei die für die Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm erforderlichen Tatsachen zu behaupten hat (Rechberger in ZPO2 Vor Paragraph 266, Rz 7 vergleiche 2 Ob 61/98d). Wie aber ein derartiges Parteivorbringen im Einzelfall zu verstehen ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042828).
Auch in der Revision werden erhebliche Rechtsfragen nicht aufgezeigt. So besteht umfangreiche Judikatur zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein wartepflichtiger Kraftfahrer in eine Kreuzung bei ungünstigen Sichtverhältnissen "vortastend" einfahren darf, wobei bereits hervorgehoben wurde, dass diese Vorsichtsmaßnahme nicht nur beim Einfahren in eine vom Wartepflichtigen vorerst nicht einsehbare Verkehrsfläche einzuhalten ist, sondern auch dann, wenn die Fahrbahn der bevorrangten Straße nicht in jenem Ausmaß überblicket werden kann, das erforderlich ist, um mit Sicherheit beurteilen zu können, dass durch das Einfahren in die bevorrangte Verkehrsfläche keine Fahrzeuge, die dort herankommen könnten, behindert werden (ZVR 1999/22; RIS-Justiz RS0074932; RS0074791). Die in der Revision gewünschte "verallgemeinerungsfähige Richtlinie", unter welchen Umständen die Sicht für den Wartepflichtigen "sehr schlecht" ist und ein äußerst langsames, etappenweises Einfahren in die bevorrangte Verkehrsfläche gebietet, kann aber in dieser Allgemeinheit nicht erfolgen und ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung liegt daher nicht vor.
Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, der Erstbeklagte habe gegen die Vorschrift des § 16 Abs 1 lit a StVO verstoßen, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nicht zum Tragen kommt, weil nach den Feststellungen für den Erstbeklagten ausreichend Platz zum Überholen vorhanden war und ein allfälliger Gegenverkehr nicht behindert wurde. Die Norm des § 16 Abs 2 lit c StVO dient aber nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 1963/57 mit der weiteren in RIS-Justiz RS0074174 dokumentierten Entscheidungskette, zuletzt ZVR 2002/3) dem Schutz des von rechts kommenden Querverkehrs und nicht der Sicherung eines von links kommenden (wartepflichtigen) Verkehrsteilnehmers (ZVR 1991/128). Auch hier liegt daher eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor.Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, der Erstbeklagte habe gegen die Vorschrift des Paragraph 16, Absatz eins, Litera a, StVO verstoßen, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nicht zum Tragen kommt, weil nach den Feststellungen für den Erstbeklagten ausreichend Platz zum Überholen vorhanden war und ein allfälliger Gegenverkehr nicht behindert wurde. Die Norm des Paragraph 16, Absatz 2, Litera c, StVO dient aber nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 1963/57 mit der weiteren in RIS-Justiz RS0074174 dokumentierten Entscheidungskette, zuletzt ZVR 2002/3) dem Schutz des von rechts kommenden Querverkehrs und nicht der Sicherung eines von links kommenden (wartepflichtigen) Verkehrsteilnehmers (ZVR 1991/128). Auch hier liegt daher eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor.
Der Kläger war auf Grund des Vorschriftszeichen "Vorrang geben" nach § 52 Z 23 StVO wartepflichtig und hat durch sein - wenn auch langsames - Fahren bis zur Kollision objektiv den Vorrang des Erstbeklagten verletzte. Es wäre daher im Sinne der ständigen Rechtsprechung (ZVR 1999/99 uva) an ihm gelegen, zu behaupten und nachzuweisen, dass ihm diese objektive Übertretung nicht als schutzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist und ihn an der Übertretung des Schutzgesetzes keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden trifft. Diesen Nachweis konnte der Kläger schon deshalb nicht erbringen, weil er seiner eigenen Aussage zufolge (AS 33) das Fahrzeug des Erstbeklagten vor der Kollision überhaupt nicht gesehen und es erstmals durch den Kollisionsanstoß wahrgenommen hat, obwohl ihm dies im Zuge des Einbiegemanövers objektiv möglich gewesen wäre. Der Kläger kann sich daher durch die Entscheidungen der Vorinstanzen auch bezüglich der Verschuldensteilung nicht beschwert erachten (vgl ZVR 1980/262).Der Kläger war auf Grund des Vorschriftszeichen "Vorrang geben" nach Paragraph 52, Ziffer 23, StVO wartepflichtig und hat durch sein - wenn auch langsames - Fahren bis zur Kollision objektiv den Vorrang des Erstbeklagten verletzte. Es wäre daher im Sinne der ständigen Rechtsprechung (ZVR 1999/99 uva) an ihm gelegen, zu behaupten und nachzuweisen, dass ihm diese objektive Übertretung nicht als schutzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist und ihn an der Übertretung des Schutzgesetzes keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit, also kein Verschulden trifft. Diesen Nachweis konnte der Kläger schon deshalb nicht erbringen, weil er seiner eigenen Aussage zufolge (AS 33) das Fahrzeug des Erstbeklagten vor der Kollision überhaupt nicht gesehen und es erstmals durch den Kollisionsanstoß wahrgenommen hat, obwohl ihm dies im Zuge des Einbiegemanövers objektiv möglich gewesen wäre. Der Kläger kann sich daher durch die Entscheidungen der Vorinstanzen auch bezüglich der Verschuldensteilung nicht beschwert erachten vergleiche ZVR 1980/262).
Dem Berufungsgericht kann auch nicht ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz vorgeworfen werden, ohne Beweiswiederholung eine - denkunmögliche - Feststellung des Erstgerichtes nicht übernommen hat. Durch diese Vorgangsweise wurden die Feststellungen des Erstgerichtes ausgehend von den ungerügt gebliebenen Feststellungen lediglich harmonisiert.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die beklagten Parteien auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO, weil die beklagten Parteien auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben.
Anmerkung
E66033 2Ob110.01tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00110.01T.0605.000Dokumentnummer
JJT_20020605_OGH0002_0020OB00110_01T0000_000