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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §24;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des M B, (geboren 1974), in F, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 2004, Zl. 138.457/2-III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 30. März 2004 wurde der vom Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, am 20. September 2002 gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zur Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit gemäß §§ 14 Abs. 3, 18 Abs. 1a, 19 Abs. 1 und 22 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, abgewiesen.
Nach Wiedergabe der im Spruch genannten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer vom 5. April 2002 bis zum 24. September 2002 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Saisonarbeitskraft" gewesen sei und durch seinen Rechtsvertreter am 20. September 2002 den besagten Antrag eingebracht habe. Nach der FrG -Novelle 2002 dürften quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur mehr an Schlüsselkräfte erteilt werden. Deshalb habe die Erstbehörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices für Tirol übermittelt und um Erstellung eines Gutachtens für selbständig Erwerbstätige gemäß den Kriterien des § 24 AuslBG ersucht.
Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices von Tirol habe in ihrem Gutachten vom 10. April 2003 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 24 AuslBG zu qualifizieren sei. In der Folge habe die Erstbehörde den besagten Antrag gemäß § 89 Abs. 1a FrG abgewiesen.
Im Berufungsverfahren sei von der belangten Behörde festgestellt worden, dass die Berufung nach den im Spruch genannten gesetzlichen Regelungen abzuweisen wäre. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Jänner 2004 zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden.
Aus der schlüssigen Darstellung der vom Beschwerdeführer beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit im besagten Gutachten ergebe sich, dass die beabsichtigte Tätigkeit nicht als die einer selbständigen Schlüsselkraft einzustufen sei. Der Beschwerdeführer sei seit 29. August 2002 Kommanditist der Gesellschaft "G KEG" in F etabliert und mit 41 % am Vermögen und Erfolg der Gesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft sei "Inhaberin eines freien Gewerbes, konkret des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994". Die Gesellschaft betreibe zwei Imbissstände an zwei verschiedenen Standorten in Pacht und habe einen Angestellten. Investitionen seien nicht getätigt worden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen iSd § 24 AuslBG von einem Kleinbetrieb dieser Art erfüllt würden. Auch ein mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers verbundener Transfer von Investitionskapital liege nicht vor. Damit könne von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers auf dem Boden des § 24 AuslBG nicht gesprochen werden.
Demgegenüber stehe in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 19. Februar 2004, in der er seine beabsichtigte selbständige Tätigkeit darzustellen versucht und angegeben habe, dass von seiner Gesellschaft im Wirtschaftsjahr 2003 ein beträchtlicher Überschuss erzielt worden sei und dass im letzten Jahr zwei neue Betriebsstätten eröffnet worden seien. Weiters habe der Beschwerdeführer in dieser Stellungnahme angegeben, dass beabsichtigt sei, weiter zu expandieren und weitere Betriebsstätten zu eröffnen, wofür Transferzahlungen aus der Türkei eingehen würden. Daraus würde sich ein gesamtwirtschaftliches Interesse ableiten und es könnten neue Arbeitsplätze an neuen Standorten geschaffen werden.
Auch nach dieser Stellungnahme könne die vom Beschwerdeführer angestrebte Tätigkeit nicht als die einer Schlüsselkraft angesehen werden. Als Schlüsselkräfte würden Fremde gelten, die über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügten. Zusätzlich müsste mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Die beabsichtigte Beschäftigung habe eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt, oder die beabsichtigte Beschäftigung trage zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei, oder der Fremde übe einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebs (Führungskraft) aus, oder die beabsichtigte Beschäftigung habe einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge.
Aus den vorgelegten Unterlagen sei herauszulesen, dass der Beschwerdeführer seit 29. August 2002 Kommanditist der genannten Gesellschaft und mit 41 % am Vermögen und Erfolg der Gesellschaft beteiligt sei. Zwar sei in der besagten Stellungnahme die Eröffnung von neuen Betriebsstätten, die beabsichtigte Expansion der Gesellschaft sowie der Kapitaltransfer von der Türkei nach Österreich und die Schaffung von Arbeitsplätzen angeführt worden, es seien aber seitens des Beschwerdeführers weder konkrete Unterlagen noch ein Unternehmenskonzept diesbezüglich vorgelegt worden, noch sei in irgendeiner Weise ersichtlich, welchen Einfluss der Beschwerdeführer auf dieses beabsichtigte Vorhaben ausüben könnte. Die belangte Behörde könne in der vom Beschwerdeführer beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit keinen gesamtwirtschaftlichen Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG erkennen. Es sei (wie erwähnt) bisher kein Transfer von Investitionskapital nach Österreich sowie keine Schaffung von Arbeitsplätzen erfolgt, eine qualifizierte Leistung durch den Beschwerdeführer könne ebenfalls nicht erkannt werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0525) ergibt sich aus § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine - beabsichtigte - selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, dass ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist. Dieser Impuls muss jedenfalls durch die selbständige Tätigkeit des Fremden bewirkt werden. Dies bedeutet, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden müssen.
2.1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, dass sich aus den von ihm der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen zweifelsfrei ergebe, dass die G KEG allein im letzten Jahr zwei neue Betriebsstätten eröffnet habe und auch die Expansionspläne der Geschäftsleitung, auf welche der Beschwerdeführer maßgeblichen Einfluss ausübe, vorgebracht worden seien. Trotz der Argumente in der Berufung sowie in der besagten Stellungnahme werde im angefochtenen Bescheid nicht gesondert auf das Parteienvorbringen eingegangen. Vielmehr fuße der angefochtene Bescheid auf dem besagten Gutachten vom 10. April 2003, das aus den üblicherweise für die Ausstellung negativer Bescheide bestehenden Stereotypen von im Computer gespeicherten Textbausteinen bestehe, ohne dass hier auf die Argumente hinsichtlich der Qualifikation des Beschwerdeführers und des Vorliegens des gesamtwirtschaftlichen Interesses speziell eingegangen worden sei. Der Beschwerdeführer übe maßgeblichen Einfluss auf die G KEG aus, jede unternehmensstrategische Entscheidung werde von ihm (mit)getroffen. Die beabsichtigte Tätigkeit werde zur Sicherung der Arbeitsplätze der Geschäftspartner des Unternehmens sowie auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in dem Unternehmen beitragen und mit Transferzahlungen verbunden sein. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der beabsichtigten Tätigkeit sei wegen seiner besonderen Ausbildung, seiner speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten mit entsprechenden Erfahrungen von gesamtwirtschaftlichem Interesse.
2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er Kommanditist der in Rede stehenden Gesellschaft und diese Gesellschaft im Bereich des Gastgewerbes tätig ist. In dem - der im Verwaltungsverfahren erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 14. Februar 2004 beigeschlossenen - Schreiben des Wirtschaftstreuhänders und Steuerberaters, der seit dem 1. Oktober 2002 die Ein- und Ausgabenrechnung für diese erstellt, wird ausgeführt, dass diese seit Jänner 2004 bereits ihre dritte Betriebsstätte führe, sodass nunmehr Einnahmen aus drei Betriebsstätten erzielt würden. Der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten habe für das Jahr 2003 EUR 19.402,-- betragen, im Jahr 2002 habe sich dieser Überschuss auf EUR 9.000,--
belaufen.
Diese Umstände vermögen aber an der im angesprochenen Gutachten des Arbeitsmarktservice gezogenen Schlussfolgerung, dass die genannte Gesellschaft als Kleinbetrieb die Voraussetzung der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen iSd § 24 AuslBG nicht erfülle und daher von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen der vom Beschwerdeführer beantragten Erwerbstätigkeit nicht gesprochen werden könne, schon deshalb nichts zu ändern, weil damit nicht konkret dargetan wird, ob und wie viele neue Arbeitsplätze durch die angesprochene dritte Betriebsstätte geschaffen wurden.
Ferner kann die in der genannten Stellungnahme sowie auch in der Berufung bekundete Absicht der Geschäftsleitung, im neuen Wirtschaftsjahr weiter zu expandieren und noch weitere Betriebsstätten zu eröffnen, und der dort behauptete Umstand, dann auch Investitionen aus dem Ausland zu erhalten, die Schlüssigkeit des in Rede stehenden Gutachtens nicht erschüttern, weil vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren diese Absicht bzw. diesen Umstand stützende Bescheinigungsmittel nicht vorgelegt wurden.
Es kann somit nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde ihre Beurteilung auf das besagte Gutachten stützte.
3. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich das weitere Vorbringen, die belangte Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt, als nicht zielführend.
4. Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 13. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180238.X00Im RIS seit
11.05.2007