TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/13 2007/18/0008

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Veröffentlicht am 13.03.2007
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Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §60;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des MN in W, geboren 1982, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. November 2006, Zl. SD 1477/06, betreffend Rückkehrverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. November 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, der über keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität verfüge, sei am 6. Jänner 2004 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe am darauffolgenden Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser sei mit Bescheid vom 26. Mai 2004 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen worden. Das Berufungsverfahren sei derzeit beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der Beschwerdeführer verfüge seit dem 12. Mai 2004 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz. Nur etwa zwei Wochen nach seiner illegalen Einreise sei der Beschwerdeführer bei einem Ladendiebstahl betreten worden. Es habe sich herausgestellt, dass er sich mit seiner Familie sieben Jahre lang in Deutschland aufgehalten habe. Vor ca. zwei Jahren sei er von den deutschen Behörden auf Grund mehrerer strafbarer Handlungen nach Jugoslawien abgeschoben worden. Er habe den Versuch, in einem Geschäft eine Packung Rasierklingen zu stehlen, zugegeben und sei vom Bezirksgericht Mödling wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt worden.

Am 12. Mai 2006 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 erster Fall Suchtmittelgesetz (SMG), § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten (davon fünf Monate unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Er habe in Wien Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) mit zumindest durchschnittlichem Wirkstoffgehalt (Straßenqualität) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er in der Zeit von ca. Juli 2005 bis Februar 2006 insgesamt 420 Gramm Cannabisharz verkauft habe. Am 11. März 2006 habe er 22 Stück Cannabisharz (insgesamt 24,6 Gramm netto) zum unmittelbaren Verkauf bereit gehalten. Er habe das Suchtgift in der Absicht verkauft, sich durch die wiederkehrende In-Verkehr-Setzung einer jeweils großen Menge Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Auf Grund der Verurteilungen des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 62 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Sein Gesamtfehlverhalten gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß, sodass sich (auch) die im § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme als gerechtfertigt erweise. Daran könne der Hinweis des Beschwerdeführers, dass in seinem Fall eine teilbedingte Verurteilung vorgenommen worden sei, nichts ändern, weil die Behörde die Prüfung der Frage, ob die im § 62 bzw. § 60 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, eigenständig aus dem Blickwinkel des FPG unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen betreffend die bedingte Strafnachsicht vorzunehmen habe. In einem solchen Fall könne gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn dem nicht § 66 FPG entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. In Österreich bestünden weder familiäre noch berufliche Bindungen. Seine Eltern würden in Deutschland leben. Auf Grund der Dauer seines bisherigen inländischen Aufenthaltes sei jedoch von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Die Zulässigkeit der Maßnahme sei iSd § 66 Abs. 1 FPG zu bejahen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung des Rückkehrverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit - dringend geboten. Der Beschwerdeführer sei offenbar nicht in der Lage oder nicht gewillt, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Die Verhaltensprognose könne schon in Ansehung der gewerbsmäßigen Tatbegehung und der den Suchtgiftdelikten immanenten Wiederholungsgefahr nicht positiv ausfallen. Die Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz liege noch zu kurz zurück, um auf Grund des verstrichenen Zeitraumes eine (wesentliche) Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für die besagten öffentlichen Interessen annehmen zu können. Hinsichtlich der nach § 66 Abs. 2 FPG gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Von daher gesehen hätten die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den genannten hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten. Angesichts des dargestellten Gesamtfehlverhaltens und im Hinblick auf die Art und Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten habe von der Erlassung des Rückkehrverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Der von der Erstbehörde vorgenommene unbefristete Ausspruch des Rückkehrverbotes sei gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargelegte Gesamtfehlverhalten könne - selbst unter Berücksichtigung der privaten Situation des Beschwerdeführers - ein Wegfall des für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, derzeit nicht vorhergesehen werden, zumal bei der Suchtgiftdelinquenz eine überaus große Wiederholungsgefahr bestehe.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, wegen des Suchtgiftdeliktes sei nur eine teilbedingte Verurteilung ausgesprochen worden. Diese habe nur deshalb erfolgen dürfen, weil eine "positive spezialpräventive Prognose" vorliege. Wenn Strafgerichte davon ausgingen, es wäre Gewähr dafür gegeben, dass er nicht mehr straffällig werde, so müsse dies auch für die Fremdenbehörden gelten. Überdies habe er sich der vom Strafgericht auferlegten Entzugsbehandlung unterzogen. Er stehe mit der Suchtgiftsszene nicht mehr in Kontakt. Die Erlassung eines unbefristeten Rückkehrverbotes stelle eine unverhältnismäßige und damit rechtswidrige Sanktion für sein strafrechtswidriges Verhalten dar.

1.2. Die Behörde hatte das Fehlverhalten des Fremden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen betreffend die Strafbemessung bzw. die Gewährung bedingter Strafnachsicht zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2006, Zl. 2006/18/0103, uva). Selbst eine erfolgreiche Entzugsbehandlung könnte die bei Suchtgiftdelikten gegebene Wiederholungsgefahr nicht ausschließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0504). Auch das übrige Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend den unbefristeten Ausspruch des Rückkehrverbotes ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, auf dessen zutreffende Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zu erwecken.

2. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

3. In Anbetracht dieser Erledigung erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 13. März 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180008.X00

Im RIS seit

08.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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