TE OGH 2002/6/11 1Ob122/02a

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Veröffentlicht am 11.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Bettina S*****, und 2. Mag. Friedrich S*****, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Günther H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Aufkündigung eines Bestandvertrags infolge ordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Februar 2002, GZ 2 R 609/01z-15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 28. September 2001, GZ 17 C 619/00s-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 219,87 (darin EUR 36,65 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Alleineigentümer zweier Liegenschaften vermietete dort mehrere Ferienzimmer an Urlaubsgäste, unter anderem seit 1967 auch immer wieder an den Beklagten und seine Familie, was im Verlauf der Jahre zu einem freundschaftlichen Verhältnis führte. Als der Beklagte den Wunsch nach einer dauerhaften Urlaubsunterkunft äußerte, schlug ihm der Vermieter vor, die alten Tischlereiräumlichkeiten in seinem Haus zu einer Ferienwohnung zu adaptieren, die der Beklagte dann anmieten könne. Unter Mithilfe des Beklagten und seiner Familie, die Bad und Heizung in diesem Objekt einbauen ließen, wurde dies in die Tat umgesetzt, woraufhin man schließlich überein kam, dass der Beklagte und seine damalige Ehegattin gegen einen monatlichen Mietzins die neu geschaffene Wohneinheit zu Ferienzwecken beginnend mit 1. Juni 1981 auf Lebenszeit anmieten sollten. Eine Ausdehnung des Vertragsverhältnisse auf sonstige Familienmitglieder des Beklagten wollte der Vermieter nicht zulassen. In diesem Sinne wurde folgender schriftlicher Vertrag errichtet:

"Mietvertrag für Ferienwohnung

zwischen Herrn .... (Vermieter) ....

... (dem Beklagten und dessen Ehegattin) ...

ist nachstehender Vertrag abgeschlossen worden:

Vermietet werden in dem Haus ...... 167:

2 Räume, 1 Küche, 1 Toilette mit Bad;

1 Korridor mit hinter dem Haus befindlichem Aufgang

für den Zeitraum von 1. Juni 1981 auf Lebenszeit der beiden Partner.

Die Räume sind ca 50 m2 groß und werden mit einem Mietbeitrag von S 1.000,-- pro Monat abgesprochen.

Das Stromgeld wird über den Zähler, beim Anschluß der Heizung wird diese über einen Zwischenzähler abgerechnet. Wassergeld wird nicht erhoben.

Die eingebaute Gegenstände bleiben Eigentum des Mieters und werden bei Aufgabe der Wohnung in Anrechnung gebracht (Heizung und sanitäre Anlagen) ...."

Mit Kaufvertrag vom 30. 10. 1989 verkaufte der Vermieter seine erwähnten Liegenschaften an den Vater der Erstklägerin (und Schwiegervater des Zweitklägers). Unter Punkt V. dieses Kaufvertrages wurde festgehalten:

".... Im Haus ... 167 hat Herr ... (Beklagter) ..., auf Lebenszeit an der Ferienwohnung, deren Größe und Lage dem Käufer bekannt ist, ein Wohnrecht. Der Käufer erklärt ausdrücklich, in die bestehenden Verträge einzutreten."

Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 3. 7. 1990 schenkte der Käufer diese Liegenschaften den Klägern. Im Vertrag lautet es unter anderem:

"....

2) Übergabe und Übernahme erfolgen in den bestehenden Rechten und Grenzen, ohne Haftung des Geschenkgebers für einen bestimmten Bau- oder Kulturzustand oder eine andere bestimmte Eigenschaft, jedoch leistet er dafür Gewähr, dass die Liegenschaft vollkommen hypothekenfrei ist, mit Ausnahme jener Hypothek, für welche die Eheleute ... (die Kläger) ... bereits Personalschuldner sind.

3) Wag und Gefahr, Besitz und Genuß der Vertragsliegenschaften gehen mit dem Tag der Annahme dieses Angebotes auf die Geschenknehmer über und übernehmen diese von da an alle hievon zu entrichtenden Steuern, Umlagen und öffentlichen Abgaben ...."

Bei Unterfertigung des Schenkungsvertrags waren den Klägern die Vertragsbestimmungen des Kaufvertrags vom 30. 10. 1989 bekannt; sie hatten allerdings kein besonderes Augenmerk auf dessen Punkt V. gelegt und diesen auch mit keinem der Kaufvertragspartner erörtert. Nach Erhalt aller Unterlagen erkundigten sich die Kläger beim Verkäufer über das Benutzungsrecht des Beklagten und wurden auf den schriftlichen Vertrag verwiesen. In der Folge versuchten sie, den Beklagten zu einer Auflösung des Vertragsverhältnisses zu bewegen, wurden jedoch mehrfach vertröstet, und im Zuge einer im Jahre 1999 geführten Korrespondenz wurde ihnen schließlich deren Standpunkt mitgeteilt, dass jedenfalls ein gültiges und aufrechtes Mietverhältnis bestehe, dessen vorzeitige Auflösung nicht zulässig sei.

Die Kläger kündigten nun den Bestandvertrag zum 31. 3. 2001 gerichtlich auf und beriefen sich darauf, dass sie gemäß § 1120 ABGB berechtigt seien, das nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegende Bestandverhältnis nach den allgemeinen Kündigungsvorschriften des ABGB aufzukündigen.

Der Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen ein, dass der damalige Vermieter beim Verkauf der Liegenschaft im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart habe, dass der Beklagte an der Ferienwohnung ein Wohnrecht auf Lebenszeit habe; der Käufer habe im Kaufvertrag ausdrücklich erklärt, in den bestehenden Vertrag einzutreten. Auch die Kläger hätten die Verpflichtung übernommen, dem Beklagten die Wohnung auf Lebenszeit zu überlassen. Sollte kein Wohnrecht vorliegen, so seien die Kläger dennoch an die Dauer des Mietrechts des Beklagten auf Lebenszeit gebunden, weil sie die entsprechende Verpflichtung ausdrücklich übernommen hätten.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam und verurteilte den Beklagten zur Räumung der Wohnung. Es könne nicht festgestellt werden, dass zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien Gespräche über die Einräumung eines lebenslangen obligatorischen Wohnungsrechts zugunsten des Beklagten geführt worden seien. Es sei auch nicht erweislich, dass später in Bezug auf die Rechtsnatur dieses Vertrags von einem Mietvertrag abweichende Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Beklagte habe jedenfalls seit jeher den monatlichen Mietzins von S 1.000,-- und die vereinbarten Unkosten beglichen. Gemäß § 1120 ABGB habe das nicht in den Anwendungsbereich des MRG fallende Bestandverhältnis durch die Veräußerung der Bestandsache insoweit eine Veränderung erfahren, als es ohne Rücksicht auf abweichende Vertragsbestimmungen in ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Dauer mit gesetzlicher Kündigungsfrist umgewandelt worden sei. Die Kläger seien daher nicht mehr an die vereinbarte Befristung gebunden, sondern hätten das Bestandverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aufkündigen dürfen. Dass die Kläger alle Vertragsbedingungen unverändert übernommen hätten, ergebe sich aus dem Schenkungsvertrag, auf dem ihr Eigentumserwerb beruhe, nicht. Aus der Formulierung, die Übergabe erfolge "in den bestehenden Rechten und Grenzen", könne eine Überbindung der Befristungsvereinbarung nicht abgeleitet werden, zumal von einer Übernahme bestehender Pflichten nicht die Rede sei. Auch das nachfolgende Verhalten der Kläger lasse solche Rückschlüsse nicht zu.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung und der Abweisung des Räumungsbegehrens ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Durch den Eigentumsübergang vom seinerzeitigen Vermieter auf den Käufer hätten die Rechte des Beklagten keine Beschränkung erfahren, weil der Vertrag vom 28. 10. 1980 dem Käufer ausdrücklich überbunden worden sei. Auch wenn sich eine ausdrückliche Regelung über eine Vertragsübernahme anlässlich des Eigentumserwerbs der Kläger im Schenkungsvertrag vom 3. 7. 1990 nicht finde, sei der Auffassung des Erstgerichts, eine solche Vertragsübernahme habe nicht stattgefunden, nicht zu folgen; derartige Vereinbarungen könnten iSd § 863 ABGB auch stillschweigend getroffen werden. Auch die Folgerung des Erstgerichts aus der Formulierung, den Klägern sei mit dem Schenkungsvertrag die Liegenschaft "in den bestehenden Rechten und Grenzen", aber ohne Erwähnung der Pflichten und damit auch ohne Rücksicht auf die besonderen Rechte des Beklagten übertragen worden, könne nicht überzeugen. Bei der Auslegung dieser Vereinbarung, bei der es auch auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ankomme, falle ins Gewicht, dass den Klägern unstrittig die Vertragsbestimmungen von Punkt V. des Kaufvertrags bekannt gewesen seien und die Kläger demnach gewusst hätten, dass dem Beklagten Rechte an der Ferienwohnung zustanden. Zu den "bestehenden Rechten und Grenzen" gehöre aber wohl auch das Nutzungsrecht des Beklagten. Wäre es in der Absicht der Kläger und ihres Geschenkgebers gelegen, der erwähnten Vertragsklausel eine besondere Bedeutung im Sinne einer Beschneidung der ihnen bekannten Rechte des Beklagten beizumessen, müssten ihnen geradezu unlautere Motive und dem Geschenkgeber zudem unterstellt werden, dass er sich allenfalls mutwillig Schadenersatzansprüchen iSd § 1120 ABGB habe aussetzen wollen. Da eine solche Unlauterkeit aber nicht unterstellt werden solle, sei die Übergabe und Übernahme einer Liegenschaft "in den bestehenden Rechten und Grenzen" im Sinne der im redlichen Verkehr geltenden Gebräuche auch als Übernahme einer bekannten Belastung zu verstehen, wenn dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen werde. Dem stehe keineswegs entgegen, dass sich die Kläger "in der Folge" um eine einvernehmliche Beendigung des Rechtsverhältnisses bemüht hätten; zwischen dem Erwerb der Liegenschaft durch die Schenkung und der Einbringung der Aufkündigung liege immerhin ein Zeitraum von annähernd 10 Jahren, in denen die Kläger die monatlichen Zahlungen des Beklagten angenommen hätten.

Da auch § 1120 ABGB einer ausdrücklichen oder schlüssigen abweichenden Regelung (gemeint: im Sinne einer vollständigen Vertragsübernahme einschließlich der vereinbarten Befristung) nicht entgegenstehe, sei es ohne Bedeutung, ob das Nutzungsrecht des Beklagten auf einem Mietrecht oder ungeachtet der Bezeichnung im Vertrag in Wahrheit auf einem obligatorischen Wohnungsrecht beruhe; in beiden Fällen werde die auf eine Unkündbarkeit des Vertragsverhältnisses gerichtete Absicht der Vertragspartner deutlich. Wenn auch nach den Feststellungen des Erstgerichts der eigentliche Parteiwille nicht geklärt sei, spreche die Auslegung angesichts der lebenslangen Rechtseinräumung unter den besonderen Umständen wohl für die Annahme eines obligatorischen Wohnungsrechts, was eine gerichtliche Aufkündigung, die einen Bestandvertrag voraussetze, ausschließe.

Die dagegen von den Klägern erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu der vom Berufungsgericht erörterten Unterscheidung zwischen einem lebenslangen Bestandrecht und einem "lebenslangen, entgeltlichen obligatorischen Wohnungsrecht" ist festzuhalten, dass mit dem zuletzt erwähnten Begriff offenbar die Vereinbarung eines höchstpersönlichen Wohnrechts gemeint sein soll. Für ein derartiges Verständnis der als "Mietvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 28. 10. 1980, auf das sich auch der Beklagte niemals konkret berufen hat, haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Vielmehr hat der Beklagte in seiner Parteienaussage selbst bekundet, Sinn des Mietvertrags sollte sein, dass er und seine Frau sowie "unsere Familie" dort jederzeit wohnen könnten. Die Ferienwohnung habe von Anfang an das Urlaubsdomizil für die ganze Familie sein sollen; außer ihm hätten auch die (erwachsenen) Kinder dort Urlaub gemacht.

Schon aus den aufgezeigten Gründen besteht daher keine Veranlassung, der als "Mietvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 28. 10. 1980 entgegen ihrem Wortlaut einen anderen Inhalt beizumessen als dem eines Mietvertrags auf Lebenszeit der Mieter. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass sich eine allenfalls von den Klägern schlüssig erklärte Vertragsübernahme nur auf jenen Inhalt des (schriftlichen) Mietvertrags beziehen kann, der sich einem Außenstehenden bei vernünftigem Verständnis des Textes erschließt. Es kann den Klägern keinesfalls im Rahmen des § 863 ABGB unterstellt werden, sie hätten ihr Einverständnis zu den vom klaren Wortlaut der Vertragsurkunde abweichenden historischen Vorstellungen der seinerzeitigen Vertragsparteien - mit den für sie unabsehbaren Folgen - erklärt. An etwaige über den Urkundentext hinausgehende oder von diesem abweichende Abreden sind die Kläger daher auch dann nicht gebunden, wenn von ihrem grundsätzlichen Einverständnis auszugehen wäre, in den bestehenden Mietvertrag einzutreten, der schon von ihrem Rechtsvorgänger (Schenker) durch die Vereinbarung mit dem ursprünglichen Vermieter anlässlich des Kaufs der Liegenschaft übernommen worden war.

Auf die ursprünglich aufgestellte Prozessbehauptung, die Kläger hätten die Verpflichtungen des Vermieters aus dem Mietvertrag "ausdrücklich" übernommen, kommt der Beklagte (richtiger Weise) nicht mehr zurück. Auch das Berufungsgericht hat lediglich geprüft, ob eine - über die Rechtsfolgen des § 1120 ABGB hinausreichende - schlüssige Vertragsübernahme durch die nunmehrigen Liegenschaftseigentümer anzunehmen sei. Da auch der erkennende Senat diese Frage im Ergebnis bejaht, kann dahingestellt bleiben, ob die in Lehre und Rechtsprechung entwickelte Formel, die Bestimmung des § 1120 ABGB führe dazu, dass der Liegenschaftserwerber in das bestehende Bestandverhältnis eintritt, das sich lediglich insoweit verändere, als es sich in ein solches von unbestimmter Dauer mit gesetzlichen Kündigungsfristen zu den gesetzlichen Terminen verwandle (siehe dazu nur die Nachweise bei Würth in Rummel3 I Rz 5 zu § 1120 ABGB), in dieser Allgemeinheit aufrecht zu erhalten ist. Die gesetzliche Formulierung, der Bestandnehmer müsse "nach der gehörigen Aufkündigung" dem neuen Besitzer weichen, stellt jedenfalls klar, dass das Bestandverhältnis auf den Erwerber übergeht, dem allerdings - ungeachtet einer mit dem Veräußerer vereinbarten abweichenden Befristung - das Recht zur Kündigung zusteht; der dadurch allenfalls geschädigte Bestandnehmer ist auf Schadenersatzansprüche gegenüber seinem Vertragspartner (= Veräußerer) verwiesen. Die gesetzliche Regelung soll es dem Erwerber somit ermöglichen, das Bestandverhältnis frühestens zum nächsten gesetzlichen Kündigungstermin zu beenden, sofern er - was einem keineswegs untypischen Fall entspricht - das Bestandobjekt selbst nutzen oder anderweitig verwerten will. Macht der Veräußerer hingegen von seiner Kündigungsmöglichkeit in zeitlicher Nähe zum Erwerbszeitpunkt keinen Gebrauch, so könnte durchaus in Frage gestellt werden, ob der Gesetzeszweck auch eine Jahre später erfolgende Kündigung durch den nunmehrigen Vermieter - aber allenfalls auch durch den Mieter (vgl nur MietSlg 28.171, WoBl 1995/5) - trägt (s dazu nur die Kritik von P. Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten 185 f; Karollus, ÖBA 1991, 171 und Holzner, JBl 1994, 597, der sich auch Binder in Schwimann2, Rz 42 zu § 1120 ABGB anschließt). Dieser befindet sich dann typischerweise in keiner wesentlich anderen Situation als ein Vermieter, der auch ohne Veräußerung möglicherweise aufgrund geänderter Umstände den Vertrag vorzeitig beendigen möchte, daran aber aufgrund der vereinbarten Befristung gehindert ist. Vor allem erscheint aber eine längere Zeit - unter Umständen mehrere Jahrzehnte - andauernde Rechtsunsicherheit nicht nur für den Mieter, sondern auch für den Veräußerer (oder dessen Erben) problematisch, der auf unabsehbare Zeit mit Schadenersatzansprüchen iSd § 1220 Abs 1 zweiter Satz ABGB rechnen müsste.Auf die ursprünglich aufgestellte Prozessbehauptung, die Kläger hätten die Verpflichtungen des Vermieters aus dem Mietvertrag "ausdrücklich" übernommen, kommt der Beklagte (richtiger Weise) nicht mehr zurück. Auch das Berufungsgericht hat lediglich geprüft, ob eine - über die Rechtsfolgen des § 1120 ABGB hinausreichende - schlüssige Vertragsübernahme durch die nunmehrigen Liegenschaftseigentümer anzunehmen sei. Da auch der erkennende Senat diese Frage im Ergebnis bejaht, kann dahingestellt bleiben, ob die in Lehre und Rechtsprechung entwickelte Formel, die Bestimmung des § 1120 ABGB führe dazu, dass der Liegenschaftserwerber in das bestehende Bestandverhältnis eintritt, das sich lediglich insoweit verändere, als es sich in ein solches von unbestimmter Dauer mit gesetzlichen Kündigungsfristen zu den gesetzlichen Terminen verwandle (siehe dazu nur die Nachweise bei Würth in Rummel3 I Rz 5 zu § 1120 ABGB), in dieser Allgemeinheit aufrecht zu erhalten ist. Die gesetzliche Formulierung, der Bestandnehmer müsse "nach der gehörigen Aufkündigung" dem neuen Besitzer weichen, stellt jedenfalls klar, dass das Bestandverhältnis auf den Erwerber übergeht, dem allerdings - ungeachtet einer mit dem Veräußerer vereinbarten abweichenden Befristung - das Recht zur Kündigung zusteht; der dadurch allenfalls geschädigte Bestandnehmer ist auf Schadenersatzansprüche gegenüber seinem Vertragspartner (= Veräußerer) verwiesen. Die gesetzliche Regelung soll es dem Erwerber somit ermöglichen, das Bestandverhältnis frühestens zum nächsten gesetzlichen Kündigungstermin zu beenden, sofern er - was einem keineswegs untypischen Fall entspricht - das Bestandobjekt selbst nutzen oder anderweitig verwerten will. Macht der Veräußerer hingegen von seiner Kündigungsmöglichkeit in zeitlicher Nähe zum Erwerbszeitpunkt keinen Gebrauch, so könnte durchaus in Frage gestellt werden, ob der Gesetzeszweck auch eine Jahre später erfolgende Kündigung durch den nunmehrigen Vermieter - aber allenfalls auch durch den Mieter vergleiche nur MietSlg 28.171, WoBl 1995/5) - trägt (s dazu nur die Kritik von P. Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten 185 f; Karollus, ÖBA 1991, 171 und Holzner, JBl 1994, 597, der sich auch Binder in Schwimann2, Rz 42 zu § 1120 ABGB anschließt). Dieser befindet sich dann typischerweise in keiner wesentlich anderen Situation als ein Vermieter, der auch ohne Veräußerung möglicherweise aufgrund geänderter Umstände den Vertrag vorzeitig beendigen möchte, daran aber aufgrund der vereinbarten Befristung gehindert ist. Vor allem erscheint aber eine längere Zeit - unter Umständen mehrere Jahrzehnte - andauernde Rechtsunsicherheit nicht nur für den Mieter, sondern auch für den Veräußerer (oder dessen Erben) problematisch, der auf unabsehbare Zeit mit Schadenersatzansprüchen iSd § 1220 Abs 1 zweiter Satz ABGB rechnen müsste.

Im vorliegenden Fall ist aber ohnehin der Eintritt der Kläger in den Vertrag im Sinne eines "Volleintritts" durch Übernahme des gesamten Vertrags unter Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses auch in Ansehung von Dauer und Kündigungsfrist (vgl dazu etwa SZ 33/96, WoBl 1992/159 = MietSlg 54.201 ua) anzunehmen. Den Klägern waren bei Unterfertigung des Schenkungsvertrags die Vertragsbestimmungen des Kaufvertrags zwischen dem ursprünglichen Vermieter und dem Geschenkgeber bekannt, in denen unter Punkt V. festgehalten wurde, dass der Geschenkgeber als Käufer unter anderem in den bestehenden Vertrag mit dem Beklagten eintritt, der ihm auf Lebenszeit ein Wohnrecht an der Ferienwohnung einräumt. Allein aus der Regelung in einem Vertrag, dass die Erwerber die Liegenschaft in den "bestehenden Rechten und Grenzen" übernehmen, kann der schlüssige Eintritt in einen bestehenden Bestandvertrag idR freilich für sich noch nicht abgeleitet werden, auch wenn es durchaus denkbar erscheint, den Hinweis auf die "bestehenden Rechte" auch im Sinne einer allfälligen Beschränkung durch das Bestehen (offensichtliche oder zumindest offengelegter) obligatorischer Verbindlichkeiten zu verstehen. In Ermangelung eines festgestellten übereinstimmenden Willens der Parteien des Schenkungsvertrags könnte nämlich auch eine bloße formularmäßige Floskel vorliegen, die primär auf dingliche Rechte zu beziehen wäre; nichts anderes würde im Übrigen für die vom Berufungsgericht angeführte Klausel ("Rechte und Pflichten") gelten, die ebenfalls in erster Linie nach den übereinstimmenden Vorstellungen der konkreten Vertragsparteien auszulegen wäre. Im Falle einer - wie hier - unentgeltlichen Eigentumsübertragung ist allerdings die Zweifelsregel des § 914 ABGB zu beachten. Gerade weil den Erwerbern der Inhalt des vorangegangenen Kaufvertrags - und damit das Bestehen eines "Wohnrechts" des Beklagten - bekannt war, durften sie nicht annehmen, dass der Schenker sich durch Übergehung des diesem zugrundeliegenden Vertrags und in (bewusster) Verletzung seiner Pflichten zur weiteren Gebrauchsüberlassung auf Lebenszeit des Beklagten Schadenersatzpflichten aussetzen wolle, nur um den Klägern auch insoweit "unbelastetes" Eigentum zu verschaffen. Mangels abweichender besonderer Abreden hatten die Kläger somit durchaus Anlass, die fragliche Vertragsklausel im Sinne einer Übernahme der Liegenschaft mit der "Belastung" durch die Rechte des Beklagten aus dem Mietvertrag vom 28. 10. 1980 zu verstehen.Im vorliegenden Fall ist aber ohnehin der Eintritt der Kläger in den Vertrag im Sinne eines "Volleintritts" durch Übernahme des gesamten Vertrags unter Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses auch in Ansehung von Dauer und Kündigungsfrist vergleiche dazu etwa SZ 33/96, WoBl 1992/159 = MietSlg 54.201 ua) anzunehmen. Den Klägern waren bei Unterfertigung des Schenkungsvertrags die Vertragsbestimmungen des Kaufvertrags zwischen dem ursprünglichen Vermieter und dem Geschenkgeber bekannt, in denen unter Punkt V. festgehalten wurde, dass der Geschenkgeber als Käufer unter anderem in den bestehenden Vertrag mit dem Beklagten eintritt, der ihm auf Lebenszeit ein Wohnrecht an der Ferienwohnung einräumt. Allein aus der Regelung in einem Vertrag, dass die Erwerber die Liegenschaft in den "bestehenden Rechten und Grenzen" übernehmen, kann der schlüssige Eintritt in einen bestehenden Bestandvertrag idR freilich für sich noch nicht abgeleitet werden, auch wenn es durchaus denkbar erscheint, den Hinweis auf die "bestehenden Rechte" auch im Sinne einer allfälligen Beschränkung durch das Bestehen (offensichtliche oder zumindest offengelegter) obligatorischer Verbindlichkeiten zu verstehen. In Ermangelung eines festgestellten übereinstimmenden Willens der Parteien des Schenkungsvertrags könnte nämlich auch eine bloße formularmäßige Floskel vorliegen, die primär auf dingliche Rechte zu beziehen wäre; nichts anderes würde im Übrigen für die vom Berufungsgericht angeführte Klausel ("Rechte und Pflichten") gelten, die ebenfalls in erster Linie nach den übereinstimmenden Vorstellungen der konkreten Vertragsparteien auszulegen wäre. Im Falle einer - wie hier - unentgeltlichen Eigentumsübertragung ist allerdings die Zweifelsregel des § 914 ABGB zu beachten. Gerade weil den Erwerbern der Inhalt des vorangegangenen Kaufvertrags - und damit das Bestehen eines "Wohnrechts" des Beklagten - bekannt war, durften sie nicht annehmen, dass der Schenker sich durch Übergehung des diesem zugrundeliegenden Vertrags und in (bewusster) Verletzung seiner Pflichten zur weiteren Gebrauchsüberlassung auf Lebenszeit des Beklagten Schadenersatzpflichten aussetzen wolle, nur um den Klägern auch insoweit "unbelastetes" Eigentum zu verschaffen. Mangels abweichender besonderer Abreden hatten die Kläger somit durchaus Anlass, die fragliche Vertragsklausel im Sinne einer Übernahme der Liegenschaft mit der "Belastung" durch die Rechte des Beklagten aus dem Mietvertrag vom 28. 10. 1980 zu verstehen.

Hinzu kommt noch, dass die Kläger die Aufkündigung erst rund zehn Jahre nach dem Erwerb der Liegenschaft ausgesprochen und bis dorthin insbesondere die regelmäßigen Mietzinszahlungen entgegengenommen haben. Nach den Feststellungen des Erstgerichts versuchten sie zwar "in der Folge", den Beklagten zu einer einvernehmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses zu bewegen, wobei es aber offenbar erst im Jahre 1999 zu konkreten Verhandlungen (unter Einschaltung von Rechtsanwälten) kam. Dass die Kläger bereits erheblich früher dem Beklagten gegenüber geäußert hätten, das Bestandverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, haben sie im Verfahren nicht behauptet. Das dargestellte Verhalten der Kläger, insbesondere die Entgegennahme des Mietzinses über viele Jahre ohne jeglichen Hinweis darauf, dass die Kläger die seinerzeit vereinbarte Befristung nicht gegen sich gelten lassen wollen, durfte vom Beklagten iSd § 863 Abs 1 ABGB unter den gegebenen Umständen als Erklärung verstanden werden, den - schon von ihrem Rechtsvorgänger übernommenen - Mietvertrag auch weiterhin zu den bisherigen Bedingungen fortbestehen zu lassen (vgl dazu etwa MietSlg 7.098, 20.193, 44.202).Hinzu kommt noch, dass die Kläger die Aufkündigung erst rund zehn Jahre nach dem Erwerb der Liegenschaft ausgesprochen und bis dorthin insbesondere die regelmäßigen Mietzinszahlungen entgegengenommen haben. Nach den Feststellungen des Erstgerichts versuchten sie zwar "in der Folge", den Beklagten zu einer einvernehmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses zu bewegen, wobei es aber offenbar erst im Jahre 1999 zu konkreten Verhandlungen (unter Einschaltung von Rechtsanwälten) kam. Dass die Kläger bereits erheblich früher dem Beklagten gegenüber geäußert hätten, das Bestandverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, haben sie im Verfahren nicht behauptet. Das dargestellte Verhalten der Kläger, insbesondere die Entgegennahme des Mietzinses über viele Jahre ohne jeglichen Hinweis darauf, dass die Kläger die seinerzeit vereinbarte Befristung nicht gegen sich gelten lassen wollen, durfte vom Beklagten iSd § 863 Abs 1 ABGB unter den gegebenen Umständen als Erklärung verstanden werden, den - schon von ihrem Rechtsvorgänger übernommenen - Mietvertrag auch weiterhin zu den bisherigen Bedingungen fortbestehen zu lassen vergleiche dazu etwa MietSlg 7.098, 20.193, 44.202).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41, 46 ZPO.

Textnummer

E65803

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00122.02A.0611.000

Im RIS seit

11.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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