Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch, Dr. Wolfgang Nopp und Mag. Alexander Kodolitsch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Roman K*****, vertreten durch Stenitzer & Stenitzer, Rechtsanwälte OEG in Leibnitz, wegen 5.618,74 EUR (= S 77.315,48) sA und Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2002, GZ 3 R 294/01d-34, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 27. April 2001, GZ 4 C 53/00s-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Der Revision wird teilweise nicht Folge gegeben.
1. Das Urteil des Berufungsgerichts wird in der Stattgebung eines Teilklagebegehrens von 4.877,33 EUR (= S 67.113,48) samt 4 % Zinsen aus 8,72 EUR (= S 120) vom 2. 12. 1999 bis 30. 10. 2000, aus 3.834,54 EUR (= S 52.764,48) vom 1. 11. 2000 bis 28. 2. 2001, und aus 4.877,33 EUR (= S 67.113,48) seit 1. 3. 2001 sowie des Räumungsbegehrens (Punkt 2 des Ersturteils) als Teilurteil bestätigt.
Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.
2. Im Übrigen - also im Ausspruch über das Begehren auf Zahlung weiterer 741,41 EUR (= S 10.202) samt 4 % Zinsen seit 2. 12. 1999 und in der Kostenentscheidung - werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 26. 9. 1995 schloss die klagende Partei im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausverwalterin mit dem Beklagten einen unbefristeten Mietvertrag über eine knapp 60 m2 große Wohnung ab. Seit November 1999 zahlt der Beklagte weder Mietzins noch Betriebskosten.
Das Bestandobjekt wurde 1993 unter Verwendung öffentlicher Mittel nach den Bestimmungen des WFG 1984 errichtet.
Die klagende Partei begehrte die Zahlung des aushaftenden Mietzinses im Betrag von 5.618,74 EUR (= S 77.315,48) und die Räumung der Wohnung. Bis einschließlich Oktober 1999 habe der Beklagte den Mietzins widerspruchslos bezahlt; ein Anspruch auf Mietzinsminderung bestehe nicht. Der vorgeschriebene Mietzins liege ohnehin weit unter dem marktüblichen Niveau. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses vom Vorhandensein eines in der Nachbarschaft gelegenen Schweinestalls sowie der am Bestandobjekt vorbeiführenden Landesstraße und den damit verbundenen Geruchs- bzw Lärmimmissionen Kenntnis gehabt. Er verweigere die Zahlungen schikanös und mutwillig.
Der Beklagte wendete ein, der Mietzins sei unangemessen hoch; es stehe ihm bereits aus der Zeit vom 1. 6. 1995 bis Ende Oktober 1999 auf Grund der von ihm an die klagende Partei geleisteten Zahlungen ein Guthaben zu, das die laufenden Zahlungsverpflichtungen abdecke. Die bedungene Nutzung zu Wohnzwecken sei wegen der seit geraumer Zeit herrschenden Geruchsbelästigung, die von einem nahegelegenen Schweinestall herrühre, aber auch wegen der Lärmbelästigung und Abgasimmission, die durch das Vorbeifahren von Lastkraftwagen zu und von einem nahegelegenen Steinbruch entstünden, nicht möglich. Im Laufe der Zeit hätten sämtliche Belästigungen ein unerträgliches Ausmaß erreicht, die klagende Partei habe für die Wiederherstellung der bedungenen Brauchbarkeit nicht gesorgt.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, 5.618,74 EUR (= S 77.315,48) sA zu zahlen und das Bestandobjekt zu räumen. Die klagende Partei habe erst im Laufe dieses Verfahrens davon erfahren, dass sich der Beklagte durch Geruchs- und Lärmbelästigungen beschwert erachte. Beim Ortsaugenschein (am 28. 2. 2001) sei es in der Wohnung des Beklagten ruhig, eine Lärm- oder Geruchsbelästigung sei nicht feststellbar gewesen. Vom Bestandobjekt verlaufe nördlich, etwa 100 m entfernt eine Bundesstraße, die unter anderem von Schwerlastkraftwagen befahren werde. Die Zufahrtsstraße zum Bestandobjekt selbst sei nur wenig befahren. Vom Balkon der Wohnung aus sei Straßenlärm zu hören. Der LKW-Verkehr auf der Bundesstraße habe auf Grund der Ausweitung eines in der Nähe gelegenen Steinbruchs in den letzten Jahren zugenommen. Im Frühjahr komme es zu Geruchsbelästigungen, wenn Jauche auf die Felder geführt werde. Bis etwa Herbst 2000 sei in einem vom Bestandobjekt etwa 50 bis 70 m entfernten Gebäude eine Schweinezucht betrieben worden, mit der Schweinestallgeruch verbunden gewesen sei. Dabei handle es sich um einen für die Ortschaft, in der die Wohnung gelegen sei, üblichen Geruch, dessen Intensität sich nach den Wetterverhältnissen richte. Der Mietzinsrückstand des Beklagten habe bei Schluss der Verhandlung S 82.098,48 betragen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass ein Vermieter verpflichtet sei, das Bestandobjekt auf eigene Kosten im brauchbaren Zustand zu erhalten und den Bestandnehmer in dem bedungenen Gebrauch oder Genuss nicht zu stören. Werde das Bestandobjekt ohne Verschulden des Bestandnehmers derart mangelhaft, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht mehr tauge, sei dieser für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Vorausetzung für diesen Zinsminderungsanspruch sei, dass die Bestandsache eine gänzliche oder teilweise, bei Vertragsabschluss nicht berücksichtigte Unbrauchbarkeit aufweise. Eine Zinsminderung trete nicht ein, wenn dem Bestandnehmer der mangelhafte Zustand der Bestandsache bei Vertragsabschluss bekannt gewesen sei. Eine vollständige Minderung des Zinses käme nur in Frage, wenn die Bestandsache tatsächlich nicht benutzt werde und dies durch objektive Unzumutbarkeit bedingt sei. Da der Beklagte weder Mietzins noch Betriebskosten zahle, die Bestandsache aber weiterhin benutze, stehe der klagenden Partei gemäß § 1118 ABGB ein Räumungsanspruch zu. Mangels das Bestandrecht des Beklagten beeinträchtigender Lärm- oder Geruchsimmissionen bestehe kein Zinsminderungsanspruch. Es sei dem Beklagten aber auch schon bei Abschluss des Bestandvertrags bekannt gewesen, dass eine Bundesstraße in der Nähe seiner Wohnung verlaufe und in der hier gegebenen ländlichen Gegend üblicherweise Schweinehaltung betrieben werde. Die Behauptung, die Nutzung des Bestandobjekts zu Wohnzwecken sei nicht möglich, erweise sich als schikanöse Rechtsverteidigung. Wegen grob schuldhaften Zahlungsverzugs komme die Anwendung von § 33 Abs 2 MRG nicht in Betracht. Der offene Mietzins samt Betriebskosten belaufe sich "mit Stichtag Februar 2001" auf S 77.315,48.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die bekämpfte Feststellung, der Mietzinsrückstand habe bei Schluss der Verhandlung S 82.098,48 betragen, sei nicht entscheidungswesentlich, weil ohnehin nur S 77.315,48 zugesprochen worden seien. Die Zinsminderung gemäß § 1096 ABGB setze entweder einen Mangel des Bestandgegenstands selbst oder ein vom Bestandgeber gesetztes, zumindest aber ein von ihm zu vertretendes Verhalten voraus, durch das die bedungene Benützung des Mietobjekts aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen beeinträchtigt oder behindert werde. Die von öffentlichem Grund ausgehenden Lärmbelästigungen und die durch einen benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb hervorgerufenen Geruchsimmissionen habe die klagende Partei nicht zu vertreten. Das Mietobjekt sei weder bei der Übergabe mangelhaft gewesen, noch sei es nachträglich mangelhaft geworden. Wenn auch der Bestandgeber gegen Störungen Dritter entsprechende Maßnahmen zu ergreifen habe, so habe er doch nicht für jegliches Verhalten irgendeines Dritten einzustehen, das außerhalb seines Ingerenzbereiches liege. Es lägen daher die Voraussetzungen für eine Mietzinsminderung nicht vor. Demnach habe auch die Einvernahme weiterer Zeugen zur Frage der Lärm- und Geruchsbelästigung unterbleiben können. Die Fassung eines Beschlusses gemäß § 33 Abs 2 MRG erübrige sich, wenn den Mieter am Zahlungsrückstand ein grobes Verschulden treffe. Das Nichtvorliegen eines solchen groben Verschuldens habe der hiefür behauptungs- und beweispflichtige Beklagte nicht beweisen können. Die Weigerung des Beklagten, ab 1. 11. 1999 keinen Mietzins zu zahlen, sei als grob schuldhaftes Verhalten zu bewerten, zumal er bei nüchterner Überlegung hätte erkennen müssen, dass jedenfalls keine völlige Zinsbefreiung erfolgen könne. Die Zahlung des vollen Mietzinses bis einschließlich Oktober 1999 in Kenntnis der vom Beklagten behaupteten zinsmindernden Umstände schließe eine Leistungskondiktion aus.
Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nur teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Bestandgeber hat umfassend dafür zu sorgen, dass der bedungene Gebrauch des Bestandnehmers nicht durch Dritte beeinträchtigt wird. Er hat gegen Störungen Dritter entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und darf den Bestandnehmer nicht auf die diesem unmittelbar gegen den Störer eingeräumten Ansprüche verweisen (JBl 2001, 522; WoBl 2001, 118; MietSlg 51.127; WoBl 2000, 160; RdU 1997, 90 mit zust Besprechung von Wagner; SZ 63/220; MietSlg 39.112; 36.179; 35.170; Würth in Rummel ABGB3 Rz 9 zu § 1096; Binder in Schwimann ABGB2 Rz 47 zu § 1096). Gewährt der Bestandgeber dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch nicht oder nicht in vollem Ausmaß, so tritt ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers als Gewährleistungsfolge eigener Art ex lege eine Zinsbefreiung (-minderung) ein, und zwar vom Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung (Würth aaO Rz 10 zu § 1096 mwN). Der Vermieter ist demnach grundsätzlich verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den ordnungsgemäßen Gebrauch des Mietobjekts sicherzustellen. Die Grenzen der Schutzpflicht ergeben sich aus Erwägungen der Zumutbarkeit. Die Bewahrungspflicht des Vermieters endet dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beseitigung der Mietrechtsbeeinträchtigung nicht erzielbar erscheint (JBl 2001, 522; JBl 1991, 46); die Pflicht zum Einschreiten des Vermieters entfällt dort und in dem Umfang, in dem die Erfolgsaussichten mit hoher Wahrscheinlichkeit von vornherein ausgeschlossen werden können (JBl 1991, 46; Binder aaO Rz 48 zu § 1096).
Im vorliegenden Fall stützt der Beklagte seinen Anspruch auf Mietzinsminderung bzw -befreiung unter anderem darauf, dass die Lärmeinwirkung durch den LKW-Verkehr auf einer vom Bestandobjekt etwa 100 m entfernten Bundesstraße den bedungenen Gebrauch der angemieteten Wohnung verhindere. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Lärm überhaupt eine wesentliche Beeinträchtigung des Beklagten im bedungenen Gebrauch des Bestandgegenstands darstellt (vgl SZ 63/220; EvBl 1983/171). Der Beklagte muss diese Lärmentwicklung schon deshalb in Kauf nehmen, weil mangels anderer Vereinbarung eine "mittlere Brauchbarkeit" des Bestandobjekts zu Grunde zu legen und anzunehmen ist (MietSlg 39.112), er von vornherein davon Bescheid wusste, dass LKW auf der Bundesstraße zum Steinbruch zu- oder von diesem abfahren, und er in Kenntnis dessen den Bestandvertrag mit der vereinbarten Mietzinshöhe abschloss. Eine Steigerung des Verkehrsaufkommens - sei sie auch durch extensive Nutzung des damals schon vorhandenen Steinbruchs bedingt - war vorhersehbar und gehört demzufolge zum "allgemeinen Lebensrisiko" eines Mieters (MietSlg 51.127). Maßgeblich ist schließlich auch, dass der Vermieter zum Einschreiten gegen die Halter der die Bundesstraße benutzenden LKW und den damit verbundenen Lärm nicht verpflichtet war, weil an solchen Straßen Gemeingebrauch besteht, und daher ein Vorgehen des Vermieters gegen den durch die Benützung der Bundesstraße entstehenden Lärm von vornherein aussichtslos gewesen wäre.Im vorliegenden Fall stützt der Beklagte seinen Anspruch auf Mietzinsminderung bzw -befreiung unter anderem darauf, dass die Lärmeinwirkung durch den LKW-Verkehr auf einer vom Bestandobjekt etwa 100 m entfernten Bundesstraße den bedungenen Gebrauch der angemieteten Wohnung verhindere. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Lärm überhaupt eine wesentliche Beeinträchtigung des Beklagten im bedungenen Gebrauch des Bestandgegenstands darstellt vergleiche SZ 63/220; EvBl 1983/171). Der Beklagte muss diese Lärmentwicklung schon deshalb in Kauf nehmen, weil mangels anderer Vereinbarung eine "mittlere Brauchbarkeit" des Bestandobjekts zu Grunde zu legen und anzunehmen ist (MietSlg 39.112), er von vornherein davon Bescheid wusste, dass LKW auf der Bundesstraße zum Steinbruch zu- oder von diesem abfahren, und er in Kenntnis dessen den Bestandvertrag mit der vereinbarten Mietzinshöhe abschloss. Eine Steigerung des Verkehrsaufkommens - sei sie auch durch extensive Nutzung des damals schon vorhandenen Steinbruchs bedingt - war vorhersehbar und gehört demzufolge zum "allgemeinen Lebensrisiko" eines Mieters (MietSlg 51.127). Maßgeblich ist schließlich auch, dass der Vermieter zum Einschreiten gegen die Halter der die Bundesstraße benutzenden LKW und den damit verbundenen Lärm nicht verpflichtet war, weil an solchen Straßen Gemeingebrauch besteht, und daher ein Vorgehen des Vermieters gegen den durch die Benützung der Bundesstraße entstehenden Lärm von vornherein aussichtslos gewesen wäre.
Auch die vom Beklagten behauptete Geruchsbelästigung durch einen etwa 60 m entfernten Schweinestall ist zumindest größtenteils nicht geeignet, eine Mietzinsminderung oder gar -befreiung zu rechtfertigen. Was die Zeit bis einschließlich Oktober 1999 betrifft, hat er unbekämpftermaßen bis dahin den vollen Mietzins in Kenntnis der von ihm behaupteten zinsmindernden Umstände geleistet; daher ist eine Zinsbefreiung bzw -minderung bis zum 1. 11. 1999 jedenfalls ausgeschlossen. Kannte der Mieter die behaupteten Mängel im Zeitpunkt der Mietzinszahlung und war es ihm damals nicht weniger als zur Zeit der Klagseinbringung möglich, zu beurteilen, welche Zinsminderung im Sinne des § 1096 ABGB berechtigt sei, so kann er nicht "wegen irrtümlich erfolgter Zahlung" einen Teil des Mietzinses zurückverlangen. Er hat durch die vorbehaltlose Zahlung des gesamten Zinses in diesem Zeitraum die Umstände, die allenfalls seinen Gebrauch behinderten, akzeptiert und auf die Zinsminderung (-befreiung) verzichtet (SZ 63/220; MietSlg 39.189; Würth aaO Rz 11 zu § 1096). Dass die Geruchsbelästigung durch den Schweinestall jedenfalls bereits Anfang 2000 beendet war, gesteht der Beklagte selbst zu (S 8 der Berufung bzw S 7 der Revision), sodass er aus dieser von ihm behaupteten Belästigung eine Mietzinsminderung bzw -befreiung ab dem Jahre 2000 jedenfalls nicht ableiten kann. In den verbleibenden zwei Monaten (November und Dezember 1999), für die allenfalls eine Mietzinsminderung berechtigt sein kann, war es dem Vermieter aber gewiss nicht möglich, zielführende Maßnahmen zu ergreifen, die die Geruchsbelästigung in diesem Zeitraum auf ein für den Beklagten - nach seinen Behauptungen - erträgliches Maß reduziert hätten. Da der Mietzins bis Ende Oktober 1999 vorbehaltlos bezahlt worden war, wäre ein Einschreiten des Vermieters frühestens ab November 1999 in Betracht gekommen, und hätte daher in diesen zwei Monaten der vom Beklagten gewünschte Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten können.
Der Zinsminderungs-(-befreiungs)anspruch nach § 1096 ABGB ist aber ein verschuldensunabhängiger Gewährleistungsanspruch besonderer Art (WoBl 2001, 118; Würth aaO Rz 10 zu § 1096), weshalb für November und Dezember 1999 eine Zinsminderung gerechtfertigt sein könnte, sollte der Beklagte die Voraussetzungen hiefür nachweisen. Da der Beklagte Beweise für eine den bedungenen Gebrauch der Wohnung einschränkende Geruchsbelästigung angeboten hat, diese Beweise aber nicht aufgenommen wurden, ist das Verfahren insoweit mangelhaft geblieben und sind die Entscheidungen der Vorinstanzen - aber nur im Umfang der begehrten Zinsbefreiung für diese zwei Monate (monatlich S 5.101, wie sich aus den Beilagen B und E im Zusammenhalt mit dem außer Streit stehenden Mietzinsrückstand von S 77.315,48 klar ergibt) - aufzuheben.
Entgegen der Ansicht der klagenden Partei kommt eine Zinsminderung trotz § 46 WFG in Betracht. Diese Bestimmung regelt nämlich nur die Zusammensetzung des Hauptmietzinses, enthält aber keinen Ausschluss einer Mietzinsminderung bzw -befreiung gemäß § 1096 ABGB.
Es ist nicht daran zu zweifeln, dass den Beklagten am Zahlungsrückstand grobes Verschulden trifft. Die Behauptungs- und Beweislast für das Fehlen groben Verschuldens, also eine Begründung für die Unterlassung der Zahlung, trifft stets den Mieter, der den ihn entlastenden Sachverhalt in jeder Richtung zu konkretisieren hat. Stellt der Mieter trotz Unstrittigkeit des Rückstands keine entsprechenden Behauptungen auf, ist die Kündigung ohne weiteres für rechtswirksam zu erklären; es bedarf dann keines Beschlusses nach § 33 Abs 2 MRG (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 28 zu § 33 MRG mwN). Es musste dem Beklagten bewusst sein, dass er den von der Bundesstraße ausgehenden Verkehrslärm zu dulden habe, dass der Vermieter wegen dieses Lärms keinerlei Maßnahmen mit Erfolgsaussicht hätte ergreifen können, und er hätte sich bei entsprechend realistischer Betrachtung auch darüber im Klaren sein müssen, dass die von ihm behauptete Geruchsbelästigung durch den Schweinestall eine Mietzinsminderung oder gar -befreiung bestenfalls für einen kurzen Zeitraum rechtfertigen könnte, hat er doch bis Ende Oktober 1999 den Mietzins vorbehaltlos zur Gänze bezahlt, und war die Geruchsbelästigung bereits Anfang 2000 jedenfalls ganz weggefallen.
Die Vorinstanzen haben den von ihnen festgestellten Sachverhalt - ausgenommen die Geruchsbelästigung in den Monaten November und Dezember 1999 - rechtsrichtig beurteilt und die Notwendigkeit weiterer Zeugeneinvernahmen deshalb großteils zu Recht verneint. Soweit das Berufungsgericht - ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht - die diesbezügliche Mängelrüge des Beklagten verwarf, dann kann die von ihm behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens insoweit nicht neuerlich im Revisionsverfahren geltend gemacht werden (1 Ob 318/97i; SZ 62/157 uva).
Die Revision ist daher großteils nicht berechtigt, nämlich in Ansehung des Begehrens auf Zahlung von 4.877,33 EUR (= S 67.113,48) samt gestaffelten Zinsen und des Räumungsbegehrens. Lediglich im Umfang des Teilklagebegehrens von 741,41 EUR (= S 10.202) samt 4 % Zinsen seit 2. 12. 1999 sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und ist insoweit dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Textnummer
E66100European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00089.02Y.0611.000Im RIS seit
11.07.2002Zuletzt aktualisiert am
11.02.2011