TE OGH 2002/6/18 4Ob132/02v

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Veröffentlicht am 18.06.2002
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Jennifer H*****, geboren am *****, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen, vertreten durch ihre Mutter Tina H*****, diese vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. März 2002, GZ 43 R 19/02s-59, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 7. Dezember 2001, GZ 4 P 180/98w-50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 23. 11. 1998, ON 30, den Unterhalt der Minderjährigen mit 3.200 S festgesetzt. Festgestellt wurde, dass der Adoptivvater ein pauschaliertes Kilometergeld von 1.470 S monatlich als Ersatz für Fahrkostenaufwand erhält und monatlich 2.246 S für einen Wohnbaukredit zurückzahlt, der im Einverständnis von Adoptivvater und Mutter aufgenommen und für die von Mutter und Kind noch derzeit benutzte Wohnung verwendet wurde. Das Kilometergeld wurde in die Bemessungsgrundlage nicht einbezogen; die Kreditrate wurde abgezogen. Das Erstgericht begründete dies damit, dass mit dem Kilometergeld die tatsächlichen Fahrtkosten abgegolten werden und dass der Kredit existenznotwendig war.

Am 1. 10. 2001 beantragte das Kind eine Unterhaltserhöhung, weil sich das Einkommen des Adoptivvaters erhöht habe und weil im Unterhaltsverfahren ihrer Mutter das Kilometergeld in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen und die Kreditrate nicht abgezogen worden sei. Der Vater sprach sich gegen die Unterhaltserhöhung aus. Er bestritt die behauptete Einkommenserhöhung und machte erneut geltend, dass das Kilometergeld nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen und die Kreditrate abzuziehen sei.

Das Erstgericht gab dem Antrag teilweise statt. Das Kilometergeld sei als pauschalierte Abgeltung für Fahrtspesen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen; hinsichtlich der Kreditrate verwies es auf den Beschluss vom 23. 11. 1998. In diesem Beschluss sei die monatliche Kreditrate vom Einkommen des Adoptivvaters abgezogen worden. Beides sei bei der letzten Unterhaltsbemessung nicht angefochten worden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Erstgericht sei an die Beurteilung von Kilometergeld und Kreditrate im rechtskräftigen Beschluss vom 23. 11. 1998 gebunden gewesen. Die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie schlössen eine abweichende Beurteilung im vorliegenden Verfahren aus.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des Kindes ist unzulässig.

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs mit der Begründung für zulässig erklärt, dass keine Rechtsprechung zur Frage bestehe, "ob bzw inwieweit eine zwischen denselben Parteien im vorhergehenden außerstreitigen Unterhaltsfestsetzungsverfahren gelöste Bemessungsfrage zufolge der materiellen Rechtskraft des dieses Verfahren abschließenden Beschlusses zu einer inhaltlichen Bindung in einem nachfolgenden, wieder zwischen diesen Parteien anhängigen außerstreitigen Unterhaltsverfahren führt". Von dieser Frage hängt die Entscheidung jedoch nicht ab:

Ein Fahrtkostenpauschale, mit dem die tatsächlichen Aufwendungen abgegolten werden, ist aufgrund der allgemeinen Regel, dass (nur) Zulagen, die nicht der Abgeltung von effektiven Auslagen dienen, zum Nettoeinkommen gehören, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (EFSlg 74.477 = EvBl 1994/91; EFSlg 74.404 mwN). Ratenzahlungen für einen Kredit, der für einen existenznotwendigen Bedarf aufgenommen wurde, sind von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (EFSlg 86.515); in diesem Sinn werden die Ratenzahlungen für einen Kredit für die Wohnungsbeschaffung von der Bemessungsgrundlage abgezogen, wenn die Wohnung dem Elternteil überlassen wurde, bei dem das Kind in Pflege und Erziehung ist (EFSlg 68.296 = ÖA 1993, 22 F 59).

Nach dem auch im vorliegenden Unterhaltsverfahren festgestellten Sachverhalt erhält der Adoptivvater das Kilometergeld als Abgeltung für ihm tatsächlich erwachsende Fahrtkosten; die Kreditrate zahlt er für einen Wohnungskredit zurück, der für die von Mutter und Kind noch derzeit benützte Wohnung verwendet wurde. Das Erstgericht hat daher die Bemessungsgrundlage zu Recht um beide Beträge vermindert. Soweit es in der Begründung nicht nur auf die ständige Judikatur, sondern auch auf den Beschluss vom 23. 11. 1998 verwiesen hat, geschah dies, wie das Erstgericht ausdrücklich ausführt, "um Wiederholungen zu vermeiden". Es hat sich daher offenbar nicht an die Beurteilung im Beschluss vom 23. 11. 1998 gebunden erachtet, sondern seine Beurteilung mit dem Hinweis auf den unangefochten gebliebenen Beschluss bekräftigt. Die Frage einer Bindung an die Beurteilung von Abzugsposten in einem rechtskräftigen Unterhaltsbemessungsbeschluss stellt sich daher in Wahrheit nicht.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Textnummer

E66131

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0040OB00132.02V.0618.000

Im RIS seit

18.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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