TE OGH 2002/6/18 10ObS129/02x

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Veröffentlicht am 18.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Majda B*****, Slowenien, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Jänner 2002, GZ 7 Rs 259/01i-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. April 2001, GZ 33 Cgs 217/00h-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht jedoch verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr in der Revision gerügt werden (SSV-NF 7/74 mwN; Kodek in Rechberger2, ZPO § 503 Rz 3 mwN). Die Frage, ob zu demselben Beweisthema weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären, betrifft die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das Gericht zweiter Instanz mit den geltend gemachten Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung (Beweiswürdigung) auseinandergesetzt, sodass auch insoweit kein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegt. Um die Beweisrüge in der Berufung auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (SSV-NF 12/198; Kodek in Rechberger2, ZPO § 471 Rz 8 mwN). Zutreffend legte das Berufungsgericht dar, dass in der Berufung nicht deutlich zum Ausdruck gebracht wird, aus welchen Beweismitteln die von der Klägerin begehrten Feststellungen zu gewinnen gewesen wären. Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bewirken Entscheidungen über die Invalidität eines Versicherten in einem anderen Staat keine Bindung für den innerstaatlichen (österreichischen) Rechtsbereich (SSV-NF 11/18; 11/50 ua). Die Klägerin kann daraus, dass sie in ihrem Heimatland eine Leistung aus dem Versicherungsfall der Invalidität bezieht, für das vorliegende Verfahren nichts ableiten. Aus dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über soziale Sicherheit vom 30. 11. 1992, BGBl 1993/589 (gekündigt zum 30. 9. 1996), und vom 10. 3. 1997, BGBl III 198/103, ergibt sich nichts Gegenteiliges.Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO) liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht jedoch verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr in der Revision gerügt werden (SSV-NF 7/74 mwN; Kodek in Rechberger2, ZPO Paragraph 503, Rz 3 mwN). Die Frage, ob zu demselben Beweisthema weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären, betrifft die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das Gericht zweiter Instanz mit den geltend gemachten Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung (Beweiswürdigung) auseinandergesetzt, sodass auch insoweit kein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegt. Um die Beweisrüge in der Berufung auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (SSV-NF 12/198; Kodek in Rechberger2, ZPO Paragraph 471, Rz 8 mwN). Zutreffend legte das Berufungsgericht dar, dass in der Berufung nicht deutlich zum Ausdruck gebracht wird, aus welchen Beweismitteln die von der Klägerin begehrten Feststellungen zu gewinnen gewesen wären. Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO). Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bewirken Entscheidungen über die Invalidität eines Versicherten in einem anderen Staat keine Bindung für den innerstaatlichen (österreichischen) Rechtsbereich (SSV-NF 11/18; 11/50 ua). Die Klägerin kann daraus, dass sie in ihrem Heimatland eine Leistung aus dem Versicherungsfall der Invalidität bezieht, für das vorliegende Verfahren nichts ableiten. Aus dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über soziale Sicherheit vom 30. 11. 1992, BGBl 1993/589 (gekündigt zum 30. 9. 1996), und vom 10. 3. 1997, BGBl römisch III 198/103, ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Dass das Verweisungsfeld für Versicherte, die - wie die Klägerin - keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch und dass es für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung ist, ob der Versicherte auf Grund der konkreten Arbeitsmarktsituation in den Verweisungsberufen einen Dienstposten finden wird, da für den Fall der Arbeitslosigkeit die Leistungszuständigkeit der Arbeitslosenversicherung besteht, ist ständige Rechtsprechung des Senats (SSV-NF 6/56 mwN ua). Dass in den von den Vorinstanzen festgestellten Verweisungsberufen österreichweit wenigstens 100 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, wurde von den Vorinstanzen festgestellt und wird von der Revisionswerberin auch gar nicht angezweifelt. Sie meint, ihrer Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stehe die Tatsache entgegen, dass sie Ausländerin sei und eine nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes notwendige Erlaubnis haben müsse, um überhaupt eine Erwerbstätigkeit in Österreich ausüben zu dürfen. Auf Grund der geltenden österreichischen Rechtslage im Bereich des Fremdenrechtes und der bei weitem überschrittenen Quoten sei es ihr daher weder rechtlich noch tatsächlich möglich, Zugang zu den ihr zugemuteten Verweisungsberufen zu finden.

Dieses Argument ist nicht zielführend. Dass ein Ausländer in Österreich nur unter den Voraussetzungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt werden darf, schließt ihn nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus (SSV-NF 6/28; 10 ObS 229/98v; 10 ObS 157/99g; 10 ObS 62/00s). Die Ursache für die Verschlechterung (Minderung) der Arbeitsfähigkeit muss der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten sein. Umstände, die zwar eine geminderte Arbeitsfähigkeit zur Folge haben oder einen Beitrag zu einer solchen leisten, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten aber nichts zu tun haben, führen nicht zur Invalidität. Keine Invalidität liegt daher vor, wenn nicht der Gesundheitszustand des Versicherten kausal für die verminderte Arbeitsfähigkeit ist, sondern hierfür andere Gründe maßgebend sind, wie etwa die Nichterteilung der für die Beschäftigung von Ausländern erforderlichen behördichen Genehmigungen (so bereits Wachter, ZAS 1989, 18).

Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die Klägerin als Ausländerin vom gesamten österreichischen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre. Zwar darf ein Arbeitgeber grundsätzlich einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt (§ 3 Abs 1 und 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz). Nach § 4 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz ist aber eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Nach § 14a Ausländerbeschäftigungsgesetz ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn er in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen gemäß diesem Gesetz beschäftigt war. Schließlich ist nach § 15 Ausländerbeschäftigungsgesetz einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre vom Zeitpunkt der Antragseinbringung zurückgerechnet mindestens fünf Jahre in Österreich nach diesem Gesetz beschäftigt war, oder der Ausländer mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat. Der Befreiungsschein ist jeweils für fünf Jahre auszustellen; eine Verlängerung ist möglich (§§ 15 Abs 5, 15a Ausländerbeschäftigungsgesetz). Es entspricht also keineswegs der Rechtslage, dass ein Ausländer ausschließlich auf den illegalen Arbeitsmarkt verwiesen werden müsste. Würde aber einem Versicherten im Einzelfall eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein nicht erteilt, so wäre dies ein Risiko, das die gesetzliche Pensionsversicherung nicht abdeckt. Ein solcher Ausländer ist nicht anders zu behandeln als ein Inländer, der auf Grund der Arbeitsmarktsituation keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann. Die in der Revision vermeinte Ungleichbehandlung von Inländern und Ausländern liegt daher nicht vor.Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die Klägerin als Ausländerin vom gesamten österreichischen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre. Zwar darf ein Arbeitgeber grundsätzlich einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt (Paragraph 3, Absatz eins und 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz). Nach Paragraph 4, Absatz eins, Ausländerbeschäftigungsgesetz ist aber eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Nach Paragraph 14 a, Ausländerbeschäftigungsgesetz ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn er in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen gemäß diesem Gesetz beschäftigt war. Schließlich ist nach Paragraph 15, Ausländerbeschäftigungsgesetz einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre vom Zeitpunkt der Antragseinbringung zurückgerechnet mindestens fünf Jahre in Österreich nach diesem Gesetz beschäftigt war, oder der Ausländer mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat. Der Befreiungsschein ist jeweils für fünf Jahre auszustellen; eine Verlängerung ist möglich (Paragraphen 15, Absatz 5,, 15a Ausländerbeschäftigungsgesetz). Es entspricht also keineswegs der Rechtslage, dass ein Ausländer ausschließlich auf den illegalen Arbeitsmarkt verwiesen werden müsste. Würde aber einem Versicherten im Einzelfall eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein nicht erteilt, so wäre dies ein Risiko, das die gesetzliche Pensionsversicherung nicht abdeckt. Ein solcher Ausländer ist nicht anders zu behandeln als ein Inländer, der auf Grund der Arbeitsmarktsituation keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann. Die in der Revision vermeinte Ungleichbehandlung von Inländern und Ausländern liegt daher nicht vor.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E65983 10ObS129.02x

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00129.02X.0618.000

Dokumentnummer

JJT_20020618_OGH0002_010OBS00129_02X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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