TE OGH 2002/6/20 6Ob260/01f

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Veröffentlicht am 20.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft A*****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, gegen die beklagte Partei Franz P*****, Landwirt, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, wegen Feststellung und Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 19. Juni 2001, GZ 1 R 149/01f-23, mit dem die Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit (Unzulässigkeit des Rechtsweges) verworfen und das Urteil des Bezirksgerichtes Schladming vom 15. März 2001, GZ 1 C 424/99w-17, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist eine regulierte Agrargemeinschaft nach dem Steiermärkischen Agrargemeinschaftsgesetz. Sie ist Eigentümerin einer teils im hochalpinen Gelände gelegenen Liegenschaft, zu der unter anderem die "A*****waldung" gehört. Der Beklagte ist Hälfteeigentümer einer Landwirtschaft mit der Hofstelle "A*****" in A*****, mit der Anteilsrechte an der Klägerin verbunden sind. Er bewirtschaftet die Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Miteigentümer alleine. Der Beklagte treibt jährlich etwa 330 Schafe in das Gebiet der "A*****waldung". Die Gesamtzahl des aufzutreibenden Viehs auf diese Alm wird aber seit 1995 von der hiefür nach der Satzung und der Waldordnung der Klägerin zuständigen Vollversammlung alljährlich mit maximal 120 Schafen festgesetzt.

Die Klägerin stellte das Hauptbegehren auf Feststellung, dass dem Beklagten kein Weiderecht an ihrer Liegenschaft zustehe, soweit dies nicht nach den Bestimmungen ihrer Waldordnung vorgesehen sei. Weiters stellte sie zwei Eventualbegehren, nämlich der Beklagte habe es zu unterlassen, Schafe auf der Liegenschaft der Klägerin weiden zu lassen, soweit ihm nicht in der Jahreshauptversammlung der Klägerin die Bewilligung zum Auftrieb dieser Schafe erteilt werde oder hilfsweise, soweit dies nicht nach den Bestimmungen der Waldordnung für die klagende Partei vorgesehen und durchgeführt bzw bewilligt werde. Dem Beklagten stünden Weiderechte nur im Rahmen seines Anteilsrechtes an der Klägerin zu. Er behaupte aber einen Privatrechtstitel.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Den Eigentümern des Anwesens "A*****" stünden seit unverdenklichen Zeiten das Auftriebs- und Weiderecht in der "A*****waldung" zu. Die Ersitzung sei schon vor dem Inkrafttreten des Servitutenpatentes 1853 vollendet gewesen.

Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Es erkannte den Beklagten jedoch im Sinne der Eventualbegehren schuldig, es zu unterlassen, Weiderechte an der Liegenschaft der Klägerin auszuüben, soweit diese zusammen mit den anderen Berechtigten die in der Vollversammlung der Klägerin (im Ersturteil offenbar irrtümlich: der beklagten Partei) festgelegte Gesamthöchtzahl von derzeit 120 Schafen überschreite. Das Erstgericht stellte fest, dass in Durchführung des Servitutenpatents 1853 (RGBl 130/1853) unter anderem auch mit den Rechtsvorgängern des Beklagten als damalige Eigentümer des Anwesens "A*****" ein Ablösungs- und Regulierungsvergleich geschlossen wurde, mit dem Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechte im Wesentlichen durch die Abtretung zweier damit belasteter Liegenschaften in das gemeinschaftliche Eigentum der damaligen Servitutsberechtigten abgelöst wurden und die Servitutsberechtigten für sich und ihre Besitznachfolger auf die hiedurch abgelösten Nutzungsrechte (mit Ausnahme eines näher geregelten Lärchenholzbezuges) verzichteten. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges und führte weiters aus, dass dem Feststellungsbegehren kein Erfolg beschieden sein könne, weil der Beklagte bloß Hälfteeigentümer der Liegenschaft sei, bei einem auf § 523 ABGB gestützten Feststellungsbegehren aber alle Miteigentümer notwendige Streitgenossen seien. Gegen den Beklagten als konkreten Störer könne aber mit Unterlassungsklage vorgegangen werden. Die Formulierung des Spruches sei den tatsächlichen Verhältnissen, nämlich dem aktuellen Beschluss der Vollversammlung der Klägerin über die genaue Reglementierung des Viehauftriebes anzupassen gewesen. Das Unterlassungsbegehren sei berechtigt, weil sämtliche Weiderechte durch den Abtretungs- und Regulierungsvergleich, der von der zuständigen Behörde am 2. 4. 1869 bestätigt worden sei, abgelöst worden seien und seither derartige Nutzungsrechte nicht ersessen werden könnten.Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Es erkannte den Beklagten jedoch im Sinne der Eventualbegehren schuldig, es zu unterlassen, Weiderechte an der Liegenschaft der Klägerin auszuüben, soweit diese zusammen mit den anderen Berechtigten die in der Vollversammlung der Klägerin (im Ersturteil offenbar irrtümlich: der beklagten Partei) festgelegte Gesamthöchtzahl von derzeit 120 Schafen überschreite. Das Erstgericht stellte fest, dass in Durchführung des Servitutenpatents 1853 (RGBl 130/1853) unter anderem auch mit den Rechtsvorgängern des Beklagten als damalige Eigentümer des Anwesens "A*****" ein Ablösungs- und Regulierungsvergleich geschlossen wurde, mit dem Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechte im Wesentlichen durch die Abtretung zweier damit belasteter Liegenschaften in das gemeinschaftliche Eigentum der damaligen Servitutsberechtigten abgelöst wurden und die Servitutsberechtigten für sich und ihre Besitznachfolger auf die hiedurch abgelösten Nutzungsrechte (mit Ausnahme eines näher geregelten Lärchenholzbezuges) verzichteten. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges und führte weiters aus, dass dem Feststellungsbegehren kein Erfolg beschieden sein könne, weil der Beklagte bloß Hälfteeigentümer der Liegenschaft sei, bei einem auf Paragraph 523, ABGB gestützten Feststellungsbegehren aber alle Miteigentümer notwendige Streitgenossen seien. Gegen den Beklagten als konkreten Störer könne aber mit Unterlassungsklage vorgegangen werden. Die Formulierung des Spruches sei den tatsächlichen Verhältnissen, nämlich dem aktuellen Beschluss der Vollversammlung der Klägerin über die genaue Reglementierung des Viehauftriebes anzupassen gewesen. Das Unterlassungsbegehren sei berechtigt, weil sämtliche Weiderechte durch den Abtretungs- und Regulierungsvergleich, der von der zuständigen Behörde am 2. 4. 1869 bestätigt worden sei, abgelöst worden seien und seither derartige Nutzungsrechte nicht ersessen werden könnten.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung, soweit damit die Nichtigkeit des Verfahrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges geltend gemacht wurde und bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und teilte dessen Rechtsansicht. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision wegen der Frage der Formulierung des Spruches und des Einwandes, dass auch die Eventualbegehren in Wahrheit Feststellungsbegehren seien, zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Das Erstgericht hat die Zulässigkeit des Rechtsweges - wenn auch nicht im Spruch, aber in den Entscheidungsgründen - ausdrücklich bejaht. Das Rekursgericht billigte diese Ansicht. Es liegt daher eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung nach § 42 Abs 3 JN über die Zulässigkeit des Rechtsweges vor (RIS-Justiz RS0043822; RS0035572; 6 Ob 159/01b mwN).Die Revision des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig. Das Erstgericht hat die Zulässigkeit des Rechtsweges - wenn auch nicht im Spruch, aber in den Entscheidungsgründen - ausdrücklich bejaht. Das Rekursgericht billigte diese Ansicht. Es liegt daher eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung nach Paragraph 42, Absatz 3, JN über die Zulässigkeit des Rechtsweges vor (RIS-Justiz RS0043822; RS0035572; 6 Ob 159/01b mwN).

Die Frage, ob durch eine Neuformulierung des Spruchs nur eine Verdeutlichung vorgenommen oder das Begehren unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens in unzulässiger Weise überschritten wird, betrifft ebenso wie die sich aus der Formulierung des Begehrens oder des Spruches einer Entscheidung im Zusammenhang mit der Begründung ergebende Auslegung den jeweiligen Einzelfall und bildet keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0041192). Bei der Kumulierung eines Feststellungsbegehrens und dementsprechend eines feststellenden Entscheidungsspruches mit einem diesem inhaltlich entsprechenden Unterlassungsbegehren bzw einer solchen Unterlassungsverpflichtung liegt in Wahrheit ein reines Unterlassungsbegehren bzw eine reine Unterlassungsverpflichtung vor (SZ 66/53; RIS-Justiz RS0037560), wobei mit dem ersten, feststellenden Teil in Wahrheit nur der geltend gemachte Unterlassungsanspruch verdeutlicht oder begründet wird (SZ 59/130). In der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass das Urteil des Erstgerichtes insgesamt dahin zu verstehen sei, dass der Beklagte verpflichtet werde, den Viehauftrieb auf die Liegenschaft der Klägerin über das im Spruch näher bezeichnete Ausmaß hinaus zu unterlassen, kann ein Abweichen von dieser Rechtsprechung und eine zur Korrektur Anlass gebende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles nicht erblickt werden. Dass gegen den störenden Nichteigentümer (oder bloßen Miteigentümer) eine Unterlassungsklage möglich ist (RIS-Justiz RS0012094), wird in der Revision ohnehin nicht in Abrede gestellt. Dabei ist aber als Vorfrage zu klären, ob die Servitut, von der der Störer seine Berechtigung ableitet, zu Recht besteht (6 Ob 209/00d). Aus dem Spruch und den Gründen der Entscheidung der Vorinstanzen ergibt sich, dass dem Kläger keine unbeschränkte Weidedienstbarkeit zusteht und er deshalb zur Unterlassung des Viehauftriebs im angeführten Umfang verpflichtet ist. Soweit der Beklagte auch noch im Revisionverfahren auf die ursprüngliche Berechtigung seiner Rechtsvorgänger zum Auftrieb von Groß- und Kleinvieheinheiten auf die Weidegebiete der Klägerin nach "Haus- und Gutsbedarf" verweist und in den Entscheidungen der Vorinstanzen eine verfassungswidrige unentgeltliche Enteignung erblickt, geht er nicht von der für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellte Tatsache aus, dass diese Weiderechte durch den 1869 behördlich genehmigten Ablösungs- und Regulierungsvergleich abgelöst wurden und damit erloschen sind.Die Frage, ob durch eine Neuformulierung des Spruchs nur eine Verdeutlichung vorgenommen oder das Begehren unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens in unzulässiger Weise überschritten wird, betrifft ebenso wie die sich aus der Formulierung des Begehrens oder des Spruches einer Entscheidung im Zusammenhang mit der Begründung ergebende Auslegung den jeweiligen Einzelfall und bildet keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (RIS-Justiz RS0041192). Bei der Kumulierung eines Feststellungsbegehrens und dementsprechend eines feststellenden Entscheidungsspruches mit einem diesem inhaltlich entsprechenden Unterlassungsbegehren bzw einer solchen Unterlassungsverpflichtung liegt in Wahrheit ein reines Unterlassungsbegehren bzw eine reine Unterlassungsverpflichtung vor (SZ 66/53; RIS-Justiz RS0037560), wobei mit dem ersten, feststellenden Teil in Wahrheit nur der geltend gemachte Unterlassungsanspruch verdeutlicht oder begründet wird (SZ 59/130). In der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass das Urteil des Erstgerichtes insgesamt dahin zu verstehen sei, dass der Beklagte verpflichtet werde, den Viehauftrieb auf die Liegenschaft der Klägerin über das im Spruch näher bezeichnete Ausmaß hinaus zu unterlassen, kann ein Abweichen von dieser Rechtsprechung und eine zur Korrektur Anlass gebende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles nicht erblickt werden. Dass gegen den störenden Nichteigentümer (oder bloßen Miteigentümer) eine Unterlassungsklage möglich ist (RIS-Justiz RS0012094), wird in der Revision ohnehin nicht in Abrede gestellt. Dabei ist aber als Vorfrage zu klären, ob die Servitut, von der der Störer seine Berechtigung ableitet, zu Recht besteht (6 Ob 209/00d). Aus dem Spruch und den Gründen der Entscheidung der Vorinstanzen ergibt sich, dass dem Kläger keine unbeschränkte Weidedienstbarkeit zusteht und er deshalb zur Unterlassung des Viehauftriebs im angeführten Umfang verpflichtet ist. Soweit der Beklagte auch noch im Revisionverfahren auf die ursprüngliche Berechtigung seiner Rechtsvorgänger zum Auftrieb von Groß- und Kleinvieheinheiten auf die Weidegebiete der Klägerin nach "Haus- und Gutsbedarf" verweist und in den Entscheidungen der Vorinstanzen eine verfassungswidrige unentgeltliche Enteignung erblickt, geht er nicht von der für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellte Tatsache aus, dass diese Weiderechte durch den 1869 behördlich genehmigten Ablösungs- und Regulierungsvergleich abgelöst wurden und damit erloschen sind.

Eine jeden Zweifel ausschließende Bestimmtheit des Begehrens und dementsprechend auch des Spruches einer Entscheidung kann nur bei Geldforderungen verlangt werden. Es genügt sonst, dass sich bei der Berücksichtigung des Orts- und Sprachgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs entnehmen lässt, was damit gemeint ist (RIS-Justiz RS0000878). Die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten muss derart bestimmt sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreites in das Exekutionsverfahren kommt (7 Ob 325/98h). Nach dem Spruch des Erstgerichtes ist ohnehin der Viehauftrieb in dem von der Vollversammlung der Klägerin genehmigten Umfang vom Unterlassungsgebot ausgenommen. Warum damit nicht hinlänglich auf das unstrittig bestehende Weiderecht des Beklagten aufgrund der mit seiner Liegenschaft verbundenen Anteilsrechte an der Klägerin Bedacht genommen sein soll, vermag die Revision nicht plausibel darzulegen. Die Revision des Beklagten ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO hat der Beklagte der Klägerin die Kosten deren Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Unzulässigkeit der Revision aus diesem Grunde hingewiesen hat, zu ersetzen.Gemäß den Paragraphen 41 und 50 ZPO hat der Beklagte der Klägerin die Kosten deren Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Unzulässigkeit der Revision aus diesem Grunde hingewiesen hat, zu ersetzen.

Anmerkung

E66157 6Ob260.01f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00260.01F.0620.000

Dokumentnummer

JJT_20020620_OGH0002_0060OB00260_01F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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