TE OGH 2002/6/25 1Ob138/02d

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Veröffentlicht am 25.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Karl J*****, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Wolfgang G*****, vertreten durch Dr. Gabriele Schmid, Rechtsanwältin in Wien, wegen 21.801,85 EUR infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. März 2002, GZ 11 R 36/02y-20, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Jänner 2002, GZ 25 Cg 152/01h-15, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung:

Der Kläger verfügt über eine vollstreckbare Forderung gegen eine GmbH. Mit Schriftsatz vom 7. 1. 2002 (ON 14) änderte er die auf § 2 AnfO gestützte Klage dahin, der Beklagte sei schuldig, in die Zwangsversteigerung einer ihm gehörenden Liegenschaft zur Hereinbringung der eingangs bezeichneten Forderung einzuwilligen. Gleichzeitig beantragte er zur Sicherung des erhobenen Anfechtungsanspruchs die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots nach § 382 Z 6 EO. Er brachte vor, die Gesellschaft habe aufgrund eines Leasingvertrags einen Käufer für die geleaste Liegenschaft benennen dürfen. Sie habe einen ihrer Gesellschafter, nämlich den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden kurz: Beklagter), als Käufer namhaft gemacht, um die Tilgung der vollstreckbaren Forderung des Klägers zu vereiteln. Der Beklagte habe die Liegenschaft in der Folge "zu einem wesentlich günstigeren Preis erworben ... - nämlich unter Abzug der zwischenzeitig geleisteten Zahlungen im Rahmen des Leasingvertrags -" und sei "damit bereichert". Wäre "der Beklagte nicht als Käufer auf Grund des Käuferbenennungsrechts im Leasingvertrag namhaft gemacht worden", so "hätte die verpflichtete Partei ... dieses Recht ausüben und die Liegenschaft erwerben können, womit dann ein entsprechender Vermögensbestandteil vorhanden gewesen wäre". Der Beklagte müsse daher als nunmehriger Eigentümer der Liegenschaft den exekutiven Zugriff durch deren Zwangsversteigerung dulden.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Beklagten. Nach dessen Ansicht besteht die Gefahr, dass das Sicherungsobjekt durch einen weiteren Veräußerungsvorgang dem Zugriff der klagenden und gefährdeten Partei (im Folgenden kurz: Kläger) endgültig entzogen werde. Der Anfechtungsanspruch sei ein "anderer Anspruch" im Sinne des § 381 EO und könne deshalb durch die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots nach § 382 Z 6 EO gesichert werden.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Schuldnerin des Klägers sei nach dem erstatteten Vorbringen kein unmittelbarer Anspruch auf Herausgabe der Liegenschaft, sondern nur ein "Käuferbenennungsrecht" zugestanden. Es fehle an einem Vorbringen zur näheren inhaltlichen Ausgestaltung dieses Rechts. Es könne sich um ein Optionsrecht, die Liegenschaft um einen im Voraus bestimmten Preis zu erwerben, oder "um ein reines Käuferpräsentationsrecht" handeln, wofür der Abschluss eines Kaufvertrags zwischen der Leasinggesellschaft und dem Beklagten spreche. Gleichviel welches Recht die Schuldnerin des Klägers tatsächlich habe ausüben können, wäre es - "wenn überhaupt" - nur nach § 331 Abs 1 EO pfändbar gewesen. Unterstelle man - der Ansicht des Klägers folgend - die Pfändbarkeit dieses Rechts, so rechtfertige das noch nicht den geltend gemachten Sicherungsanspruch. Der Kläger habe behauptet, er hätte seine Schuldnerin, wäre die anfechtbare Rechtshandlung unterblieben, im Zuge einer Exekution gemäß § 331 EO in Ausübung deren Käuferpräsentationsrechts als Liegenschaftskäuferin namhaft machen können, um ihr auf diese Weise ein durch Zwangsversteigerung verwertbares Vermögensobjekt zu verschaffen. Dagegen sei nicht vorgebracht worden, dass die Schuldnerin des Klägers überhaupt in der Lage gewesen wäre, den - allenfalls unter dem Verkehrswert liegenden - Kaufpreis für die Liegenschaft zu entrichten. Der Kläger habe vielmehr schon in der Klage behauptet, die Exekution gegen die Gesellschaft sei gescheitert, weil die verpflichtete Partei nur noch über die Rechte aus dem Leasingvertrag als einzigen Vermögenswert verfüge. Angesichts dessen bestehe "keinerlei Anhaltspunkt" dafür, dass die Gesellschaft den - nach dem erstatteten Vorbringen - auch der Höhe nach unbestimmten Kaufpreis hätte zahlen können. Es mangle ferner an einem konkreten Vorbringen, was dem Vermögen der verpflichteten Partei durch die anfechtbare Rechtshandlung entgangen sei. Der Kläger hätte "den Wert des entzogenen Vermögensobjekts (Wert der Liegenschaft abzüglich des tatsächlich zu bezahlenden Kaufpreises)" anführen müssen. Die bloße Feststellung, der Kaufpreis, den der Beklagte bezahlt habe, sei hinter dem Verkehrswert zurückgeblieben, sei "keine ausreichende Bescheinigung" dafür, welcher Vermögenswert der Schulderin des Klägers tatsächlich entgangen sei. Im Provisorialverfahren bedürfe es keiner Anleitung des Sicherungswerbers zur Behebung von Inhaltsmängeln des Provisorialantrags. Die Behauptungen begrenzten den Prüfungsrahmen für die Frage nach der Berechtigung der begehrten Sicherungsmaßnahme. Das führe hier zur Antragsabweisung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, ob die "angefochtene Rechtshandlung (Abtretung eines aus einem Leasingvertrag erfließenden 'Käuferbenennungsrechts' an einen Dritten), gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen einen Anfechtungsanspruch dahin begründen" könne, dass "der Dritte, der infolge des 'Käuferbenennungsrechts' die Liegenschaft" erworben habe, "die Zwangsvollstreckung dieser Liegenschaft gegenüber dem Anfechtungskläger" dulden müsse.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger wendet sich nicht gegen die zutreffende Ansicht des Rekursgerichts, dass seine Behauptungen als Sicherungswerber den Rahmen bilden, innerhalb dessen zu prüfen ist, ob die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werden kann (SZ 61/219 ua). Er zieht auch nicht in Zweifel, dass eine richterliche Anleitung gemäß § 182 ZPO zur Behebung von Inhaltsmängeln eines Sicherungsantrags, die - wie ungenügende oder einander widersprechende Tatsachenbehauptungen - zur Abweisung des Provisorialbegehrens führen, im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht in Betracht kommt (7 Ob 322/01f; 1 Ob 293/99s ua). Er verficht jedoch die Ansicht, das Rekursgericht hätte auf Grundlage der als Bescheinigungsmittel vorgelegten Urkunden die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Sicherungsobjekts und dem "kalkulatorischen Restwert" unter Berücksichtigung der verstrichenen Leasingzeit selbst ermitteln und dabei herausfinden können, dass es sich "bei dem Käuferbenennungsrecht der verpflichteten Partei um einen vermögenswerten Anspruch handelt". Dieser Standpunkt widerspricht dem einleitend referierten Verfahrensgrundsatz und der gemäß § 389 Abs 1 EO unverzichtbaren Substanziierung des Sicherungsantrags auf der Ebene der Tatsachenbehauptungen. Damit korreliert die Maxime, dass der bloße Verweis auf Urkunden die für die Schlüssigkeit eines Begehrens erforderlichen Tatsachenbehauptungen nicht ersetzen kann (3 Ob 119/81; SZ 44/155; EvBl 1971/220), ist es doch nicht Aufgabe des Gerichts, vorgelegte Urkunden dahin zu überprüfen, ob sich ungenügendes Vorbringen daraus allenfalls vervollständigen ließe und auf diesem Weg die vom Antragsteller unterlassene Substanziierung des Sicherungsanspruchs von Amts wegen zu besorgen, ihn damit gleichsam von seiner Behauptungslast zu entbinden und eine Auswahl aus einem Bündel von Tatsachen zu treffen, die nur der Sicherungswerber selbst vornehmen kann und muss. Hier wurde im Sicherungsantrag (ON 14) überdies nicht einmal auf bestimmte Urkunden verwiesen, aus denen die Antragsbehauptungen - entsprechend den nunmehrigen Rechtsmittelausführungen - substanziierbar gewesen wären.

2. Eine Anfechtung - auch außerhalb des Konkurses (SZ 66/149) - ist nur dann befriedigungstauglich, wenn die Beseitigung der Wirkungen der Schuldnerhandlung die Befriedigungsaussichten des Anfechtungsklägers zu fördern geeignet ist; es genügt dabei schon, dass die damit bewirkte Verbesserung der Befriedigungsaussichten auch nur wahrscheinlich ist. Jede Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers auf das Schuldnervermögen ist daher im Grundsätzlichen als befriedigungstauglich anzusehen (ÖBA 2001, 730; 1 Ob 2178/96t; SZ 68/29). Da die Befriedigungstauglichkeit eines Anfechtungsanspruchs zum objektiven Tatbestand gehört, hat sie der Kläger zu behaupten und zu beweisen (SZ 68/29; 1 Ob 2178/96t).

2. 1. Die Antragsbehauptungen sind so zu verstehen, dass der Kläger bei Unterbleiben der anfechtbaren Rechtshandlung ein nach § 331 Abs 1 EO zu seinen Gunsten gepfändetes "Käuferbenennungsrecht" durch Namhaftmachung der Schuldnerin als Käuferin hätte verwerten können, um ihr so ein Vermögensobjekt zu verschaffen, auf das er zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung (offenkundig) durch Zwangsversteigerung Exekution hätte führen können. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger als Voraussetzung der Schlüssigkeit des Sicherungsbegehrens nach der unter 1. erläuterten Rechtslage auch behaupten müssen, dass seine Schuldnerin den Kaufpreis der Liegenschaft hätte finanzieren können und deren Vermögen deshalb durch die anfechtbare Rechtshandlung um die Differenz zwischen dem zu entrichtenden Kaufpreis und dem Verkehrswert der Liegenschaft verkürzt worden sei. Ein vom Kläger exekutiv ausgeübtes "Käuferbenennungsrecht" zu Gunsten der Schuldnerin hätte also dann zu keiner Mehrung des Gesellschaftsvermögens führen können, wenn die Gesellschaft zur Aufbringung des Kaufpreises gar nicht in der Lage gewesen wäre. Gerade diese Tatsache folgt aber aus den Klagebehauptungen, die Gesellschaft habe schon ein Vermögensverzeichnis nach § 47 Abs 2 EO vorgelegt und beim Recht auf "Übertragung der Liegenschaft" nach dem Leasingvertrag handle es sich "offensichtlich" um deren "einzigen Vermögenswert".

Solche Tatsachen tragen den geltenden gemachten Sicherungsanspruch nicht, mangelt es doch an den für die Schlüssigkeit des zu sichernden Anfechtungsanspruchs erforderlichen Behauptungen zur Befriedigungstauglichkeit. Hätte die Schuldnerin des Klägers die Leasingliegenschaft wegen eines Mangels an Mitteln käuflich nicht erwerben können, so wäre die exekutive Ausübung des Käuferbenennungsrechts zu Gunsten der Gesellschaft durch den Kläger als betreibender Gläubiger jedenfalls nicht befriedigungstauglich gewesen.

2. 2. Der Klägers wendet gegen die - auf der zuvor erläuterten Rechtslage - beruhenden Ausführungen des Rekursgerichts ein, dass er, wenn er "über das gepfändete und überwiesene Käuferbenennungsrecht ohne die Machenschaften der Beteiligten" hätte verfügen können, "aus der Differenz zwischen Verkehrswert einerseits und dem für den Kauf fixierten Restwert andererseits ein entsprechendes Agio" lukriert und sich so "Befriedigung" verschafft hätte. Deshalb seien "die Überlegungen, ob auch die Verpflichtete hiezu im Stande gewesen wäre, ... entbehrlich". Diese Ausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil sie auf im Rechtsmittelverfahren unzulässigen Neuerungen beruhen, hat doch der Kläger im Verfahren erster Instanz gerade nicht behauptet, dass er sich nach einem exekutiven Zugriff auf das "Käuferbenennungsrecht" selbst als Käufer namhaft gemacht und durch den Erwerb der Liegenschaft um einen Kaufpreis, der hinter dem Verkehrswert zurückgeblieben wäre, auch seine vollstreckbare Forderung gegen die Gesellschaft hereingebracht hätte. Nach den Erwägungen unter 1. begrenzen aber die Behauptungen des Sicherungswerbers den Rahmen, innerhalb dessen zu prüfen ist, ob die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werden kann.

3. Nach allen bisherigen Erwägungen musste das Sicherungsbegehren schon mangels Schlüssigkeit nach der unter 2. erörterten Rechtslage scheitern. Es bedarf daher nicht der Lösung jener Rechtsfragen, derentwegen die zweite Instanz den Revisionsrekurs zuließ, wären doch solche Rechtsausführungen - auf dem Boden des vom Kläger erstatteten Vorbringens - von rein theoretischer Bedeutung. Gemäß § 527 Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an die Beurteilung der zweiten Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Somit ist aber der Revisionsrekurs zurückzuweisen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 und §§ 78, 402 Abs 4 EO. Der Beklagte wies auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hin und hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung. Als Bemessungsgrundlage diente ein Betrag von 21.801,85 EUR.

Textnummer

E66104

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00138.02D.0625.000

Im RIS seit

25.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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