TE OGH 2002/6/26 12Os33/02 (12Os34/02)

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Veröffentlicht am 26.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Steindl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang A***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 2001, GZ 3b Vr 1163/95-84 sowie den Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit zu der im Verfahren AZ 3b Vr 1163/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher und der Verteidigerin Mag. Milisits, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Steindl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang A***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach Paragraphen 12, zweiter Fall, 302 Absatz eins, StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 2001, GZ 3b römisch fünf r 1163/95-84 sowie den Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit zu der im Verfahren AZ 3b römisch fünf r 1163/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher und der Verteidigerin Mag. Milisits, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Es verletzen das Gesetz

1./ der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit der Wolfgang A***** mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1997, GZ 3b Vr 1163/95-64, gemäß § 43 Abs 1 StGB gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, in der Bestimmung des § 494a Abs 7 StPO;1./ der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit der Wolfgang A***** mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1997, GZ 3b römisch fünf r 1163/95-64, gemäß Paragraph 43, Absatz eins, StGB gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, in der Bestimmung des Paragraph 494 a, Absatz 7, StPO;

2./ der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 2001, GZ 3b Vr 1163/95-84, mit dem die mit Urteil vom 9. Oktober 1997 verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, obwohl infolge der zu 1./ genannten Verlängerung der Probezeit noch nicht feststand, dass die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird, in dem sich aus § 43 Abs 2 StGB iVm §§ 53 und 56 StGB ergebenden Gebot, die endgültige Strafnachsicht erst nach Ablauf der Probezeit auszusprechen.2./ der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 2001, GZ 3b römisch fünf r 1163/95-84, mit dem die mit Urteil vom 9. Oktober 1997 verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, obwohl infolge der zu 1./ genannten Verlängerung der Probezeit noch nicht feststand, dass die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird, in dem sich aus Paragraph 43, Absatz 2, StGB in Verbindung mit Paragraphen 53 und 56 StGB ergebenden Gebot, die endgültige Strafnachsicht erst nach Ablauf der Probezeit auszusprechen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Oktober 1997, GZ 3b Vr 1163/95-64, wurde Wolfgang A***** wegen §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil erwuchs am 7. April 1998 in Rechtskraft.Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Oktober 1997, GZ 3b römisch fünf r 1163/95-64, wurde Wolfgang A***** wegen Paragraphen 12, zweiter Fall, 302 Absatz eins, StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil erwuchs am 7. April 1998 in Rechtskraft.

Wegen des innerhalb der Probezeit (am 20. August 1999 - ON 3) begangenen Vergehens des Diebstahls wurde Wolfgang A***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Bezirksgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 (und Abs 6) StPO den Beschluss, unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre vom Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen. Das Urteil und der Beschluss wurden am 8. August 2001 rechtskräftig. Die in § 494a Abs 7 StPO vorgeschriebene unverzügliche Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien von der Verlängerung der Probezeit unterblieb. Das Bezirksgericht Döbling ordnete vielmehr erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung in der Endverfügung (ON 39) am 3. September 2001 die Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien an, welche erst am 19. Dezember 2001 abgefertigt wurde und am folgenden Tag dort einlangte (3b Vr 1163/95-86). Inzwischen hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien in Unkenntnis der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit und damit noch vor deren Ablauf mit rechtskräftigem Beschluss vom 12. November 2001, GZ 3b Vr 1153/95-84, festgestellt, dass die über Wolfgang A***** verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen ist.Wegen des innerhalb der Probezeit (am 20. August 1999 - ON 3) begangenen Vergehens des Diebstahls wurde Wolfgang A***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, nach Paragraph 127, StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Bezirksgericht gemäß Paragraph 494 a, Absatz eins, Ziffer 2, (und Absatz 6,) StPO den Beschluss, unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre vom Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen. Das Urteil und der Beschluss wurden am 8. August 2001 rechtskräftig. Die in Paragraph 494 a, Absatz 7, StPO vorgeschriebene unverzügliche Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien von der Verlängerung der Probezeit unterblieb. Das Bezirksgericht Döbling ordnete vielmehr erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung in der Endverfügung (ON 39) am 3. September 2001 die Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien an, welche erst am 19. Dezember 2001 abgefertigt wurde und am folgenden Tag dort einlangte (3b römisch fünf r 1163/95-86). Inzwischen hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien in Unkenntnis der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit und damit noch vor deren Ablauf mit rechtskräftigem Beschluss vom 12. November 2001, GZ 3b römisch fünf r 1153/95-84, festgestellt, dass die über Wolfgang A***** verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen ist.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend zeigt die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde auf, dass dieser Beschluss und der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000 gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit nicht unverzüglich das Landesgericht für Strafsachen Wien verständigte, mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen:Zutreffend zeigt die Generalprokuratur in ihrer gemäß Paragraph 33, Absatz 2, StPO erhobenen Beschwerde auf, dass dieser Beschluss und der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000 gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit nicht unverzüglich das Landesgericht für Strafsachen Wien verständigte, mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen:

Zum einen setzt die Bestimmung des § 43 Abs 2 StGB über die endgültige Strafnachsicht voraus, dass die Strafe nicht widerrufen wird. Dieses Erfordernis war aber im Zeitpunkt der Beschlussfassung zufolge rechtswirksamer Verlängerung der Probezeit (und der damit verbundenen Möglichkeit des späteren Eintritts eines Widerrufsgrundes) noch nicht gegeben.Zum einen setzt die Bestimmung des Paragraph 43, Absatz 2, StGB über die endgültige Strafnachsicht voraus, dass die Strafe nicht widerrufen wird. Dieses Erfordernis war aber im Zeitpunkt der Beschlussfassung zufolge rechtswirksamer Verlängerung der Probezeit (und der damit verbundenen Möglichkeit des späteren Eintritts eines Widerrufsgrundes) noch nicht gegeben.

Diese Gesetzesverletzung aber wurde zum anderen ersichtlich durch die ihrerseits gesetzwidrige Säumigkeit des Bezirksgerichtes Döbling bei der Handhabung der Verständigungspflicht gemäß § 494a Abs 7 StPO ausgelöst. Diese Bestimmung soll nämlich sicherstellen, dass das von der neuen Entscheidung betroffene Gericht keine weitere Entscheidungskompetenz in Anspruch nimmt, was aber nur dann erreicht werden kann, wenn die Verständigung ohne Rücksicht auf deren Rechtskraft unmittelbar nach der jeweiligen Entscheidung nach § 494a StPO vorgenommen wird (12 Os 171, 172/98 uva).Diese Gesetzesverletzung aber wurde zum anderen ersichtlich durch die ihrerseits gesetzwidrige Säumigkeit des Bezirksgerichtes Döbling bei der Handhabung der Verständigungspflicht gemäß Paragraph 494 a, Absatz 7, StPO ausgelöst. Diese Bestimmung soll nämlich sicherstellen, dass das von der neuen Entscheidung betroffene Gericht keine weitere Entscheidungskompetenz in Anspruch nimmt, was aber nur dann erreicht werden kann, wenn die Verständigung ohne Rücksicht auf deren Rechtskraft unmittelbar nach der jeweiligen Entscheidung nach Paragraph 494 a, StPO vorgenommen wird (12 Os 171, 172/98 uva).

Da sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Vorteil des Verurteilten auswirkten, muss es insoweit - anders als bei Vorliegen von begrifflich miteinander völlig unvereinbaren Entscheidungen - mit der Feststellung der Gesetzesverletzungen sein Bewenden haben.

Anmerkung

E65995 12Os33.02

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0120OS00033.02.0626.000

Dokumentnummer

JJT_20020626_OGH0002_0120OS00033_0200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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