TE OGH 2002/6/26 7Ob129/02z

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Veröffentlicht am 26.06.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Tamara K*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Manfred S*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 9. April 2002, GZ 3 R 62/02b-56, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 31. Jänner 2001, GZ 6 P 1409/95b-51, infolge Rekurses des Vaters bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Unterhaltspflicht des Vaters für seine ae geborene, bei der Mutter lebende damals noch minderjährige Tochter Tamara wurde zuletzt mit Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vom 12. 10. 1998 ab 1. 10. 1998 mit monatlich S 2.700,-- festgesetzt.

Am 3. 4. 2001 beantragte der Vater, ihn von seiner Unterhaltspflicht (gänzlich) zu befreien, weil er arbeitslos sei, nur Arbeitslosengeld von monatlich rund S 10.000,-- erhalte und davon auch noch Kreditrückzahlungsverpflichtungen nachkommen müsse, die aus seiner selbständigen Tätigkeit als Gastwirt resultierten.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Nach seinen Feststellungen erlernte der Vater, der noch für zwei eheliche Kinde sorgepflichtig ist, nach Ablegung der Matura den Beruf eines Touristikkaufmannes und war sodann ua in mehreren Unternehmen Kellner und Oberkellner. Zwischen 1996 und Anfang 2001 arbeitete er als selbständiger Gastwirt, war danach arbeitslos und dann wieder als Kellner tätig. Im Jänner 1999 erlitt er eine Gehirnblutung, die aber folgenlos abheilte, sodass er nun wieder arbeitsfähig ist. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Unterhaltsbefreiungsantrag sei unberechtigt, weil es dem Vater möglich wäre, als Kellner netto monatlich S 15.000,-- zu verdienen. Die vom Vater angeführten Schulden seien bei der Unterhaltsbemessung nicht zu berücksichtigen.

Das Rekursgericht bestätigte die vom Vater nur insoweit angefochtene erstgerichtliche Entscheidung, als die monatliche Unterhaltsverpflichtung nicht auf EUR 72,67 (S 1.000,--) reduziert worden war. Der Vater wäre als pflichtgemäßer Familienvater dazu verhalten gewesen, sich bereits vor Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit wegen schlechten Geschäftsganges um eine Arbeitsstelle als Kellner umzuschauen. Dann aber hätte er ab April 2001 einen Arbeitsplatz finden können, zumal er im gesamten Bundesgebiet Arbeit gesucht habe. Als Kellner hätte er deutlich mehr als S 15.000,-- oder rund EUR 1.090,-- verdienen können. Er sei zwar zeitweise krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen, doch hätte dies nur eine befristete und nicht wesentlich ins Gewicht fallende Verminderung seines Einkommens bedeutet, die über einen längeren Zeitraum hinweg an der Höhe seiner Unterhaltspflicht nichts geändert habe. Jene Verbindlichkeiten, die in der Zeit der selbständigen Erwerbstätigkeit des Vaters entstanden seien, verminderten die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht. Auch wenn man eine geringfügige weitere Unterhaltspflicht des Vaters für seine Ehefrau annehmen wollte, wäre er mit einem Einkommen von EUR 1.090,-- neben seinen Sorgepflichten für die beiden ehelichen Kinder immer noch in der Lage, den bisherigen Unterhalt für Tamara zu zahlen. Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag des Vaters gemäß § 14a AußStrG aber dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs doch für zulässig erklärte. Der Vater mache geltend, seine frühere selbständige Erwerbstätigkeit zeitige noch "Nachwirkungen" in Form von Bankschulden, Honorarverbindlichkeiten gegenüber seiner früheren Steuerberaterin, Forderungen der Gebietskrankenkasse usw. Dies hätte bei der Unterhaltsbemessung entsprechend berücksichtigt werden müssen. Inwieweit derartige finanzielle Verpflichtungen aus einer früheren selbständigen Unternehmertätigkeit tatsächlich in Rechnung zu stellen seien, könne eine Rechtsfrage bilden, der über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zukomme.Das Rekursgericht bestätigte die vom Vater nur insoweit angefochtene erstgerichtliche Entscheidung, als die monatliche Unterhaltsverpflichtung nicht auf EUR 72,67 (S 1.000,--) reduziert worden war. Der Vater wäre als pflichtgemäßer Familienvater dazu verhalten gewesen, sich bereits vor Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit wegen schlechten Geschäftsganges um eine Arbeitsstelle als Kellner umzuschauen. Dann aber hätte er ab April 2001 einen Arbeitsplatz finden können, zumal er im gesamten Bundesgebiet Arbeit gesucht habe. Als Kellner hätte er deutlich mehr als S 15.000,-- oder rund EUR 1.090,-- verdienen können. Er sei zwar zeitweise krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen, doch hätte dies nur eine befristete und nicht wesentlich ins Gewicht fallende Verminderung seines Einkommens bedeutet, die über einen längeren Zeitraum hinweg an der Höhe seiner Unterhaltspflicht nichts geändert habe. Jene Verbindlichkeiten, die in der Zeit der selbständigen Erwerbstätigkeit des Vaters entstanden seien, verminderten die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht. Auch wenn man eine geringfügige weitere Unterhaltspflicht des Vaters für seine Ehefrau annehmen wollte, wäre er mit einem Einkommen von EUR 1.090,-- neben seinen Sorgepflichten für die beiden ehelichen Kinder immer noch in der Lage, den bisherigen Unterhalt für Tamara zu zahlen. Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag des Vaters gemäß Paragraph 14 a, AußStrG aber dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs doch für zulässig erklärte. Der Vater mache geltend, seine frühere selbständige Erwerbstätigkeit zeitige noch "Nachwirkungen" in Form von Bankschulden, Honorarverbindlichkeiten gegenüber seiner früheren Steuerberaterin, Forderungen der Gebietskrankenkasse usw. Dies hätte bei der Unterhaltsbemessung entsprechend berücksichtigt werden müssen. Inwieweit derartige finanzielle Verpflichtungen aus einer früheren selbständigen Unternehmertätigkeit tatsächlich in Rechnung zu stellen seien, könne eine Rechtsfrage bilden, der über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 16 Abs 3 AußStrG), ist der Revisionsrekurs des Vaters mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig.Entgegen diesem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (Paragraph 16, Absatz 3, AußStrG), ist der Revisionsrekurs des Vaters mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG unzulässig.

Zur Berücksichtigung von Schulden und insbesondere von Kreditverbindlichkeiten bei Ermittlung der Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage besteht eine reichhaltige Rechtsprechung dahin, dass (Kredit-)Rückzahlungsraten grundsätzlich nicht abzugsfähig sind (RZ 1991/70; ÖA 1992, 57; NZ 1992, 57; EFSlg 68.303; EFSlg 71.261; ÖA 1995, 165/F 100; 1 Ob 217/99i ua). Zur Schuldtilgung aufgewandte Beträge werden lediglich dann ausnahmsweise doch als einkommensmindernd anerkannt, wenn die Verschuldung der Finanzierung existenznotwendiger Bedürfnisse, unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen oder der Erhaltung der Arbeitskraft des Unterhaltsschuldners diente (RZ 1991/70; JBl 1991, 720; EFSlg 73.205;

5 Ob 520/95, ZIK 1996, 35; 1 Ob 2121/96k; 1 Ob 217/99i mwN;

RIS-Justiz RS0007202, zuletzt 7 Ob 69/02a). Ob Schuldtilgungen im konkreten Einzelfall abzugsfähig sind, ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln, wobei der Zeitpunkt und die Art der Entstehung der Schulden, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Berechtigten und des Schuldners sowie das Interesse an einer Schuldtilgung, um die Verbindlichkeiten nicht weiter anwachsen zu lassen und somit die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht zu verringern, nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind (RZ 1991/70; 1 Ob 8/98b; 1 Ob 217/99i ua; Gitschthaler in JBl 1997, 34; ders, Unterhaltsrecht Rz 209 mwN). Nur wenn sich aus dieser Interessenabwägung ergibt, dass sich der Unterhaltspflichtige wegen notwendiger und nicht anders finanzierbarer Anschaffungen für den Beruf oder die allgemeine Lebensführung belastete, können solche in Kenntnis bestehender Unterhaltspflichten begründete Schulden die Unterhaltsbemessungsgrundlage mindern. Die näheren Umstände für die ausnahmsweise Berücksichtigung von Belastungen durch Schuldtilgungen bzw Kreditrückzahlungen sind vom Unterhaltsschuldner zu behaupten und zu beweisen bzw zu bescheinigen (JBl 1991, 720; EFSlg 74.938; EFSlg 80.525; EFSlg 86.509; EvBl 1998/175; 1 Ob 217/99i ua). Im vorliegenden Fall hat der Vater lediglich vorgebracht, wem er welche Beträge schulde und dass es sich dabei um "Nachwirkungen" seiner selbständigen Tätigkeit handle. Dass die gegenständlichen Schulden im Sinne der eben dargestellten Judikaturgrundsätze berücksichtigungswürdig wären, hat er nicht behauptet bzw dargetan, sodass für die Vorinstanzen kein Anlass bestand, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Eine iSd § 14 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage wird im Revisionsrekurs sohin nicht aufgeworfen. Da auch Umstände, wonach Gründe der Einzelfallgerechtigkeit hier eine Korrektur der vorinstanzlichen Entscheidungen durch den Obersten Gerichtshof erforderten, nicht dargelegt wurden bzw nicht erkennbar sind, war der Revisionsrekurs mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß § 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.RIS-Justiz RS0007202, zuletzt 7 Ob 69/02a). Ob Schuldtilgungen im konkreten Einzelfall abzugsfähig sind, ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln, wobei der Zeitpunkt und die Art der Entstehung der Schulden, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Berechtigten und des Schuldners sowie das Interesse an einer Schuldtilgung, um die Verbindlichkeiten nicht weiter anwachsen zu lassen und somit die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht zu verringern, nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind (RZ 1991/70; 1 Ob 8/98b; 1 Ob 217/99i ua; Gitschthaler in JBl 1997, 34; ders, Unterhaltsrecht Rz 209 mwN). Nur wenn sich aus dieser Interessenabwägung ergibt, dass sich der Unterhaltspflichtige wegen notwendiger und nicht anders finanzierbarer Anschaffungen für den Beruf oder die allgemeine Lebensführung belastete, können solche in Kenntnis bestehender Unterhaltspflichten begründete Schulden die Unterhaltsbemessungsgrundlage mindern. Die näheren Umstände für die ausnahmsweise Berücksichtigung von Belastungen durch Schuldtilgungen bzw Kreditrückzahlungen sind vom Unterhaltsschuldner zu behaupten und zu beweisen bzw zu bescheinigen (JBl 1991, 720; EFSlg 74.938; EFSlg 80.525; EFSlg 86.509; EvBl 1998/175; 1 Ob 217/99i ua). Im vorliegenden Fall hat der Vater lediglich vorgebracht, wem er welche Beträge schulde und dass es sich dabei um "Nachwirkungen" seiner selbständigen Tätigkeit handle. Dass die gegenständlichen Schulden im Sinne der eben dargestellten Judikaturgrundsätze berücksichtigungswürdig wären, hat er nicht behauptet bzw dargetan, sodass für die Vorinstanzen kein Anlass bestand, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Eine iSd Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG erhebliche Rechtsfrage wird im Revisionsrekurs sohin nicht aufgeworfen. Da auch Umstände, wonach Gründe der Einzelfallgerechtigkeit hier eine Korrektur der vorinstanzlichen Entscheidungen durch den Obersten Gerichtshof erforderten, nicht dargelegt wurden bzw nicht erkennbar sind, war der Revisionsrekurs mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Anmerkung

E66257 7Ob129.02z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00129.02Z.0626.000

Dokumentnummer

JJT_20020626_OGH0002_0070OB00129_02Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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