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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M F in E, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom 3. Juni 2003, Zl uvs- 2003/18/011-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach Außen berufenes Organ eines näher genannten Unternehmens in E, Bundesrepublik Deutschland, zu verantworten, dass dieses Unternehmen veranlasst habe, dass ein (namentlich genannter) Lenker (eines nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges) am 8. August 2002 eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich von Italien nach Österreich durchgeführt und dabei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular bzw keine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt habe und ferner auch kein Ecotag-Gerät zur automatischen Abbuchung der erforderlichen Ökopunkte vorhanden gewesen sei. Seitens dieses Unternehmens sei es unterlassen worden, dem Lenker vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben.
Deshalb wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 Z 6 iVm § 9 Abs 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 iVm § 9 Abs 1 VStG zur Last gelegt, über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 21 Tagen) verhängt.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Diese Rüge erweist sich als zielführend.
§ 51e Abs 1 bis 4 VStG idF BGBl I Nr 65/2002 lauten (auszugsweise):
"§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. ... .
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, entgegensteht."
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis den ihm dort vorgehaltenen Sachverhalt bestritten und vorgebracht, dass in seinem Fall angesichts der Umladung des Transportguts am österreichischen Entladeort von einer nicht der Ökopunktepflicht unterliegenden "bilateralen Fahrt" auszugehen sei. Die belangte Behörde nahm von der Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung ohne nähere Begründung Abstand. Nach der Aktenlage liegen die Voraussetzungen für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung, wie sie in § 51e Abs 3 Z 1 bis 4 VStG umschrieben werden, nicht vor; insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nicht auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet hat. Im vorliegenden Fall hätte sich die belangte Behörde bei einer mündlichen Verhandlung mit dem besagten Vorbringen näher auseinandersetzen und den behaupteten Sachverhalt klären können. Damit ist vorliegend aber kein Fall gegeben, in dem die belangte Behörde im Grund des § 51e Abs 3 VStG von einer Berufungsverhandlung - wie sie gemäß § 51e Abs 1 leg cit in der Regel durchzuführen ist - absehen durfte.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer Verhandlung zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet. Dieser war somit gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet (im Rahmen des gestellten Begehrens) auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 20. März 2007
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2003030274.X00Im RIS seit
24.04.2007