TE OGH 2002/7/11 6Ob165/02m

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Veröffentlicht am 11.07.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adolf H*****, vertreten durch Dr. Robert Krivanec, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Michael L*****, vertreten durch Dr. Florence Burkhart, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 2 Cg 262/94t des Landesgerichtes Salzburg, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 16. April 2002, GZ 2 R 202/01s-31, mit dem das "Urteil" des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Mai 2001, GZ 2 Cg 14/00h-22, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat dem Beklagten die mit 1.773,90 EUR (darin enthalten 295,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im wiederaufzunehmenden Verfahren begehrte der Kläger vom Beklagten 597.669,78 S an Schadenersatz. Der Beklagte habe als sein damaliger Rechtsvertreter die am 25. 6. 1988 drohende Verjährung seiner Schadenersatzansprüche gegen seinen ehemaligen Sachwalter Dr. M***** nicht beachtet und die Klage verspätet eingebracht, sodass das Klagebegehren abgewiesen worden sei. Der Kläger legte im wiederaufzunehmenden Verfahren unter anderem eine Urkunde vor, die ihrer äußeren Form nach eine mit 16. 5. 1988 datierte Erklärung des Dr. M***** enthält, auf die Verjährungseinrede im Fall einer Schadenersatzklage des Klägers gegen ihn zu verzichten. In Wahrheit hatte es aber Dr. M***** trotz eines in Vertretung des Klägers vom Rechtsanwalt Dr. S***** verfassten Ersuchens um einen schriftlichen Verjährungsverzicht abgelehnt, eine solche Erklärung abzugeben. Daraufhin ließ der Kläger das Schreiben vom 16. 5. 1988 von seiner Lebensgefährtin unter Verwendung eines in seinen Händen befindlichen Originalschreibens des Dr. M***** an den Rechtsanwalt Dr. S***** erstellen. Das gefälschte Schreiben wurde an Rechtsanwalt Dr. S***** adressiert und lautet auszugsweise ".... Ihr Schreiben vom 6. des Monats habe ich erhalten und bin vom Inhalt keineswegs überrascht, zumal die von Herrn H***** (Kläger) wiederholt behauptete schlechte Vertretung in der Causa Dr. B***** doch nur subjektiv begründet ist. Aus diesem Grunde erkläre ich hiermit auch meinen Verzicht auf die Verjährungseinwendung in einer Schadenersatzklage gegen mich durch Herrn H***** (Kläger). Ich ersuche Sie jedoch, mich wie bereits besprochen, vor Einbringung einer diesbezüglichen Klage zu einem späteren Zeitpunkt zu benachrichtigen. Indessen zeichne ich ....". Diese Urkunde legte der Kläger erst im seinerzeitigen Berufungsverfahren vor. Dies begründete er im wiederaufzunehmenden Verfahren damit, dass zu einer früheren Bekanntgabe des Verjährungsverzichtes gegenüber dem Beklagten keine Veranlassung bestanden habe, weil nach dessen Auskunft ohnehin keine Verjährungsgefahr vorgelegen sei. Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten im Vorverfahren zur Zahlung von 15.000 S und wies das Mehrbegehren ab, wobei es davon ausging, dass der Beklagte lediglich einen Schadensbetrag von 30.000 S zu vertreten habe und den Kläger ein Mitverschulden zur Hälfte treffe, weil er dem Beklagten nicht rechtzeitig die in seinen Händen befindliche Verjährungsverzichtserklärung des Dr. M***** übergeben habe. Das Berufungsgericht führte eine teilweise Beweiswiederholung durch und vernahm auch den Kläger nochmals. Der Kläger erwähnte nichts davon, dass die Urkunde gefälscht war. Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilzwischenurteil den Zuspruch von 15.000 S und die Abweisung hinsichtlich desselben Teilbetrages, sprach aus, dass das übrige Klagebegehren (567.669,78 S) dem Grunde nach zu 50 % zu Recht und zu 50 % nicht zu Recht bestehe und trug dem Erstgericht insoweit auf, nach Verfahrensergänzung mit Endurteil der Höhe nach zu entscheiden. Das Berufungsgericht warf dem Beklagten im Hinblick auf die Verjährungsfrage eine unrichtige Rechtsberatung vor, lastete dem Kläger aber ein Mitverschulden von 50 % an, weil er den Beklagten nicht sogleich von der Verjährungsverzichtserklärung des Dr. M***** informiert habe. Wäre dem Beklagten der Verjährungsverzicht zur Kenntnis gelangt, hätte der Verjährungseinrede des Dr. M***** aller Wahrscheinlichkeit nach mit Erfolg die Replik der Arglist entgegenhalten können. Eine vom Beklagten gegen diese Entscheidung eingebrachte außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen. Eine Endentscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren ist noch nicht ergangen. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Wiederaufnahme dieses Verfahrens gemäß § 530 Abs 1 Z 1 ZPO. Nach Erhalt des Teilzwischenurteiles des Berufungsgerichtes habe er im Zuge von Nachforschungen durch Einsicht in einen bereits abgelegten Handakt mit Sicherheit feststellen können, dass die die Verjährungsverzichtserklärung enthaltende Urkunde eine Fälschung darstelle. Er selbst habe diese Urkunde im Mai 1988 nach einem Streit mit Dr. M***** hergestellt, zunächst aber nicht verwendet, sondern sie erst im März 1993 gemeinsam mit einer von ihm verfassten Berufung im Rechtsstreit gegen Dr. M***** dem Gericht vorgelegt. Der Beklagte habe nach Zurückstellung der Berufung zur Verbesserung ohne Zustimmung des Klägers eine vom Kläger in der Folge nicht genehmigte Wiederaufnahmsklage auf diese Urkunde gestützt. Bei seiner Einvernahme im Berufungsverfahren sei dem Kläger die Tatsache der Fälschung nicht mehr erinnerlich gewesen. Zudem sei er dadurch, dass er damals in Untersuchungshaft gewesen sei, beeinträchtigt gewesen. Wäre dem Gericht im wiederaufzunehmenden Verfahren bekannt gewesen, dass die Verjährungsverzichtserklärung eine Fälschung sei, wäre eine für den Kläger günstigere Entscheidung gefällt worden. Das Erstgericht übermittelte den Akt zunächst gemäß § 539 Abs 1 ZPO der Staatsanwaltschaft, die daraufhin am 24. 7. 2000 das Verfahren gegen den Kläger "wegen § 223 Abs 2 StGB" am 24. 7. 2000 gemäß § 90 Abs 1 StPO infolge Verjährung einstellte und hievon das Erstgericht in Kenntnis setzte.Im wiederaufzunehmenden Verfahren begehrte der Kläger vom Beklagten 597.669,78 S an Schadenersatz. Der Beklagte habe als sein damaliger Rechtsvertreter die am 25. 6. 1988 drohende Verjährung seiner Schadenersatzansprüche gegen seinen ehemaligen Sachwalter Dr. M***** nicht beachtet und die Klage verspätet eingebracht, sodass das Klagebegehren abgewiesen worden sei. Der Kläger legte im wiederaufzunehmenden Verfahren unter anderem eine Urkunde vor, die ihrer äußeren Form nach eine mit 16. 5. 1988 datierte Erklärung des Dr. M***** enthält, auf die Verjährungseinrede im Fall einer Schadenersatzklage des Klägers gegen ihn zu verzichten. In Wahrheit hatte es aber Dr. M***** trotz eines in Vertretung des Klägers vom Rechtsanwalt Dr. S***** verfassten Ersuchens um einen schriftlichen Verjährungsverzicht abgelehnt, eine solche Erklärung abzugeben. Daraufhin ließ der Kläger das Schreiben vom 16. 5. 1988 von seiner Lebensgefährtin unter Verwendung eines in seinen Händen befindlichen Originalschreibens des Dr. M***** an den Rechtsanwalt Dr. S***** erstellen. Das gefälschte Schreiben wurde an Rechtsanwalt Dr. S***** adressiert und lautet auszugsweise ".... Ihr Schreiben vom 6. des Monats habe ich erhalten und bin vom Inhalt keineswegs überrascht, zumal die von Herrn H***** (Kläger) wiederholt behauptete schlechte Vertretung in der Causa Dr. B***** doch nur subjektiv begründet ist. Aus diesem Grunde erkläre ich hiermit auch meinen Verzicht auf die Verjährungseinwendung in einer Schadenersatzklage gegen mich durch Herrn H***** (Kläger). Ich ersuche Sie jedoch, mich wie bereits besprochen, vor Einbringung einer diesbezüglichen Klage zu einem späteren Zeitpunkt zu benachrichtigen. Indessen zeichne ich ....". Diese Urkunde legte der Kläger erst im seinerzeitigen Berufungsverfahren vor. Dies begründete er im wiederaufzunehmenden Verfahren damit, dass zu einer früheren Bekanntgabe des Verjährungsverzichtes gegenüber dem Beklagten keine Veranlassung bestanden habe, weil nach dessen Auskunft ohnehin keine Verjährungsgefahr vorgelegen sei. Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten im Vorverfahren zur Zahlung von 15.000 S und wies das Mehrbegehren ab, wobei es davon ausging, dass der Beklagte lediglich einen Schadensbetrag von 30.000 S zu vertreten habe und den Kläger ein Mitverschulden zur Hälfte treffe, weil er dem Beklagten nicht rechtzeitig die in seinen Händen befindliche Verjährungsverzichtserklärung des Dr. M***** übergeben habe. Das Berufungsgericht führte eine teilweise Beweiswiederholung durch und vernahm auch den Kläger nochmals. Der Kläger erwähnte nichts davon, dass die Urkunde gefälscht war. Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilzwischenurteil den Zuspruch von 15.000 S und die Abweisung hinsichtlich desselben Teilbetrages, sprach aus, dass das übrige Klagebegehren (567.669,78 S) dem Grunde nach zu 50 % zu Recht und zu 50 % nicht zu Recht bestehe und trug dem Erstgericht insoweit auf, nach Verfahrensergänzung mit Endurteil der Höhe nach zu entscheiden. Das Berufungsgericht warf dem Beklagten im Hinblick auf die Verjährungsfrage eine unrichtige Rechtsberatung vor, lastete dem Kläger aber ein Mitverschulden von 50 % an, weil er den Beklagten nicht sogleich von der Verjährungsverzichtserklärung des Dr. M***** informiert habe. Wäre dem Beklagten der Verjährungsverzicht zur Kenntnis gelangt, hätte der Verjährungseinrede des Dr. M***** aller Wahrscheinlichkeit nach mit Erfolg die Replik der Arglist entgegenhalten können. Eine vom Beklagten gegen diese Entscheidung eingebrachte außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen. Eine Endentscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren ist noch nicht ergangen. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Wiederaufnahme dieses Verfahrens gemäß Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO. Nach Erhalt des Teilzwischenurteiles des Berufungsgerichtes habe er im Zuge von Nachforschungen durch Einsicht in einen bereits abgelegten Handakt mit Sicherheit feststellen können, dass die die Verjährungsverzichtserklärung enthaltende Urkunde eine Fälschung darstelle. Er selbst habe diese Urkunde im Mai 1988 nach einem Streit mit Dr. M***** hergestellt, zunächst aber nicht verwendet, sondern sie erst im März 1993 gemeinsam mit einer von ihm verfassten Berufung im Rechtsstreit gegen Dr. M***** dem Gericht vorgelegt. Der Beklagte habe nach Zurückstellung der Berufung zur Verbesserung ohne Zustimmung des Klägers eine vom Kläger in der Folge nicht genehmigte Wiederaufnahmsklage auf diese Urkunde gestützt. Bei seiner Einvernahme im Berufungsverfahren sei dem Kläger die Tatsache der Fälschung nicht mehr erinnerlich gewesen. Zudem sei er dadurch, dass er damals in Untersuchungshaft gewesen sei, beeinträchtigt gewesen. Wäre dem Gericht im wiederaufzunehmenden Verfahren bekannt gewesen, dass die Verjährungsverzichtserklärung eine Fälschung sei, wäre eine für den Kläger günstigere Entscheidung gefällt worden. Das Erstgericht übermittelte den Akt zunächst gemäß Paragraph 539, Absatz eins, ZPO der Staatsanwaltschaft, die daraufhin am 24. 7. 2000 das Verfahren gegen den Kläger "wegen Paragraph 223, Absatz 2, StGB" am 24. 7. 2000 gemäß Paragraph 90, Absatz eins, StPO infolge Verjährung einstellte und hievon das Erstgericht in Kenntnis setzte.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Urkunde sei für das Ergebnis des Vorverfahrens ohne Bedeutung gewesen. Auf eine selbst gefälschte Urkunde könne eine Wiederaufnahmsklage mangels Rechtschutzinteresses nicht gestützt werden. Die Klage sei verfristet, weil die Tatsache der Fälschung in einem solchen Fall dem Fälscher bekannt sei, sodass die 4-wöchige Frist des § 534 ZPO nicht erst mit der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung oder der Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens (§ 534 Abs 2 Z 3 ZPO) zu laufen beginne.Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Urkunde sei für das Ergebnis des Vorverfahrens ohne Bedeutung gewesen. Auf eine selbst gefälschte Urkunde könne eine Wiederaufnahmsklage mangels Rechtschutzinteresses nicht gestützt werden. Die Klage sei verfristet, weil die Tatsache der Fälschung in einem solchen Fall dem Fälscher bekannt sei, sodass die 4-wöchige Frist des Paragraph 534, ZPO nicht erst mit der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung oder der Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens (Paragraph 534, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO) zu laufen beginne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es schenkte der Aussage des Klägers, er habe die Tatsache der Fälschung vergessen gehabt, keinen Glauben und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass eine vom Wiederaufnahmskläger selbst vorgenommene Urkundenfälschung keinen Wiederaufnahmsgrund bilde, weil dieser immer von der Fälschung gewusst habe. Wiederaufnahmsgründe setzten voraus, dass ein neues Beweismittel hervorkomme, das der Wiederaufnahmskläger im vorangehenden Verfahren nicht benützen habe können. Das Gericht zweiter Instanz gab der "Berufung" des Beklagten, die es als Rekurs wertete, nicht Folge und bestätigte die von ihm als Beschluss aufgefasste Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, dass die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen werde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Berufungsgericht schließe sich den Lehrmeinungen an, wonach der Täter der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Urkundenfälschung nicht der Wiederaufnahmskläger selbst sein könne. Einer Prozesspartei, die den Wiederaufnahmsgrund durch eine vorsätzliche Straftat selbst herbeiführe, sei kein Rechtschutzbedürfnis für eine Wiederaufnahmsklage zuzubilligen. Im Hinblick auf die Prozessbehauptung des Klägers, die Entscheidung in der Hauptsache gründe sich auf eine von ihm fälschlich angefertigte oder verfälschte Urkunde, sei bereits die Wiederaufnahmsklage selbst unschlüssig. Sie sei daher gemäß § 543 ZPO zurückzuweisen. Diesen Standpunkt habe sinngemäß schon das Erstgericht eingenommen, das sich demnach nur in der Entscheidungsform vergriffen habe. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 1 ZPO auch von demjenigen geltend gemacht werden könne, der die Urkunde selbst ge- oder verfälscht habe.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es schenkte der Aussage des Klägers, er habe die Tatsache der Fälschung vergessen gehabt, keinen Glauben und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass eine vom Wiederaufnahmskläger selbst vorgenommene Urkundenfälschung keinen Wiederaufnahmsgrund bilde, weil dieser immer von der Fälschung gewusst habe. Wiederaufnahmsgründe setzten voraus, dass ein neues Beweismittel hervorkomme, das der Wiederaufnahmskläger im vorangehenden Verfahren nicht benützen habe können. Das Gericht zweiter Instanz gab der "Berufung" des Beklagten, die es als Rekurs wertete, nicht Folge und bestätigte die von ihm als Beschluss aufgefasste Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, dass die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen werde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Berufungsgericht schließe sich den Lehrmeinungen an, wonach der Täter der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Urkundenfälschung nicht der Wiederaufnahmskläger selbst sein könne. Einer Prozesspartei, die den Wiederaufnahmsgrund durch eine vorsätzliche Straftat selbst herbeiführe, sei kein Rechtschutzbedürfnis für eine Wiederaufnahmsklage zuzubilligen. Im Hinblick auf die Prozessbehauptung des Klägers, die Entscheidung in der Hauptsache gründe sich auf eine von ihm fälschlich angefertigte oder verfälschte Urkunde, sei bereits die Wiederaufnahmsklage selbst unschlüssig. Sie sei daher gemäß Paragraph 543, ZPO zurückzuweisen. Diesen Standpunkt habe sinngemäß schon das Erstgericht eingenommen, das sich demnach nur in der Entscheidungsform vergriffen habe. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob der Wiederaufnahmsgrund des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO auch von demjenigen geltend gemacht werden könne, der die Urkunde selbst ge- oder verfälscht habe.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 534 Abs 1 und Abs 2 Z 3 ZPO ist die Wiederaufnahmsklage in den Fällen des § 530 Z 1 bis 5 ZPO binnen der Notfrist von vier Wochen von dem Tag an gerechnet einzubringen, an welchem das strafgerichtliche Urteil oder der die Einstellung eines strafgerichtlichen Verfahrens aussprechende Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Klage daher nicht verfristet, hat doch erst das Vorgehen des Erstgerichtes nach § 539 ZPO zur strafgerichtlichen Prüfung des geltend gemachten Wiederaufnahmstatbestandes und zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens "aus anderen Gründen als wegen mangelnden Tatbestandes oder wegen Mangels an Beweisen" (vgl § 539 Abs 2 ZPO) geführt. Nach § 530 Abs 1 Z 1 ZPO kann ein Verfahren auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn eine Urkunde, auf welche die Entscheidung gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht ist" und - seit der Anpassung der Wiederaufnahmegründe an das Strafgesetzbuch durch das BGBl 1974/499 - nach Z 3, wenn die Entscheidung (unter anderem) "durch eine als Urkundenfälschung (§ 223 StGB) gerichtlich strafbare Handlung des Vertreters der Partei, ihres Gegners oder dessen Vertreters erwirkt wurde." Die beiden Bestimmungen überschneiden sich demnach bei Vorliegen des Tatbestandes des § 223 StGB, wobei allerdings die Z 3 den Täterkreis auf die Parteienvertreter und den Gegner des Wiederaufnahmsklägers beschränkt. Der Wiederaufnahmsgrund der Z 3 scheidet bei einer Urkundenfälschung durch jene Partei, die sich darauf stützen will, schon deshalb aus, weil sie von der dort genannten Tätergruppe nicht umfasst ist. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass demnach der Wiederaufnahmsgrund der Z 1 vorliegen müsste. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber als selbstverständlich unterstellte, dass das Setzen des Tatbestandes des § 223 StGB (Abs 1: das Herstellen oder Verfälschen der Urkunde, Abs 2: das Gebrauchen der Urkunde im Rechtsverkehr) durch die von der nachteiligen Entscheidung im Vorprozess betroffene Partei selbst keinen Wiederaufnahmsgrund bildet. Es wäre sonst unverständlich, warum nicht auch diese Partei in Z 3 als in Betracht kommender Täter genannt ist, sondern der Täterkreis bei den dort genannten Wiederaufnahmsgründen ausdrücklich auf die Parteienvertreter und den Prozessgegner (anstatt auf die Parteien und deren Vertreter) eingeschränkt wurde. Der Tatbestand der Z 1 kann sich daher im Fall des § 223 StGB nur auf von den Parteien und deren Vertretern verschiedene Personen beziehen. Dass § 530 Abs 1 Z 1 und 3 ZPO in diesem Sinn zu verstehen sind, ergibt sich insbesondere auch aus den anderen in Z 3 genannten strafrechtlichen Tatbeständen (§§ 108, 134, 146, 224, 225, 228, 229 und 230 StGB) sowie aus § 530 Abs 1 Z 2 ZPO (falsche Beweisaussage durch einen Zeugen, einen Sachverständigen oder den Gegner der Partei bei seiner Vernehmung). All diese Tatbestände bilden nur dann Wiederaufnahmsgründe, wenn sie von anderen Personen als derjenigen Partei, die eine Wiederaufnahme anstrebt, gesetzt wurden. Es wäre ein durch nichts zu rechtfertigender Wertungswiderspruch, wenn eine Partei zwar von einer Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen wäre, deren (teilweiser) Prozessverlust auf eine von ihr selbst abgelegte falsche Beweisaussage oder auf eigene Betrugsdelikte im weiteren Sinn oder sonstige Manipulationen an Urkunden zurückzuführen ist, aber im Fall der von ihr selbst begangenen Urkundenfälschung nach § 223 StGB einen Wiederaufnahmsgrund mit Erfolg geltend machen könnte. In der Ausschließung des Täters von der Geltendmachung der Wiederaufnahmsgründe des § 530 Abs 1 Z 2 und 3 kommt vielmehr der Grundsatz zum Ausdruck, dass eine Partei, die selbst ein das Prozessergebnis beeinflussendes Delikt gesetzt hat, nicht schützenswert ist. Die Wiederaufnahmsklage ist auch nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu bestimmt, dass die Partei einen von ihr in der Prozessführung begangenen Fehler behebt (RIS-Justiz RS0044354). Genauso wenig soll ihr durch den Rechtsbehelf der Wiederaufnahmsklage ermöglicht werden, eine auf die Konstruktion von falschen Beweismitteln durch sie selbst zurückzuführende nachteilige Entscheidung, auch wenn sie eine solche nicht einkalkuliert hat, rückgängig zu machen. Es ist daher der schon bisher in der Lehre vertretenen Ansicht (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen IV, 504; ders, LB des österreichischen Zivilprozessrecht2, Rz 2054;Gemäß Paragraph 534, Absatz eins und Absatz 2, Ziffer 3, ZPO ist die Wiederaufnahmsklage in den Fällen des Paragraph 530, Ziffer eins bis 5 ZPO binnen der Notfrist von vier Wochen von dem Tag an gerechnet einzubringen, an welchem das strafgerichtliche Urteil oder der die Einstellung eines strafgerichtlichen Verfahrens aussprechende Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Klage daher nicht verfristet, hat doch erst das Vorgehen des Erstgerichtes nach Paragraph 539, ZPO zur strafgerichtlichen Prüfung des geltend gemachten Wiederaufnahmstatbestandes und zur Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens "aus anderen Gründen als wegen mangelnden Tatbestandes oder wegen Mangels an Beweisen" vergleiche Paragraph 539, Absatz 2, ZPO) geführt. Nach Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO kann ein Verfahren auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn eine Urkunde, auf welche die Entscheidung gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht ist" und - seit der Anpassung der Wiederaufnahmegründe an das Strafgesetzbuch durch das BGBl 1974/499 - nach Ziffer 3,, wenn die Entscheidung (unter anderem) "durch eine als Urkundenfälschung (Paragraph 223, StGB) gerichtlich strafbare Handlung des Vertreters der Partei, ihres Gegners oder dessen Vertreters erwirkt wurde." Die beiden Bestimmungen überschneiden sich demnach bei Vorliegen des Tatbestandes des Paragraph 223, StGB, wobei allerdings die Ziffer 3, den Täterkreis auf die Parteienvertreter und den Gegner des Wiederaufnahmsklägers beschränkt. Der Wiederaufnahmsgrund der Ziffer 3, scheidet bei einer Urkundenfälschung durch jene Partei, die sich darauf stützen will, schon deshalb aus, weil sie von der dort genannten Tätergruppe nicht umfasst ist. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass demnach der Wiederaufnahmsgrund der Ziffer eins, vorliegen müsste. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber als selbstverständlich unterstellte, dass das Setzen des Tatbestandes des Paragraph 223, StGB (Absatz eins :, das Herstellen oder Verfälschen der Urkunde, Absatz 2 :, das Gebrauchen der Urkunde im Rechtsverkehr) durch die von der nachteiligen Entscheidung im Vorprozess betroffene Partei selbst keinen Wiederaufnahmsgrund bildet. Es wäre sonst unverständlich, warum nicht auch diese Partei in Ziffer 3, als in Betracht kommender Täter genannt ist, sondern der Täterkreis bei den dort genannten Wiederaufnahmsgründen ausdrücklich auf die Parteienvertreter und den Prozessgegner (anstatt auf die Parteien und deren Vertreter) eingeschränkt wurde. Der Tatbestand der Ziffer eins, kann sich daher im Fall des Paragraph 223, StGB nur auf von den Parteien und deren Vertretern verschiedene Personen beziehen. Dass Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins und 3 ZPO in diesem Sinn zu verstehen sind, ergibt sich insbesondere auch aus den anderen in Ziffer 3, genannten strafrechtlichen Tatbeständen (Paragraphen 108,, 134, 146, 224, 225, 228, 229 und 230 StGB) sowie aus Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO (falsche Beweisaussage durch einen Zeugen, einen Sachverständigen oder den Gegner der Partei bei seiner Vernehmung). All diese Tatbestände bilden nur dann Wiederaufnahmsgründe, wenn sie von anderen Personen als derjenigen Partei, die eine Wiederaufnahme anstrebt, gesetzt wurden. Es wäre ein durch nichts zu rechtfertigender Wertungswiderspruch, wenn eine Partei zwar von einer Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen wäre, deren (teilweiser) Prozessverlust auf eine von ihr selbst abgelegte falsche Beweisaussage oder auf eigene Betrugsdelikte im weiteren Sinn oder sonstige Manipulationen an Urkunden zurückzuführen ist, aber im Fall der von ihr selbst begangenen Urkundenfälschung nach Paragraph 223, StGB einen Wiederaufnahmsgrund mit Erfolg geltend machen könnte. In der Ausschließung des Täters von der Geltendmachung der Wiederaufnahmsgründe des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 2 und 3 kommt vielmehr der Grundsatz zum Ausdruck, dass eine Partei, die selbst ein das Prozessergebnis beeinflussendes Delikt gesetzt hat, nicht schützenswert ist. Die Wiederaufnahmsklage ist auch nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu bestimmt, dass die Partei einen von ihr in der Prozessführung begangenen Fehler behebt (RIS-Justiz RS0044354). Genauso wenig soll ihr durch den Rechtsbehelf der Wiederaufnahmsklage ermöglicht werden, eine auf die Konstruktion von falschen Beweismitteln durch sie selbst zurückzuführende nachteilige Entscheidung, auch wenn sie eine solche nicht einkalkuliert hat, rückgängig zu machen. Es ist daher der schon bisher in der Lehre vertretenen Ansicht (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen römisch IV, 504; ders, LB des österreichischen Zivilprozessrecht2, Rz 2054;

Simotta, Das neue Strafrecht und sein Einfluss auf die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 1 und 3 ZPO, ÖJZ 1978, 337;Simotta, Das neue Strafrecht und sein Einfluss auf die Wiederaufnahmsklage nach Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer eins und 3 ZPO, ÖJZ 1978, 337;

Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht5, RZ 908) zu folgen, dass (auch) die Urkundenfälschung im Sinn des § 223 StGB nur dann einen Wiederaufnahmsgrund bildet, wenn dieser Tatbestand nicht von der die Wiederaufnahme anstrebenden Partei selbst gesetzt wurde. Die angefochtene Entscheidung war daher zu bestätigen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht5, RZ 908) zu folgen, dass (auch) die Urkundenfälschung im Sinn des Paragraph 223, StGB nur dann einen Wiederaufnahmsgrund bildet, wenn dieser Tatbestand nicht von der die Wiederaufnahme anstrebenden Partei selbst gesetzt wurde. Die angefochtene Entscheidung war daher zu bestätigen. Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E66462 6Ob165.02m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00165.02M.0711.000

Dokumentnummer

JJT_20020711_OGH0002_0060OB00165_02M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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