TE OGH 2002/7/18 3Ob59/02a

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Veröffentlicht am 18.07.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika Z*****, Spanien, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Stockerau, wider die beklagte Partei Helmuth R*****, vertreten durch Dr. Peter Primus, Rechtsanwalt in Graz, wegen 127.366,51 S (= 9.256,09 EUR) sA infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2001, GZ 2 R 224/01f-91, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Juni 2002, AZ 3 R 224/01f, womit das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. September 2001, GZ 12 Cg 23/99d-86, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 665,66 EUR (darin 110,94 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht sprach in einem Abrechnungsstreit vormaliger Lebensgefährten mit Endurteil aus, dass die Klageforderung mit 221.672,30 S und die eingewendete Gegenforderung mit 103.986,67 S zu Recht bestehe. Demnach sei der Beklagte schuldig, der Klägerin 117.685,63 S sA binnen 14 Tagen zu bezahlen. Dagegen werde das Klagemehrbegehren von 320.344,99 S sA abgewiesen.

Dieses Urteil bekämpfte nur die Klägerin. Sie strebte den Zuspruch von insgesamt 290.383,33 S sA an, woraus sich ein berufungsgerichtlicher Entscheidungsgegenstand von 172.697,70 S sA ergab.

Das Berufungsgericht sprach mit Urteil vom 20. 12. 2001 - unter Einschluss der unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Teile des Ersturteils - aus, dass die Klageforderung mit 349.038,81 S und die eingewendete Gegenforderung mit 130.096,88 S zu Recht bestehe. Demnach sei der Beklagte schuldig, der Klägerin 218.941,93 S sA binnen 14 Tagen zu bezahlen. Dagegen werde das Klagemehrbegehren von 219.088,69 S sA abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde vorerst nicht zugelassen. Die vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobene, vom Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegte "außerordentliche Revision" wurde in der Folge in einen Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO iVm einer ordentlichen Revision verbessert. Daraufhin sprach das Berufungsgericht mit Beschluss vom 6. 6. 2002 aus, die ordentliche Revision sei doch zulässig. Das angefochtene Urteil habe zwar eine Stütze in Grundsätzen der Rsp des Obersten Gerichtshofs, es könne aber "das zum Scheitern der geplanten Ehe führende Verhalten der Streitteile durchaus differenziert betrachtet und schon daraus eine andere Aufteilungsquote ... als gerechtfertigt erkannt werden". Die nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision sei daher "aus Gründen erhöhter Rechtssicherheit" erforderlich.Das Berufungsgericht sprach mit Urteil vom 20. 12. 2001 - unter Einschluss der unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Teile des Ersturteils - aus, dass die Klageforderung mit 349.038,81 S und die eingewendete Gegenforderung mit 130.096,88 S zu Recht bestehe. Demnach sei der Beklagte schuldig, der Klägerin 218.941,93 S sA binnen 14 Tagen zu bezahlen. Dagegen werde das Klagemehrbegehren von 219.088,69 S sA abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde vorerst nicht zugelassen. Die vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobene, vom Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegte "außerordentliche Revision" wurde in der Folge in einen Antrag gemäß Paragraph 508, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit einer ordentlichen Revision verbessert. Daraufhin sprach das Berufungsgericht mit Beschluss vom 6. 6. 2002 aus, die ordentliche Revision sei doch zulässig. Das angefochtene Urteil habe zwar eine Stütze in Grundsätzen der Rsp des Obersten Gerichtshofs, es könne aber "das zum Scheitern der geplanten Ehe führende Verhalten der Streitteile durchaus differenziert betrachtet und schon daraus eine andere Aufteilungsquote ... als gerechtfertigt erkannt werden". Die nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision sei daher "aus Gründen erhöhter Rechtssicherheit" erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Der Beklagte wendet sich nur gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass "die endgültige Trennung auf das gleichwertig adäquate Verhalten beider Streitteile zurückzuführen" sei. Entfalle diese Voraussetzung, sei die Höhe des Kondiktionsanspruchs der Klägerin nach anderen, einen geringeren Endbetrag ergebenden Grundsätzen zu berechnen. Nach dem Teil- und Zwischenurteil vom 25. 8. 1999 (ON 55) stehe schon rechtskräftig fest, dass ihm - dem Beklagten - ein "Verschulden an der Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht angelastet werden" könne.

2. Das Gericht zweiter Instanz gelangte in Erledigung der Berufung der Klägerin gegen das zuvor erwähnte Teil- und Zwischenurteil zum Ergebnis, der nach § 46 ABGB geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Beklagte für den Rücktritt der Klägerin vom Verlöbnis eine "gegründete Ursache" nicht gesetzt habe (ON 64 S 31). Allein daraus ist jedoch - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht zwingend ableitbar, dass der Klägerin ein Verschulden an der Auflösung der Lebensgemeinschaft der Streitteile und demnach auch an der Zweckverfehlung der den Kondiktionsanspruch begründenden Leistungen anzulasten ist. Es können vielmehr beide Teile adäquate Ursachen für die Zweckverfehlung solcher Leistungen gesetzt haben, wobei es nicht auf ein Verschulden wie im Falle einer Ehescheidung ankommt (SZ 53/71). Derartige Ursachen sind nach der stRsp des Obersten Gerichtshofs, die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegt, für die Ermittlung der Höhe des Kondiktionsanspruchs entscheidend, ist doch das Leistungsrisiko - also die Differenz zwischen dem Entgeltanspruch und dem am Nutzen des Bereicherten orientierten Anspruch - dann, wenn die für die Zweckverfehlung adäquaten Ursachen auf beiden Seiten liegen, in bloß sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB beiden Beteiligten aufzuerlegen (6 Ob 60/99p; SZ 63/91, SZ 61/76, SZ 53/71).2. Das Gericht zweiter Instanz gelangte in Erledigung der Berufung der Klägerin gegen das zuvor erwähnte Teil- und Zwischenurteil zum Ergebnis, der nach Paragraph 46, ABGB geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Beklagte für den Rücktritt der Klägerin vom Verlöbnis eine "gegründete Ursache" nicht gesetzt habe (ON 64 S 31). Allein daraus ist jedoch - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht zwingend ableitbar, dass der Klägerin ein Verschulden an der Auflösung der Lebensgemeinschaft der Streitteile und demnach auch an der Zweckverfehlung der den Kondiktionsanspruch begründenden Leistungen anzulasten ist. Es können vielmehr beide Teile adäquate Ursachen für die Zweckverfehlung solcher Leistungen gesetzt haben, wobei es nicht auf ein Verschulden wie im Falle einer Ehescheidung ankommt (SZ 53/71). Derartige Ursachen sind nach der stRsp des Obersten Gerichtshofs, die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegt, für die Ermittlung der Höhe des Kondiktionsanspruchs entscheidend, ist doch das Leistungsrisiko - also die Differenz zwischen dem Entgeltanspruch und dem am Nutzen des Bereicherten orientierten Anspruch - dann, wenn die für die Zweckverfehlung adäquaten Ursachen auf beiden Seiten liegen, in bloß sinngemäßer Anwendung des Paragraph 1304, ABGB beiden Beteiligten aufzuerlegen (6 Ob 60/99p; SZ 63/91, SZ 61/76, SZ 53/71).

3. Die Beurteilung, ob jeder der Lebensgefährten adäquate Ursachen für die Zweckverfehlung kondizierbarer Leistungen setzte, hängt von den singulär das Verhältnis der Streitteile charakterisierenden Tatsachen ab. Die Lösung dieser Frage wirft im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weil dem jeweils erzielten Ergebnis keine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Solche Fragen sind daher nur dann revisibel, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer gravierenden Fehlbeurteilung beruht. Das Berufungsgericht löste die für die Ermittlung des geltend gemachten Kondiktionsanspruchs maßgebende Adäquitätsfrage auf dem Boden der Grundsätze der stRsp des Obersten Gerichtshofs, ohne dabei den bei der rechtlichen Würdigung feststehender Tatsachen naturgemäß bestehenden Wertungsspielraum überschritten zu haben. Demgemäß ist zumindest eine gravierende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zu verneinen. Allein der vom Gericht zweiter Instanz als Grund für die nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision ins Treffen geführte Umstand, dass auch eine andere Lösung möglich sei, kann noch keine Rechtsfrage des materiellen Rechts von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen, weil der Oberste Gerichtshof andernfalls in jedem, in den Zulassungsbereich fallenden Einzelfall in letzter Instanz die Sachentscheidung zu treffen hätte. Deshalb wurde in der Entscheidung 1 Ob 102/00g (= EvBl 2001/52) als Grundsatz ausgesprochen, dass die Frage nach der Vertretbarkeit einer anderen Lösung mangels Vorliegens einer gravierenden Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage ist. Ferner wurde betont, dass das Berufungsgericht den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nach § 508 Abs 3 und 4 ZPO auf seine Stichhältigkeit zu prüfen habe. Eröffne eine bereits vorhandene Grundsatzjudikatur des Obersten Gerichtshofs - wie hier - einen Wertungsspielraum, so dürfe es einen solchen Ausspruch nur dann nachträglich abändern, wenn es zur Überzeugung gelange, dass ihm bei der Würdigung des Anlassfalls eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen sei. Daran ist festzuhalten.3. Die Beurteilung, ob jeder der Lebensgefährten adäquate Ursachen für die Zweckverfehlung kondizierbarer Leistungen setzte, hängt von den singulär das Verhältnis der Streitteile charakterisierenden Tatsachen ab. Die Lösung dieser Frage wirft im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf, weil dem jeweils erzielten Ergebnis keine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Solche Fragen sind daher nur dann revisibel, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer gravierenden Fehlbeurteilung beruht. Das Berufungsgericht löste die für die Ermittlung des geltend gemachten Kondiktionsanspruchs maßgebende Adäquitätsfrage auf dem Boden der Grundsätze der stRsp des Obersten Gerichtshofs, ohne dabei den bei der rechtlichen Würdigung feststehender Tatsachen naturgemäß bestehenden Wertungsspielraum überschritten zu haben. Demgemäß ist zumindest eine gravierende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zu verneinen. Allein der vom Gericht zweiter Instanz als Grund für die nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision ins Treffen geführte Umstand, dass auch eine andere Lösung möglich sei, kann noch keine Rechtsfrage des materiellen Rechts von erheblicher Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufwerfen, weil der Oberste Gerichtshof andernfalls in jedem, in den Zulassungsbereich fallenden Einzelfall in letzter Instanz die Sachentscheidung zu treffen hätte. Deshalb wurde in der Entscheidung 1 Ob 102/00g (= EvBl 2001/52) als Grundsatz ausgesprochen, dass die Frage nach der Vertretbarkeit einer anderen Lösung mangels Vorliegens einer gravierenden Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage ist. Ferner wurde betont, dass das Berufungsgericht den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nach Paragraph 508, Absatz 3 und 4 ZPO auf seine Stichhältigkeit zu prüfen habe. Eröffne eine bereits vorhandene Grundsatzjudikatur des Obersten Gerichtshofs - wie hier - einen Wertungsspielraum, so dürfe es einen solchen Ausspruch nur dann nachträglich abändern, wenn es zur Überzeugung gelange, dass ihm bei der Würdigung des Anlassfalls eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen sei. Daran ist festzuhalten.

Das Berufungsgericht vertrat bei der Beschlussfassung über die Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nicht die Ansicht, sein Urteil beruhe auf einer gravierenden Fehlbeurteilung der Umstände des Einzelfalls, sondern es hielt - wie bereits erwähnt - eine andere Entscheidung angesichts des bestehenden Wertungsspielraums bloß für möglich. Vor diesem Hintergrund wäre die ordentliche Revision nach der ratio der Entscheidung 1 Ob 102/00g nachträglich an sich gar nicht zuzulassen gewesen. Ein Ausspruch gemäß § 508 Abs 3 ZPO ist jedoch endgültig. Allerdings ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Nach allen bisherigen Erwägungen ist aber die Revision des Beklagten in Ermangelung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nach § 502 Abs 1 ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.Das Berufungsgericht vertrat bei der Beschlussfassung über die Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nicht die Ansicht, sein Urteil beruhe auf einer gravierenden Fehlbeurteilung der Umstände des Einzelfalls, sondern es hielt - wie bereits erwähnt - eine andere Entscheidung angesichts des bestehenden Wertungsspielraums bloß für möglich. Vor diesem Hintergrund wäre die ordentliche Revision nach der ratio der Entscheidung 1 Ob 102/00g nachträglich an sich gar nicht zuzulassen gewesen. Ein Ausspruch gemäß Paragraph 508, Absatz 3, ZPO ist jedoch endgültig. Allerdings ist der Oberste Gerichtshof gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO nicht gebunden. Nach allen bisherigen Erwägungen ist aber die Revision des Beklagten in Ermangelung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen. Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

4. Die Klägerin wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten der Revisionsbeantwortung nach § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO zuzuerkennen.4. Die Klägerin wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten der Revisionsbeantwortung nach Paragraph 41, in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO zuzuerkennen.

Anmerkung

E66458 3Ob59.02a-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00059.02A.0718.000

Dokumentnummer

JJT_20020718_OGH0002_0030OB00059_02A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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