TE OGH 2002/7/18 10ObS159/02h

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Veröffentlicht am 18.07.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef L*****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl, Rechtsanwalt in Marchtrenk, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Februar 2002, GZ 12 Rs 385/01a-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. August 2001, GZ 19 Cgs 131/00h-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 3. 2000 gerichtete Klagebegehren ab. Es hielt bei der Wiedergabe des Klagsvorbringens fest, für den Kläger bestehe kein Berufsschutz, und stellte fest, dass der am 26. 5. 1947 geborene Kläger aufgrund seines - im Einzelnen festgestellten - gesundheitlichen Zustandes, in der Lage sei, alle leichten und fallweise mittelschweren Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu verrichten. Vorwiegend sitzende Tätigkeit sollte ca stündlich durch kurz andauerndes Aufstehen oder Herumgehen unterbrochen werden können. Arbeiten im Gehen oder Stehen in einem seien ca ¾ bis 1 Stunde zumutbar. Zu vermeiden seien Arbeiten in überwiegend gebückter Körperhaltung und unter extremer Kälte- und Nässebelastung. Es bestehe keine Beschränkung des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte. Ein öffentliches Verkehrsmittel könne benützt werden. Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Kläger könne aufgrund des festgestellten medizinischen Leistungskalküls eine Reihe von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben, sodass Invalidität im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG nicht vorliege.Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 3. 2000 gerichtete Klagebegehren ab. Es hielt bei der Wiedergabe des Klagsvorbringens fest, für den Kläger bestehe kein Berufsschutz, und stellte fest, dass der am 26. 5. 1947 geborene Kläger aufgrund seines - im Einzelnen festgestellten - gesundheitlichen Zustandes, in der Lage sei, alle leichten und fallweise mittelschweren Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu verrichten. Vorwiegend sitzende Tätigkeit sollte ca stündlich durch kurz andauerndes Aufstehen oder Herumgehen unterbrochen werden können. Arbeiten im Gehen oder Stehen in einem seien ca ¾ bis 1 Stunde zumutbar. Zu vermeiden seien Arbeiten in überwiegend gebückter Körperhaltung und unter extremer Kälte- und Nässebelastung. Es bestehe keine Beschränkung des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte. Ein öffentliches Verkehrsmittel könne benützt werden. Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Kläger könne aufgrund des festgestellten medizinischen Leistungskalküls eine Reihe von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben, sodass Invalidität im Sinn des Paragraph 255, Absatz 3, ASVG nicht vorliege.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Kläger ua geltend, das Erstgericht habe sich mit der Frage des Berufsschutzes inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Der Kläger sei überwiegend als angelernter Maler/Anstreicher tätig gewesen. Die zu diesem Thema unterlassene Parteienvernehmung des Klägers werde als Verfahrensmangel und die Aussage des Erstgerichts, es bestehe für den Kläger kein Berufsschutz, als unrichtige Tatsachenfeststellung und als unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt.

Das Berufungsgericht verlas in der mündlichen Berufungsverhandlung die Akten 27 Cgs 58/92, 26 Cgs 27/94d und 17 Cgs 249/95m des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht. In diesen Verfahren hatte der Kläger die beklagte Partei jeweils auf Gewährung der Invaliditätspension erfolglos geklagt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Was den behaupteten Berufsschutz als Maler und Anstreicher betreffe, so führte es aus, sei auf die in der Berufungsverhandlung verlesenen Akten aus Vorprozessen zu verweisen. Insbesondere im Verfahren 17 Cgs 249/95m des Erstgerichts habe sich das Berufungsgericht in seiner unbekämpft gebliebenen Entscheidung vom 15. 4. 1998 mit dem auch dort behaupteten Berufsschutz des Klägers als Maler und Anstreicher auseinandergesetzt und das Vorliegen eines gelernten oder angelernten Berufs verneint. Da der Kläger seither nur noch sechs Monate Beitragszeit erworben habe, habe das Erstgericht von einer neuerlichen Befassung mit dem Thema Berufsschutz Abstand nehmen können, weil sich insofern an der Sachlage gegenüber dem Vorprozess nichts geändert habe. Dass der Kläger zwischenzeitig Berufsschutz erworben habe, sei gar nicht behauptet worden. Daher sei die vom Kläger in diesem Zusammenhang vermisste Parteienvernehmung entbehrlich gewesen. Auch was die medizinische Seite betreffe, liege der gerügte Verfahrensmangel nicht vor. Die Behauptung, die vom Kläger geschilderten Schmerzen und Schlafstörungen sowie die Erforderlichkeit starker Schmerzmittel seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, sei durch die eingeholten Gutachten widerlegt. Aus den Befundaufnahmen der Sachverständigen ergebe sich, dass der Kläger seine Beschwerden ausführlich geschildert und die Schmerzsymptomatik in das erstellte Leistungskalkül eingeflossen sei. Da sich im orthopädischen Sachverständigengutachten kein Hinweis auf radikuläre Ausfallserscheinungen gezeigt habe, habe es auch keine Notwendigkeit gegeben, ein neurologisches Fachgutachten einzuholen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Unvollständigkeit der Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinn ihres Eventualantrags berechtigt. Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel zusammenfassend geltend, weder das Erstgericht noch das Berufungsgericht hätten sich mit dem behaupteten Berufsschutz des Klägers als angelernter Maler und Anstreicher inhaltlich auseinandergesetzt. Das Berufungsgericht habe den in der Berufung gerügten, in der Unterlassung der Parteienvernehmung des Klägers zu diesem Thema und Außerachtlassung der im Pensionakt erliegenden Versicherungsnachweise liegenden Mangel nicht behoben und dies mit einer den Berufsschutz verneinenden Vorentscheidung begründet. Diese entfalte jedoch keine Bindungswirkung, behandle sie doch das Vorliegen des Berufsschutzes nur als Vorfrage und nicht im Sinn einer rechtskräftigen Feststellung. Schließlich habe sich das Berufungsgericht mit seiner Rüge, das Erstgericht hätte wegen der behaupteten Schlafstörungen und Schmerzen, die ihn zur Einnahme starker Schmerzmittel zwängen, zumindest ein neurologisches Sachverständigengutachten einholen und den Kläger hiezu vernehmen müssen, nur unvollständig befasst. Die Notwendigkeit der Einnahme starker Schmerzmittel sei von den beigezogenen Sachverständigen nicht berücksichtigt worden.

Hiezu wurde erwogen:

Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der aufgenommenen Beweise - hier über das dem Kläger verbliebene Leistungskalkül - resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11]). Die Frage, ob außer dem bereits vorliegenden (medizinischen) noch weitere Sachverständigengutachten zum selben Beweisthema einzuholen gewesen wären, und die Beurteilung, ob die Parteienvernehmung durchzuführen gewesen wäre, gehören zur nicht revisiblen Beweiswürdigung (vgl SSV-NF 7/12 mwN; 10 ObS 118/88; 10 ObS 19/02w ua). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers setzte sich das Berufungsgericht mit der diesbezüglichen Mängelrüge inhaltlich und mit durch den Akteninhalt gedeckten nachvollziehbaren Überlegungen auseinander, sodass insofern eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt. Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN; 10 ObS 19/02w ua).Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der aufgenommenen Beweise - hier über das dem Kläger verbliebene Leistungskalkül - resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11]). Die Frage, ob außer dem bereits vorliegenden (medizinischen) noch weitere Sachverständigengutachten zum selben Beweisthema einzuholen gewesen wären, und die Beurteilung, ob die Parteienvernehmung durchzuführen gewesen wäre, gehören zur nicht revisiblen Beweiswürdigung vergleiche SSV-NF 7/12 mwN; 10 ObS 118/88; 10 ObS 19/02w ua). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers setzte sich das Berufungsgericht mit der diesbezüglichen Mängelrüge inhaltlich und mit durch den Akteninhalt gedeckten nachvollziehbaren Überlegungen auseinander, sodass insofern eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt. Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN; 10 ObS 19/02w ua).

Zutreffend macht der Revisionswerber aber geltend, dass die Frage seines Berufsschutzes als angelernter Maler und Anstreicher nicht ausreichend geklärt wurde, fehlen doch Feststellungen über den Inhalt der Berufstätigkeit des Klägers in den Beitragsmonaten im Beobachtungszeitraum und vor dem Beobachtungszeitraum, die zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob ein angelernter Beruf iSd § 255 Abs 2 ASVG vorliegt, notwendig sind.Zutreffend macht der Revisionswerber aber geltend, dass die Frage seines Berufsschutzes als angelernter Maler und Anstreicher nicht ausreichend geklärt wurde, fehlen doch Feststellungen über den Inhalt der Berufstätigkeit des Klägers in den Beitragsmonaten im Beobachtungszeitraum und vor dem Beobachtungszeitraum, die zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob ein angelernter Beruf iSd Paragraph 255, Absatz 2, ASVG vorliegt, notwendig sind.

Der in erster Instanz nicht qualifiziert vertretene Kläger brachte zu der (den) von ihm ausgeübten Berufstätigkeiten nichts vor. Das Erstgericht führte aus, der Kläger habe keinen Berufsschutz, ohne die Frage, welche Tätigkeiten der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag tatsächlich ausübte, mit den Parteien zu erörtern und ohne Beweise zu diesem Thema aufgenommen und Feststellungen dazu getroffen zu haben. Nun wurde erstmals in der Berufung behauptet, der Kläger habe als angelernter Maler und Anstreicher Berufsschutz erworben, doch kann darin kein Verstoß gegen das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot erblickt werden. Die Klärung der Frage, ob ein Versicherter Berufsschutz genießt, ist in allen Fällen, in denen ausgehend vom Bestehen eines Berufsschutzes, die Verweisbarkeit in Frage gestellt ist, eine unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn nach dem Inhalt des Prozessvorbringens hierüber keine ausreichende Klarheit besteht und nach der Aktenlage nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass der Versicherte nur als einfacher Hilfsarbeiter tätig war, hat das Gericht aufgrund der Bestimmung des § 87 Abs 1 ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Nur dann, wenn jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass ein Versicherter eine angelernte Tätigkeit ausgeübt hat, bedarf es keiner weiteren Erhebungen und Feststellungen über die genaue Art der Tätigkeit (SSV-NF 14/36 mwN). Vom Fehlen jeglichen Anhaltspunktes kann hier jedoch nicht gesprochen werden.Der in erster Instanz nicht qualifiziert vertretene Kläger brachte zu der (den) von ihm ausgeübten Berufstätigkeiten nichts vor. Das Erstgericht führte aus, der Kläger habe keinen Berufsschutz, ohne die Frage, welche Tätigkeiten der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag tatsächlich ausübte, mit den Parteien zu erörtern und ohne Beweise zu diesem Thema aufgenommen und Feststellungen dazu getroffen zu haben. Nun wurde erstmals in der Berufung behauptet, der Kläger habe als angelernter Maler und Anstreicher Berufsschutz erworben, doch kann darin kein Verstoß gegen das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot erblickt werden. Die Klärung der Frage, ob ein Versicherter Berufsschutz genießt, ist in allen Fällen, in denen ausgehend vom Bestehen eines Berufsschutzes, die Verweisbarkeit in Frage gestellt ist, eine unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn nach dem Inhalt des Prozessvorbringens hierüber keine ausreichende Klarheit besteht und nach der Aktenlage nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass der Versicherte nur als einfacher Hilfsarbeiter tätig war, hat das Gericht aufgrund der Bestimmung des Paragraph 87, Absatz eins, ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Nur dann, wenn jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass ein Versicherter eine angelernte Tätigkeit ausgeübt hat, bedarf es keiner weiteren Erhebungen und Feststellungen über die genaue Art der Tätigkeit (SSV-NF 14/36 mwN). Vom Fehlen jeglichen Anhaltspunktes kann hier jedoch nicht gesprochen werden.

In der Berufungsverhandlung wurde der Vorakt 17 Cgs 249/95m des Erstgerichts verlesen, sein Inhalt, insbesondere zur Frage des Berufsschutzes des Klägers nicht erörtert. In diesem Verfahren, das sich auf die Gewährung einer Invaliditätspension zum Stichtag 1. 9. 1995 bezog, war ein möglicher Berufsschutz als angelernter Maler und Anstreicher abgelehnt worden. Zu Recht rügt der Kläger, dass die Beurteilung des Berufsschutzes im Vorverfahren im vorliegenden Verfahren nicht bindet. Denn ein zu einem zurückliegenden Stichtag rechtskräftig abgewiesenes Begehren auf Invaliditätspension erzeugt für die Entscheidung über ein zu einem späteren Stichtag erhobenes Begehren keine Bindungswirkung (SSV-NF 13/13). Es sind daher die Voraussetzungen für das Vorliegen von Invalidität zum Stichtag 1. 3. 2000 festzustellen. Feststellungen über den Berufsverlauf sind nicht nur dann unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung, wenn der Kläger Umstände behauptet, die auf einen Berufsschutz hinweisen, sondern auch, wenn die Frage, ob Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG vorliegt, zu beurteilen ist, sofern hiezu nicht eindeutige und unstrittige Behauptungen des Klägers vorliegen. Nach dieser Gesetzesstelle darf nämlich ein ungelernter Arbeiter nur auf eine solche Tätigkeit verwiesen werden, die ihm "unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann". Das Berufungsgericht hat zwar die Vorakten verlesen, jedoch hieraus über die Tätigkeit des Klägers im Beobachtungszeitraum überhaupt keine Feststellungen getroffen, die aber für die Beurteilung der Frage, ob die Sache nach § 255 Abs 2 oder Abs 3 ASVG zu erledigen ist, unbedingt notwendig sind. Es hat schlicht die im Vorakt 17 Cgs 249/95m des Erstgerichts gezogene (rechtliche) Schlussfolgerung übernommen, damit aber den dem Urteil des Erstgerichts anhaftenden Feststellungsmangel (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO) nicht behoben. Zu Unrecht verwies das Berufungsgericht den Kläger schließlich darauf, er habe gar nicht behauptet, zwischenzeitig Berufsschutz erworben zu haben. Diese Frage wäre - wie schon dargelegt - im vorliegenden Fall von Amts wegen zu klären gewesen.In der Berufungsverhandlung wurde der Vorakt 17 Cgs 249/95m des Erstgerichts verlesen, sein Inhalt, insbesondere zur Frage des Berufsschutzes des Klägers nicht erörtert. In diesem Verfahren, das sich auf die Gewährung einer Invaliditätspension zum Stichtag 1. 9. 1995 bezog, war ein möglicher Berufsschutz als angelernter Maler und Anstreicher abgelehnt worden. Zu Recht rügt der Kläger, dass die Beurteilung des Berufsschutzes im Vorverfahren im vorliegenden Verfahren nicht bindet. Denn ein zu einem zurückliegenden Stichtag rechtskräftig abgewiesenes Begehren auf Invaliditätspension erzeugt für die Entscheidung über ein zu einem späteren Stichtag erhobenes Begehren keine Bindungswirkung (SSV-NF 13/13). Es sind daher die Voraussetzungen für das Vorliegen von Invalidität zum Stichtag 1. 3. 2000 festzustellen. Feststellungen über den Berufsverlauf sind nicht nur dann unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung, wenn der Kläger Umstände behauptet, die auf einen Berufsschutz hinweisen, sondern auch, wenn die Frage, ob Invalidität nach Paragraph 255, Absatz 3, ASVG vorliegt, zu beurteilen ist, sofern hiezu nicht eindeutige und unstrittige Behauptungen des Klägers vorliegen. Nach dieser Gesetzesstelle darf nämlich ein ungelernter Arbeiter nur auf eine solche Tätigkeit verwiesen werden, die ihm "unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann". Das Berufungsgericht hat zwar die Vorakten verlesen, jedoch hieraus über die Tätigkeit des Klägers im Beobachtungszeitraum überhaupt keine Feststellungen getroffen, die aber für die Beurteilung der Frage, ob die Sache nach Paragraph 255, Absatz 2, oder Absatz 3, ASVG zu erledigen ist, unbedingt notwendig sind. Es hat schlicht die im Vorakt 17 Cgs 249/95m des Erstgerichts gezogene (rechtliche) Schlussfolgerung übernommen, damit aber den dem Urteil des Erstgerichts anhaftenden Feststellungsmangel (Paragraph 496, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO) nicht behoben. Zu Unrecht verwies das Berufungsgericht den Kläger schließlich darauf, er habe gar nicht behauptet, zwischenzeitig Berufsschutz erworben zu haben. Diese Frage wäre - wie schon dargelegt - im vorliegenden Fall von Amts wegen zu klären gewesen.

Da somit wesentliche Fragen bisher nicht erörtert und die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger Berufsschutz genießt und welche Verweisungstätigkeiten für ihn in Frage kommen. Das Verfahren erweist sich daher als ergänzungsbedürftig, weshalb der Revision Folge zu geben war. Da es offenbar noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E66277 10ObS159.02h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00159.02H.0718.000

Dokumentnummer

JJT_20020718_OGH0002_010OBS00159_02H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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