Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andrea Komar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josefine H*****, Einzelhandelskauffrau, M*****, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2001, GZ 8 Rs 164/01a-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Mai 2001, GZ 21 Cgs 485/00x-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 13. 2. 1950 geborene Klägerin hat nach Absolvierung der Pflichtschule von 1964 bis 1967 eine kaufmännische Lehre absolviert und die Lehrabschlussprüfung abgelegt. Von 1967 bis 1969 sowie im Jahre 1971 war sie kaufmännische Angestellte berufstätig. Von 1971 bis 1982 arbeitete sie als Näherin. Zuletzt war sie von 1982 bis 2000 wiederum als kaufmännische Angestellte, und zwar als Lebensmittelverkäuferin in einem Lagerhaus tätig.
Kaufmännische Angestellte ist die Bezeichnung für entweder gelernte (Lehrberuf Einzelhandelskaufmann) oder innerbetrieblich eingeschulte Arbeitskräfte, die von Klein-, Mittel- und Großbetrieben des Handels beschäftigt werden. Die Klägerin ist aufgrund ihres eingeschränkten Leistungskalküls nicht mehr in der Lage, den an eine kaufmännische Angestellte gestellten Anforderungen zu entsprechen. Als mit dem Leistungskalkül der Klägerin vereinbare Verweisungstätigkeit kommt (nur) noch die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel in Betracht. Informationskräfte im Handel sind in der Regel Angestellte, die im Betrieb kurzzeitig mit ihren Aufgaben vertraut gemacht werden. Die "Ausbildungsdauer" beträgt ein bis zwei Monate. Informationskräfte werden zumeist von großen Warenhäusern bzw von Handelsketten beschäftigt. Österreichweit existieren mehr als 100 Arbeitsplätze. Bei der Tätigkeit handelt es sich um eine Teiltätigkeit aus dem Berufsbild der kaufmännischen Angestellten bzw der Einzelhandelskauffrau. Eine kaufmännische Ausbildung ist von Vorteil, jedoch nicht Bedingung. Die Hauptaufgabe besteht einerseits im Erteilen von Auskünften bzw dem Informieren von Kunden, aber auch von Vertretern über die verschiedenen Abteilungen der Firma. Informationskräfte werden aber auch im Rahmen von Reklamationen und Beschwerden eingesetzt. Auch das Ausstellen von Gutschriften gehört üblicherweise zum Aufgabenbereich. Weiters sind sie unter Umständen auch die erste Anlaufstation für jene Vertreter, die Warenhäuser aufsuchen, um ihre Kollektionen bzw Muster vorzustellen. Sie müssen aber auch in der Lage sein, telefonisch Auskünfte zu erteilen bzw die Gespräche an die richtigen Stellen im Haus weiterzuleiten.
Mit Bescheid vom 3. 10. 2000 hat die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 31. 5. 2000 auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension abgelehnt.
Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Klägerin trotz ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit noch auf die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel verwiesen werden könne. Dabei habe die Klägerin Teiltätigkeiten aus dem Berufsbild einer kaufmännischen Angestellten bzw einer Einzelhandelskauffrau zu verrichten (Erteilen von Auskünften, Informationsarbeit, Bearbeitung von Reklamationen und Beschwerden, Ausstellen von Gutschriften etc.), sodass dieser Verweisungsberuf in seiner Wertigkeit der bisherigen Berufsarbeit der Klägerin gleichzusetzen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die letzte Beschäftigung als Lebensmittelverkäuferin in einem Lagerhaus eine Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrags für die Handelsangestellten indiziere. Auch eine Informationskraft im Handel verrichte kaufmännische Dienste. Die durchzuführenden Tätigkeiten zählten zu typischen Tätigkeiten kaufmännischer Angestellter. In seiner Gesamtheit sei das Berufsbild mit rein manipulativen Tätigkeiten, denen das kaufmännische Element fehle und die daher als Arbeitertätigkeiten zu qualifizieren seien, nicht zu vergleichen. Es handle sich um eine einfache Angestelltentätigkeit und daher um eine zumutbare Verweisungstätigkeit, durch deren Ausübung die Klägerin nicht ihren Berufsschutz nach § 273 ASVG verliere.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die letzte Beschäftigung als Lebensmittelverkäuferin in einem Lagerhaus eine Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrags für die Handelsangestellten indiziere. Auch eine Informationskraft im Handel verrichte kaufmännische Dienste. Die durchzuführenden Tätigkeiten zählten zu typischen Tätigkeiten kaufmännischer Angestellter. In seiner Gesamtheit sei das Berufsbild mit rein manipulativen Tätigkeiten, denen das kaufmännische Element fehle und die daher als Arbeitertätigkeiten zu qualifizieren seien, nicht zu vergleichen. Es handle sich um eine einfache Angestelltentätigkeit und daher um eine zumutbare Verweisungstätigkeit, durch deren Ausübung die Klägerin nicht ihren Berufsschutz nach Paragraph 273, ASVG verliere.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel sehr ähnlich derjenigen eines Portiers sei und keinesfalls als kaufmännische Dienstleistung gewertet werden könne, da ihr nur untergeordnete Bedeutung zukommen könne, dies insbesondere unter Beachtung des Umstandes einer äußerst kurzen Einschulungsdauer. Es könne sich daher nicht um eine berufsschutzerhaltende Verweisungstätigkeit handeln. Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Die Pensionsversicherung der Angestellten stellt eine Berufs(gruppen)versicherung dar, deren Leistungen einsetzen, wenn ein Versicherter infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann; dabei ist von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld, also die Summe aller Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 2/73 mwN, 2/92 uva; RIS-Justiz RS084904).Die Revisionswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel sehr ähnlich derjenigen eines Portiers sei und keinesfalls als kaufmännische Dienstleistung gewertet werden könne, da ihr nur untergeordnete Bedeutung zukommen könne, dies insbesondere unter Beachtung des Umstandes einer äußerst kurzen Einschulungsdauer. Es könne sich daher nicht um eine berufsschutzerhaltende Verweisungstätigkeit handeln. Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO). Die Pensionsversicherung der Angestellten stellt eine Berufs(gruppen)versicherung dar, deren Leistungen einsetzen, wenn ein Versicherter infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann; dabei ist von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld, also die Summe aller Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 2/73 mwN, 2/92 uva; RIS-Justiz RS084904).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Klägerin zuletzt als in die Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrages für Handelsangestellte einzustufende Lebensmittelverkäuferin in einem Lagerhaus tätig war (vgl 10 ObS 87/89). Die Klägerin kann daher grundsätzlich auf alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Angestelltentätigkeiten ihrer Berufsgruppe in der Beschäftigungsgruppe 2 verwiesen werden. Eine Verweisung auf Angestelltentätigkeiten dieser Beschäftigungsgruppe würde iSd stRsp keinesfalls einen unzumutbaren sozialen Abstieg bedeuten, wird doch selbst eine Verweisung auf Angestelltentätigkeiten der unmittelbar nachgeordneten Beschäftigungsgruppe nicht als unzumutbar angesehen (SSV-NF 4/97, 5/34, 7/25, 9/53 uva; RIS-Justiz RS0085599). Hingegen dürfte die Klägerin nicht auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, durch deren Ausübung sie den Berufsschutz des § 273 Abs 1 ASVG verlieren würde (10 ObS 79/01t). Ausgeschlossen sind daher alle Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um Angestellten-, sondern um einfache Arbeitertätigkeiten handelt (SSV-NF 3/123, 9/53 ua). Bei der Tätigkeit einer Informationskraft im Handel handelt es sich um eine Angestelltentätigkeit in derjenigen Berufsgruppe, der auch die Klägerin angehört. Von ihrer Wertigkeit entspricht sie den in der kollektivvertraglichen Beschäftigungsgruppe 2 genannten Tätigkeiten. Ungeachtet der kurzen "Ausbildungsdauer" von ein bis zwei Monaten und des Umstands, dass eine kaufmännische Ausbildung für die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel zwar von Vorteil, jedoch nicht Bedingung ist, kann diese Tätigkeit nicht als einfache Arbeitertätigkeit qualifiziert werden, auf die eine Verweisung ausgeschlossen wäre. Die Verweisung darauf stellt iSd stRsp auch keinen unzumutbaren sozialen Abstieg dar.Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Klägerin zuletzt als in die Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrages für Handelsangestellte einzustufende Lebensmittelverkäuferin in einem Lagerhaus tätig war vergleiche 10 ObS 87/89). Die Klägerin kann daher grundsätzlich auf alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Angestelltentätigkeiten ihrer Berufsgruppe in der Beschäftigungsgruppe 2 verwiesen werden. Eine Verweisung auf Angestelltentätigkeiten dieser Beschäftigungsgruppe würde iSd stRsp keinesfalls einen unzumutbaren sozialen Abstieg bedeuten, wird doch selbst eine Verweisung auf Angestelltentätigkeiten der unmittelbar nachgeordneten Beschäftigungsgruppe nicht als unzumutbar angesehen (SSV-NF 4/97, 5/34, 7/25, 9/53 uva; RIS-Justiz RS0085599). Hingegen dürfte die Klägerin nicht auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, durch deren Ausübung sie den Berufsschutz des Paragraph 273, Absatz eins, ASVG verlieren würde (10 ObS 79/01t). Ausgeschlossen sind daher alle Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um Angestellten-, sondern um einfache Arbeitertätigkeiten handelt (SSV-NF 3/123, 9/53 ua). Bei der Tätigkeit einer Informationskraft im Handel handelt es sich um eine Angestelltentätigkeit in derjenigen Berufsgruppe, der auch die Klägerin angehört. Von ihrer Wertigkeit entspricht sie den in der kollektivvertraglichen Beschäftigungsgruppe 2 genannten Tätigkeiten. Ungeachtet der kurzen "Ausbildungsdauer" von ein bis zwei Monaten und des Umstands, dass eine kaufmännische Ausbildung für die Tätigkeit einer Informationskraft im Handel zwar von Vorteil, jedoch nicht Bedingung ist, kann diese Tätigkeit nicht als einfache Arbeitertätigkeit qualifiziert werden, auf die eine Verweisung ausgeschlossen wäre. Die Verweisung darauf stellt iSd stRsp auch keinen unzumutbaren sozialen Abstieg dar.
Da die Vorinstanzen zu Recht die Voraussetzungen für die Erlangung einer Berufsunfähigkeitspension verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Anmerkung
E66376 10ObS78.02xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00078.02X.0723.000Dokumentnummer
JJT_20020723_OGH0002_010OBS00078_02X0000_000