TE OGH 2002/8/7 7Ob170/02d

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Veröffentlicht am 07.08.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der jeweils klagenden Partei Mag. Viktor Gottfried R*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. C***** AG, *****, und 2. A*****-AG, *****, beide vertreten durch Dr. Peter Avancini, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigerklärung und Rückabwicklung eines Kaufvertrages (Streitwert EUR 174.414,80), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. Mai 2002, GZ 4 R 230/00y-114, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Konkurs der Mutter des Klägers verkaufte der Masseverwalter im Februar 1971 ein Forstgut, dessen Wert von zwei vom Konkursgericht bestellten Sachverständigen auf S 17,2 Mio geschätzt worden war, mit Genehmigung der Gläubigerversammlung um S 17,5 Mio an die erstbeklagte Partei. Mit den - im Revisionsverfahren allein noch wesentlichen - Behauptungen, der Veräußerungserlös stelle nur einen Bruchteil des wahren Wertes des Forstgutes dar, sodass der Tatbestand des Wuchers gegeben sei, weil die Gemeinschuldnerin in ihrer Zwangslage die Handlungen des Masseverwalters gegen sich gelten lassen habe müssen, was die Erstbeklagte ausgenützt habe, begehrte der Kläger als Alleinerbe seiner Mutter, den Kaufvertrag wegen Nichtigkeit aufzuheben und die zweitbeklagte Partei, die das Forstgut um ca S 20 Mio von der Erstbeklagten erworben hat, schuldig zu erkennen, der Einverleibung seines Eigentumsrechts am Forstgut zuzustimmen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Wucher iSd § 879 Abs 2 Z 4 ABGB liege nicht vor. Der Kläger fechte den Kaufvertrag wegen einer Zwangslage der Gemeinschuldnerin an. Es käme jedoch auf eine Zwangslage des Masseverwalters an, die aber nicht vorgelegen sei, weshalb sich Feststellungen zum Vorwurf des Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und wahrem Wert des Forstguts erübrigt hätten. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da es sich auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen habe können. Als Grund, der die Zulassung der Revision entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertige, macht der Kläger geltend, es fehle jegliche Judikatur zur über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage, ob im Konkurs die subjektiven Voraussetzungen des Wuchers auf den Masseverwalter oder auf den bewucherten Gemeinschuldner zutreffen müssten und ob § 879 Abs 2 Z 4 ABGB auf Verkäufe im Konkurs überhaupt anzuwenden sei.Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Wucher iSd Paragraph 879, Absatz 2, Ziffer 4, ABGB liege nicht vor. Der Kläger fechte den Kaufvertrag wegen einer Zwangslage der Gemeinschuldnerin an. Es käme jedoch auf eine Zwangslage des Masseverwalters an, die aber nicht vorgelegen sei, weshalb sich Feststellungen zum Vorwurf des Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und wahrem Wert des Forstguts erübrigt hätten. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da es sich auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen habe können. Als Grund, der die Zulassung der Revision entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertige, macht der Kläger geltend, es fehle jegliche Judikatur zur über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage, ob im Konkurs die subjektiven Voraussetzungen des Wuchers auf den Masseverwalter oder auf den bewucherten Gemeinschuldner zutreffen müssten und ob Paragraph 879, Absatz 2, Ziffer 4, ABGB auf Verkäufe im Konkurs überhaupt anzuwenden sei.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ist ein Vertrag nichtig, wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zum Wert der Leistung in einem auffallenden Missverhältnis steht. Für die Annahme eines wucherischen Geschäftes sind demnach drei Voraussetzungen erforderlich: Es muss ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung bestehen, der durch das Geschäft Begünstigte muss die Lage des Bewucherten ausgenützt haben, und es müssen bei dem durch das Geschäft Benachteiligten gewisse Umstände oder Eigenschaften vorhanden sein, die ihn hinderten, seine Interessen gehörig zu wahren (NZ 1981, 81; SZ 44/71; 2 Ob 540/92, JBl 1993, 581 mwN; RIS-Justiz RS0016864). Missbilligt wird also die Ausbeutung eines Vertragspartners durch auffallende Äuquivalenzstörung in den Hauptleistungspflichten in Fällen gestörter Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung (JBl 1993, 581 uva). Vertragspartner der erstbeklagten Partei, der als Käuferin des Forstgutes vom Kläger wucherisches Vorgehen vorgeworfen wird, war aber nicht die Mutter des Klägers, die über die Masse ja nicht verfügen konnte, weil gemäß § 3 Abs 1 KO die Rechtshandlung des Gemeinschuldners insoweit den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind, sondern der Masseverwalter, der bei der Ausübung seines Amtes im eigenen Namen mit Wirkung für die Konkursmasse handelt. Da demnach schon nach den Wortlaut des Gesetzes auf der Hand liegt, dass im Falle von Verträgen, die der Masseverwalter im Zuge der ihm obliegenden Verwertung der Masse schließt, nur der Masseverwalter und nicht der Gemeinschuldner der Bewucherte sein kann, stellt dies keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 503 mwN).Gemäß Paragraph 879, Absatz 2, Ziffer 4, ABGB ist ein Vertrag nichtig, wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zum Wert der Leistung in einem auffallenden Missverhältnis steht. Für die Annahme eines wucherischen Geschäftes sind demnach drei Voraussetzungen erforderlich: Es muss ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung bestehen, der durch das Geschäft Begünstigte muss die Lage des Bewucherten ausgenützt haben, und es müssen bei dem durch das Geschäft Benachteiligten gewisse Umstände oder Eigenschaften vorhanden sein, die ihn hinderten, seine Interessen gehörig zu wahren (NZ 1981, 81; SZ 44/71; 2 Ob 540/92, JBl 1993, 581 mwN; RIS-Justiz RS0016864). Missbilligt wird also die Ausbeutung eines Vertragspartners durch auffallende Äuquivalenzstörung in den Hauptleistungspflichten in Fällen gestörter Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung (JBl 1993, 581 uva). Vertragspartner der erstbeklagten Partei, der als Käuferin des Forstgutes vom Kläger wucherisches Vorgehen vorgeworfen wird, war aber nicht die Mutter des Klägers, die über die Masse ja nicht verfügen konnte, weil gemäß Paragraph 3, Absatz eins, KO die Rechtshandlung des Gemeinschuldners insoweit den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind, sondern der Masseverwalter, der bei der Ausübung seines Amtes im eigenen Namen mit Wirkung für die Konkursmasse handelt. Da demnach schon nach den Wortlaut des Gesetzes auf der Hand liegt, dass im Falle von Verträgen, die der Masseverwalter im Zuge der ihm obliegenden Verwertung der Masse schließt, nur der Masseverwalter und nicht der Gemeinschuldner der Bewucherte sein kann, stellt dies keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO dar vergleiche Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu Paragraph 503, mwN).

Ein Zulassungsgrund wird vom Revisionswerber auch noch darin erblickt, dass die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur ständigen Judikatur, insbesondere zur Entscheidung SZ 27/19 stehe, wonach die in § 879 Abs 2 Z 4 ABGB genannten subjektiven Tatbestände nicht taxativ zu interpretieren seien. Als subjektive Voraussetzung auf Seiten des Benachteiligten komme auch Unkenntnis des Wertes der eigenen Leistung, Vertrauensseligkeit udgl in Frage. Die Vorinstanzen hätten sich damit auseinandersetzen müssen, ob die Freundschaft des Masseverwalters zum Vorstandsvorsitzenden der Erstbeklagten, den der Masseverwalter auch als Rechtsanwalt vertreten habe, nicht als Vertrauensseligkeit bewertet werden könne.Ein Zulassungsgrund wird vom Revisionswerber auch noch darin erblickt, dass die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur ständigen Judikatur, insbesondere zur Entscheidung SZ 27/19 stehe, wonach die in Paragraph 879, Absatz 2, Ziffer 4, ABGB genannten subjektiven Tatbestände nicht taxativ zu interpretieren seien. Als subjektive Voraussetzung auf Seiten des Benachteiligten komme auch Unkenntnis des Wertes der eigenen Leistung, Vertrauensseligkeit udgl in Frage. Die Vorinstanzen hätten sich damit auseinandersetzen müssen, ob die Freundschaft des Masseverwalters zum Vorstandsvorsitzenden der Erstbeklagten, den der Masseverwalter auch als Rechtsanwalt vertreten habe, nicht als Vertrauensseligkeit bewertet werden könne.

Zutreffend an diesen Ausführungen ist lediglich, dass nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre das Gesetz die Ursachen der - eine der Voraussetzungen für Wucher bildenden - gestörten Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung des Bewucherten nur demonstrativ aufzählt. Feststellungen, aus denen eine fehlerhafte Willensbildung im Sinne dieser beispielhaften Aufzählung beim Masseverwalter gegeben gewesen wäre, wurden aber nicht getroffen. Darin, dass die Vorinstanzen mangels sonstiger Indizien Freundschaft und anwaltliche Vertretung des Vorstandsvorsitzenden der Erstbeklagten nicht als ausreichend angesehen haben, eine Vertrauensseligkeit oder sonst eine gestörte Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung des Maßeverwalters iSd § 879 Abs 2 Z 4 ABGB anzunehmen, kann eine erhebliche Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, nicht erblickt werden.Zutreffend an diesen Ausführungen ist lediglich, dass nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre das Gesetz die Ursachen der - eine der Voraussetzungen für Wucher bildenden - gestörten Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung des Bewucherten nur demonstrativ aufzählt. Feststellungen, aus denen eine fehlerhafte Willensbildung im Sinne dieser beispielhaften Aufzählung beim Masseverwalter gegeben gewesen wäre, wurden aber nicht getroffen. Darin, dass die Vorinstanzen mangels sonstiger Indizien Freundschaft und anwaltliche Vertretung des Vorstandsvorsitzenden der Erstbeklagten nicht als ausreichend angesehen haben, eine Vertrauensseligkeit oder sonst eine gestörte Freiheit der rechtsgeschäftlichen Willensbildung des Maßeverwalters iSd Paragraph 879, Absatz 2, Ziffer 4, ABGB anzunehmen, kann eine erhebliche Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, nicht erblickt werden.

Soweit der Kläger in der Revision schließlich noch neuerlich behauptet, während des langjährigen Verfahrens sei es in erster Instanz nicht möglich gewesen, ihn ordnungsgemäß als Partei zu vernehmen, weshalb eine Verletzung des Art 6 EMRK vorliege, genügt der Hinweis, dass schon das Berufungsgericht diesen Einwand als nicht stichhältig erkannt hat. Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz - wie hier - in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint, dann kann der Mangel nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 503 mwN). Dieser Grundsatz wäre nur dann unanwendbar, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen (SZ 53/12 = JBl 1981, 268 mwN) oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (SZ 38/120; SZ 53/12 = JBl 1981, 268 mwN), was aber hier beides nicht der Fall ist.Soweit der Kläger in der Revision schließlich noch neuerlich behauptet, während des langjährigen Verfahrens sei es in erster Instanz nicht möglich gewesen, ihn ordnungsgemäß als Partei zu vernehmen, weshalb eine Verletzung des Artikel 6, EMRK vorliege, genügt der Hinweis, dass schon das Berufungsgericht diesen Einwand als nicht stichhältig erkannt hat. Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz - wie hier - in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint, dann kann der Mangel nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu Paragraph 503, mwN). Dieser Grundsatz wäre nur dann unanwendbar, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen (SZ 53/12 = JBl 1981, 268 mwN) oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (SZ 38/120; SZ 53/12 = JBl 1981, 268 mwN), was aber hier beides nicht der Fall ist.

Da der Revisionswerber demnach einen tauglichen Zulassungsgrund nicht aufzuzeigen vermag, muss sein daher unzulässiges Rechtsmittel zurückgewiesen werden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E66365 7Ob170.02d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00170.02D.0807.000

Dokumentnummer

JJT_20020807_OGH0002_0070OB00170_02D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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