Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst M*****, vertreten durch Mag. Karl Koman, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei F***** AG, ***** vertreten durch Dr. Bruno Pedevilla, Rechtsanwalt in Lienz, wegen EUR 4.780,06 sA (= S 65.775) über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. April 2002, GZ 4 R 631/01z-24, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 28. September 2001, GZ 3 C 104/01v-16, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.512,61 (darin EUR 163,77 Umsatzsteuer und EUR 530,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 17. 12. 2000 ereignete sich in dem von der beklagten Partei zu betreuenden Teil der Felbertauernstraße (im Bereich Oberfelben nahe Mittersill) ein Verkehrsunfall, an dem der PKW des Klägers beteiligt war. Für diesen PKW war bei der Beklagten eine gültige Jahresmautkarte gelöst worden.
Die Beklagte ist Halterin der Felbertauernstraße, die von Matrei in Osttirol bis nach Mittersill von Süden in Richtung Norden über eine Länge von 36,5 km verläuft. Im Bereich des Südportals des 5.282 m langen Felbertauerntunnels hat die Beklagte die Mautstelle eingerichtet. Im Verlauf der Südrampe, also des Streckenabschnitts von Matrei bis zur Mautstelle zweigen Straßen nach Hinterburg, Raneburg, Gruben, Innergschlöss und diverse Wald- und Feldeinfahrten ab. Auch auf der Nordrampe, also von Mittersill bis zum Tunnel Nordportal zweigen mehrere Abfahrten ab.
Für die Überwachung des Straßenzustandes und entsprechende Vorsorge und Durchführung von Räum- und Streumaßnahmen hat die Beklagte in organisatorischer Hinsicht folgende Vorkehrungen getroffen:
Es wurde ein 24 Stunden lang besetzter Tunnelwartedienst eingerichtet. Die Kontrollbeobachtungen beziehen sich außerhalb des Tunnels auf die Strecken von Mittersill bis zum Nordportal und vom Südportal bis nach Matrei. Hinsichtlich der Witterungsmeldungen und der Wettervorhersage steht die Beklagte mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik sowie der Fa Austro-Control in Kontakt. Zudem betreibt sie eine automatische Wetterstation in einer Seehöhe von 2.850 m oberhalb des Tunnels und lässt sich von der Fa Meteodata in Lienz täglich mit der Wetterprognose und Niederschlagsprognose versorgen. Im Rahmen des Winterdienstplans, der vom 21. 10. 2000 bis 27. 4. 2001 erlassen war, sind regelmäßige Kontroll- und Vorsorgefahrten vorgesehen und werden diese auch durchgeführt. Die Straßenzustandskontrolle hängt von den Witterungsverhältnissen ab, erfolgt jedoch mindestens um 5.45 Uhr, 9.45 Uhr, 13.45 Uhr, 17.00 Uhr und 24.00 Uhr. Zudem sind die Mautner angewiesen, bei der Mautstelle ankommende Fahrzeuglenker über den Straßenzustand zu befragen, damit auch kurzfristig mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden kann.
Am Unfallstag, dem 17. 12. 2000, wurden mit einer Nordwestströmung feuchtkalte Luftmassen herangeführt. Die Folge war winterlich kaltes Wetter mit unergiebigen Niederschlägen im ganzen Land Salzburg. Die Unfallstelle im Bereich Oberfelben befindet sich auf einer Seehöhe von ca 850 m, wobei die Lufttemperatur an diesem Tage auf höchstens -1o anstieg. Zum Unfallszeitpunkt um ca 17.00 Uhr dürfte dort eine Temperatur von etwa -2o geherrscht haben. Aufgrund des ganztägigen Frostes und der fehlenden Sonneneinstrahlung - der Himmel war am Nachmittag dieses Tages zur Gänze bedeckt - hätte sich gefallener Schnee ohne entsprechende chemische Streuung auf der Verkehrsfläche halten können.
Die Straßenwetterprognose verzeichnet am 17. 12. für den Prognoseabschnitt Mittersill im Zeitraum 13.00 Uhr bis 19.00 Uhr eine Niederschlagsmenge von etwa 1 cm bei Temperaturen zwischen -1o und -3o. Am 17. 12. etwa zwischen 4.00 Uhr und 5.30 Uhr nahm ein Mitarbeiter der beklagten Partei die Salzstreuung der Nordrampe vor, sodass die Fahrbahnoberfläche auf der Nordrampe um 5.00 Uhr, 9.45 Uhr und um 13.45 Uhr durchgehend salznass war. Die Südrampe bis nach Matrei war trocken.
Um 7.00 Uhr früh betrug die Temperatur beim Tunnelnordportal -5o, um 11.00 Uhr -2o, m 15.00 Uhr -3o, sowie um 17.00 Uhr -4o. Zwischen 7.00 Uhr und 19.00 Uhr war die Niederschlagsmenge bei der dem Unfallbereich nächstgelegenen Messstation der Zentralanstalt für Metorologie und Geodynamik in Uttendorf nicht messbar, man spricht von Niederschlagsspuren. Erst nach 20.00 Uhr schneite es zeitweise etwas stärker. Für den Bereich der Unfallstelle ist am 17. 12. 2000 eine Neuschneemenge zwischen 1 und 3 cm wahrscheinlich.
Am 17. 12. 2000 trat der Mitarbeiter der beklagten Partei, Olav B***** seinen Dienst um ca 12.45 Uhr an. Sein Tätigkeitsbereich umfasst das Bedienen der Räum- und Einsatzfahrzeuge, mit denen er den Straßenzustand kontrolliert, räumt oder Streufahrten durchführt. Nachdem er zunächst Wartungsarbeiten verrichtet hatte, erhielt er um ca 15.15 Uhr von der Tunnelwarte den Einsatzbefehl zur Räumung und Besalzung, zumal auf der Nordrampe Schneefall herrschte. Nachdem er das Einsatzfahrzeug mit Salz beladen hatte, nahm er zunächst die Salzstreuung vom Tunnelnordportal bis nach Mittersill vor, wobei während dieser Fahrt abschnittsweise Schneematsch auf der Fahrbahn lag. Möglich ist auch, dass abschnittsweise (aber nur eher im Bereich des Tunnelnordportals) bereits eine 2 cm hohe Schneedecke vorhanden war. Während dieser Fahrt hatte er nicht das Gefühl, dass die Fahrbahnoberfläche irgendwo eisig war.
Gegen 17.00 Uhr fuhr Gudrun M***** mit dem PKW des Klägers von Mittersill kommend in Richtung Süden. Das Fahrzeug war mit Winterreifen ausgerüstet, die der Kläger im November 1999 gekauft hatte und mit denen schon etwa 1.000 km zurückgelegt worden waren. Gudrun M***** näherte sich der Unfallstelle mit einer Geschwindigkeit von ca 50 km/h. In diesem Bereich verläuft die Felbertauernstraße von Norden in Richtung Süden und beschreibt vorerst eine enger und dann eine weiter gezogene Linkskurve, die auf Höhe von Stkm 33 in eine Gerade mit einer anschließenden Rechtskurve übergeht. Auf Höhe der Bezugslinie (fiktive Senkrechte über die Straße auf Höhe des Stkm 33) ist die Fahrbahn innerhalb der Randlinien 10,10 m breit und wird in einen 3,3 m breiten westlichen, einen 3,3 m breiten mittleren und 3,5 m breiten östlichen Fahrstreifen geteilt. Im Westen schließt an die Fahrbahn einschließlich Randlinie ein 0,25 m breites Asphaltbankett und daran anschließend ein 0,4 m breites Schotterbankett bis zu einer Leitschiene hin an. Etwa 10 m westlich der Leitschiene fließt ein Bach, dessen Ufer mit Erlenbäumen bewachsen ist. Im Osten schließt an die Fahrbahn einschließlich Randlinie ein 0,6 m breites Asphaltbankett bis zu einer ca 10 cm hohen Randleiste und daran anschließend eine ansteigende Böschung an. Im Kurvenbereich nördlich der Bezugslinie beträgt die Fahrbahnsteigung ca 5 % bei einem Quergefälle von ca 7 % Richtung Osten. Auf Höhe der Bezugslinie beträgt die Steigung ca 3 % ohne Quergefälle. Die Sicht auf den Fahrbahnverlauf in Richtung Süden wird etwa 100 m nördlich der Bezugslinie erreicht.
Vor dem Unfall hatte Olav B***** den östlichen Fahrstreifen mit dem Einsatzfahrzeug bei seiner Fahrt in Richtung Mittersill bereits mit Salz gestreut gehabt. Die Wirkung dieser Streuung tritt nach etwa 15 bis 30 Minuten ein. Zum Unfallszeitpunkt schneite es leicht, wobei bereits Dunkelheit herrschte. Zum Unfallszeitpunkt war die Fahrbahnoberfläche zumindest mit Schneematsch bedeckt, es kann allerdings nicht festgestellt werden, ob in diesem Bereich bereits eine durchgehende Schneefahrbahn vorhanden war. Die Fahrbahnoberfläche war rutschig. Die Unfallstelle befindet sich bei Stkm 33 im Freilandgebiet bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h.
Aufgrund der herrschenden Fahrbahnverhältnisse und der von der Lenkerin eingehaltenen Geschwindigkeit geriet der PKW auf Höhe der Bezugslinie infolge Überschreitung der Seitenführungsgrenze der Reifen und der Abnahme des Quergefälles ins Schleudern. Die Lenkerin hatte zuvor weder Gas gegeben noch weggenommen oder die Gangschaltung betätigt oder gebremst. Sie versuchte noch gegenzulenken, dabei geriet das Fahrzeug knapp an die Leitplanke, ohne mit dieser zu kollidieren, in weiterer Folge schleuderte es auf die Gegenfahrbahn und prallte ohne gänzliches Überfahren der Randleiste gegen einen 54 m südlich der Bezugslinie auf der ostseitigen Böschung befindlichen Stein und kam dort zum Stillstand. Anschließend konnte die Lenkerin das Klagsfahrzeug mit Motorkraft zum westlichen, also rechten Fahrstreifen fahren und dort anhalten. Vor Anprall gegen die Böschung, der mit einer Geschwindigkeit von ca 15 bis 20 km/h erfolgte, hatte sie wahrscheinlich noch gebremst.
Als der Unfall passierte, befand sich Olav B***** auf dem Rückweg seiner Einsatzfahrt von Mittersill in Richtung Norden und traf einige Minuten nach dem Unfall an der Unfallstelle ein.
Aufgrund der durch den Unfall hervorgerufenen Beschädigung waren Reparaturkosten in Höhe von S 60.775,-- erforderlich, die Wertminderung am Klagsfahrzeug beträgt S 5.000,--.
Mautpflichtig ist lediglich die Tunneldurchfahrt, für das Befahren der Süd- und der Nordrampe allein wird keine Maut eingehoben.
Der Kläger begehrte die Bezahlung des ihm entstandenen Schadens und begründete seinen Anspruch damit, dass die Beklagte als Halterin der Felbertauernstraße und Vertragspartnerin des Klägers die Verpflichtung gehabt habe, die Fahrbahn in einem verkehrssicheren Zustand zu halten und bei Gefahr von Glätte alle zumutbaren Maßnahmen, insbesondere das Streuen von Salz und Rollsplitt zu treffen, um ein Schleudern von Fahrzeugen zu verhindern. Diesen Pflichten sei sie nicht nachgekommen und hafte sie daher für den entstandenen Schaden. Selbst für den Fall, dass der Unfallbereich nicht mautpflichtig gewesen sei, hafte die Beklagte für den Schaden des Klägers, weil sie grob fahrlässig die Kontroll- und Betreuungspflicht vernachlässigt habe, wofür sie als Wegehalterin einzustehen habe.
Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, dass das Alleinverschulden am Unfall die Lenkerin des Klagsfahrzeuges treffe, die für die Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse zu schnell und/oder unaufmerksam gefahren sei. Die Beklagte sei ihren Verpflichtungen als Straßenerhalterin an diesem Tag ordnungsgemäß nachgekommen. Ihre Dienstnehmer hätten sich laufend über den Straßenzustand informiert und insbesondere in der Zeit zwischen 15.50 Uhr und 18.00 Uhr entlang der Nordrampe der Felbertauernstraße Vorsorgestreufahrten durchgeführt, bei denen über 1.000 kg Salz verbraucht worden seien. Der Unfall sei im Übrigen auf dem nicht mautpflichtigen Teil der Felbertauernstraße passiert, weshalb der Beklagten das Haftungsprivileg des § 1319a ABGB zukomme.Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, dass das Alleinverschulden am Unfall die Lenkerin des Klagsfahrzeuges treffe, die für die Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse zu schnell und/oder unaufmerksam gefahren sei. Die Beklagte sei ihren Verpflichtungen als Straßenerhalterin an diesem Tag ordnungsgemäß nachgekommen. Ihre Dienstnehmer hätten sich laufend über den Straßenzustand informiert und insbesondere in der Zeit zwischen 15.50 Uhr und 18.00 Uhr entlang der Nordrampe der Felbertauernstraße Vorsorgestreufahrten durchgeführt, bei denen über 1.000 kg Salz verbraucht worden seien. Der Unfall sei im Übrigen auf dem nicht mautpflichtigen Teil der Felbertauernstraße passiert, weshalb der Beklagten das Haftungsprivileg des Paragraph 1319 a, ABGB zukomme.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht beurteilte es den Sachverhalt dahingehend, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch das Lösen der Jahresmautkarte auch für den Unfallbereich einen entgeltlichen Benützungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen habe, in welchem Fall sie bei Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten auch für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hätte. Die Haftung sei im gegenständlichen Fall iSd § 1319a ABGB zu prüfen. Nicht strittig sei, dass die Beklagte für die ordnungsgemäße Schneeräumung und Bestreuung zu sorgen habe. Der Umfang der im Rahmen der Instandhaltungspflichten des Straßenerhalters fallenden Streu- und Räumpflicht richte sich nach dem Verkehrsbedürfnis und der Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen im Einzelfall. Es sei zu prüfen, ob der Beklagten und ihren Leuten im Zusammenhang mit den organisatorischen Vorkehrungen für den Winterdienst in Anbetracht der herrschenden Witterungs- und Niederschlagsverhältnisse am Unfalltag eine auffallende Sorglosigkeit und eine Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflichten in ungewöhnlicher Weise vorgeworfen werden könne, wodurch der Eintritt des Schadens am klägerischen Fahrzeug nicht nur möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen gewesen sei. Ein solcher Sorgfaltsverstoß liege aber nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Am Unfallstag seien mehrere Kontrollfahrten durchgeführt worden. Da im Bereich der Nordrampe am Nachmittag nur leichter Schneefall geherrscht habe, für den Prognoseabschnitt Mittersill nur eine Niederschlagsmenge von ca 1 cm prognostiziert worden sei und zudem bei der Kontrollfahrt um 13.45 Uhr nur salznasse Fahrbahn vorgelegen sei, sei es nicht zu beanstanden, dass der Mitarbeiter Olav B***** erst um 15.15 Uhr den Einsatzbefehl erhalten und die Einsatzfahrt in Richtung Mittersill angetreten habe. Nach Ansicht des Erstgerichtes sei der Beklagten nicht einmal ein leicht fahrlässiger Verstoß gegen ihre Verpflichtung als Straßenerhalter vorzuwerfen.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht beurteilte es den Sachverhalt dahingehend, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch das Lösen der Jahresmautkarte auch für den Unfallbereich einen entgeltlichen Benützungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen habe, in welchem Fall sie bei Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten auch für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hätte. Die Haftung sei im gegenständlichen Fall iSd Paragraph 1319 a, ABGB zu prüfen. Nicht strittig sei, dass die Beklagte für die ordnungsgemäße Schneeräumung und Bestreuung zu sorgen habe. Der Umfang der im Rahmen der Instandhaltungspflichten des Straßenerhalters fallenden Streu- und Räumpflicht richte sich nach dem Verkehrsbedürfnis und der Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen im Einzelfall. Es sei zu prüfen, ob der Beklagten und ihren Leuten im Zusammenhang mit den organisatorischen Vorkehrungen für den Winterdienst in Anbetracht der herrschenden Witterungs- und Niederschlagsverhältnisse am Unfalltag eine auffallende Sorglosigkeit und eine Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflichten in ungewöhnlicher Weise vorgeworfen werden könne, wodurch der Eintritt des Schadens am klägerischen Fahrzeug nicht nur möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen gewesen sei. Ein solcher Sorgfaltsverstoß liege aber nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Am Unfallstag seien mehrere Kontrollfahrten durchgeführt worden. Da im Bereich der Nordrampe am Nachmittag nur leichter Schneefall geherrscht habe, für den Prognoseabschnitt Mittersill nur eine Niederschlagsmenge von ca 1 cm prognostiziert worden sei und zudem bei der Kontrollfahrt um 13.45 Uhr nur salznasse Fahrbahn vorgelegen sei, sei es nicht zu beanstanden, dass der Mitarbeiter Olav B***** erst um 15.15 Uhr den Einsatzbefehl erhalten und die Einsatzfahrt in Richtung Mittersill angetreten habe. Nach Ansicht des Erstgerichtes sei der Beklagten nicht einmal ein leicht fahrlässiger Verstoß gegen ihre Verpflichtung als Straßenerhalter vorzuwerfen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei, und führte zur Rechtsrüge Folgendes aus:
Nach den Feststellungen sei zwar die Tunneldurchfahrt mautpflichtig, jedoch seien sowohl Zu- als auch Abfahrt zu den Tunnelportalen nur über die Felbertauernstraße, die von der Beklagten gehalten werde, möglich. Damit treffe die Beklagte als Ausfluss ihrer vertraglichen Nebenpflichten auch die Verbindlichkeit, für ihre Vertragspartner eine sichere Zu- und Abfahrt zum mautpflichtigen Straßenstück zu gewährleisten. Damit könne sich die Beklagte, die für das Durchfahren des Felbertauerntunnels eine Maut einhebe und damit in Vertragsbeziehung zu den Straßenbenützern trete, nicht darauf zurückziehen, dass sie nur im Bereich des Tunnels für leichte Fahrlässigkeit einzustehen habe, hingegen auf der Süd- und Nordrampe wie andere Straßenhalter nur nach der Bestimmung des § 1319a ABGB zu behandeln sei. Vielmehr habe sie auch im Bereich der Zu- und Abfahrten für leichte Fahrlässigkeit einzustehen und könne sich auf das Privileg des § 1319a ABGB nicht berufen.Nach den Feststellungen sei zwar die Tunneldurchfahrt mautpflichtig, jedoch seien sowohl Zu- als auch Abfahrt zu den Tunnelportalen nur über die Felbertauernstraße, die von der Beklagten gehalten werde, möglich. Damit treffe die Beklagte als Ausfluss ihrer vertraglichen Nebenpflichten auch die Verbindlichkeit, für ihre Vertragspartner eine sichere Zu- und Abfahrt zum mautpflichtigen Straßenstück zu gewährleisten. Damit könne sich die Beklagte, die für das Durchfahren des Felbertauerntunnels eine Maut einhebe und damit in Vertragsbeziehung zu den Straßenbenützern trete, nicht darauf zurückziehen, dass sie nur im Bereich des Tunnels für leichte Fahrlässigkeit einzustehen habe, hingegen auf der Süd- und Nordrampe wie andere Straßenhalter nur nach der Bestimmung des Paragraph 1319 a, ABGB zu behandeln sei. Vielmehr habe sie auch im Bereich der Zu- und Abfahrten für leichte Fahrlässigkeit einzustehen und könne sich auf das Privileg des Paragraph 1319 a, ABGB nicht berufen.
Analysiere man nun den vorstehenden Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt leichter Fahrlässigkeit, so zeige sich, dass der Beklagten der ihr obliegende Beweis (§ 1298 ABGB), ohne ihr Verschulden an der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verbindlichkeiten gehindert worden zu sein, nicht gelungen sei. Vor dem Unfallsgeschehen, das am 17. 12. 2000 um 17.00 Uhr stattgefunden habe, sei die Nordrampe zum Felbertauerntunnel zuletzt um 13.45 Uhr befahren worden. Obwohl auf der Nordrampe Schneefall geherrscht habe und der Mitarbeiter der Beklagten den Einsatzbefehl zur Räumung und Besalzung bereits um 15.15 Uhr erhalten habe, die Gesamtstrecke der Felbertauernstraße nur 36,5 km lang sei und am Unfalltag nur die Nordrampe vom Schneefall betroffen gewesen sei, sei bis zum Unfallszeitpunkt (also fast zwei Stunden nach dem Einsatzbefehl) eine Räumung und Salzstreuung an der Unfallstelle noch nicht erfolgt gewesen. Damit habe die Beklagte dafür einzustehen, dass die Lenkerin des Klagsfahrzeuges auf dem (zumindest) mit Schneematsch bedeckten westlichen Teil der auf das Nordportal zuführenden Fahrbahn, die zum Unfallszeitpunkt rutschig gewesen sei, mit dem Fahrzeug ins Schleudern geraten sei und dass durch dieses Unfallsgeschehen die festgestellten Beschädigungen am Fahrzeug eingetreten seien. Hingegen sei ein Fehlverhalten der Lenkerin des Fahrzeuges nicht zu ersehen.Analysiere man nun den vorstehenden Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt leichter Fahrlässigkeit, so zeige sich, dass der Beklagten der ihr obliegende Beweis (Paragraph 1298, ABGB), ohne ihr Verschulden an der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verbindlichkeiten gehindert worden zu sein, nicht gelungen sei. Vor dem Unfallsgeschehen, das am 17. 12. 2000 um 17.00 Uhr stattgefunden habe, sei die Nordrampe zum Felbertauerntunnel zuletzt um 13.45 Uhr befahren worden. Obwohl auf der Nordrampe Schneefall geherrscht habe und der Mitarbeiter der Beklagten den Einsatzbefehl zur Räumung und Besalzung bereits um 15.15 Uhr erhalten habe, die Gesamtstrecke der Felbertauernstraße nur 36,5 km lang sei und am Unfalltag nur die Nordrampe vom Schneefall betroffen gewesen sei, sei bis zum Unfallszeitpunkt (also fast zwei Stunden nach dem Einsatzbefehl) eine Räumung und Salzstreuung an der Unfallstelle noch nicht erfolgt gewesen. Damit habe die Beklagte dafür einzustehen, dass die Lenkerin des Klagsfahrzeuges auf dem (zumindest) mit Schneematsch bedeckten westlichen Teil der auf das Nordportal zuführenden Fahrbahn, die zum Unfallszeitpunkt rutschig gewesen sei, mit dem Fahrzeug ins Schleudern geraten sei und dass durch dieses Unfallsgeschehen die festgestellten Beschädigungen am Fahrzeug eingetreten seien. Hingegen sei ein Fehlverhalten der Lenkerin des Fahrzeuges nicht zu ersehen.
Die Revision sei im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil für Fallkonstellationen wie die hier vorliegende, in der die Vertragshaftung über den mautpflichtigen Streckenabschnitt hinaus auf Zu- und Abfahrten von beträchtlicher Länge (hier: über 31 km) erstreckt werde, höchstgerichtliche Judikatur fehle und die Bedeutung dieser Frage über den Einzelfall hinausreiche.Die Revision sei im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig, weil für Fallkonstellationen wie die hier vorliegende, in der die Vertragshaftung über den mautpflichtigen Streckenabschnitt hinaus auf Zu- und Abfahrten von beträchtlicher Länge (hier: über 31 km) erstreckt werde, höchstgerichtliche Judikatur fehle und die Bedeutung dieser Frage über den Einzelfall hinausreiche.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinne abzuändern.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, es würde eine unzumutbare Ausweitung ihrer Vertragspflichten bedeuten, wenn sie nicht nur für den mautpflichtigen Tunnel von 5 km Länge, sondern auch für 31 km Zu- und Abfahrt die Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit übernehmen müsste; insbesondere bestehe keine entsprechende vertragliche Nebenpflicht. Die Tunnelrampen dienten auch der (kostenlosen) Zu- und Abfahrt zu anderen Zielen. Abgesehen vom Haftungsprivileg des § 1319a ABGB könne der Beklagten aber nicht einmal leichte Fahrlässigkeit zugerechnet werden, weil sie alle zumutbaren Schutzvorkehrungen getroffen habe, damit die Felbertauernstraße in einem für eine Hochgebirgsregion angemessenen und verkehrssicheren Zustand befahrbar sei.Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, es würde eine unzumutbare Ausweitung ihrer Vertragspflichten bedeuten, wenn sie nicht nur für den mautpflichtigen Tunnel von 5 km Länge, sondern auch für 31 km Zu- und Abfahrt die Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit übernehmen müsste; insbesondere bestehe keine entsprechende vertragliche Nebenpflicht. Die Tunnelrampen dienten auch der (kostenlosen) Zu- und Abfahrt zu anderen Zielen. Abgesehen vom Haftungsprivileg des Paragraph 1319 a, ABGB könne der Beklagten aber nicht einmal leichte Fahrlässigkeit zugerechnet werden, weil sie alle zumutbaren Schutzvorkehrungen getroffen habe, damit die Felbertauernstraße in einem für eine Hochgebirgsregion angemessenen und verkehrssicheren Zustand befahrbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung betrifft § 1319a ABGB nur Pflichten, die nicht vertraglich übernommen wurden. Bei Verletzung vertraglicher Pflichten - etwa bei entgeltlicher Zurverfügungstellung von Mautstraßen - haftet auch der Halter eines Weges ohne die in dieser Sondervorschrift normierte Beschränkung, er wird also schon bei leichter Fahrlässigkeit ersatzpflichtig (RIS-Justiz RS0023459, vgl RS0023925; Reischauer in Rummel2 § 1319a ABGB Rz 25 mwN; Harrer in Schwimann2 § 1319a ABGB Rz 27).Nach ständiger Rechtsprechung betrifft Paragraph 1319 a, ABGB nur Pflichten, die nicht vertraglich übernommen wurden. Bei Verletzung vertraglicher Pflichten - etwa bei entgeltlicher Zurverfügungstellung von Mautstraßen - haftet auch der Halter eines Weges ohne die in dieser Sondervorschrift normierte Beschränkung, er wird also schon bei leichter Fahrlässigkeit ersatzpflichtig (RIS-Justiz RS0023459, vergleiche RS0023925; Reischauer in Rummel2 Paragraph 1319 a, ABGB Rz 25 mwN; Harrer in Schwimann2 Paragraph 1319 a, ABGB Rz 27).
Im vorliegenden Fall beurteilt der erkennende Senat das Verhalten der Beklagten, die nach der Straßenzustandskontrolle um 13.45 Uhr trotz des herrschenden Schneefalles erst um 15.15 Uhr eine neuerliche Befahrung veranlasste, sodass die Unfallstelle um 17.00 Uhr gerade noch nicht von Schneematsch geräumt war, als leicht fahrlässig. Der Erfolg der Klage hängt daher davon ab, ob der Beklagten die Haftungeinschränkung des § 1319a ABGB auf grobes Verschulden zugute kommt.Im vorliegenden Fall beurteilt der erkennende Senat das Verhalten der Beklagten, die nach der Straßenzustandskontrolle um 13.45 Uhr trotz des herrschenden Schneefalles erst um 15.15 Uhr eine neuerliche Befahrung veranlasste, sodass die Unfallstelle um 17.00 Uhr gerade noch nicht von Schneematsch geräumt war, als leicht fahrlässig. Der Erfolg der Klage hängt daher davon ab, ob der Beklagten die Haftungeinschränkung des Paragraph 1319 a, ABGB auf grobes Verschulden zugute kommt.
Der Unfall hat sich nach den vorinstanzlichen Feststellungen im mautfrei befahrbaren Teil der Felbertauernstraße weit entfernt vom Tunnelportal ereignet. Dieser Straßenteil erlaubt auch die Zufahrt zu anderen Destinationen. Er wird vom Halter zur kostenlosen Benützung zur Verfügung gestellt, weshalb dieser nach der ratio des § 1319a ABGB nicht mit aller Strenge haften soll (Reischauer aaO Rz 14).Der Unfall hat sich nach den vorinstanzlichen Feststellungen im mautfrei befahrbaren Teil der Felbertauernstraße weit entfernt vom Tunnelportal ereignet. Dieser Straßenteil erlaubt auch die Zufahrt zu anderen Destinationen. Er wird vom Halter zur kostenlosen Benützung zur Verfügung gestellt, weshalb dieser nach der ratio des Paragraph 1319 a, ABGB nicht mit aller Strenge haften soll (Reischauer aaO Rz 14).
Was die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten vertraglichen Nebenpflichten gegenüber Tunnelbenützern anlangt, so ist die Zufahrt zu einer Mautstrecke mit der Zufahrt etwa zu einem Gasthaus oder einer Tankstelle (vgl die Nachweise bei Reischauer aaO Rz 27; Harrer aaO Rz 27) nicht vergleichbar. Entsprechende Erwägungen könnten allenfalls für den Bereich von der letzten Ausfahrt bis zum Tunnelportal angestellt werden; eine Ausweitung der Vertragshaftung auf die (hier ca 31 km langen) Anschlusstrecken einer mautpflichtigen Straße (etwa auch auf unter Umständen noch längere Zufahrten zum vignetten-mautpflichtigen Autobahnnetz; vgl 2 Ob 33/01v = ZVR 2001/53) würde hingegen ein unzumutbares Ausufern bedeuten.Was die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten vertraglichen Nebenpflichten gegenüber Tunnelbenützern anlangt, so ist die Zufahrt zu einer Mautstrecke mit der Zufahrt etwa zu einem Gasthaus oder einer Tankstelle vergleiche die Nachweise bei Reischauer aaO Rz 27; Harrer aaO Rz 27) nicht vergleichbar. Entsprechende Erwägungen könnten allenfalls für den Bereich von der letzten Ausfahrt bis zum Tunnelportal angestellt werden; eine Ausweitung der Vertragshaftung auf die (hier ca 31 km langen) Anschlusstrecken einer mautpflichtigen Straße (etwa auch auf unter Umständen noch längere Zufahrten zum vignetten-mautpflichtigen Autobahnnetz; vergleiche 2 Ob 33/01v = ZVR 2001/53) würde hingegen ein unzumutbares Ausufern bedeuten.
Für den Bereich der Unfallstelle haftet die Beklagte somit nur gemäß § 1319a ABGB. Da kein grobes Verschulden vorliegt, besteht die Klagsforderung nicht zu Recht, weshalb das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen war.Für den Bereich der Unfallstelle haftet die Beklagte somit nur gemäß Paragraph 1319 a, ABGB. Da kein grobes Verschulden vorliegt, besteht die Klagsforderung nicht zu Recht, weshalb das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO.
Textnummer
E66408European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00181.02K.0808.000Im RIS seit
07.09.2002Zuletzt aktualisiert am
05.06.2015