Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Erika Helscher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K. Michael C*****, vertreten durch Dr. Evamaria Sluka-Grabner, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Karl O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, wegen EUR 13.667,39 brutto abzüglich EUR 70,17 netto sA (Revisionsinteresse EUR 12.098,87 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. März 2002, GZ 9 Ra 4/02b-25, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. Juni 2001, GZ 3 Cga 174/00w-21, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 749,70 (darin EUR 124,95 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, der seit 10 Jahren als Autospengler bei der beklagten Partei, die einen Kfz-Handel und Werkstätte betreibt, beschäftigt war, wurde von dieser entlassen, weil er seine Kraftfahrzeuge und die seiner Verwandten, die nicht Kunden der beklagten Partei waren, - mit zulässigerweise zu ermäßigten Preisen von der beklagten Partei bezogenem Material - repariert hat, ein Probefahrtkennzeichen zumindest einmal privat verwendet hat - wobei allerdings die diesbezüglichen Anordnungen der beklagten Partei allgemein "sehr locker" gehandhabt wurden - und in einem Fall, der unmittelbarer Anlass für die Entlassung war, mit Wissen des Verkaufsleiters der beklagten Partei am Privatverkauf und der Reparatur des PKW eines Stammkunden mitgewirkt hat, an dem auch sein Dienstgeber Interesse gehabt hätte.
Die Vorinstanzen hielten die Entlassung für nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die von der beklagten Partei in ihrer Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Überprüfung der Beweiswürdigung ist zwar kurz gehalten, lässt aber deutlich erkennen, dass eine solche doch stattgefunden hat; dies schließt aber den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO aus, weil die Behandlung der Beweisrüge in der zweiten Instanz nicht überhaupt unterblieben ist (RIS-Justiz RS00433185). Dem im Rahmen der Erledigung der Beweisrüge enthaltenen Hinweis des Berufungsgerichtes, die Beweisrüge sei nicht gesetzmäßig ausgeführt worden, kommt daher keine Bedeutung zu.Die von der beklagten Partei in ihrer Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Die Überprüfung der Beweiswürdigung ist zwar kurz gehalten, lässt aber deutlich erkennen, dass eine solche doch stattgefunden hat; dies schließt aber den Revisionsgrund des Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO aus, weil die Behandlung der Beweisrüge in der zweiten Instanz nicht überhaupt unterblieben ist (RIS-Justiz RS00433185). Dem im Rahmen der Erledigung der Beweisrüge enthaltenen Hinweis des Berufungsgerichtes, die Beweisrüge sei nicht gesetzmäßig ausgeführt worden, kommt daher keine Bedeutung zu.
Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:
Es konnte nur festgestellt werden, dass der Kläger einmal, und zwar am 6. 7. 2000 ein Probefahrtkennzeichen privat verwendet hat; diese Tatsache wurde der beklagten Partei unmittelbar danach bekannt. Eine auf diese Tatsache gestützte Entlassung am 17. 7. 2000 ist daher verspätet; die beklagte Partei hat durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie dem Verhalten ihres Dienstnehmers keine so schwerwiegende Bedeutung beimisst, dass ihr die Weiterbeschäftigung unzumutbar sei (Arb 6.683 uva; Kuderna Entlassungsrecht2 60 f); hinzu kommt vorliegendenfalls, dass die beklagte Partei bei der privaten Verwendung der Probefahrtkennzeichen durch ihre Bediensteten sehr großzügig verfuhr.
Die beklagte Partei hatte den Verdacht, dass der Kläger "im Pfusch" Autoreparaturen durchführt. Festgestellt werden konnte nur, dass der Kläger seine PKWs und die dreier Familienangehöriger, die teilweise mehrere ältere PKWs besaßen und keine Kunden der beklagten Partei waren, mit den bei der beklagten Partei zulässigerweise verbilligt gekauften Materialien reparierte; dass er dies gegen Entgelt getan hat, konnte nicht festgestellt werden. Ein solches Verhalten erfüllt nicht den Tatbestand des § 82 lit e GewO zweiter Tatbestand (Betreiben eines abträglichen Nebengeschäftes), auf den sich die beklagten Partei erkennbar stützt:Die beklagte Partei hatte den Verdacht, dass der Kläger "im Pfusch" Autoreparaturen durchführt. Festgestellt werden konnte nur, dass der Kläger seine PKWs und die dreier Familienangehöriger, die teilweise mehrere ältere PKWs besaßen und keine Kunden der beklagten Partei waren, mit den bei der beklagten Partei zulässigerweise verbilligt gekauften Materialien reparierte; dass er dies gegen Entgelt getan hat, konnte nicht festgestellt werden. Ein solches Verhalten erfüllt nicht den Tatbestand des Paragraph 82, Litera e, GewO zweiter Tatbestand (Betreiben eines abträglichen Nebengeschäftes), auf den sich die beklagten Partei erkennbar stützt:
Unter einem Nebengeschäft ist die Besorgung von Arbeiten durch einen Arbeitnehmer außerhalb des Geschäftsbetriebes seines Arbeitgebers in der Absicht zu verstehen, sie wiederholt und in der Art zu verrichten, dass darauf Zeit und Mühe angewendet wird (Arb 10.267; DRdA 1988/32 [Holzer] ua; zuletzt 8 ObA 110/00k; Kuderna aaO 136 mwN). Gleichgültig ist es, ob diese Arbeiten ständig oder nur zeitweise, als Beruf oder nur während einer bestimmten Zeitspanne verrichtet werden und ob sie dem Arbeitnehmer eine Einnahmequelle erschließen sollen (Kuderna aaO mwN; aA Schwarz/Holzer, Die Treuepflicht des Arbeitnehmers und ihrer künftige Gestaltung [1975] 99, die ein auf Gelderwerb gerichtetes Tätigwerden verlangen). Letzteres kann hier dahingestellt bleiben, weil unstrittig ist, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer nur gelegentlich Arbeiten verrichtet, welche die oben beschriebene Absicht nicht erkennen lassen und die seinem Arbeitgeber ohnehin nicht zugekommen wären, ein solches Nebengeschäft nicht vorliegt. Letzteres ist hier der Fall; es liegen keine konkreten Indizien - für die der Arbeitgeber beweispflichtig ist (WBl 2001, 229) - dafür vor, dass die Familienangehörigen des Klägers, wenn ihnen die Fahrzeuge nicht vom Kläger repariert worden wären, gerade die beklagte Partei mit diesen Arbeiten beauftragt hätten. Überdies muss das Nebengeschäft der Verwendung des Arbeitnehmers im Gewerbe des Arbeitgebers abträglich sein - solches hat nicht einmal die beklagte Partei behauptet - und ohne ausdrückliche oder schlüssige Einwilligung des Arbeitgebers erfolgen. Im vorliegenden Fall war der beklagten Partei bekannt, dass der Kläger in den letzten drei Jahren Materialen verschiedenster Art um ca S 110.000 gekauft hat; ihr musste hiebei bewusst werden, dass er diese nicht nur für seinen eigenen Bedarf kaufte; es wäre daher ihre Sache gewesen, diesen Indizien früher nachzugehen und - wenn sie nicht einverstanden gewesen wäre - dies abzustellen bzw den uneinschränkten verbilligten Verkauf von Materialien an ihre Dienstnehmer einzuschränken. Wieso sich eine Billigung des Dienstgebers nur auf Arbeiten für den Bedarf des Ehegatten oder Lebensgefährten, nicht aber auch auf Arbeiten für den Bedarf von Eltern, Kindern und Geschwistern erstrecken soll, ist nicht nachvollziehbar.
Somit verbleibt als einziges erwiesenes abträgliches Nebengeschäft nur der im Zusammenwirken mit dem Verkaufsleiter der beklagten Partei erfolgte Kauf, die Reparatur und der Wiederverkauf eines PKW (bei dem der Kläger nur S 2.000 verdiente), was Anlass für die Entlassung des Klägers war. Dieses einmalige Nebengeschäft reicht für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 82 lit e GewO zweiter Tatbestand nicht aus. Das sieht offenbar auch die Revisionswerberin ein, weshalb sie nunmehr versucht, den Vorfall den Tatbestand des § 82 lit d GewO (Begehung eines Diebstahls, einer Veruntreuung oder einer sonstigen Vertrauensunwürdigkeit hervorrufenden strafbaren Handlung) zu unterstellen. Die Argumentation der beklagten Partei, dass der Kläger ihr "Vertrauen durch Verwaltungsübertretungen (unbefugte Gewerbeausübung iSd § 1 Abs 4 GewO 1994) und sohin strafbares Handeln verwirkte", ist schlicht nicht nachvollziehbar. Eine unbefugte Gewerbeausübung ist nicht erwiesen; überdies sind mit den in § 82 lit d GewO genannten sonstigen Vertrauensunwürdigkeit hervorrufenden strafbaren Handlungen - wie die Gleichstellung mit den gerichtlich strafbaren Delikten des Diebstahls und der Veruntreuung zeigt - nur gerichtlich strafbare Handlungen gemeint. Einen allgemeinen Vertrauensunwürdigkeitstatbestand gibt es im Bereich der Entlassungsgründe des § 82 GewO im Gegensatz zum Angestelltengesetz nicht (RIS-Justiz RS0060324; zuletzt 9 ObA 279/00w; vgl dazu auch Kuderna aaO 132).Somit verbleibt als einziges erwiesenes abträgliches Nebengeschäft nur der im Zusammenwirken mit dem Verkaufsleiter der beklagten Partei erfolgte Kauf, die Reparatur und der Wiederverkauf eines PKW (bei dem der Kläger nur S 2.000 verdiente), was Anlass für die Entlassung des Klägers war. Dieses einmalige Nebengeschäft reicht für die Verwirklichung des Tatbestandes des Paragraph 82, Litera e, GewO zweiter Tatbestand nicht aus. Das sieht offenbar auch die Revisionswerberin ein, weshalb sie nunmehr versucht, den Vorfall den Tatbestand des Paragraph 82, Litera d, GewO (Begehung eines Diebstahls, einer Veruntreuung oder einer sonstigen Vertrauensunwürdigkeit hervorrufenden strafbaren Handlung) zu unterstellen. Die Argumentation der beklagten Partei, dass der Kläger ihr "Vertrauen durch Verwaltungsübertretungen (unbefugte Gewerbeausübung iSd Paragraph eins, Absatz 4, GewO 1994) und sohin strafbares Handeln verwirkte", ist schlicht nicht nachvollziehbar. Eine unbefugte Gewerbeausübung ist nicht erwiesen; überdies sind mit den in Paragraph 82, Litera d, GewO genannten sonstigen Vertrauensunwürdigkeit hervorrufenden strafbaren Handlungen - wie die Gleichstellung mit den gerichtlich strafbaren Delikten des Diebstahls und der Veruntreuung zeigt - nur gerichtlich strafbare Handlungen gemeint. Einen allgemeinen Vertrauensunwürdigkeitstatbestand gibt es im Bereich der Entlassungsgründe des Paragraph 82, GewO im Gegensatz zum Angestelltengesetz nicht (RIS-Justiz RS0060324; zuletzt 9 ObA 279/00w; vergleiche dazu auch Kuderna aaO 132).
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraph 41,, 50 ZPO.
Anmerkung
E66569 8ObA133.02wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:008OBA00133.02W.0808.000Dokumentnummer
JJT_20020808_OGH0002_008OBA00133_02W0000_000