TE OGH 2002/8/8 2Ob179/02s

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Veröffentlicht am 08.08.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate H*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig, und andere Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wider die beklagte Partei Hermann H*****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Ehescheidung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 6. April 2002, GZ 1 R 89/02m, 1 R 90/02h-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hermagor vom 13. Juli 2000, GZ 1 C 746/99s-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 66,62, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung eines Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.Gemäß Paragraphen 528 a,, 510 Absatz 3, ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung eines Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Klägerin begehrte zunächst die Scheidung aus dem Alleinverschulden des Beklagten, sie warf ihm verschiedene Eheverfehlungen vor. Der Beklagte bestritt das Vorliegen der behaupteten Scheidungsgründe und stellte einen Mitschuldantrag.

Die Klägerin änderte während des Verfahrens ihr auf Scheidung aus Verschulden gestütztes Klagebegehren in ein solches nach § 55 Abs 1 EheG, weil die häusliche Gemeinschaft der Streitteile seit mehr als drei Jahren aufgehoben und tiefgreifende und unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten sei. Der Beklagte stellte außer Streit, dass die häusliche Gemeinschaft seit Mai 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet ist.Die Klägerin änderte während des Verfahrens ihr auf Scheidung aus Verschulden gestütztes Klagebegehren in ein solches nach Paragraph 55, Absatz eins, EheG, weil die häusliche Gemeinschaft der Streitteile seit mehr als drei Jahren aufgehoben und tiefgreifende und unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten sei. Der Beklagte stellte außer Streit, dass die häusliche Gemeinschaft seit Mai 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet ist.

Das Erstgericht sprach daraufhin ohne Beweisaufnahme mit Urteil vom 13. 7. 2000 aus, die zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe werde aus dem Rechtsgrund des § 55 Abs 2 EheG geschieden. Es stellte unter Berufung auf die Außerstreitstellung fest, die eheliche Gemeinschaft sei seit Mai 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet.Das Erstgericht sprach daraufhin ohne Beweisaufnahme mit Urteil vom 13. 7. 2000 aus, die zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe werde aus dem Rechtsgrund des Paragraph 55, Absatz 2, EheG geschieden. Es stellte unter Berufung auf die Außerstreitstellung fest, die eheliche Gemeinschaft sei seit Mai 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet.

Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes als nichtig auf und verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Urteilsfällung. Es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, im Ehescheidungsverfahren könne auch die voll obsiegende Partei gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel ergreifen. Weil der Untersuchungsgrundsatz in diesem Verfahren nicht mehr gelte, binde ein gerichtliches Geständnis das Gericht grundsätzlich an die zugestandenen Tatsachen und schaffe bezüglich dieser Tatsachen ein Beweisthemenverbot. Auch eine "Außerstreitstellung" sei als Geständnis zu werten, wenn damit eine Prozessbehauptung des Gegners als zutreffend bezeichnet werde. Das Geständnis unterscheide sich grundsätzlich von einem Anerkenntnis, weil es eine Wissenserklärung über Tatsachen darstelle. Rechtliche Qualifikationen könnten ebensowenig Gegenstand eines Geständnisses sein, wie die Anwendbarkeit eines Gesetzes.

Die Beurteilung, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Ehe objektiv und unheilbar zerrüttet sei, sei eine auf Grundlage des erwiesenen Sachverhaltes zu treffende rechtliche Schlussfolgerung. Wenn das Erstgericht zu der zu lösenden Rechtsfrage, ob und ab welchem Zeitpunkt die objektive Zerrüttung der Ehe eingetreten war, keine Feststellungen getroffen, sondern sich damit begnügt habe, das "Anerkenntnis" des Beklagten wiederzugeben, müsse im angefochtenen Urteil eine unzulässige Umgehung des Verbotes, Versäumungs- und Anerkenntnisurteile in Ehescheidungsverfahren zu fällen, gesehen werden. Eine Überprüfung dieser Entscheidung, der daher die maßgeblichen Gründe fehlten, sei weder hinsichtlich der Beweiswürdigung noch der Tatsachenfeststellungen, noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung möglich, weshalb das Urteil als nichtig im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 aufzuheben sei.Die Beurteilung, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Ehe objektiv und unheilbar zerrüttet sei, sei eine auf Grundlage des erwiesenen Sachverhaltes zu treffende rechtliche Schlussfolgerung. Wenn das Erstgericht zu der zu lösenden Rechtsfrage, ob und ab welchem Zeitpunkt die objektive Zerrüttung der Ehe eingetreten war, keine Feststellungen getroffen, sondern sich damit begnügt habe, das "Anerkenntnis" des Beklagten wiederzugeben, müsse im angefochtenen Urteil eine unzulässige Umgehung des Verbotes, Versäumungs- und Anerkenntnisurteile in Ehescheidungsverfahren zu fällen, gesehen werden. Eine Überprüfung dieser Entscheidung, der daher die maßgeblichen Gründe fehlten, sei weder hinsichtlich der Beweiswürdigung noch der Tatsachenfeststellungen, noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung möglich, weshalb das Urteil als nichtig im Sinne des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 9, aufzuheben sei.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage, ob durch die Außerstreitstellung der objektiven Zerrüttung der Ehe ein Beweisthemenverbot geschaffen werde, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs; § 519 Abs 1 ZPO) des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass der Berufung der Klägerin keine Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und beantragt, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 153 ZPO beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs; Paragraph 519, Absatz eins, ZPO) des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass der Berufung der Klägerin keine Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und beantragt, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Paragraph 153, ZPO beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Die klagende Partei hat Revisionsrekursbeantwortung (richtig: Rekursbeantwortung) erstattet und beantragt, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig:

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0043432; RS0043423; 1 Ob 45/02b). Rechtliche Qualifikationen können aber nicht Gegenstand eines Geständnisses oder einer Außerstreitstellung sein (Rechberger in Rechberger², ZPO, §§ 266, 267 Rz 1 mwN). Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage erfüllt sohin nicht die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO. Auf die Frage, ob überhaupt ein Geständnis im Eheverfahren beachtlich ist (Rechberger/Simotta, Grundriss des österr. Zivilprozessrechts5, Rz 786), ist im Hinblick darauf, dass dieses ohnehin nicht für wirksam erachtet wurde, nicht weiter einzugehen.Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0043432; RS0043423; 1 Ob 45/02b). Rechtliche Qualifikationen können aber nicht Gegenstand eines Geständnisses oder einer Außerstreitstellung sein (Rechberger in Rechberger², ZPO, Paragraphen 266,, 267 Rz 1 mwN). Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage erfüllt sohin nicht die Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO. Auf die Frage, ob überhaupt ein Geständnis im Eheverfahren beachtlich ist (Rechberger/Simotta, Grundriss des österr. Zivilprozessrechts5, Rz 786), ist im Hinblick darauf, dass dieses ohnehin nicht für wirksam erachtet wurde, nicht weiter einzugehen.

Aber auch im Rekurs des Beklagten werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan. Richtig ist zwar, dass die Klägerin im Verfahren erster Instanz zahlreiche Eheverfehlungen des Beklagten behauptet hat, doch wurde dieses Vorbringen von ihm bestritten und (nur) außer Streit gestellt, "dass die häusliche Gemeinschaft seit April 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet ist" (AS 49). Ob das Ersturteil tatsächlich mit einer Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO behaftet ist oder "nur" mit einer Mangelhaftigkeit, stellt ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar, weil auch eine Mangelhaftigkeit zu einer Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes führen müsste (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO). Dass im Scheidungsverfahren auch die Partei, die voll obsiegt hat, gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel ergreifen kann, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RIS-Justiz RS0042004; JBl 2001, 324).Aber auch im Rekurs des Beklagten werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan. Richtig ist zwar, dass die Klägerin im Verfahren erster Instanz zahlreiche Eheverfehlungen des Beklagten behauptet hat, doch wurde dieses Vorbringen von ihm bestritten und (nur) außer Streit gestellt, "dass die häusliche Gemeinschaft seit April 1997 aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet ist" (AS 49). Ob das Ersturteil tatsächlich mit einer Nichtigkeit nach Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 9, ZPO behaftet ist oder "nur" mit einer Mangelhaftigkeit, stellt ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar, weil auch eine Mangelhaftigkeit zu einer Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes führen müsste (Paragraph 496, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO). Dass im Scheidungsverfahren auch die Partei, die voll obsiegt hat, gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel ergreifen kann, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RIS-Justiz RS0042004; JBl 2001, 324).

Auf die Frage der bereits bewilligten Wiedereinsetzung ist nicht einzugehen, diese ist nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens.

Es war daher der Rekurs des Beklagten zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Textnummer

E66671

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00179.02S.0808.000

Im RIS seit

07.09.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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