TE OGH 2002/8/13 1Ob196/02h

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Veröffentlicht am 13.08.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. H. W***** GmbH, und 2. H***** Textilhandelsgesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. A***** AG, ***** und 2. S*****, Errichtungs- und Vermietungsgesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 52.324,44 und EUR 26.162,22) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Februar 2002, GZ 11 R 8/02a-17, mit dem infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 9. Oktober 2001, GZ 9 C 2288/00t- und 9 C 2289/00i-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht ganz herrschender Judikatur, dass die Auslegung einer Vereinbarung nach den Grundsätzen des § 914 ABGB, insbesondere unter Erforschung der im konkreten Fall verfolgten Parteienabsicht, regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (RIS-Justiz RS0044298, RS0044358, RZ 1994/45, MietSlg 50.093 uva), sofern kein krasses Abweichen von den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung vorliegt (MietSlg 44.815, 49.067, 50.547 uva). Dies gilt insbesondere auch dort, wo die Vorinstanzen bei der Auslegung einer Vereinbarung auch deren "Vorgeschichte" berücksichtigt haben (7 Ob 1513/84).

Die im vorliegenden Fall vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, die "schriftlichen" Mietverträge enthielten zwar keine Regelung über eine Weitergabe des Bestandgegenstands durch den ("begünstigten") Untermieter, deren Zulässigkeit ergebe sich jedoch aus dem von einem Vertreter der klagenden Parteien verfassten und von einem Vertreter der beklagten Parteien unterfertigten "Aktenvermerk zur Vertragsauslegung" (Beilage C), ist nicht als krasse Fehlbeurteilung zu qualifizieren, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Insbesondere ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der (seiner Ansicht nach in dem genannten Aktenvermerk zum Ausdruck kommenden) wahren Willen der Vertragsparteien der Vorrang vor dem objektiven Wortlaut eines Vertragstextes zukommt. Haben die Vertragsparteien nun Übereinstimmung dahin erzielt, dass es dem Untermieter gestattet sein sollte, den Bestandgegenstand zu einem frei vereinbarten bzw zu einem dem von ihm zu entrichtenden Untermietzins entsprechenden Bestandzins an beliebige Dritte weiterzugeben, so geht der Verweis der Revisionswerberinnen darauf, dass der Hauptmieter dem Untermieter nur soviel an Rechten einräumen könne, als er selber gegenüber dem Vermieter habe, ins Leere.

2. Auch mit ihren Ausführungen zu § 26 MRG zeigen die beklagten Parteien keine erhebliche Rechtsfrage auf. Entgegen deren Auffassung kann keine Rede davon sein, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts darauf hinausliefe, es sei den Parteien des (Haupt-)Mietvertrags freigestellt, durch vertragliche Vereinbarung die "zwingende Bestimmung des § 26 MRG" auszuschalten. Die Revisionswerberinnen übersehen dabei, dass der zwingende Charakter dieser Vorschrift im Hinblick auf die zulässige Höhe des Untermietzinses lediglich im Verhältnis zwischen dem Untervermieter und dem Untermieter besteht. Dieses Verhältnis ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Hier geht es allein darum, ob sich die Vermieterinnen - etwa durch Kündigung der Hauptmietverträge - dagegen wehren können, dass der Untermieter durch Weitergabe des Bestandobjekts im Wege eines weiteren Untermietvertrags einen Unterbestandzins lukriert, der die nach § 26 MRG zulässige Höhe übersteigt. Die Vorinstanzen haben die Vereinbarung zwischen den Streitteilen nun so ausgelegt, dass die Vermieterinnen ihre Zustimmung zu einem solchen Vorgehen erteilt hätten. Warum der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung die Regelung des § 26 MRG entgegenstehen sollte, ist nicht ersichtlich. Den Vermietern steht es frei, dem Mieter (bzw Untermieter) die Weitergabe eines Bestandobjekts zu einem beliebigen Zins zu gestatten. Die Rechtsposition des durch § 26 MRG primär geschützten Untermieters (hier: des Unteruntermieters) wird dadurch in keiner Weise tangiert; diesem steht es frei, sich gegenüber seinem Untervermieter auf die Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung zu berufen. Auch wenn § 26 MRG in gewisser Weise auch die Interessen des Vermieters berücksichtigt (5 Ob 128/01m), kommt ihm insoweit jedenfalls kein zwingender Charakter zu, sodass es dem Vermieter freisteht, auf die sich bei Anwendung des dispositiven Rechts für ihn ergebenden Rechte, insbesondere die Kündigungsmöglichkeit, zu verzichten (MietSlg 45.328 ua).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO.

Textnummer

E66635

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00196.02H.0813.000

Im RIS seit

12.09.2002

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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