Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Edith S*****, 2.) Ing. Petr M*****, 3.) Mira M*****, und 4.) Petr M*****, alle *****, sämtliche vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, wider die beklagte Partei Herma W*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 29.069,13 EUR (= 400.000,-- S) sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. März 2002, GZ 13 R 150/01a-36, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Mai 2001, GZ 3 Cg 142/99w-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.503,54 EUR (darin 250,59 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind (Gesamt)-Rechtsnachfolger nach einer am 8. 11. 1995 verstorbenen Erblasserin, und zwar die Erstklägerin zur Hälfte, der Zweitkläger zu einem Viertel und die Drittklägerin sowie der Viertkläger je zu einem Achtel. Die Beklagte schuldete der Verstorbenen als Alleinerbin nach ihrem Ehegatten einen von diesem zur Veranlagung übernommenen Betrag von 400.000,-- S. Aus dessen Nachlass hatte die Rechtsvorgängerin der Kläger eine Liegenschaft als Legat erhalten. Auf dieser ist ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 2,5 Mio S für ein im März 1995 mit noch etwa 1,5 Mio S aushaftendes Darlehen einverleibt, das der Ehegatte der Beklagten als Personalschuldner für den Ankauf eines anderen, im Erbweg auf die Beklagte übergegangenen Grundstücks verwendet hatte. Auf diese Darlehensschuld stattete eine Gesellschaft mbH nach dem Ableben des Ehegatten der Beklagten fünf Raten zu je 85.000,-- S ab.
Die Kläger begehrten die (Rück-)Zahlung der als solche unbestritten gebliebenen Nachlassverbindlichkeit von 400.000,-- S.
Die Beklagte hielt dem Begehren entgegen, sie habe ihre Verbindlichkeit dadurch getilgt, dass sie als Alleinerbin nach ihrem Ehegatten auf die dem Pfandrecht zugrundeliegende Forderung noch fünf Raten zu je 85.000,-- S gezahlt habe. Diese Forderung wäre von der Legatarin (der Rechtsvorgängerin der Kläger) zu begleichen gewesen.
Dem entgegneten die Kläger, die Darlehensvaluta sei einzig und allein der Beklagten als Rechtsnachfolgerin nach ihem Ehegatten zugeflossen, sei doch das mit dem Darlehensbetrag angekaufte Haus im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte übergegangen; Personalschuldner des Darlehens sei stets der Ehegatte der Beklagten gewesen, sodass dessen Gesamtrechtsnachfolgerin auch die Rückzahlung des von ihm aufgenommenen Darlehens zu übernehmen habe. Die Realschuld der Kläger beschränke sich auf das auf ihrer Liegenschaft intabulierte Pfandrecht, eine persönliche Zahlungspflicht bestehe nicht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach den Klägern auf Grund deren Erbquoten 200.000,-- S (Erstklägerin), 100.000,-- S (Zweitkläger) bzw je 50.000,-- S (Drittklägerin und Viertkläger) zu. Die Realschuld der Kläger beschränke sich auf das auf ihrer Liegenschaft intabulierte Pfandrecht; für das Darlehen, mit dem der Erwerb einer der Beklagten im Erbweg zugefallenen Liegenschaft finanziert worden sei, sei die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Personalschuldners zahlungspflichtig. Die Liegenschaft der Kläger habe nur als (Real-)Sicherheit gedient; sonst stehe das besicherte Darlehen mit der Liegenschaft der Kläger in keinem Zusammenhang. Ein Legatar habe gemäß § 686 ABGB nur jene persönlichen Schulden des Erblassers zu übernehmen, die sich auf die vermachte Sache, nicht aber solche, die sich auf andere Sachen beziehen. Demnach könne die Beklagte die - im Übrigen gar nicht von ihr, sondern von einer Gesellschaft mbH - gezahlten Darlehensraten nicht auf die von ihr zu begleichende Forderung der Kläger anrechnen, denn sie habe insoweit nur ihre eigene Schuld gegenüber der Darlehensgläubigerin getilgt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Empfänger einer verpfändeten oder belasteten Verlassenschaftssache übernehme nach § 662 und § 686 ABGB auch die darauf haftenden Lasten. Grundsätzlich betreffe die Übernahme der Lasten durch den Legatar im Fall einer Hypothek zwar auch die "persönliche zu Grunde liegende Schuld des Erblassers"; dies gelte aber nur im Regelfall, nämlich dann, wenn sich diese Schuld auf die vermachte Sache beziehe. Dies sei hier zu verneinen, weil das vom Ehegatten der Beklagten aufgenommene Darlehen dem Ankauf einer weiteren Liegenschaft und somit der bloßen Vermögensvermehrung gedient habe und in keinem Zusammenhang mit dem den Klägern letztlich zugekommenen Legat gestanden sei. Es bestehe daher bloß eine Realschuld der Kläger als Eigentümer der pfandbelasteten Liegenschaft, und durch die Zahlung der Darlehensraten sei bloß eine eigene Schuld der Beklagten beglichen worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die Kläger als Inhaber von Teilforderungen Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind (JBl 1959, 322). Es liegen also die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 2 JN vor, sodass das Berufungsgericht über einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand von 29.069,13 EUR (= 400.000,-- S) zu befinden hatte. Daher ist die Revision in Ansehung der Drittklägerin und des Viertklägers nicht absolut unzulässig: in Ansehung der Erstklägerin und des Zweitklägers war kein Bewertungsausspruch nötig.Vorauszuschicken ist, dass die Kläger als Inhaber von Teilforderungen Streitgenossen nach § 11 Ziffer eins, ZPO sind (JBl 1959, 322). Es liegen also die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 2 JN vor, sodass das Berufungsgericht über einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand von 29.069,13 EUR (= 400.000,-- S) zu befinden hatte. Daher ist die Revision in Ansehung der Drittklägerin und des Viertklägers nicht absolut unzulässig: in Ansehung der Erstklägerin und des Zweitklägers war kein Bewertungsausspruch nötig.
In der Sache selbst ist auszuführen:
Gewiss übernimmt der Legatar gemäß § 662 dritter Satz und § 686 ABGB auch alle auf dem Legat haftenden Lasten. Die obligatorische (persönliche) Schuld übernimmt er aber nur dann, wenn sich diese Schuld auf die "vermachte Sache" bezieht (EvBl 1967/217; NZ 1931, 73; vgl 1 Ob 298/75; Kralik in Ehrenzweig3, Erbrecht 226). Dies ist hier nicht der Fall, weil das auf der vermachten Liegenschaft intabulierte Darlehen dem Ankauf einer anderen Liegenschaft, die nunmehr im Eigentum der Beklagten als Erbin nach ihrem Ehegatten steht, diente.Gewiss übernimmt der Legatar gemäß § 662 dritter Satz und § 686 ABGB auch alle auf dem Legat haftenden Lasten. Die obligatorische (persönliche) Schuld übernimmt er aber nur dann, wenn sich diese Schuld auf die "vermachte Sache" bezieht (EvBl 1967/217; NZ 1931, 73; vergleiche 1 Ob 298/75; Kralik in Ehrenzweig3, Erbrecht 226). Dies ist hier nicht der Fall, weil das auf der vermachten Liegenschaft intabulierte Darlehen dem Ankauf einer anderen Liegenschaft, die nunmehr im Eigentum der Beklagten als Erbin nach ihrem Ehegatten steht, diente.
Diese schon von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht steht im Einklang mit dem Gesetzestext, weil hier nur die Realschuld auf dem Legat haftet; dagegen bezieht sich die dieser zu Grunde liegende Personalschuld nicht auf die vermachte Sache. Der erkennende Senat tritt auch der zu 3 Ob 344/52 vertretenen und von Eccher (in Schwimann, ABGB2, Rz 8 zu § 662), sowie von Kralik (aaO) gebilligten Ansicht bei, dass der eine "Hypothek zahlende" Vermächtnisnehmer gegen den Personalschuldner Rückgriff nehmen kann, sofern die gesicherte Schuld das Legat nicht betrifft. Diese Personalschuld haftet demgemäß nicht auf dem Legat. Auch Welser (in Rummel, ABGB3, Rz 8 zu § 662), bezeichnet als "Lasten" im Sinne des § 662 ABGB ua die auf die Sache bezüglichen schuldrechtlichen Pflichten, wenngleich er ein Rückgriffsrecht des Vermächtnisnehmers auf den Erben ablehnt (aaO Rz 9).
Die gegenteiligen Meinungen Wilhelms (in JBl 1984, 594 [598]) sowie von Weiß (in Klang III2 560 ff) werden als nicht sachgerecht abgelehnt.
Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Zuspruch einer Pauschalgebühr für die Revisionsbeantwortung ist mangels entsprechender Zahlungspflicht nicht möglich.
Textnummer
E66627European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00150.02V.0813.000Im RIS seit
12.09.2002Zuletzt aktualisiert am
14.02.2011