TE Vwgh Beschluss 2007/3/22 2007/09/0017

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Veröffentlicht am 22.03.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/09/0018 2007/09/0046 2007/09/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, 1. über die Anträge der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Beschwerden gegen die Bescheide der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 9. November 2006, Zl. 60/9-DOK/06, betreffend Disziplinarstrafe (protokolliert zur hg. Zl. 2007/09/0017), und vom 20. November 2006, Zl. 45/14-DOK/06, betreffend Disziplinarstrafe (protokolliert zur hg. Zl. 2007/09/0018), und 2. über diese Beschwerden, den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Den Anträgen auf Wiedereinsetzung wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Beide mit Beschwerde bekämpften Disziplinarerkenntnisse der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt wurden der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG, Dr. H, am 29. November 2006 zugestellt. Die zu den hg. Zlen. 2007/09/0017 und 2007/09/0018 protokollierten Beschwerden gegen diese Disziplinarerkenntnisse wurden von der beschwerdeführenden Disziplinaranwältin am 11. Jänner 2007 zur Post gegeben.

Über Vorhalt der verspäteten Einbringung der Beschwerden beantragte die beschwerdeführende Disziplinaranwältin nunmehr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerden gegen die genannten Bescheide der Disziplinaroberkommission.

Sie begründete beide Wiedereinsetzungsanträge gleichlautend wie folgt:

"Die verspätete Einbringung der Beschwerden begründe ich damit, dass ich anlässlich der Übernahme der beiden Bescheide auf meinem Stehkalender aus dem Jahre 2006 die sechswöchige Frist heruntergezählt habe. Auf den letzten beiden Seiten des Stehkalenders befinden sich Jahresübersichtskalendarien, und zwar zuerst eines für 2006, danach eines für 2007. Diese beiden Seiten sind offensichtlich zusammengehangen, ohne dass ich dies bemerkte. Da ich beim Durchzählen die bereits gezählten Seiten in der linken Hand hielt, die Jahreszahl im Übersichtskalendarium in der linken oberen Ecke steht und ich auch den Denkfehler unterlegen bin, dass im Anschluss an den Dezember 2006 nur ein Übersichtskalendarium für 2007 als letzte Seite angehängt sein kann, was für mich logisch war, habe ich nicht bemerkt, dass ich die Wochen im falschen Jahr weitergezählt habe. Ausgehend von Mittwoch, dem 29. November 2006 bin ich so auf Mittwoch, den 11. Jänner 2007, gekommen. Den 11. 1. 2007 habe ich mir dann auf den Umschlägen meiner Unterlagen zu den beiden Fällen vorgemerkt.

Vor Abfertigung der Beschwerden habe ich zwar noch einmal die Frist überprüft, bin jedoch, da ich wieder denselben Kalender verwendete (der neue Kalender beginnt mit 25. Dezember 2006), wiederum auf den 11. Jänner 2007 gekommen. Den Fehler bemerkte ich daher erst auf Grund des Schreibens des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 2007."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Person auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im Beschwerdefall macht die beschwerdeführende Disziplinaranwältin unter Eingeständnis eines Fristberechnungsfehlers offensichtlich das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens im Sinne des letzten Halbsatzes des § 46 Abs. 1 VwGG geltend. Beginn der sechswöchigen Frist des § 26 VwGG war Mittwoch der 29. November 2006. Das Ende der Frist wäre somit Mittwoch, der 10. Jänner 2007 gewesen. Im Jahr 2006 fiel der zweite Mittwoch des Jahres auf den 11. Jänner. Die Disziplinaranwältin ist bei Berechnung der Frist zur Erhebung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof somit zwar - grundsätzlich zutreffend - von jenem Wochentag ausgegangen, der dem Tag der Zustellung entspricht (einem Mittwoch), hat aber im an den laufenden Kalender angehängten Kalendarium ihres Stehkalenders das richtige Jahr übersehen, welches - wie die Antragstellerin selbst zugibt - grundsätzlich sichtbar aufgedruckt ist. Die Annahme, anschließend an das laufende Kalenderjahr könne nur die Übersicht über das nächst folgende angehängt sein, ist nicht geeignet, den Grad des Verschuldens ausreichend gering erscheinen zu lassen. Von einem einen minderen Grad des Versehens nicht übersteigenden Verschulden kann dann keine Rede sein, wenn die zur Einhaltung von Fristen erforderliche Sorgfalt gröblich verletzt wird. An dieser Einschätzung ändert auch nichts, ob ein der Disziplinaranwältin unterlaufener Irrtum auf einer unrichtigen Berechnung der Frist oder auf einem Fehler im rein manipulativen Vorgang des Eintragens beruhte. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, das berechnete Fristende und/oder die erfolgte Eintragung jedenfalls einer (genaueren) Überprüfung zu unterziehen. Für die Sorgfalt spricht nicht, dass der Irrtum nach dem Antragsvorbringen zweimal geschehen ist. Im Übersehen des (richtigen) Kalenderjahres kann daher ein bloß minderer Grad des Versehens im Sinne des letzten Halbsatzes des § 46 Abs. 1 VwGG nicht gesehen werden.

Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefristen waren daher abzuweisen.

Da sich die erst jeweils am 11. Jänner 2007 zur Post gegebenen Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide der belangten Behörde als verspätet erweisen, waren diese gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007090017.X00

Im RIS seit

15.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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