Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hasan Ö*****, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. März 2002, GZ 25 Rs 26/02p-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Dezember 2001, GZ 46 Cgs 108/01f-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Unterlassung der Ladung der Sachverständigen zur Erörterung der Gutachten zur mündlichen Streitverhandlung (§ 75 Abs 2 ASGG) war bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, dass ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung können auch in Sozialrechtssachen angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN uva).Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Unterlassung der Ladung der Sachverständigen zur Erörterung der Gutachten zur mündlichen Streitverhandlung (Paragraph 75, Absatz 2, ASGG) war bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, dass ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung können auch in Sozialrechtssachen angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN uva).
Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.
Die im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen vom Erstgericht wiedergegebene Einschätzung der durch den Unfall bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf Grund der Gutachten der medizinischen Sachverständigen mit 10 vH ist ein zum Tatsachenbereich gehöriger Akt der irrevisiblen Beweiswürdigung und damit der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (SSV-NF 3/19; SSV-NF 11/130 uva). Diese medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit bildet im Allgemeinen auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung, sofern nicht ein Abweichen unter besonderen Umständen geboten ist (SSV-NF 1/64 = SZ 60/262; SSV-NF 11/130; 11/154 ua). Ein Abweichen kommt aber nur bei Vorliegen eines Härtefalls in Frage (SSV-NF 1/64 = SZ 60/262; zuletzt 10 ObS 59/02b). Ein solcher wird allerdings in der Revision nicht aufgezeigt. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls, etwa einer spezialisierten Berufsausbildung, die eine anderweitige Verwendung, bezogen auf das gesamte Erwerbsleben, praktisch gar nicht zulässt oder in weit größerem Umfang einschränkt als in durchschnittlichen Fällen mit vergleichbaren Unfallfolgen, könnte von einem besonders zu berücksichtigenden Härtefall gesprochen werden (SSV-NF 9/26; 9/93; 7/127; 3/22 jeweils mwN uva; RIS-Justiz RS0088556; 0086442). Dabei ist allerdings im Interesse der Vermeidung einer zu starken Annäherung an die konkrete Schadensberechnung ein strenger Maßstab anzulegen (SSV-NF 9/26 uva).
Die Umstände des 1955 geborenen Klägers, der keinen Beruf erlernt hat und stets als Hilfsarbeiter tätig war und durch den Arbeitsunfall den Zeigefinger der linken Hand verloren hat, sind nicht mit denen in der Entscheidung SSV-NF 9/26 beispielsweise genannten Fällen der Anwendung der Härteklausel (Bewegungseinschränkung der linken Hand bei einem Geiger; Verlust des Geruchssinns bei einem Unternehmer einer Kaffeerösterei; Lärmschwerhörigkeit eines Flugkapitäns) nicht zu vergleichen. Während es sich in den beiden zuerst genannten Beispielen um Fälle mit angeborenen und nicht nur erlernten Fähigkeiten (Musikalität, besonderer Geruchssinn) handelte, wurde im Fall der berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit eines Flugkapitäns, dessen Berufskrankheit trotz ihrer einschneidenden beruflichen Auswirkungen keine medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höhe zur Folge hatte, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände (Ausübung des spezialisierten, hoch qualifizierten und auch besonders hoch dotierten Berufs über 20 Jahre lang, Alter) ein Härtefall angenommen. Soweit der Kläger geltend macht, es werde für ihn nach dem Verlust des Zeigefingers wegen seiner Herkunft ungleich schwerer sein, eine neue Arbeitsstelle zu finden, so ist ihm zu entgegnen, dass die Möglichkeit, einen konkreten Arbeitsplatz zu finden, auf Grund der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise kein geeignetes Kriterium für die Annahme eines Härtefalls darstellt (vgl SSV-NF 4/3; 3/3).Die Umstände des 1955 geborenen Klägers, der keinen Beruf erlernt hat und stets als Hilfsarbeiter tätig war und durch den Arbeitsunfall den Zeigefinger der linken Hand verloren hat, sind nicht mit denen in der Entscheidung SSV-NF 9/26 beispielsweise genannten Fällen der Anwendung der Härteklausel (Bewegungseinschränkung der linken Hand bei einem Geiger; Verlust des Geruchssinns bei einem Unternehmer einer Kaffeerösterei; Lärmschwerhörigkeit eines Flugkapitäns) nicht zu vergleichen. Während es sich in den beiden zuerst genannten Beispielen um Fälle mit angeborenen und nicht nur erlernten Fähigkeiten (Musikalität, besonderer Geruchssinn) handelte, wurde im Fall der berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit eines Flugkapitäns, dessen Berufskrankheit trotz ihrer einschneidenden beruflichen Auswirkungen keine medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höhe zur Folge hatte, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände (Ausübung des spezialisierten, hoch qualifizierten und auch besonders hoch dotierten Berufs über 20 Jahre lang, Alter) ein Härtefall angenommen. Soweit der Kläger geltend macht, es werde für ihn nach dem Verlust des Zeigefingers wegen seiner Herkunft ungleich schwerer sein, eine neue Arbeitsstelle zu finden, so ist ihm zu entgegnen, dass die Möglichkeit, einen konkreten Arbeitsplatz zu finden, auf Grund der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise kein geeignetes Kriterium für die Annahme eines Härtefalls darstellt vergleiche SSV-NF 4/3; 3/3).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Anmerkung
E66601 10ObS208.02iEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:010OBS00208.02I.0827.000Dokumentnummer
JJT_20020827_OGH0002_010OBS00208_02I0000_000