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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §14e Abs1 Z2 idF 2005/I/101;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des AS in W, vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Mag. Robert Bitsche und Mag. Doris Einwallner, Rechtsanwälte und Rechtsanwältin in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. Juli 2006, Zl. 3/08115/1436635, betreffend Verlängerung einer Arbeitserlaubnis, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Juni 2006 auf Verlängerung der ihm vom 22. Juni 2004 bis 21. Juni 2006 (Anmerkung: die im angefochtenen Bescheid und in der Gegenschrift enthaltenen anderen Daten stimmen mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunde vom 22. Juni 2004 nicht überein, sie beruhen offenbar auf Schreibfehlern) erteilten Arbeitserlaubnis abgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe um Verlängerung seiner bis 25. Juli 2004 gültigen Niederlassungsbewilligung angesucht. In Anwendung des in § 25 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 (NAG) vorgesehenen Verfahrens im Falle, dass keine weitere Niederlassungsbewilligung erteilt würde, sei mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. März 2005 die Ausweisung ausgesprochen worden. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof der dagegen eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, dem Beschwerdeführer aber nicht die Rechtsstellung eingeräumt, welche er vor der beantragten Verlängerung der ihm bis 25. Juli 2004 erteilten Niederlassungsbewilligung innegehabt habe. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet besitze, es könne lediglich die Ausweisung aus dem Bundesgebiet bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht durchgesetzt werden. Selbst wenn dem Beschwerdeführer die Schutzwirkung des § 24 Abs. 2 NAG zukäme, was nicht zutreffe, wäre er auf Grund der Stellung eines Verlängerungsantrages bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag nur weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, aber nicht im Sinne des § 14e Abs. 1 AuslBG zur Niederlassung nach dem NAG im Bundesgebiet berechtigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Einleitend ist festzuhalten, dass nach dem diesbezüglich eindeutigen Akteninhalt der Beschwerdeführer den Antrag auf Verlängerung seiner bis 21. Juni 2006 gültigen Arbeitserlaubnis rechtzeitig vor deren Ablauf eingebracht hat.
Gemäß § 14e Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 101/2005, in Kraft seit 1. Jänner 2006, (in der Folge: AuslBG) ist die Arbeitserlaubnis gemäß § 14a zu verlängern, wenn
1.
die Anspruchsvoraussetzungen nach § 14a gegeben sind oder
2.
der Ausländer während der letzten zwei Jahre mindestens 18 Monate nach diesem Bundesgesetz beschäftigt war und rechtmäßig niedergelassen ist.
Mit dem hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/21/0082, wurde der obzitierte Bescheid vom 14. März 2005, mit dem über den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In den Gründen dieses Erkenntnisses wird ua aus der Begründung des mit dem Erkenntnis aufgehobenen Bescheides wiedergegeben, dass der Beschwerdeführer auch den Antrag auf Verlängerung seiner bis 25. Juli 2004 gültigen (Erst-)Niederlassungsbewilligung (für den Aufenthaltszweck "Begünstigter Drittstaatsangehöriger - Österreicher, § 49 Abs. 1 FrG") rechtzeitig vor deren Ablauf (Antragstellung am 25. Mai 2004) gestellt habe. Statt einer bescheidmäßigen Erledigung des Verlängerungsantrages wurde im Sinne des § 15 FrG (vgl. nunmehr § 25 NAG) ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet. Durch die Aufhebung des Bescheides vom 14. März 2005 mit Wirkung ex tunc ist das (Berufungs-)Verfahren über die Ausweisung nunmehr wieder offen. Dies bewirkt gemäß den im Hinblick auf § 81 Abs. 1 NAG (wonach Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten des NAG anhängig sind, nach den Bestimmungen des NAG zu Ende zu führen sind) anzuwendenden Bestimmungen des NAG, insbesondere dessen § 25 Abs. 2 (wonach das Verfahren über einen Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels nur dann formlos einzustellen ist, wenn eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwächst), dass auch das zu Grunde liegende Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der bis 25. Juli 2004 gültigen Niederlassungsbewilligung wieder offen ist und die Bestimmungen des NAG für rechtzeitig gestellte Verlängerungsanträge anzuwenden sind.
Für diesen Fall sah § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 Folgendes vor (diese Fassung trat nie in Kraft, weil sie durch BGBl. I Nr. 157/2005 noch vor Inkrafttreten ab 1. Jänner 2006 geändert wurde):
"Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig niedergelassen."
Die Erläuterungen - RV 952 BlgNR 22. GP, S 130 - führen dazu aus:
"In einer Zusammenschau von Abs. 1 und 2 soll Vorsorge für Fälle getroffen werden, wenn das Ende des Aufenthaltsrechts nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels und die Erledigung des Verlängerungsantrages auch bei rechtzeitiger Antragstellung zeitmäßig auseinander fallen können - sodass eine zeitliche Lücke im Aufenthaltsrecht bestehen würde. Es wird vorgeschlagen, zu normieren, dass der Fremde weiterhin rechtmäßig niedergelassen bleibt, bis über den Antrag entschieden oder - im Einzelfall - fremdenpolizeiliche Maßnahmen gesetzt wurden."
Schon nach dem Wortlaut dieser Fassung der Norm ist klar, dass der Gesetzgeber für die Zeit zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzterteilten Aufenthaltstitels im Fall rechtzeitiger Antragstellung auf Verlängerung dem Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag dieselbe Rechtsstellung einräumen wollte, die er nach dem Inhalt des letztgültigen Aufenthaltstitels innehatte. Dieser Normsinn wird zudem durch die genannten Erläuterungen bestätigt.
Zwar wurde § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG mit Art. II des BGBl. I Nr. 157/2005 insofern geändert, als an die Stelle des Wortes "niedergelassen" der Ausdruck "im Bundesgebiet aufhältig" trat. Dies bewirkte jedoch angesichts folgender Überlegungen keine inhaltliche Änderung. Denn gemäß § 8 Abs. 1 NAG werden Aufenthaltstitel erteilt als:
"1. 'Niederlassungsbewilligung' für eine nicht bloß vorübergehende befristete Niederlassung im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (Abs. 2) mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' (Z 3) zu erlangen;
2. Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - Familienangehöriger' (Z 4) zu erhalten;
3. Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;
4. Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - Familienangehöriger' für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;
5. 'Aufenthaltsbewilligung' für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69 und § 72) mit der Möglichkeit, anschließend eine Niederlassungsbewilligung zu erlangen, sofern dies in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist."
Gemäß § 2 Abs. 3 NAG gilt der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z. 5 NAG) nicht als Niederlassung.
Daraus erhellt, dass die Erstfassung des § 24 Abs. 2 NAG mit dem Wort "niedergelassen" ein Redaktionsversehen enthielt, weil nicht alle in § 8 Abs. 1 NAG vorgesehenen Aufenthaltstitel als Niederlassungsbewilligung erteilt werden und eine Verlängerung des Aufenthaltstitels des § 8 Abs. 1 Z. 5 NAG "Aufenthaltsbewilligung" durch keine Norm des NAG ausgeschlossen ist bzw im Rahmen des Verlängerungsverfahrens der Umstieg auf einen anderen Aufenthaltstitel möglich ist (vgl. Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (AB) 1154 22. GP zu BGBl. I Nr. 157/2005, S. 3).
Dementsprechend führt der genannte AB 1154 auf Seite 2 aus, dass die "beantragten Änderungen" zum Initiativantrag 685/A (betreffend ua Änderung des NAG) "mit Ausnahme der unten näher
dargestellten Änderungen ... legistische Berichtigungen" beinhalten.
Da in der Folge im genannten AB 1154 keine Ausführungen zu der mit § 24 Abs. 2 letzter Satz erfolgten Wortfolgenänderung enthalten sind, handelt es sich lediglich um die Berichtigung des oben ausgeführten Redaktionsversehens.
Durch die ex tunc-Wirkung der Aufhebung des Bescheides vom 14. März 2005 durch das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007 kam dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltsrecht in Form des letztgültigen Aufenthaltstitels, also einer Niederlassungsbewilligung, zu, weil das Verfahren auf Verlängerung des Aufenthaltstitels zu diesem Zeitpunkt nicht durch letztinstanzlichen Bescheid der zuständigen Behörde abgeschlossen war. Der Beschwerdeführer war also rechtmäßig niedergelassen im Sinne des § 14e Abs. 1 Z. 2 AuslBG.
Im Hinblick auf die Rückwirkung des genannten Erkenntnisses erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006090167.X00Im RIS seit
17.05.2007Zuletzt aktualisiert am
04.07.2012