TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/26 2005/01/0377

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Veröffentlicht am 26.03.2007
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des S F in W, vertreten durch Dr. Alfred Boran, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 26, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 31. Mai 2005, Zl. MA 61/IV-F 48/2005, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (StbG) die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid (und mit Wirkung) vom 8. Juni 1999 die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 34 StbG mit der Auflage verliehen worden, binnen drei Jahren nach der Verleihung die Entlassung aus dem Staatsverband von "Serbien und Montenegro (damals: Jugoslawien)" nachzuweisen.

Ein solcher Nachweis sei trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführer nicht erbracht worden. So sei der Beschwerdeführer mit nachweislich zugestellten Schreiben vom 16. Dezember 2002 und 10. August 2004 gemäß § 34 StbG über die Gesetzeslage und die beabsichtigte Entziehung in Kenntnis gesetzt worden. Im letztgenannten Schreiben sei der Beschwerdeführer ausdrücklich aufgefordert worden, bis spätestens 13. Oktober 2004 bei der Behörde vorzusprechen und eine Entlassung aus dem bisherigen Staatsverband vorzulegen. Dabei sei er ausdrücklich unter Wiedergabe des § 34 StbG auf die Rechtsfolge der Entziehung hingewiesen worden. Dieses Schreiben sei vom Beschwerdeführer nachweislich am 13. August 2004 übernommen worden. Am 22. März 2005 sei der Beschwerdeführer persönlich angetroffen worden, über die beabsichtigte Entziehung belehrt und aufgefordert worden, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Hiebei habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er für die Entlassung aus dem Staatsverband von Serbien und Montenegro Dokumente benötigen würde, welche er leider nicht besorgen könne und dass er sich mit der belangten Behörde in Verbindung setzen werde. Nach Erhebungen bei der Botschaft von Serbien und Montenegro sei dem Beschwerdeführer bereits am 14. Jänner 2003 ein "neuer jugoslawischer Reisepass" mit Gültigkeit von 10 Jahren ausgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe somit spätestens ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt, eine Entlassung aus dem Staatsverband von Serbien und Montenegro zu beantragen. Die mit Schreiben vom 10. August 2004 erfolgte nachweisliche Belehrung sei zeitgerecht 6 Monate vor der beabsichtigen Entziehung erfolgt, sodass alle Voraussetzungen für die Entziehung der Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers vorgelegen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 34 StbG lautet wie folgt:

"(1) Einem Staatsbürger ist die Staatsbürgerschaft ferner zu entziehen, wenn

1. er sie vor mehr als zwei Jahren durch Verleihung oder durch die Erstreckung der Verleihung nach diesem Bundesgesetz erworben hat,

2. hiebei weder § 10 Abs. 6 noch die §§ 16 Abs. 2 oder 17 Abs. 4 angewendet worden sind,

3. er trotz des Erwerbes der Staatsbürgerschaft seither aus Gründen, die er zu vertreten hat, eine fremde Staatsangehörigkeit beibehalten hat.

(2) Der betroffene Staatsbürger ist mindestens sechs Monate vor der beabsichtigten Entziehung der Staatsbürgerschaft über die Bestimmung des Abs. 1 zu belehren.

(3) Die Entziehung ist nach Ablauf der im Abs. 1 Z 1 genannten Frist ohne unnötigen Aufschub schriftlich zu verfügen. Nach Ablauf von sechs Jahren nach der Verleihung (Erstreckung der Verleihung) ist die Entziehung nicht mehr zulässig."

2. Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer anläßlich der Verleihung über die Bestimmung des § 34 StbG belehrt, die Verleihung erfolgte jedoch - entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid - ohne Vorschreibung einer derartigen Nebenbestimmung (was im Übrigen auch nicht Voraussetzung für eine Entziehung nach § 34 StbG ist).

Weiters hat die belangte Behörde nach der Aktenlage den Beschwerdeführer mehrfach schriftlich aufgefordert, das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband nachzuweisen. Zuletzt erging die (6.) Aufforderung an den Beschwerdeführer am 27. Dezember 2004, die jedoch - wie im angefochtenen Bescheid festgestellt - auf Grund einer unrichtigen Adresse in der Zustellverfügung nicht ordnungsgemäß zugestellt (hinterlegt) wurde.

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid daher auf die davor ergangene (5.) Aufforderung vom 10. August 2004, welche dem Beschwerdeführer am 13. August 2004 nachweislich zugestellt wurde und eine den Vorgaben des § 34 Abs. 2 StbG entsprechende Belehrung enthält (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, Zl. 2001/01/0356). Nach dieser Aufforderung wurde der Beschwerdeführer am 22. Mai 2005 (im Wege des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes des Magistrates der Stadt Wien) persönlich aufgesucht und aufgefordert, sich mit der belangten Behörde in Verbindung zu setzen. Dabei erklärte der Beschwerdeführer, er benötige für die Entlassung aus dem Staatsverband von Serbien und Montenegro Dokumente, "die er leider nicht besorgen kann".

3. Die Beschwerde hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, der Beschwerdeführer habe die Gründe, aus denen er die fremde Staatsbürgerschaft beibehalten habe, nicht zu vertreten. Trotz intensiver Bemühungen sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein Dokument über die Entlassung aus dem Staatsverband von Serbien und Montenegro zu erhalten. Dies habe seinen Grund darin, dass er von den dortigen Behörden "schikaniert" werde, da sein Großvater im zweiten Weltkrieg Offizier der deutschen Wehrmacht gewesen sei und der Beschwerdeführer als Moslem zudem einer "verachteten Religionsgemeinschaft" angehöre. Daher sei der Beschwerdeführer an die Grenze der rechtlichen und faktischen Möglichkeiten gestoßen.

Als Verfahrensfehler rügt die Beschwerde, die Behörde habe es unterlassen, weitere Erhebungen zu pflegen, inwieweit es dem Beschwerdeführer überhaupt möglich sei, sein Ausscheiden aus dem Staatsverband von Serbien und Montenegro zu bewirken und aus diesem Grund nicht erkannt, dass die Nichtbeibringung des entsprechenden Nachweises aus Gründen erfolgt sei, die nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten seien. Die belangte Behörde habe lediglich festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer im Jahre 2003 von der Botschaft für Serbien und Montenegro einen "neuen 'jugoslawischen' Reisepass" ausstellen haben lassen, und dabei übersehen, dass der Beschwerdeführer ohne einen amtlichen serbischen Ausweis überhaupt keine Anträge stellen könne.

4. Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen:

Eine auf § 34 StbG gestützte Entziehung der Staatsbürgerschaft kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn derjenige, dem die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden ist, nach der Verleihung die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen aus Gründen, die er zu vertreten hat, unterlässt.

Im Beschwerdefall ist die Auffassung der belangten Behörde, es könne aus der unzureichenden Mitwirkung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren (vgl. zur Mitwirkungspflicht bereits das zitierte hg. Erkenntnis vom 5. November 2003) beweiswürdigend der Schluss gezogen werden, dieser habe die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen aus Gründen unterlassen, die er zu vertreten habe, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Mit dem erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhobenen Vorbringen unterliegt der Beschwerdeführer dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, mwN).

5. Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2005, Zl. 2004/01/0285).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 26. März 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005010377.X00

Im RIS seit

11.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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