TE OGH 2002/9/3 40R229/02a

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Veröffentlicht am 03.09.2002
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Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht erkennt durch Dr. Garai als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes Mag. Dr. Hörmann und Dr. Wolf in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Bundesbahnen, Nordbahnstraße 50, 1020 Wien, vertreten durch Weissborn & Wojnar Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei D***** ***** Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Zarl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, wegen Euro 41.080,41 sA, infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 24.5.2002, 5 C 784/99k-44, mangels Antrages auf Anberaumung mündlichen Berufungsverhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird in der Hauptsache nicht Folge gegeben. Im Kostenpunkt wird ihr teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei deren mit Euro 9.132,21 bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens (darin Euro 421,21 USt und Euro 915,45 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei deren mit Euro 2.475,30 bestimmte Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten Euro 409,55 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Bestandgeberin einer Bahngrundfläche samt Rampe im Wiener Südbahnhof. Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N***** GmbH, die früheren Firmennamen N***** GmbH. Strittig ist im Verfahren, ob die N***** GmbH in den Bestandvertrag der einstigen G***** GmbH über den oben genannten Bestandgegenstand im Südbahnhof eintrat; positivenfalls, ob damit auch die Verpflichtung des Bestandnehmers zur Bezahlung einer Konventionalstrafe bei Nichterfüllung einer bestimmten Mindestumschlagsmenge an Güterwagen auf die N*****GmbH und damit ihre Gesamtrechtsnachfolgerin, die Beklagte überging.

Mit dem angefochtenen Urteil verhielt das Erstgericht die Beklagte zur Bezahlung der zuletzt eingeklagten Euro 41.080,41 an rückständigem Bestandzins einschließlich Wasser- und Abwasserkosten (Euro 12.305,49 für Bestandzinsperiode 4/99 bis einschließlich 10/2000) und der Konventionalstrafe (in Höhe von Euro 28.774,92 für Minderumschlagsmengen in den Jahren 1996 bis 2000) zuzüglich Zinsen. Weiters verhielt es die Beklagte zum Ersatz von Euro 10.722,92 an Verfahrenskosten.

Das Erstgericht stellte den auf Seiten 8 bis 27 der Urteilsausfertigungen wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich erachtete es, dass die Gesamtrechtsvorgängerin der Beklagten in den verfahrensgegenständlichen Bestandvertrag zwar nicht ausdrücklich aber konkludent eingetreten sei, da sie von 1996 bis 1999 regelmäßig ihr vorgeschriebene Bestandzinse und weitere aus dem Bestandvertrag resultierende Vorschreibungen, zumindest 22 nachvollziehbaren Überweisungen im Gesamtbetrag von mehreren S 100.000,--, bezahlt habe. Die E***** GmbH (kurz ETS), die die /Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin 1994 als Zahlungspflichtige der Klägerin gegenüber präsentierte und auch im Gerichtsverfahren als jene bezeichnete, auf die die Bestandrechte übergegangen seien, sei nicht Vertragspartner der Klägerin. Die Beklagte habe daher die vereinbarten Bestandzinse und vereinbarten Zahlungen für zu geringe Wagenumschlagsmengen zu bezahlen. Die Kostenentscheidung stützte das Erstgericht auf §§ 41Das Erstgericht stellte den auf Seiten 8 bis 27 der Urteilsausfertigungen wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich erachtete es, dass die Gesamtrechtsvorgängerin der Beklagten in den verfahrensgegenständlichen Bestandvertrag zwar nicht ausdrücklich aber konkludent eingetreten sei, da sie von 1996 bis 1999 regelmäßig ihr vorgeschriebene Bestandzinse und weitere aus dem Bestandvertrag resultierende Vorschreibungen, zumindest 22 nachvollziehbaren Überweisungen im Gesamtbetrag von mehreren S 100.000,--, bezahlt habe. Die E***** GmbH (kurz ETS), die die /Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin 1994 als Zahlungspflichtige der Klägerin gegenüber präsentierte und auch im Gerichtsverfahren als jene bezeichnete, auf die die Bestandrechte übergegangen seien, sei nicht Vertragspartner der Klägerin. Die Beklagte habe daher die vereinbarten Bestandzinse und vereinbarten Zahlungen für zu geringe Wagenumschlagsmengen zu bezahlen. Die Kostenentscheidung stützte das Erstgericht auf Paragraphen 41,

ZPO.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Beweiswürdigung, der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie im Kostenpunkt. Sie stellt den Antrag, das Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung einschließlich der Kostenrüge

nicht Folge zu geben.

Nur die Kostenrüge ist zum Teil berechtigt.

Soweit die Beweisrüge die Feststellung vermisst, dass der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin der Inhalt des Bestandvertrages sowie die allgemeinen Bestimmungen, auf die der Bestandvertrag verweist, nicht bekannt wurde, macht sie einen Feststellungsmangel geltend, der der Rechtsrüge zuzuordnen und mit dieser zu behandeln ist. Offenbar gegen die Feststellung des Erstgerichtes, dass die jeweiligen Umschlagsmengen an Wagenladungen aus den nur Schillingumsätze ausweisenden Kontoblättern der Ö***** Gesellschaft für den kombinierten Verkehr GmbH & Co KG nicht feststellbar sind, wendet sich der zweite Teil der Beweisrüge. Das Erstgericht hatte in seiner rechtlichen Beurteilung auch noch darauf hingewiesen, dass nicht Umsätze von Geldbeträgen bei der Ö***** sondern Umsätze von Wagenladungen bei der ÖBB zur Erfüllung der Mindestumschlagsverpflichtung aus dem Bestandvertrag relevant wären. Die Beweisrüge meint, aus den beiden vorgelegten Kontoaufstellungen der Ö***** könne die Feststellung getroffen werden, dass im jeweiligen Kalenderjahr zumindest 44 Wagenladungen österreichweit umgeschlagen wurden. Dem ist schlicht nicht so. Aus den vorgelegten Aufstellungen ergibt sich kein Hinweis darauf. Was auch nicht verwundert, hat doch die Beklagte selbst in der letzten Verhandlung vorgebracht, Urkunden hinsichtlich umgeschlagener Wagenladungen nicht vorlegen zu können. Die Beweisrüge ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis der zutreffenden Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.

Die Beklagte hatte vorgebracht, keine Kenntnis vom Inhalt des Bestandvertrages in den sie eingetreten sein soll, gehabt zu haben. Im Allgemeinen kommt diesem Umstand für die Frage des Umfanges des konkludenten Vertragseintrittes erhebliche Bedeutung zu. Ob das Erstgericht die vermisste Feststellung überhaupt treffen hätte können, obwohl der von der Beklagten geführte einstige Buchhalter, als Zeuge im Rechtshilfeweg vernommen angab, nach Erhalt einer Mahnung, von der ÖBB, Frau T***** den Bestandvertrag übersandt erhalten zu haben (AS 109) kann dahingestellt bleiben. Denn im konkreten Fall reicht der sich konkret mit dem Bestandvertrag und den Bestandgeberpflichten einschließlich der Konventionalstrafe auseinandersetzende, vom Erstgericht festgestellte Schriftverkehr aus, den Eintritt der Gesamtrechtsvorgängerin der Beklagten in den Bestandvertrag anstelle des vorangegangenen Bestandnehmers zu erschließen. Mit Übernahme des konkreten Bestandvertrages bestand auch die Verpflichtung zur Bezahlung zusätzlicher Beträge bei Nichterreichung der Mindestumschlagsmengen.

Selbst wenn die Beklagte oder ihre Gesamtrechtsvorgängerin ziffernmäßig diese Mindestumschlagsmengen nicht kannte, ist dies rechtlich ebensowenig relevant wie wenn sie die ziffernmäßige Bestandzinshöhe nicht kannte. Mit dem Schreiben Beilage ./C an die Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde ganz exakt mitgeteilt, in welchen Vertrag die N***** GmbH anstelle der bisherigen Bestandnehmerin die G***** GmbH eintritt. Auch wenn die einstige Bestandnehmerin im Schreiben Beilage ./B recht unjuristisch von Umbenennung der Filiale in Wien sprach, trifft Beilage ./C mit der Bezeichnung "Firmenwortlautänderung der oben angeführten Verträge" durchaus zu. Firma ist der Name des Unternehmers im Geschäftsverkehr. Die Änderung des Namens des Unternehmers der oben angeführten Verträge von G***** auf N***** zur Kenntnis zu nehmen, bedeutet für den Empfänger des Schreibens Beilage ./C die Kenntnisnahme vom Vertragsübergang. Allerdings bedarf der Vertragsübergang der Dreiparteieneinigung. Durch die Schreiben Beilage ./B und ./C ist die Willensübereinstimmung vom Bestandgeber und früherer Bestandnehmerin dokumentiert (Oktober 1990). Die in Beilage ./C, als neue Bestandnehmerin Bezeichnete benützte nach eigenem Vorbringen im Verfahren auch das Bestandobjekt. Die ihr als Bestandnehmerin vorgeschriebenen Bestandzinse zahlte sie auch in der Folge. Dies lässt sich eindeutig den vom Erstgericht festgestellten Zahlungen bzw. den exakten Beträgen der Bestandzinsfälligkeiten die damit bezahlt wurden, entnehmen. Schließlich akzeptierte die Bestandnehmerin auch ausdrücklich ihre Verpflichtung aus dem Bestandvertrag, wenn sie im Schreiben ./F nach Erhalt des Mahnschreibens ./E betreffend eine Konventionalstrafe für 1992 wegen Nichterfüllung des Mindestwagenumschlages (./D) mitteilte, dass die Rechnungen zwar an sie auszustellen sind aber mit dem Vermerk p.A. ETS in der Hoffnung, ETS werde für die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Erfüllung übernehmen.

Auch bei den strengen Anforderungen des § 863 ABGB an die Konkludenz von Handlungen war für die Klägerin als Erklärungsempfänger das weitere Vorgehen der Gesamtrechtsvorgängerin der Beklagten, nachdem sie als Bestandnehmerin von der Klägerin angesprochen und die Vorschreibungen an sie gerichtet wurden, eindeutig. Dass (zumindest soweit aktenkundig) erst der Beklagtenvertreter die Bestandnehmereigenschaft der jahrelang das Bestandobjekt nutzenden Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin bestritt, vermag die Konkludenz des davor gesetzten Verhaltens nicht zu beseitigen. Zu Recht hat daher das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung der vertragsgemäß geschuldeten Leistungen verpflichtet.Auch bei den strengen Anforderungen des Paragraph 863, ABGB an die Konkludenz von Handlungen war für die Klägerin als Erklärungsempfänger das weitere Vorgehen der Gesamtrechtsvorgängerin der Beklagten, nachdem sie als Bestandnehmerin von der Klägerin angesprochen und die Vorschreibungen an sie gerichtet wurden, eindeutig. Dass (zumindest soweit aktenkundig) erst der Beklagtenvertreter die Bestandnehmereigenschaft der jahrelang das Bestandobjekt nutzenden Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin bestritt, vermag die Konkludenz des davor gesetzten Verhaltens nicht zu beseitigen. Zu Recht hat daher das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung der vertragsgemäß geschuldeten Leistungen verpflichtet.

Zur Kostenentscheidung:

Zu Recht moniert die Berufung, dass zwei Verfahrensabschnitte zu bilden waren. Im ersten Verfahrensabschnitt bis zur Einschränkung des Klagebegehrens um die Konventionalstrafen für 1994 und 1995 sowie die im Zeitpunkt der Klagseinbringung ohnehin bezahlten Bestandzinse 4. Quartal 1999 und Wasserkosten 3. Quartal 1999 ist die Klägerin mit 37 % ihres eingeklagten Anspruches als unterliegend anzusehen. Sie erhält daher für den ersten Verfahrensabschnitt 26 % ihres Verdienstes und 63 % der Pauschalgebühr, die in diesem Verfahrensabschnitt anfiel. Entgegen den Ausführungen der Berufungsbeantwortung werden der Klägerin nur die im nächsten Verfahrensabschnitt angefallenen Pauschalgebührerhöhungen zur Gänze zugesprochen. Die Klage wurde vom Erstgericht zu Recht nach TP 3A RAT honoriert. Auch die Adressbekanntgaben vom 15.1. und 3.4.2001 waren zu honorieren, unabhängig davon, ob der Beklagten diese Schriftsätze zukamen. Wieso die erfolgreiche Klagsausdehnung vom 27.3.2001 nicht honoriert werden sollte, ist nicht einsichtig.

Damit obsiegte die Beklagten mit ihrer Berufung im Kostenpunkt eine Kostenminderverpflichtung von Euro 1.590,70. Andererseits konnte der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung einen Kostenminderzuspruch von Euro 2.342,37 abwenden.

In der bisherigen Rechtsprechung des Berufungsgerichtes wurden erfolgreiche Berufungen im Kostenpunkt, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht berechtigt war, aus einer Billigkeitserwägung heraus gesondert honoriert. Dies, weil, hätte der Berufungswerber allein nur Kostenrekurs erhoben, ihm die Kosten zugesprochen worden wären. Erhebt er zusätzlich eine erfolglose Berufung in der Hauptsache, muss er ohnehin die Kosten der Berufungsbeantwortung ersetzen. Für diese Erwägungen ist nunmehr infolge Zweiseitigkeit der Berufung im Kostenpunkt zumindest dann, wenn die Berufung im Kostenpunkt nicht zur Gänze erfolgreich ist, kein Raum. Der die Berufung im Kostenpunkt zum Teil nur erfolgreich erhebende, müsste seinem Gegner sonst auch Kosten für eine fiktive alleinige Kostenrekursbeantwortung ersetzen. Dem generellen Grundsatz folgend, dass Nebengebühren neben dem Kapital keinen eigenen Streitwert haben und die Berufung im Kostenpunkt Teil der Berufung und mit dieser zu honorieren ist, wird nunmehr ein fiktiver alleiniger Kostenrekurs wenn tatsächlich eine erfolglose Berufung in der Hauptsache erhoben wird, zumindest dann, wenn die Berufung im Kostenpunkt nicht zur Gänze erfolgreich ist, nicht mehr honoriert.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Frage der Konkludenz des Schriftverkehrs und der Zahlungen im konkreten Fall über den Einzelfall nicht hinausgeht.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41 und 50 ZPO. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Frage der Konkludenz des Schriftverkehrs und der Zahlungen im konkreten Fall über den Einzelfall nicht hinausgeht.

Landesgericht für ZRS Wien

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 11

Anmerkung

EWZ00089 40R229.02a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2002:04000R00229.02A.0903.000

Dokumentnummer

JJT_20020903_LG00003_04000R00229_02A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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