Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Univ. Doz. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Metin T*****, Arbeiter, ***** 2. Ilyas D*****, Arbeiter, ***** beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien
1. Belegschaft der J***** GmbH, vertreten durch den neu gewählten Betriebsrat, dieser wiederum vertreten durch den Betriebsratsobmann Hans G*****, pA J***** GmbH, ***** in eventu vertreten durch den alten Betriebsrat, dieser vertreten durch denselben Hans G*****, ebendort, in eventu vertreten durch die Wahlkommission, diese vertreten durch ihren Obmann Helfried F*****, pA J***** GmbH, *****
2. in eventu neuer Betriebsrat der J***** GmbH, vertreten durch Hans G*****, ebendort,
3. in eventu früherer Betriebsrat der J***** GmbH, vertreten durch Hans G*****, ebendort, und
4. in eventu Wahlkommission der J***** GmbH, vertreten durch deren Obmann Helfried F*****, pA J***** GmbH, Werk 4, ***** wegen Anfechtung der Betriebsratswahl vom 27./28. 9. 2001 (Streitwert EUR 21.800,--), über den Revisionsrekurs des Zweitklägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Mai 2002, GZ 13 Ra 25/02b-13, womit infolge Rekurses beider klagenden Parteien der Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Jänner 2002, GZ 34 Cga 235/01z-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Zweitkläger ist schuldig, der Belegschaft der J***** GmbH, vertreten durch Dr. Reinhard Pitschmann und Dr. Rainer Santer, Anwaltspartnerschaft in Feldkirch, die mit EUR 1.189,44 (darin EUR 198,24 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit ihrer Klage vom 24. 10. 2001 beantragten die Kläger das Urteil, dass die Betriebsratswahl der J***** GmbH vom 27./28. 9. 2001, insbesondere wegen ungerechtfertigter Streichung der Kläger und dreier weiterer Mitbewerber von der Liste "NL-Neue Liste Iscilerin Listesi" und wegen ungerechtfertigter Kürzung der Listenbezeichnung ungültig und nichtig und daher ab beendeter Einreichung der Wahllisten, in eventu von Beginn an, zu wiederholen sei. Als beklagte Partei nahmen die Kläger 1. die Belegschaft der J***** GmbH (wie aus dem Kopf ersichtlich) in Anspruch, in eventu die zweit- bis viertbeklagten Parteien.
Die erstbeklagte "Partei" beantragte primär die Zurückweisung der Klage und Nichtigerklärung des Verfahrens ab Klagezustellung, hilfsweise die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei weder rechtsfähig noch parteifähig noch zur Klage passiv legitimiert. Vielmehr komme dem neu gewählten Betriebsrat der J***** GmbH Teilrechtsfähigkeit und damit Parteifähigkeit zu und sei dieser hinsichtlich der Anfechtung der Betriebsratswahl passiv klagslegitimiert. Unzulässig seien die nur bedingt gegen die drittbis viertbeklagten Parteien eingebrachten Klagen.
Die Kläger replizierten darauf, an der Parteifähigkeit der erstbeklagten Partei festzuhalten. Die Inanspruchnahme verschiedener "Behörden" im Eventualweg sei ständige Praxis auf verschiedensten Gebieten der Rechtsordnung; es sei daher auch im Bereich der ZPO zulässig, hintereinander mehrere Parteien im Eventualfall in Anspruch zu nehmen.
Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom 24. 1. 2002 das Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück.
Das Rekursgericht gab dem dagegen von den klagenden Parteien erhobenen Rekurs nicht Folge. Es verneinte dabei die Frage, ob der erstbeklagten Partei Parteifähigkeit zukommt, genauso zutreffend wie die Zulässigkeit einer Klage, welche sich nur gegen eventualiter in Anspruch genommene Parteien richtet. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Rekursgericht gab dem dagegen von den klagenden Parteien erhobenen Rekurs nicht Folge. Es verneinte dabei die Frage, ob der erstbeklagten Partei Parteifähigkeit zukommt, genauso zutreffend wie die Zulässigkeit einer Klage, welche sich nur gegen eventualiter in Anspruch genommene Parteien richtet. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionsrekurswerbers entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Nach der Rechtsprechung (8 ObA 253/95 = SZ 68/249; 8 ObA 80/00y =
DRdA 2001, 336 [Trost] = Arb 12.038 uva) und nach weit überwiegender
Lehre (siehe die Darstellungen in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II4 284, FN 81 und in Marhold/Mayr-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht II2 151, FN 191), ist Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte die Belegschaft, welche in diesem Umfang der ihr zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse teilrechtsfähig ist, jedoch durch die gesetzlich vorgesehenen Organe handelt. Die Organe selbst sind nicht Träger von Beteiligungsrechten (SZ 68/249 mwN); doch ist der Betriebsrat der direkte Vertreter der Belegschaft, der gemäß § 53 Abs 1 ASGG parteifähig ist und somit im Prozess als selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten im eigenen Namen auftritt (8 ObA 80/00y; Kuderna, "Über die rechtliche Problematik der Vertretung der Arbeitnehmerschaft in Betrieben auf Grund privatautonomer Gestaltung", DRdA 2000, 103 ff). Die Teilrechtsfähigkeit äußert sich nach Strasser (ArbVG-Handkommentar Rz 5.4.2. zu §§ 38, 39) nicht nur in der mangelnden Vermögensfähigkeit der Belegschaft, sondern auch darin, dass sie als solche nicht klagen und nicht geklagt werden kann. Noch weiter geht Schrammel (in FS Schwarz 1991, "Zur Rechtsstellung des Betriebsrates" S 309 ff), der nicht die Belegschaft, sondern den Betriebsrat selbst als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse sieht und daraus dessen Parteifähigkeit ableitet, während § 53 Abs 1 ASGG auch anderen Organen, denen Teilrechtsfähigkeit nicht zukomme, die Parteifähigkeit verleihe.Lehre (siehe die Darstellungen in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II4 284, FN 81 und in Marhold/Mayr-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht II2 151, FN 191), ist Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte die Belegschaft, welche in diesem Umfang der ihr zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse teilrechtsfähig ist, jedoch durch die gesetzlich vorgesehenen Organe handelt. Die Organe selbst sind nicht Träger von Beteiligungsrechten (SZ 68/249 mwN); doch ist der Betriebsrat der direkte Vertreter der Belegschaft, der gemäß Paragraph 53, Absatz eins, ASGG parteifähig ist und somit im Prozess als selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten im eigenen Namen auftritt (8 ObA 80/00y; Kuderna, "Über die rechtliche Problematik der Vertretung der Arbeitnehmerschaft in Betrieben auf Grund privatautonomer Gestaltung", DRdA 2000, 103 ff). Die Teilrechtsfähigkeit äußert sich nach Strasser (ArbVG-Handkommentar Rz 5.4.2. zu Paragraphen 38,, 39) nicht nur in der mangelnden Vermögensfähigkeit der Belegschaft, sondern auch darin, dass sie als solche nicht klagen und nicht geklagt werden kann. Noch weiter geht Schrammel (in FS Schwarz 1991, "Zur Rechtsstellung des Betriebsrates" S 309 ff), der nicht die Belegschaft, sondern den Betriebsrat selbst als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse sieht und daraus dessen Parteifähigkeit ableitet, während Paragraph 53, Absatz eins, ASGG auch anderen Organen, denen Teilrechtsfähigkeit nicht zukomme, die Parteifähigkeit verleihe.
§ 53 Abs 1 ASGG verleiht neben anderen Organen der Arbeitnehmerschaft auch dem Betriebsrat die Parteifähigkeit. Wenn man aber mit der herrschenden Lehre davon ausgeht, dass der Betriebsrat nicht eigene, sondern die Befugnisse der Belegschaft vertritt, welche materieller Träger derselben ist (siehe auch Kuderna, ASGG2 339), würde es keinen Sinn machen, diesem Organ zusätzlich zur teilrechtsfähigen Belegschaft Parteifähigkeit zuzuerkennen. Vielmehr ist dem Gesetz die Absicht zu entnehmen, dass im Verfahren eben nicht die Belegschaft, sondern das Organ, im konkreten Fall der Betriebsrat, parteifähig sein soll.Paragraph 53, Absatz eins, ASGG verleiht neben anderen Organen der Arbeitnehmerschaft auch dem Betriebsrat die Parteifähigkeit. Wenn man aber mit der herrschenden Lehre davon ausgeht, dass der Betriebsrat nicht eigene, sondern die Befugnisse der Belegschaft vertritt, welche materieller Träger derselben ist (siehe auch Kuderna, ASGG2 339), würde es keinen Sinn machen, diesem Organ zusätzlich zur teilrechtsfähigen Belegschaft Parteifähigkeit zuzuerkennen. Vielmehr ist dem Gesetz die Absicht zu entnehmen, dass im Verfahren eben nicht die Belegschaft, sondern das Organ, im konkreten Fall der Betriebsrat, parteifähig sein soll.
Im Zwischenstreit über die Parteifähigkeit ist das Gebilde, dessen Parteifähigkeit bestritten wird (hier: die erstbeklagte Partei) so lange parteifähig, bis diese Eigenschaft rechtskräftig verneint ist. Damit kommt aber diesem "Gebilde" auch ein Mitwirkungsrecht im Rechtsmittelverfahren (hier: durch Einbringung einer Revisionsrekursbeantwortung) (Kuderna, ASGG2 338; Fasching, LB2 Rz 337)und im Hinblick auf die Teilrechtsfähigkeit auch ein Anspruch auf Kostenersatz zu.
Die Vorinstanzen stuften die "eventuelle Klageführung" gegen weitere Parteien zutreffend als bedingte Prozesshandlung ein. Bedingte Prozesshandlungen sind aber nur sehr eingeschränkt und nur dort zulässig, wo der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist. Daher kann insbesondere die Einleitung des Verfahrens selbst nicht bedingt erfolgen (Fasching, LB2 Rz 758; SZ 66/93 = DRdA 1994, 148 [Kerschner]), was jedoch die Kläger hinsichtlich der zweit- bis viertbeklagten Parteien beabsichtigen. Zutreffend haben daher die Vorinstanzen auch die gegen die "in eventu" zweit- bis viertbeklagten Parteien gerichtete Klage a limine zurückgewiesen.
Anmerkung
E66896 9ObA171.02sEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:009OBA00171.02S.0904.000Dokumentnummer
JJT_20020904_OGH0002_009OBA00171_02S0000_000