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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des F A in L, vertreten durch Dr. Thomas Trixner, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 21, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 3. März 2003, Zl. RV/0920-W/02, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 991,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb eine Cafe-Konditorei in S. Ende 1996 ermittelte der Beschwerdeführer einen "Aufgabegewinn per 31. 12. 1996" in Höhe von 1,911.182, 38 S, in dem auch ein "Gebäudeverkauf betrieblicher Anteil" mit einem Betrag von 2,004.000 S enthalten war (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988). Die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1996 erfolgte erklärungsgemäß (Einkünfte aus Gewerbebetrieb insgesamt 1,731.997 S).
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung im Jahr 1999 gelangte die Prüferin unter der Tz. 13 des Prüfungsberichtes vom 3. Mai 1999 betreffend "Aufgabegewinnermittlung" zur Feststellung, der Kaufpreis für Grund und Boden sei lt. Erklärung mit 2.200 S pro m2 angesetzt worden ("bisher gibt es kein Schätzungsgutachten"). Bei einer Erhebung beim Käufer sei festgestellt worden, "dass 1.500,00 pro m2 (nach Rücksprache mit einem Bmr und gerichtl. beeideten Sachverständigen)" als der Lage entsprechend angemessen erachtet worden seien. Im Zuge der Betriebsprüfung seien auch folgende Verkäufe in S. als Entscheidungsgrundlage herangezogen worden:
"Verkauf 1992 2.400 pro m2
Verkauf 1997 1.250 pro m2
Verkauf 1997 500 pro m2
Verkauf 1998 700 pro m2
max. 1.000 pro m2 lt. tel. Auskunft
Gemeinde S. 1999"
Auf Grund dieser Vergleichswerte ergebe sich für Grund und Boden ein Preis in Höhe von 1.500 S pro m2, woraus sich ein Anteil von Grund und Boden (481 m2) in Höhe von 721.500 S und eine Erhöhung des Aufgabegewinnes um 203.000 S errechne.
Gegen den auf der Grundlage der Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Einkommensteuerbescheid 1996 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die Berufung richte sich gegen den von der Betriebsprüfung zu Grunde gelegten Quadratmeterpreis für Grund und Boden in Höhe von 1.500 S. Nach dem beiliegenden Bewertungsgutachten ergebe sich ein Grundwert von 2.252 S pro m2 . Der Grundanteil betrage somit 1,083.000 S, sodass der von ihm erklärte Aufgabegewinn insgesamt um 13.800 S zu vermindern sei.
Das vom Beschwerdeführer beigebrachte Gutachten eines Sachverständigen für das Bauwesen vom 22. Juni 1999 weist nach allgemeinen Angaben über die Grundlagen der Bewertung und einer Liegenschaftsbeschreibung die Ermittlung des Verkehrswertes des zu bewertenden Grundstückes in Höhe von 1,083.000 S wie folgt aus (Punkt III des Gutachtens):
"Das Grundstück ist lt. derzeit gültigem Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S. als 'Bauland - Kerngebiet' gewidmet.
Lt. Auskunft von kompetenten Stellen und Erfahrungen aus verschiedenen Bewertungen hinsichtlich erzielter Verkaufspreise in unmittelbarer Nähe, wird die Grundbewertung wie folgt ermittelt:
(...)
481,0 m2 a 2.650,-- (komplett
aufgeschlossen)
abzügl. 15% Bebauungsabschlag: - 398,--
__________________________________________
481,0 m2 a 2.252,--
1,083.212,--"
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Beschwerdeführer habe Ende 1996 seinen Betrieb aufgegeben und das Betriebsgebäude samt Grund und Boden um 4,400.000 S verkauft. Das vom Beschwerdeführer beigebrachte Gutachten vom 22. Juni 1999 beschreibe zwar in den Punkten I. und II. die gegenständliche Liegenschaft, den Ausführungen unter Punkt III. fehle aber hinsichtlich der behaupteten Vergleichspreise die Befundaufnahme und damit die Nachvollziehbarkeit. Das Gutachten sei daher "bezüglich der Quadratmeterpreisermittlung zu verwerfen und die Berufung abzuweisen". Die vom Finanzamt zur Schätzung des Quadratmeterpreises von 1.500 S herangezogenen Vergleichswerte des "nächstgelegenen vorhergegangenen Vergleichsjahres (1992) und des nächstgelegenen nachfolgenden Vergleichsjahres (1997) ergeben ein arithmetisches Mittel von 1.383,33 öS (=2.400 öS + 1.250 öS + 500 öS : 3)". Damit sei abgesichert, dass die Schätzung mit 1.500 S nicht zu niedrig sei.
Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof lehnte dieser mit Beschluss vom 22. September 2003, B 639/03, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach der Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist gemäß § 115 Abs. 2 BAO Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (zum Parteiengehör als einem fundamentalen Grundsatz eines geordneten Verfahrens vgl. z.B. Ritz, BAO3, § 115 Tz 14, mwN).
Im Verwaltungsverfahren, in dem die Wertermittlung eines Grundstückes strittig war, hat die Prüferin u.a. auf das Fehlen eines Schätzungsgutachtens hingewiesen. Da der Beschwerdeführer im Zuge der Berufung ein solches beibrachte, musste er sich darüber hinaus nicht von vornherein mit Fragen zu den Grundlagen bzw. (im Übrigen im Betriebsprüfungsbericht bzgl. der angeführten Verkaufsvorgänge auch nicht näher determinierten) Ansätzen der Wertermittlung durch die Prüferin auseinander setzen. Wenn die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten als unzureichend bzw. wegen fehlender Angaben hinsichtlich der Vergleichspreise als ergänzungsbedürftig ansah, hätte sie dies dem Beschwerdeführer im Sinne des § 115 Abs. 2 BAO vorhalten müssen. Wegen dieses Verstoßes gegen den Grundsatz des Parteiengehörs unterliegt auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, in dem er dem von der Betriebsprüferin ausgemittelten Wert "jegliche Nachvollziehbarkeit" abspricht und noch weitergehende Ermittlungen hinsichtlich vergleichbarer Verkaufsvorgänge als notwendig erachtet, entgegen der in der Gegenschrift zum Ausdruck gebrachten Ansicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nicht dem Neuerungsverbot.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit c) VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. März 2007
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006140049.X00Im RIS seit
03.05.2007