TE Vfgh Beschluss 2002/10/2 G327/01

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Veröffentlicht am 02.10.2002
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Index

26 Gewerblicher Rechtsschutz
26/01 Wettbewerbsrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
KartellG 1988 §35 Abs1a

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Bestimmung über die Beweislastumkehr hinsichtlich des Verkaufs unter dem Einstandspreis durch ein marktbeherrschendes Unternehmen im Kartellgesetz mangels Legitimation; keine aktuelle Betroffenheit mangels Anhängigkeit eines kartellgerichtlichen Verfahrens

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller beantragen mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Individualantrag, der Verfassungsgerichtshof möge die sie in ihren Rechten unmittelbar und aktuell verletzende Bestimmung des §35 Abs1a Kartellgesetzes (KartG) idF BGBl. I 126/1999 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben.

§35 KartG lautet wie folgt:

"§35. (1) Das Kartellgericht hat auf Antrag den beteiligten Unternehmern aufzutragen, den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung abzustellen. Dieser Mißbrauch kann insbesondere in folgendem bestehen:

1. Der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung unangemessener Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, wie insbesondere unangemessener Zahlungsfristen und Verzugszinsen,

2. der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher,

3. der Benachteiligung von Vertragspartnern im Wettbewerb durch Aufwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen,

4. der an die Vertragsschließung geknüpften Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen,

5. dem sachlich nicht gerechtfertigten Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis.

(1a) Im Fall des Abs1 Z5 trifft den marktbeherrschenden Unternehmer die Beweislast für die Widerlegung des Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis sowie für die sachliche Rechtfertigung eines solchen Verkaufs.

(2) Erteilt das Kartellgericht einem marktbeherrschenden Unternehmer, der zu einer der im §42c Abs1 aufgezählten Gruppen gehört, einen Auftrag nach Abs1, so hat es ihm auf Antrag überdies Maßnahmen aufzutragen, durch die die marktbeherrschende Stellung abgeschwächt oder beseitigt wird, wenn

a) der Unternehmer seine marktbeherrschende Stellung wiederholt mißbraucht hat,

b) die Mißbräuche geeignet sind, die Medienvielfalt zu beeinträchtigen, und

c) zu erwarten ist, daß es ohne solche Maßnahmen zu weiteren Mißbräuchen dieser Art kommen werde.

(3) Bei der Anwendung des Abs2 sind insbesondere das bisherige Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmers, der Grad der Marktbeherrschung und die sonstigen Marktverhältnisse zu berücksichtigen.

(4) Bei der Erlassung von Aufträgen nach Abs2 sind unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des marktbeherrschenden Unternehmers einerseits und der vom Mißbrauch betroffenen Unternehmer sowie des Interesses an der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt andererseits diejenigen Maßnahmen aufzutragen, die mit dem geringsten Aufwand und der geringsten Belastung für die Beteiligten zum Ziel führen.

(5) Wenn sich nach der Erteilung eines Auftrags nach Abs1 oder 2 die maßgeblichen Umstände ändern, kann das Kartellgericht auf Antrag einer Partei den Auftrag ändern oder aufheben."

Die angefochtene Bestimmung würde für die antragstellenden Gesellschaften unmittelbar wirksam werden, da sie ihnen ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides auftrage, die Beweislast für die Widerlegung des Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis bzw. für die sachliche Rechtfertigung eines solchen zu tragen. Den antragstellenden Gesellschaften stünde auch kein zumutbarer Umweg offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Norm anders als im Wege eines Individualantrags an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Insbesondere sei ihnen auch nicht zumutbar, ihre Normbedenken (erst) "im Wege einer gerichtlichen Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen": Zwar sei es nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur Antragstellern grundsätzlich zumutbar, den zivilprozessualen Klagsweg zu beschreiten, im gerichtlichen Rechtsstreit Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften vorzubringen und bei dem in zweiter Instanz zur Entscheidung berufenen Gericht die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrags beim Verfassungsgerichtshof anzuregen. Unzumutbar sei ein solcher Umweg aber dann, wenn der Beschwerdeführer ein "verpöntes Verhalten" setzen müsste, um über Gerichtsantrag die inkriminierte Norm auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Im vorliegenden Fall müssten die antragstellenden Gesellschaften ihrer Ansicht nach den Anschein eines Verkaufs von Waren unter dem Einstandspreis erwecken, also jenen Tatbestand verwirklichen, den das KartG in §35 Abs1 Z5 sanktioniert, um so ein kartellgerichtliches Verfahren zu provozieren und im Wege einer gerichtlichen Entscheidung eine Überprüfung des §35 Abs1a KartG zu erwirken. Dies sei ihnen unzumutbar. Der Umstand, dass gegen die antragstellenden Gesellschaften bereits ein kartellgerichtliches Verfahren anhängig sei, vermöge - wie die antragstellenden Gesellschaften vermeinen - daran nichts zu ändern, weil die Antragsteller als im Zivilprozess Beklagte es nicht in der Hand hätten, das Verfahren bis zu dem zur Stellung eines Antrags auf Gesetzesprüfung in zweiter Instanz zuständigen Gericht fortzusetzen. Unzumutbar sei ferner die Einlassung auf ein kartellrechtliches Verfahren bzw. die Fortführung eines solchen wegen der besonders hohen Prozesskosten in diesem Verfahren.

In der Sache behaupten die antragstellenden Gesellschaften die Verfassungswidrigkeit der ein marktbeherrschendes Unternehmen durch §35 Abs1a KartG treffenden Beweislastumkehr, die diesem hinsichtlich der Widerlegung des von einem Mitbewerber behaupteten Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis auferlegt werde. Diese stehe - wie die antragstellenden Gesellschaften in ihrem Antrag näher darlegen - wegen der dadurch bewirkten Verpflichtung, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse offen zu legen, in Widerspruch zu ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Schutz der persönlichen Daten sowie auf Unversehrtheit des Eigentums.

2. Die Bundesregierung hat aufgrund ihres Beschlusses vom 1. Februar 2002 eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den Antrag zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

Zum Verständnis des §35 Abs1a KartG führt die Bundesregierung insbesondere aus:

"Der Anscheinsbeweis ist eine (auflösend bedingte) Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine leichter erweisliche Tatsache, die mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang steht. Die Entkräftung des Anscheinsbeweises erfolgt durch den Beweis des Gegners, dass der typische formelhafte Geschehensablauf im konkreten Fall nicht zwingend ist, sondern dass die ernste Möglichkeit eines atypischen Ablaufs besteht.

Wenngleich sich den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Frage der Möglichkeit der beklagten Partei zum Beweis der ernsten Möglichkeit eines atypischen Ablaufs nichts entnehmen lässt, kann nach Auffassung der Bundesregierung davon ausgegangen werden, dass für die Anscheinsbegründung der Antragsteller im kartellgerichtlichen Verfahren vom Listenpreis bzw. dem branchenüblichen Verkaufspreis des Lieferanten der betreffenden Ware oder anderer Lieferanten einer gleichwertigen Ware derselben Warengattung auszugehen hat. Dabei hat er eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen den tatsächlich bewiesenen Tatsachen und dem von ihm angenommen Einstandspreis darzulegen.

Der Antragsteller hat somit sowohl die marktbeherrschende Stellung der Antragsgegner als auch - im Sinne der Ausführungen oben - das Vorliegen des Anscheins des Verkaufs unter dem Einstandspreis zu beweisen.

Der Gegner hat daraufhin lediglich den Nachweis für die 'Widerlegung des Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis' zu erbringen. Damit ist allerdings nicht zwingend die Verpflichtung verbunden, den tatsächlichen Einstandspreis nachzuweisen. Er ist somit nicht gezwungen, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse preiszugeben bzw. gegenüber Lieferanten hinsichtlich vereinbarter Geheimhaltungspflichten vertragsbrüchig zu werden.

Der Gegner hat vielmehr nur nachzuweisen, dass ein Rückschluss vom üblichen Einstandspreis auf seinen Einstandspreis nicht zwingend ist. Es muss für ihn möglich sein, aufgrund diverser Sonderkonditionen (Parallelimporte, Abnahme sehr großer Warenmengen, die mittels eines Lieferscheins leicht feststellbar sind) einen tieferen Einstandspreis zu errechnen als der Kläger. Insoweit ist es für das marktbeherrschende Unternehmen möglich, den prima facie-Beweis zu entkräften. Es kann somit den Anscheinsbeweis der ernsten Möglichkeit eines atypischen Ablaufs erbringen.

Hat im Übrigen der marktbeherrschende Unternehmer die ernste Möglichkeit eines atypischen Ablaufs dargetan, dann fällt damit die Beweisthemenverschiebung des Anscheinsbeweises zur Gänze weg und der Kläger muss wiederum wie beim normalen Beweis die gesetzlich geforderten Tatbestandselemente streng beweisen (Fasching, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. Rz 895).

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass der Antragsgegner nach §35 Abs1a KartG nicht verpflichtet wird, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse offen zu legen."

II. 1. Der Antrag erweist sich als unzulässig.

a) Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag von Personen, die behaupten, unmittelbar durch eine Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Personen wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der Antragsteller nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 15.860/2000, 11.726/1988, 13.765/1994).

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es grundsätzlich zumutbar, den Klagsweg zu beschreiten, im gerichtlichen Rechtsstreit Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften vorzubringen und vor dem in zweiter Instanz zur Entscheidung berufenen Gericht die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof anzuregen (vgl. zB VfSlg. 8979/1980, 8890/1980, 9394/1982, 9695/1983, 9926/1984, 10.445/1985, 10.785/1986, 11.551/1987, 11.759/1988, 11.890/1988, 12.046/1989, 12.775/1991). Wollte man wegen des bloßen Prozessrisikos und damit allfällig verbundener Kostenfolgen oder wegen der mit gerichtlichen Verfahren im Regelfall verbundenen Zeitdauer grundsätzlich davon ausgehen, dass die Beschreitung des Gerichtsweges unzumutbar sei, verlöre die in Art140 Abs1 letzter Satz B-VG - wie auch in der dazu korrespondierenden Bestimmung des Art139 Abs1 letzter Satz B-VG - enthaltene Einschränkung "sofern das Gesetz [die Verordnung] ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung ... für diese Person wirksam geworden ist" ihren hauptsächlichen Anwendungsbereich (vgl. VfSlg. 10.785/1986, 11.551/1987, 11.759/1988, 11.889/1988, 12.046/1989 ua.). Angesichts der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgesetzgebers, die Initiative zur Prüfung genereller Normen - vom Standpunkt des Betroffenen aus - zu mediatisieren, wenn die Rechtsverfolgung vor Gerichten stattfindet, kommt es dabei auch nicht auf die Erfolgschancen des Antragstellers im Gerichtsverfahren, sondern bloß darauf an, dass sich im Zuge eines derartigen Verfahrens Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften über die ordentlichen Gerichte an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985, 11.889/1988). Andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter eines Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 9939/1984, 11.454/1987). Ob und inwieweit allerdings das Gericht auf die Kritik der Partei des Gerichtsverfahrens an der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzesbestimmungen eingeht, ist hiebei nicht ausschlaggebend (vgl. VfSlg. 11.890/1988, 12.046/1989). In einem laufenden gerichtlichen Verfahren kann sohin die Anwendung verfassungswidriger Gesetze regelmäßig nicht durch einen Individualantrag nach Art140 B-VG verhindert werden (vgl. VfSlg. 14.832/1997).

b) §35 KartG normiert in seinem Abs1 demonstrativ verschiedene Tatbestände, in denen der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen zum Ausdruck gelangt. Ein kartellgerichtliches Verfahren, in dem ein solcher Missbrauch untersagt wird, kann gemäß §37 KartG auf Antrag eines mitbewerbenden Unternehmers, der in concreto einen sachlich nicht gerechtfertigten Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis durch den marktbeherrschenden Unternehmer behauptet, eingeleitet werden. In diesem Antrag sind die marktbeherrschende Stellung des betreffenden Unternehmens sowie das Vorliegen des Anscheins eines Verkaufs von Waren unter dem Einstandspreis darzulegen. Erst unter diesen Voraussetzungen legt §35 Abs1a KartG einem unter "Verdacht" des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung durch den Anschein eines Verkaufs unter dem Einstandspreis stehenden Unternehmer die von den antragstellenden Gesellschaften als "Beweislast" empfundene Verpflichtung auf, den Anschein dadurch zu widerlegen, dass er im kartellgerichtlichem Verfahren "die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Verlaufs dartu[t]" (so OGH 10.7.1990, 40b 108/90, ÖBl. 1990/225).

§35 Abs1a KartG kann nur in einem kartellgerichtlichen Verfahren für ein marktbeherrschendes Unternehmen Rechtswirkung entfalten, nicht aber losgelöst von einem solchen. Selbst bei einem dem §35 Abs1 Z5 KartG widersprechenden - also verpönten - Verhalten löst die hier allein angefochtene Norm des §35 Abs1a KartG per se noch keine Sanktion bzw. rechtliche Betroffenheit des Unternehmers aus. Sie begründet die Verpflichtung, sich vom Anschein eines Verkaufs unter dem Einstandspreis "frei zu beweisen", erst in einem konkreten kartellgerichtlichen Verfahren, das durch einen den Anschein wettbewerbswidrigen Verhaltens indizierenden Antrag eines Mitbewerbers eingeleitet wird. Bei §35 Abs1a KartG handelt es sich sohin um eine spezifisch verfahrensrechtliche Bestimmung, die schon von vornherein für die hier antragstellenden Gesellschaften nicht losgelöst von einem gerichtlichen Verfahren unmittelbar wirksam werden kann.

Zwar ist den antragstellenden Gesellschaften dahin Recht zu geben, dass in Sonderkonstellationen - etwa für den im Zivilprozess Beklagten - die Zulässigkeit eines Individualantrages auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn ein gerichtliches Verfahren bereits anhängig ist (vgl. VfSlg. 13.725/1994). Doch bleibt auch hier unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Individualantrags, dass die bekämpfte Norm losgelöst von einem solchen Verfahren unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Betroffenen einzugreifen im Stande ist. Da dies bei §35 Abs1a KartG - wie dargelegt - aber nicht der Fall ist, erweist sich der Antrag als unzulässig.

Da es den antragstellenden Gesellschaften schon an einer durch die angefochtene Gesetzesbestimmung bewirkten aktuellen rechtlichen Betroffenheit fehlt, war auf die Frage der Zumutbarkeit der Beschreitung des Gerichtsweges sowie auf das damit verbundene, von den Antragstellern vorgebrachte Kostenrisiko nicht weiter einzugehen.

2. Da der Antrag bereits aus diesen Gründen gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war, war auf die Antragslegitimation der Zweitantragstellerin, die ihren eigenen Ausführungen zu Folge die bloße Funktion einer Holdinggesellschaft erfüllt, selbst aber nicht am Markt auftritt, nicht mehr einzugehen. Desgleichen konnte der Verfassungsgerichtshof darauf verzichten, der von der Bundesregierung aufgeworfenen Rechtsfrage nachzugehen, ob die geltend gemachten Bedenken den §35 Abs1a KartG zur Gänze oder nur hinsichtlich der Wortfolge "für die Widerlegung des Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis" betreffen.

Schlagworte

Kartellrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:G327.2001

Dokumentnummer

JFT_09978998_01G00327_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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