Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) S***** GmbH, *****, 2.) Johann S*****, beide vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 49.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 13. Juni 2002, GZ 12 R 125/02t-10, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 24. April 2002, GZ 3 Cg 75/02t-5, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird den beklagten Parteien bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr an Dritte Eintragungsofferte mit bereits ausgefülltem Zahlschein zu senden, ohne in einem solchen Schreiben und auf einem beigefügten Zahlschein unmissverständlich und graphisch deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Schreiben nur um ein Angebot zur Eintragung in ein privates Verzeichnis handelt und dass eine Eintragung auf freiwilliger Basis erfolgt.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des gesamten Provisorialverfahrens vorläufig, die beklagten Parteien haben ihre Kosten des gesamten Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen."
Text
Begründung:
Die Klägerin ist Verlegerin, Medieninhaberin und Herausgeberin der "Gelben Seiten", die Bestandteil der Telefonbücher der Telekom Austria (AG) sind. Darin sind alle erfassbaren Unternehmer in ihrer jeweiligen Branche (für diese) kostenfrei eingetragen; Hervorhebungen (über den Normaltext hinaus) sind hingegen entgeltlich.
Die erstbeklagte GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, bietet Eintragungen in das von ihr auf der Internetseite www.webguide.at betriebenen Verzeichnis "Branchenverzeichnis Internet" gegen Entgelt an. Sie versandte im Jahr 2002 an in Betracht kommende Unternehmer (Unternehmen) folgende Briefe mit angeschlossenem abreißbarem Zahlschein:
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils ab sofort zu verbieten, an Dritte Eintragungsofferte mit bereits ausgefülltem Zahlschein zu senden, ohne auf einem solchen Schreiben und auf einem beigefügten Zahlschein einen unmissverständlichen und graphisch deutlich ausgeführten Hinweis anzubringen, dass es sich beim Schreiben nur um ein Angebot zur Eintragung in ein privates Verzeichnis handelt und dass eine Eintragung auf freiwilliger Basis erfolgt. Dieses Schreiben erwecke im Zusammenhang mit dem beigefügten, bereits ausgefüllten Zahlschein bei den Adressaten den irrigen Eindruck, es handle sich um eine Rechnung für eine bereits in Auftrag gegebene Eintragung in das "Branchenverzeichnis Internet", nicht jedoch erst um eine Einladung, von einem Angebot der Beklagten Gebrauch zu machen. Die Bezeichnung "Einschaltoffert" auf der linken Seite des Schreibens und der knappe Hinweis im Kleindruck, dass die Annahme des Offerts mit der Bezahlung erfolgt, seien unzureichend, zumal ein solcher Hinweis auf dem beigefügten und bereits ausgefüllten Zahlschein fehle. Vom Adressatenkreis (österreichischen Unternehmen/ Unternehmern) könne nicht erwartet werden, dass deren Mitarbeiter über alle gegebenenfalls in Auftrag gegebenen Eintragungen informiert seien und sämtliche Kleindrucke durchläsen, zumal der "freiwillige Charakter" dieser Eintragung sich nur einem überdurchschnittlich mit der Rechtsordnung vertrauten Mitarbeiter erschließe. Gerade auch im geschäftlichen Bereich, wo die Prüfung und Zahlung eingehender Rechnungen an Mitarbeiter delegiert sei, die über die tatsächlichen Bestellungen nicht informiert seien, werde die Zusendung eines Schreibens mit ausgefülltem Zahlschein, dem noch keine Forderung, sondern nur ein nicht deutlich erkennbares Offert zugrundeliege, dazu führen, dass irrtümlich gezahlt würde. Somit bestehe die Gefahr, dass das "Angebot" der Beklagten irrtümlich angenommen werde, obwohl eine Eintragung in das Branchenverzeichnis Internet gar nicht gewünscht werde. Diese Vorgangsweise der Beklagten verstoße gegen § 28a UWG, mit dem die seit Jahrzehnten gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Zahlscheinwerbung kodifiziert worden sei.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags. Aus ihrem mit "Branchenverzeichnis Internet" übertitelten Schreiben gehe entgegen der Auffassung der Klägerin unmissverständlich und graphisch deutlich hervor, dass es sich dabei um ein Vertragsangebot und um keine "Rechnung" handle, weshalb diesem Schreiben keine Irreführungseignung zukomme.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Durch die Anführung der Worte "EINSCHALTOFFERT BRANCHENVERZEICHNIS INTERNET" in etwa 1 cm hohen Blockbuchstaben in dem genannten Schreiben hätten die Beklagten hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich bloß um ein Angebot handle.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in der Hauptsache und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs (in der Hauptsache) nicht zulässig sei. Das Schreiben der Beklagten enthalte als Überschrift in Fettdruck und Großbuchstaben mit einer Schriftgröße von ca 1 cm die Bezeichnung "BRANCHENVERZEICHNIS INTERNET" und im oberen Drittel des Schreibens wiederum in Fettdruck und Großbuchstaben mit einer Schriftgröße von ca 1 cm den Hinweis "EINSCHALTOFFERT BRANCHEN- VERZEICHNIS INTERNET". Alle sonstigen verwendeten Schriftgrößen erreichten nur eine Höhe von maximal rund 3 mm, so etwa auch die rechts oben angebrachte vorgedruckte Kundennummer (KN: 2069). In Kleindruck (Schriftgröße ca 2 mm) enthalte das Schreiben den Hinweis "Mit der Bezahlung erfolgt die Annahme des Offert". Das Schreiben der Erstbeklagten enthalte weder eine Bezeichnung als Rechnung, Korrekturangebot oder gleichwertige Begriffe und auch keinen Hinweis auf einen "amtlichen" Vertragspartner.
Ein Verstoß gegen § 28a UWG sei den Beklagten nicht anzulasten. Im flüchtigen Ersteindruck imponiere der im Schriftbild optisch auffällige Hinweis "EINSCHALTOFFERT BRANCHENVERZEICHNIS INTERNET". Entgegen der Ansicht der Klägerin werde mit der Wahl des Worts "Offert" der Angebotscharakter nicht verschleiert, diese Bezeichnung sei gängiger Bestandteil des allgemeinen im geschäftlichen Verkehr üblichen Wortschatzes und ein gebräuchliches Synonym für "schriftliches Angebot". Die angeführte Kundennummer sei demgegenüber optisch unauffällig. Ein Angebotshinweis auf dem Erlagschein selbst werde im Gesetz nicht verlangt und sei auch vorher in der einschlägigen Judikatur nicht gefordert worden. Die verfügbaren Textbereiche eines Erlagscheins seien weitgehend den zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs notwendigen Angaben vorbehalten und gerade dort würden dann zusätzliche Hinweise optisch untergehen. Der hier maßgebliche flüchtige Betrachter konzentriere sich erfahrungsgemäß auch nicht primär auf den Text eines Erlagscheins, sondern auf die im Begleitschreiben vermittelte Botschaft. Die Gestaltung der Aussendung der Erstbeklagten sei im Lichte des § 28a UWG unbedenklich. Die Frage, ob bei der konkreten Gestaltung des beanstandeten Schriftstücks die Erstbeklagte ihrer Aufklärungspflicht entsprochen habe oder ob dieses Schreiben zur Irreführung geeignet sei, sei keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO.Ein Verstoß gegen § 28a UWG sei den Beklagten nicht anzulasten. Im flüchtigen Ersteindruck imponiere der im Schriftbild optisch auffällige Hinweis "EINSCHALTOFFERT BRANCHENVERZEICHNIS INTERNET". Entgegen der Ansicht der Klägerin werde mit der Wahl des Worts "Offert" der Angebotscharakter nicht verschleiert, diese Bezeichnung sei gängiger Bestandteil des allgemeinen im geschäftlichen Verkehr üblichen Wortschatzes und ein gebräuchliches Synonym für "schriftliches Angebot". Die angeführte Kundennummer sei demgegenüber optisch unauffällig. Ein Angebotshinweis auf dem Erlagschein selbst werde im Gesetz nicht verlangt und sei auch vorher in der einschlägigen Judikatur nicht gefordert worden. Die verfügbaren Textbereiche eines Erlagscheins seien weitgehend den zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs notwendigen Angaben vorbehalten und gerade dort würden dann zusätzliche Hinweise optisch untergehen. Der hier maßgebliche flüchtige Betrachter konzentriere sich erfahrungsgemäß auch nicht primär auf den Text eines Erlagscheins, sondern auf die im Begleitschreiben vermittelte Botschaft. Die Gestaltung der Aussendung der Erstbeklagten sei im Lichte des § 28a UWG unbedenklich. Die Frage, ob bei der konkreten Gestaltung des beanstandeten Schriftstücks die Erstbeklagte ihrer Aufklärungspflicht entsprochen habe oder ob dieses Schreiben zur Irreführung geeignet sei, sei keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Absatz eins, ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz zulässig, weil diese die Rechtslage unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt:
Wie der erkennende Senat bereits in der vom Rekursgericht ohnehin zitierten Entscheidung 4 Ob 1/02d (= ecolex 2002/176, 444 [Reitböck] = ÖBl-LS 2002/130 - "Internet Branchenverzeichnis") bei einem vergleichbaren Sachverhalt (auch dort wurden im beanstandeten Schreiben die Worte "Offerte" und "Eintragungsantrag" [dies allerdings in Verbindung mit dem Zusatz .... und Korrekturabzug] verwendet) ausgesprochen hat, erfordert die Befolgung des § 28a UWG den unmissverständlichen und graphisch deutlichen Hinweis, dass es sich nur um ein Vertragsangebot handelt. An dieser Auffassung ist auch angesichts des vorliegenden Falls festzuhalten, sodass die Parteien auf die Ausführungen der genannten Entscheidung zu verweisen sind. Ähnlich wie im dort entschiedenen Fall fehlen nach der - von jener der Vorinstanzen abweichenden - Rechtsauffassung des erkennenden Senats auch im vorliegenden Fall derartige klarstellende und Irrtümer ausschließende Hinweise. Das (für sich allein wohl klarstellende) Wort OFFERT (oder auch Angebot) wird weder als Überschrift dieses Schreibens verwendet, noch im Kontext graphisch deutlich hervorgehoben, vielmehr steht es im oberen Drittel des Schreibens in der in gleicher Blockschrift und Schriftgröße gehaltenen Wortfolge EINSCHALTOFFERT BRANCHENVERZEICHNIS INTERNET. Die Anführung einer konkreten Kundennummer (KN...) trägt zur Klarstellung des Angebotscharakters ebensowenig bei, wie der im Kleindruck enthaltene (und damit versteckte) Hinweis "Mit der Bezahlung erfolgt die Annahme des Offerts" (wobei in diesem Kleingedruckten überdies noch eine automatische Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr bei Nichteinhaltung einer dort genannten Kündigungsfrist "enthalten/versteckt" ist). Dazu kommt hier aber noch, dass dem Schreiben ein perforierter und damit abreißbarer und bereits ausgefüllter Zahlschein angeschlossen ist, sodass gerade bei arbeitsteiliger Bearbeitung von Vertragsanbahnungen und Vertragsdurchführungen (Zahlungen), wie dies vor allem in größeren Unternehmen anzutreffen ist, die Gefahr von Irrtümern geradezu vervielfacht wird.
Diese - schon in der genannten Entscheidung 4 Ob 1/02d dargelegten - Erwägungen führen in Stattgebung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin zur Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen in die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung.
Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf den §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Absatz eins, EO, jener über die Kosten der Beklagten auf den §§ 78, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit §§ 50, 40 ZPO.
Schlagworte
Einschaltoffert,Textnummer
E67195European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0040OB00175.02T.0924.000Im RIS seit
24.10.2002Zuletzt aktualisiert am
10.12.2010