Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen mj Henrik Filip K*****, vertreten durch die Mutter Mag. Elisabeth J*****, infolge der Revisionsrekurse der Antragsteller, 1) der Mutter Mag. Elisabeth Ja***** und 2) Doris S*****, beide ***** vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. März 2002, GZ 45 R 6/02v-46, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 5. November 2001, GZ 3 P 234/00m-30, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Minderjährige wurde unehelich geboren, die Obsorge steht der Mutter zu. Der Minderjährige lebt mit seiner Mutter und deren Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt.
Mutter und Lebensgefährtin stellten den Antrag, die Obsorge für den Minderjährigen der Lebensgefährtin teilweise zu übertragen, sodass die Obsorge fortan beiden gemeinsam zukomme.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass zwar die Lebensgefährtin der Mutter als Stief- und somit Pflegemutter des Kindes im Sinne des § 186 ABGB idF KindRÄG 2001 anzusehen sei, dass aber die Obsorgeübertragung deshalb nicht möglich sei, da die Mutter nicht gleichzeitig in dem Umfang auf die Obsorge verzichte, in dem sie an den Pflegeelternteil übertragen werden solle. Das von den Antragstellern angestrebte Modell der Obsorge beider Eltern sei nicht auf Elternteil und Stiefelternteil übertragbar.Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass zwar die Lebensgefährtin der Mutter als Stief- und somit Pflegemutter des Kindes im Sinne des Paragraph 186, ABGB in der Fassung KindRÄG 2001 anzusehen sei, dass aber die Obsorgeübertragung deshalb nicht möglich sei, da die Mutter nicht gleichzeitig in dem Umfang auf die Obsorge verzichte, in dem sie an den Pflegeelternteil übertragen werden solle. Das von den Antragstellern angestrebte Modell der Obsorge beider Eltern sei nicht auf Elternteil und Stiefelternteil übertragbar.
Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergebe sich, dass Pflegeltern oder ein Pflegeelternteil in die rechtliche Beziehung zum Kind eintrete, die zuvor einem leiblichen Elternteil zugestanden sei. Dies führe zu dem Ergebnis, dass der Lebensgefährtin der Mutter, selbst wenn dieser die Qualifikation eines Stiefelternteiles zufiele, Obsorgerechte hinsichtlich des Kindes nicht übertragen werden könnten, da sie der bisher obsorgeberechtigten Mutter weiterhin im vollen Umfang zustehen sollten. Das Rekursgericht teile aber überdies die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, dass die Lebensgefährtin der Mutter als Stief- und somit Pflegemutter des Kindes im Sinne des § 186 ABGB anzusehen sei, nicht. Ohne daraus eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften abzuleiten, bauten die gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich auf einem verschiedengeschlechtlichen Elternpaar auf.Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergebe sich, dass Pflegeltern oder ein Pflegeelternteil in die rechtliche Beziehung zum Kind eintrete, die zuvor einem leiblichen Elternteil zugestanden sei. Dies führe zu dem Ergebnis, dass der Lebensgefährtin der Mutter, selbst wenn dieser die Qualifikation eines Stiefelternteiles zufiele, Obsorgerechte hinsichtlich des Kindes nicht übertragen werden könnten, da sie der bisher obsorgeberechtigten Mutter weiterhin im vollen Umfang zustehen sollten. Das Rekursgericht teile aber überdies die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, dass die Lebensgefährtin der Mutter als Stief- und somit Pflegemutter des Kindes im Sinne des Paragraph 186, ABGB anzusehen sei, nicht. Ohne daraus eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften abzuleiten, bauten die gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich auf einem verschiedengeschlechtlichen Elternpaar auf.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da es zu dieser Rechtsfrage an oberstgerichtlicher Judikatur fehle. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter und ihrer Lebensgefährtin mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.
Die österreichische Rechtsordnung sieht vor, dass die Obsorge minderjähriger Kinder primär ihren leiblichen Eltern zustehen soll. Dies ergibt sich hinsichtlich eines ehelichen Kindes aus § 144 ABGB, hinsichtlich eines unehelichen Kindes aus § 166 erster Satz ABGB, in dem angeordnet ist, dass die Mutter allein mit der Obsorge betraut ist. Auch beim unehelichen Kind können aber beide Elternteile, die in häuslicher Gemeinschaft leben, vereinbaren, dass in Hinkunft beide mit der Obsorge betraut sind (§ 167 ABGB). Im Falle der Aufhebung der (ehelichen) Gemeinschaft kann es dazu kommen, dass nur ein Elternteil mit der alleinigen Obsorge betraut wird (§§ 177 und 177a ABGB für das eheliche Kind und § 167 Abs 1 iVm §§ 177 und 177a ABGB für das uneheliche Kind). Das Gesetz trifft auch Vorsorge für jene Fälle, in denen die Obsorge von den leiblichen Eltern nicht ausgeübt wird oder nicht ausgeübt werden kann. Dazu gehören auch die Bestimmungen der §§ 186, 186a ABGB. Das Gericht kann nämlich einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht (§ 186a Abs 1 ABGB). Aus der Bestimmung, dass die Übertragung der Obsorge an Pflegeeltern ohne die Zustimmung der bisher mit der Obsorge betrauten Eltern oder Großeltern nur verfügt werden darf, wenn sie das Wohl des Kindes nicht gefährdet, ergibt sich bereits, dass ein Pflegeelternteil nicht gemeinsam (mit gleichen Rechten und Pflichten) mit einem Elternteil mit der Obsorge betraut werden kann, sondern nur statt des Elternteils. Dafür spricht auch der in den Erläuternden Bemerkungen genannte Beispielsfall der tödlich verunglückten Eltern (EB RV 296 BlgNR 21. GP, 70). Das Gesetz sieht also nicht vor, dass neben einem Elternteil ein Pflegeelternteil gemeinsam nach dem Modell der leiblichen Eltern mit der Obsorge betraut werden kann. Stiefelternteile können als Pflegeelternteil nur dann betraut werden, wenn dem leiblichen Elternteil im selben Umfang die Obsorge nicht mehr zusteht. Dies ist schon aus dem Grund sachlich gerechtfertigt, weil der leibliche Elternteil biologisch gesehen natürlicherweise primär mit der Obsorge betraut sein soll. Lediglich zum Wohl des Kindes können bei Fehlen dieser Obsorge auch andere Personen als Eltern, nämlich Großeltern oder Pflegeeltern , wenn zu diesen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll, mit der Obsorge betraut werden. Ist aber wie hier die Mutter des unehelich geborenen Kindes allein obsorgeberechtigt, so besteht kein Bedarf, einer anderen Person, mit der nur eine rein faktische Nahebeziehung besteht, Obsorgerechte zu übertragen. Das Kindeswohl ist durch die bestehende Rechtsbeziehung bereits gewahrt.Die österreichische Rechtsordnung sieht vor, dass die Obsorge minderjähriger Kinder primär ihren leiblichen Eltern zustehen soll. Dies ergibt sich hinsichtlich eines ehelichen Kindes aus Paragraph 144, ABGB, hinsichtlich eines unehelichen Kindes aus Paragraph 166, erster Satz ABGB, in dem angeordnet ist, dass die Mutter allein mit der Obsorge betraut ist. Auch beim unehelichen Kind können aber beide Elternteile, die in häuslicher Gemeinschaft leben, vereinbaren, dass in Hinkunft beide mit der Obsorge betraut sind (Paragraph 167, ABGB). Im Falle der Aufhebung der (ehelichen) Gemeinschaft kann es dazu kommen, dass nur ein Elternteil mit der alleinigen Obsorge betraut wird (Paragraphen 177 und 177a ABGB für das eheliche Kind und Paragraph 167, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraphen 177 und 177a ABGB für das uneheliche Kind). Das Gesetz trifft auch Vorsorge für jene Fälle, in denen die Obsorge von den leiblichen Eltern nicht ausgeübt wird oder nicht ausgeübt werden kann. Dazu gehören auch die Bestimmungen der Paragraphen 186,, 186a ABGB. Das Gericht kann nämlich einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht (Paragraph 186 a, Absatz eins, ABGB). Aus der Bestimmung, dass die Übertragung der Obsorge an Pflegeeltern ohne die Zustimmung der bisher mit der Obsorge betrauten Eltern oder Großeltern nur verfügt werden darf, wenn sie das Wohl des Kindes nicht gefährdet, ergibt sich bereits, dass ein Pflegeelternteil nicht gemeinsam (mit gleichen Rechten und Pflichten) mit einem Elternteil mit der Obsorge betraut werden kann, sondern nur statt des Elternteils. Dafür spricht auch der in den Erläuternden Bemerkungen genannte Beispielsfall der tödlich verunglückten Eltern (EB RV 296 BlgNR 21. GP, 70). Das Gesetz sieht also nicht vor, dass neben einem Elternteil ein Pflegeelternteil gemeinsam nach dem Modell der leiblichen Eltern mit der Obsorge betraut werden kann. Stiefelternteile können als Pflegeelternteil nur dann betraut werden, wenn dem leiblichen Elternteil im selben Umfang die Obsorge nicht mehr zusteht. Dies ist schon aus dem Grund sachlich gerechtfertigt, weil der leibliche Elternteil biologisch gesehen natürlicherweise primär mit der Obsorge betraut sein soll. Lediglich zum Wohl des Kindes können bei Fehlen dieser Obsorge auch andere Personen als Eltern, nämlich Großeltern oder Pflegeeltern , wenn zu diesen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll, mit der Obsorge betraut werden. Ist aber wie hier die Mutter des unehelich geborenen Kindes allein obsorgeberechtigt, so besteht kein Bedarf, einer anderen Person, mit der nur eine rein faktische Nahebeziehung besteht, Obsorgerechte zu übertragen. Das Kindeswohl ist durch die bestehende Rechtsbeziehung bereits gewahrt.
Die Frage, ob die Lebensgefährtin der Mutter ein Pflegeelternteil im Sinne des § 186 ABGB ist, kann daher hier dahingestellt bleiben.Die Frage, ob die Lebensgefährtin der Mutter ein Pflegeelternteil im Sinne des Paragraph 186, ABGB ist, kann daher hier dahingestellt bleiben.
Anmerkung
E66960 7Ob144.02fEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00144.02F.0925.000Dokumentnummer
JJT_20020925_OGH0002_0070OB00144_02F0000_000